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Full text of "Darstellung des Erzherzogthums Oesterreich unter der Ens, durch umfassende Beschreibung aller Burgen, Schlösser, Herrschaften, Städte, Märkte, Dörfer, Rotten, C., C., topographisch-statistisch-genealogisch-historisch bearb., und nach den bestehenden vier Kreisvierteln gereihet"

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. 


Seh IR 222 Arstrich, ui wm 


Darſtellung 


des 


Erzberzogthums Defterreich 
unter der Ens, 


durch umfaſſende Beſchreibung 
aller 
Vurgen, Schlösser, Werrschaften, Stävte, 
Märkte, Dörfer, Rotten ꝛc. ꝛc. 


topographiſch⸗ ſtatiſtiſch⸗genealogiſch⸗ hiſtoriſch bearbeitet, und 
nach den beſtehenden vier Kreis = Vierteln alphabetiſch gereihet. 


Von 
Pran; Schweickharut Mitter von Sickingen. 


Sechster Band. 
viertel unterm Wienerwald. 


— need 
Wien, 1333. 


In Commiſſion in der Schmidl ſchen Buchhandlung. 
Sedrumt dei den PP. Meiiteriften. 


5 S5 / = 3 


Schöngraben, 


ein Schloß, zunächſt Unterwaltersdorf gelegen, mit der naͤchſten 
Poſtſtation Wimpaſſing in Ungern. 

Dasſelbe gehört zur Pfarre und zum Landgerichte nach Un⸗ 
terwaltersdorf, wovon letzteres zugleich Orts und Conſcriptions⸗ 
herrſchafr iſt. 

Das Schloß Schöng raben liegt am ſuͤdlichen Ende des 
Marktes Unterwaltersdorf und war früher ein Beſtandtheil der 
Herrſchaft Unterwaltersdorf, bis ſolches im Jahre 1814 durch 
Kauf an den bereits verſtorbenen k. k. priv. Buchdrucker Ans 
ton Strauß überging, wovon noch gegenwärtig deſſen Erben 
im Befiße ſich befinden. 

Es gehören hierzu weder Unterthanen noch andere Domini⸗ 
cal = Regalien; jedoch iſt es als eine Dominical: Realität land⸗ 
taͤflich verzeichnet. 

Dieſes Schloß iſt in einfachem, aber ſymmetriſchen Style er⸗ 
baut und enthält einen niedlichen engliſchen Park mit fehr ans 
muthigen Partien, wovon gedachter Anton Strauß der 
Schöpfer war. | 


Schönſtadl. 


Ein ganz kleines Dörfchen von 9 Häuſern, bei Kranichberg 
im Mittelgebirge, wovon Schottwien die nächſte Poſtſtation iſt. 

Zur Kirche und Schule gehört der Ort nach Kranichberg, 
zum Landgerichte nach Wr. Neuſtadt und mit dem Werbbezirk 
zum Lin. Inf. Regiment Nr. 49. 

Grund⸗, Orts- und Conſcriptionsobrigkeit iſt die Herr: 
ſchaft Kranichberg. 

Der Seelenſtand umfaßt 14 Familien, 75 männliche , 


4 


32 weibliche Perſonen mit 10 Schulkindern; der Viehſtand aber 
2 Pferde, 22 Zugochſen, 11 Kühe, 70 Schafe, 9 Ziegen und 
27 Schweine. 

Die hieſigen Einwohner ſind Waldbauern mit der Beſtiftung 
als Ganz⸗, Dreiachtel⸗ und Halblehner, dann Kleinhäusler. 

Ihre Befchäftigung beſteht in Ackerbau und guter Viehzucht; 
von erſterem haben ſie nebſt den Körnergattungen auch Erbſen 
und Linſen, und im Bezirke von Pottſchach, befigen fie Ueber⸗ 
ländweingärten und Obſt, mit letzterem treiben fi fie einen Haus 
del in die Umgebung. 

Das Oertchen liegt mit ſeinen Haͤuſern, darunter ſich ein 
Dominicalhof, der Klaibhof genannt, befindet, und die 
insgeſammt mit Stroh und Schindeln gedeckt ſind, zerſtreut, 
hoch im Mittelgebirge, zwiſchen den nahe befindlichen Dörfern 
Friedersdorf, Loitzmannsdorf, Thuͤrmannsdorf und Kranichberg, 
auf einem Berge, an der Gebirgsſtraße, die von Neunkirchen 
über die Höhe nach Kirchberg am Wechſel fuͤhrt. 

Die Gegend iſt ſchön und geſund, auch gutes Gebirgswaſ⸗ 
fer genugſam vorhanden. 
N Wir haben die Vorzuͤge der ganzen weiten umgebung von 
Kranichberg bei der Beſchreibung dieſer Herrſchaft getreulich geſchil⸗ 
dert, wozu auch noch dieß kleine Dörfchen Schönſtadl gehört, 
welches den Namen wohl von einem Stadel (Scheune) urſpruͤng⸗ 
lich erhalten haben mag. — Die Entſtehungszeit dieſer zerſtreu⸗ 
ten Gemeinde iſt nicht genau bekannt, ſo viel indeſſen gewiß, 
daß ſelbe vor 400 Jahren ſchon eriſtirte, und damals ſchon die⸗ 
ſen Namen getragen hat. 

Wir haben auch bei unſerer Wanderung in einer abgelege⸗ 
nen, von Wald umgebenen hierher gehörigen Gegend die Ruinen 
von der einſtmaligen uralten Kirche St. Thomas getroffen, 
die zur Zeit des Lutheranismus in Oeſterreich den katholiſchen Ge⸗ 
birgsbewohnern dazu diente, im Verborgenen ihre Andacht zu 
verrichten. Das Patronat davon beſaß das Kloſter zu Gloggnitz 
(reſp. Vormbach in Baiern) und es wurde auch der Gottes dienſt 
immer von dieſen Kloſtergeiſtlichen verrichtet. 


Schottwien, 
ein Markt, welcher 64 Häufer zählt, am Fuße des Semerings 
gelegen und zugleich eine Herrſchaft, auch die fuͤnfte Poſt⸗ 
ſtation auf der von Wien nach Italien führenden Hanpte Poſt⸗ 
ſtraße. 

Die Kirche und die Schule befinden ſich im Orte, davon 
gehört das Patronat dem Herrſchaftsbeſitzer Herrn Fuͤrſten Io: 
hann von und zu Lichtenſtein, die Pfarre aber in das 
Decanat nach Neunkirchen. — Den Werbkreis hat das Lin. Inf. 
Regiment Nr. 49. 

Das Landgericht bildet der Magiſtrat in Wr. Neuſtadt. 
Grund⸗, Orts- und Conſcriptionsobrigkeit iſt die Herrſchaft 
Schottwien. 

Die Bevölkerung beläuft ſich im Markte auf 113 Familien ‚ 
232 männliche, 272 weibliche Perſonen und 88 ſchulfaͤhige Kin⸗ 
der. Der Viehſtand zählt 118 Pferde, 68 Kühe, 20 Schafe, 
10 Ziegen, 120 Schweine. An Privat⸗Waldungen find 1532 Joch, 
an Wieſengründen 75 Joch und an Ackerland 341 Joch zu Schatt⸗ 
wien gehörig. 

Was die hieſigen Einwohner betrifft, ſo ſind ſie wohlhaben⸗ 
de Marktbürger und größtentheils Handwerker, haben aber auch 
Halb⸗, Viertel-, Achtel⸗ und Halbachtellehner unter fi. Erſtere 
betreiben allerlei Gewerbe, ohne jedoch mit ihren Erzeugniſſen 
einen Handel zu pflegen, ſie beſitzen Ruſtical⸗Wir thſchaften und 
genießen einen erträglichen Erwerb durch Vergvorſpann über den 
hoben Semering; letztere dagegen beſchäftigen ſich mit Acker⸗ 
bau, der aber nur in Korn und Gerſte beſteht und wozu die Gruͤn⸗ 
de, weil ſie auf Bergabhaͤngen liegen, höchſt mittelmäßig ſind. 

Wie wir ſchon oben bemerkt haben, liegt der Markt Schott⸗ 
wien an einer ſanften Anhöhe am Fuße des Semeringberges, 
welcher die Grenze zwiſchen Oeſterreich und Steiermark bildet, in 
einer engen Bergſchlucht, durch welche nach Steiermark und Ita⸗ 
lien die Haupt- Poſtſtraße führt. In geringer Entfernung davon 


N 


6 


liegen die Ortſchaften Au, Adlitzgraben, Trattenbach, 
in Oeſterreich, und Weinhaus in Steiermark. 

Der Markt beſteht in zwei Reihen Häuſer, die meiſt ein 
Stockwerk hoch und von Steinmaterial gebaut ſind, am Ein⸗ 
und Ausgang des Orts ſtehen zwei Thore mit dem in Stein ge⸗ 
bauenen Wappen, den öſterreichiſchen Bindenſchild mit einem 
Thurme und den ſteieriſchen Panther im Schilde enthaltend. 
An der linken Seite zeigen ſich das ganz einfache aber als das 
ältefte Gebäude det Marktes bezeichnete herrſchaſtliche Amt: 
haus, der Pfarrhof und die alterthuͤmliche Pfarrkirche, 
dann eine Papierfabrik und das Poſthaus. 

Dieſe Kirche, dem heil. Vitus (Veit) geweiht, war vor⸗ 
mals eine Seitencapelle neben der viel älteren beträchtlich dotirten ⸗ 
jetzt aber caſſirten St. Michaelscapelle. Alle die merkwürdigen 
Urkunden ihrer Stiftung ſeit mehreren Jahrhunderten, gingen 
unglücklicherweiſe bei einer im Jahre 1807 ausgebrochenen⸗ 
Feuersbrunſt in der herrſchaftlichen Kanzlei zu Grunde. 

Da dieſe Capelle immer baufälliger wurde, fo geſchah es, 
daß man das Augenmerk auf die Vitus capelle richtete, und 
ſolche, welche eine Filiale von Klamm war, von Zeit zu Zeit ver⸗ 
größerte, bis ſie im Jahre 1784 zu einer Pfarrkirche erhoben 
und mit der Stiftung der Michaeldcapelle verſehen wurde. Bau 
und Verbeſſerung der Dotation verdankt dieſelbe vorzüglich dem 
Hauſe der Grafen Walſegg, welche ſeit dem Jahre 1827 aus: 
geſtorben find, 

Wir fanden dieſelbe gothiſchen Bauſtyls mit einem ſeltſam 
geſtalteten achteckigen Thurme mit ſpitzer Steinkuppel und kleinen 
Kirchen ⸗Fenſtern gleicher, Art, zwiſchen welchen Strebepfeiler 
ſich befinden. An einem derſelben iſt die gothiſche Jahres zahl 4511 
eingehauen. Das Schiff der Kirche iſt ein niedere Gurtengewöl⸗ 
be, welches an beiden Seiten, ſo wie durch das Presbyterium 
und die Sakriſtei nach und nach vergrößert wurde; fie iſt daher 
nieder, nicht ſehr licht und feucht, aber durchaus von Stein 
aufgeführt. 

Nebſt dem Hoch altar find noch drei Seitenaltäre vor⸗ 


7 


handen, die als der Kreuz⸗, Anna⸗ und Patricialtar beſtehen; 
dieſe find von Holz aufgerichtet, mormorirt und vergoldet, dann 
mit einigen Bildern und Statuen geziert, welche aber keine be⸗ 
ſondere Erwähnung verdienen. | 

An der rechten Seite des Presbyteriums befindet ſich das 
ſchöne Marmor: Grabmal des Grafen Joſeph Leopold von 
Walſegg vom Jahre 1742, welcher nächſt Schottwien am 
Semering die in unferm gegenwärtigen Werke ſchon beſchriebene 
prachtvolle Kirche Maria Schutz erbauen ließ. Unter dem Hoch⸗ 
altar iſt die gräfliche Familiengruft, welche, als der letzte Spröß⸗ 
ling im Jahre 1827 dahin geſenkt wurde, geſchloſſen ward. 

Zur hieſigen Pfarrkirche gehört der Markt Schottwien, 
und als eine Filiale Klamm, welches früher eine ſelbſtſtöndige 
Pfarre mit großer Ausdehnung war, dann der Ort Au. Die 
größte Entfernung beträgt zwei Stunden. — Der Friedhof 
iſt außer dem Markte angelegt. 

Nebſt dem Pfarrer, welcher gegenwärtig zugleich auch Vor⸗ 
ſteher des ſogenannten Neunkirchner⸗Decanatsbezirkes iſt, befin⸗ 
det ſich noch ein Cooperator zur Seelſorge. 

Die hieſige Umgebung und ſelbſt der Markt Schottwien 
verdient in pittoresker Hinſicht eine Beſchreibung, die wir auch 
unfern verehrten Leſern in Kürze hier mittheilen. 

Das todte Steinfeld, welches manchen Reiſenden in Me⸗ 
lancholie verſetzt, da Strecken von ganzen Poſtſtationen ohne alle 
Abwechslung beſtehen, endet in der Nähe von Neunkirchen, der 
naͤchſten Poſt von Wiener⸗Neuſtadt. Die rauſchende, man darf 
ſagen die daherbrauſende, grüne Schwarzau, oft ſchreckliche Ver⸗ 
wüftungen bei Ueberſchwemmungen anrichtend, ift der erſte leb⸗ 
hafte Gegenſtand, in welchem ſich das ſehnſuchtsvolle Auge des 
Wanderers ſo gerne ſpiegelt, dann eilt der Blick freudig den vie⸗ 
len Landſchaften zu, die fo ſchön ſich gelagert zeigen, hinter wel: 
chen nun von allen Seiten halb und ganz dunkle Gebirge aufſteigen, 
wobei den Hintergrund in gigantiſchen Formen hohe Bergmaſſen 
bilden. Das regſame Leben der gütigen Natur beginnt alſo im 
Markte Neunkirchen und ſteigert ſich durch volle zwei Stunden 


8 

durch manche Ortſchaften hin, Huͤgel und Berge mit Waͤldern 
beſetzt zu beiden Seiten der Poſtſtraße, während die Schwarzau 
eine entgegenſtrömende treue Begleiterin bis Gloggnitz verbleibt. 
Kaum hat man den letztern niedlichen und belebten Markt zuruck 
gelegt, bei deſſen Ausgang auf einem ziemlich hohen halbrunden 
Berge das Schloß (vormaliges Kloſtergebaͤude mit der Kirche 
vom Stifte Vormbach in Baiern) majeftätifch pranget, fo eröffs 
net ſich, indem man zur Rechten den Eingang in das paradiefis 
ſche Reichenauerthal liegen laͤßt, mit einer ſanften Anhöhe ſich 
bildend, eine prachtvolle und intereſſante Land ſchaft, geſchmüͤckt 
mit vielen Reizen. 

Eine vorzüglich ſchöͤne Geſtalt erhält die links liegende Burg 
Wartenſtein von dieſer Seite, und das vor Schottwien ro⸗ 
mantiſch gelegene Dörfchen Au mit ſeinen wichtigen Huͤttenwerken, 
Eiſenhaͤmmern und Mühlen, die ein ſtetes klapperndes und pol⸗ 
terndes Geräuſch verurfachen, wovon der Auhach ganz raſchen 
Ganges die Waſſerſchaufeln der Werke treibt, iſt ekne ſchöne 
Staffade derſelben. Nahe nun befindet ſich der Reiſende vor 
Schottwien und ein großartiges Schauſpiel tritt ihm von allen 
Seiten entgegen; ſonderbar ſcheint es, denn mar glaubt in die 
Erde hineinzufahren, fo tief und grauenvoll geht es in das Gebir⸗ 
ge hinein, und das iſt auch die natuͤrlichſte Urſache, warum der 
Semering im Beſteigen und Befahren ſo anhaltend ſteil erſcheint, 
der doch, vom Schneeberge und der Schneealpe aus betrachtet, 
zwiſchen feinen Nachbarn gleichwie ein Hügel ausſieht. Mit Ver⸗ 
wunderung kann man den herrlichen Felfenpaß uͤberſchauen mit den 
Reſten der alten Befeſtigung, welche gegen den Semering zu in 
Felſen gehauen find und wo in einer der daſelbſt befindlichen Höh⸗ 
len noch vor einem halben Jahrhundert eine Handmühle angebracht 
war. So thürmen ſich auch zur Rechten fehr hohe, man darf ſa⸗ 
gen fenkrechte, kahle Felfen, worauf die Ruinen der vor vielen 
Jahrhunderten kühn hingebauten mächtigen Burg Klamm ſich befin⸗ 
den, die in den engen Thalweg hinabſtarrend, mit den Schickſalen 
Schott wiens in den fruͤhern Perioden innigſt verbunden geweſen 
zu ſeyn ſcheint. Zur Linken dagegen laufen an den hohen mit dich⸗ 


9 
tem Walde bewachſenen Gebirgen Theile der alten, einſt ſehr fe⸗ 
ſten Mauer hinan, welches alles zuſammen einen natürlichen un⸗ 
überwindlichen Felſenpaß, beſonders in den erſten Zeiten des Fauſt⸗ 
rechtes, wo noch der Gebrauch des Schießpulvers nicht bekannt 
war, bildete; und ſo wie hier, ſind auch die natürlichen Befeſti⸗ 
gungen am Ausgange des Marktes ap Anfang des Semeringber⸗ 
ges, die zu beiden Seiten, wie wir ſchon oben bemerkt haben, 
durch Thore geſchloſſen ſind. Ziemlich lang, aber in enger und 
grauer Thalſchlucht iſt der Markt hineingebaut mit ſeinen zwei 
Haͤuſerreihen. Mitten durch, wo die Fahrſtraße läuft, fließt in 
der Richtung von Oſten nach Weſten der Goͤſtritz bach mit dem 
ſich am Anfange des Marktes Schottwien der aus dem Krois⸗ 
graben herabkommende Kroisbach vereinigt, daher der ganze 
Weg durch den Markt mit ungeheuer ſtarken Holzpfoſten belegt 
iſt, und eine lange fanft aufwaͤrts gehende Bruͤcke bildet, die, als 
eine ſolche angenommen, die längfte in Oeſterreich iſt. Dieſe bei⸗ 
gen Baͤche nehmen am Ausgang des Marktes den aus dem Adlitz⸗ 
graben herbeikommenden Haidbach auf, und ergießen ſich an der 
nördlichen Grenze in das Gebiet der Gemeinde Au, woſelbſt ſie 
den Namen Au bach annehmen. Mühlen befinden ſich in 
Schottwien pier, und in den vorbenannten Bächen werden 
Forellen gefiſcht. Auch gibt es hier viele Nadelwälder auf dem 
gegen Süden gelegenen Schwarzenberg, Göſtritz und 
Semering, die fehr betraͤchtlich ſind. Darin iſt die Jagdbarkeit 
jedoch nur mittelmäßig, und beſteht aus weißen Hafen, Fuͤchſen, 
Neben, Schild: und Auerhaͤhnen. Die Viehzucht in Schott 
wien (fie beſitzen zwar nur einem kleinen Schlag von Vieh, der 
aber Eräftig iſt) beſchraͤnkt ſich des geringen Feldbaues und Wie⸗ 
ſenſtandes wegen nur auf den eigenen Bedarf, weßhalb auch 
größtentheils die Stallfütterung betrieben wird, doch darf ſie gut 
genannt werden. Ueberhaupt ſind die hieſigen Marktbewohner, in 
Sitten und Gebraͤuchen ſich ſehr den Steiermaͤrkern nähernd, gute 
und artige Menſchen, voll uneigennuͤtziger Gefälligkeit gegen 
Fremde, und es herrſcht eine lobenswerthe Reinlichkeit in den Haͤu⸗ 


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fern. — Die hieſige Luft und das helle Gebirgswaſſer find über: 
aus vortrefflich. 

Die ungeheuern Felſen um Schottwi en beſtehen größten: 
theils aus gemeinem Gipsſtein „der gewöhnlich weiß, oder grau, 
ſeltener aber röͤthlich, und am ſeltenſten wegen des eingeſprengten 
Colorits grünlich vorkommt. In den Erdlagen dagegen gibt es viel 
mit Thon gemiſchtes Weißblei (Graphit), welche Maſſe zu ſchwar⸗ 
zem Geſchirre verwendbar waͤre. Nicht minder beſtehen nahe bei 
Schottwien merkwürdige Gipsbruͤche und Gipsbrennereien, 
von welchen dieſe Gegend bekannt iſt, der nach Wien und an an⸗ 
dern Orten abgeſetzt wird, der gröbere aber vom Landmanne zum 
Duͤnger, beſonders der Wieſen, gekauft wird. In dieſen Gips⸗ 
bruͤchen findet man auch weißen, dichten, durchſcheinenden Gips⸗ 
ſtein, oder ſogenannten Gipsalabaſter, dann grauen und weißen 
feinſchuppigen, ſeltener groben Gipsſtein. 

Beſondere Merkwuͤrdigkeiten hat Schottwien außer den 
erwähnten keine, und was den Berg Semering betrifft, 
fo wird ſolcher am gehörigen Orte einzeln beſchrieben erfcheinen ; 
nur wollen wir noch, bevor wir zu den uns bekannt gewordenen 
Schickſalen des Marktes übergehen, bemerken, daß ſolcher nach 
Angabe der Herrſchaft in früheren Zeiten mehrere herrliche Privi⸗ 
legien beſeſſen hat, welche aber dermalen erloſchen ſind. Gegen⸗ 
wärtig iſt blos ein Privilegium vom 18. November 1819 vorhan⸗ 
den, nach welchem jährlich drei Maͤrkte, nämlich am St. Veit, 
Michaels: und Oſterdinſtag abgehalten werden dürfen, welche bei⸗ 
de letztere mit Viehmärkten verbunden ſind. 

Der Ort iſt ſehr alt, und beſtand ſchon, eher als die Poſt⸗ 
ſtraße hier durch nach Steiermark angelegt wurde. Doch genau iſt 
die Entſtehungsperiode nicht bekannt; wollen wir aber ſeinen Na⸗ 
men in Betracht ziehen, ſo würde ſein Aufblühen in den Anfang 
des XII. Jahrhunderts fallen, weil ſich damals unter Herzog 
Heinrich Jaſomirgott auch das Städtchen Wien (Viene, 
Viana, Wien) mit dieſer deutſchen Benennung bildete und 
Schottwien damals Scheidwienn, Scha dwien in Ur⸗ 
kunden und von dem Gelehrten Aeneas Sylvius genannt 


4 


wird, welches Wort wohl nicht von Schaden, ſondern viel bes 
ſtimmter und richtiger von der Scheidung (Grenzſcheide) abzulei⸗ 
ten iſt, daher im eigentlichen Sinne die Scheidung von der Gren⸗ 
ze des Landes, in welchem Wien die Hauptſtadt war, mithin 
Scheidwien, und gegenwärtig ganz unrichtig und ohne allen 
Grund, wenn gleich modern klingend, Schottwien. 

Bonfinus, der Geſchichtsſchreiber des Königs Matthias 
Corvinus, nennt den Ort Scaea Vienna (ein Thor in 
Troja alſo genannt), auch Fauces Noricum (faux invincibilis, 
welches ſo viel als einen engen Paß, uneinnehmbar, bedeutet). 

Wir haben unſern verehrten Leſern ſchon bei dem Pfarrorte 
Schwarzau berichtet, wie weit ſich nach den Angaben mehrerer 
Gelehrten die Marken von Carinthien hereingezogen haben, und 
wollten wir hierüber den triftigen Beweis liefern, fo müßten wir 
von den erſten Schenkungen der Markgrafen Oeſterreichs an, alle 
Urkunden vorlegen, welche aufzuzählen außer der Tendenz gegens 
wärtigen Werkes liegt; indeſſen haben wir ſchon bei Pitten ent⸗ 
ſchieden angeführt, welche Behauptung auch auf Schott wien 
Bezug hat, daß urfprünglich alle dieſe Theile zu Oeſterreich ge” 
hört haben. 

Die erſte Erbtheilung nach dem umgekommenen letzten Gra; 
fen Eckberths von Pitten vonz deſſen nachgelaſſenen Gütern 
geſchah mit Herzog Heinrich Jaſomirgott von Oeſterreich, 
die wohl unſtreitig, wenn ſie auch im unrichtigen Begriffe fuͤr 
ſteieriſch geachtet wurden, dennoch als Herrſchaften und Zugehö⸗ 
rungen als in der Oſtmark gelegen waren. Nach einer ſpaͤtern, in 
Hinſicht auf dieſe Gebietstheile aber wichtigen Urkunde vom Jah⸗ 
re 1379 wurden zwar dem Herzog Leopold von Oeſterreich, 
nebſt den inneröfterreichifchen Fürſtenthümern, auch die Neuſtadt, 
Neunkirchen, Klamm, Schadwien und Aſpang zugetheilet, 
und es iſt aus der Geſchichte bekannt, daß ein Theil dieſer Oerter 
gleichfalls noch vom Kaiſer Fried rich, als Inhaber der innero: 
ſterreichiſchen Lande, bis zum Ausgange der Albertiniſchen Linie 
beſeſſen wurde. Dieſe Urkunde gibt uns nach ih rem Wortlaut aber 
deutlich zu erkennen, daß dieſe Herrſchaften und Schlöſſer, obſchon 


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42 


fie nach andern vorhandenen Ländertheilungsbriefen einige Male 
an die ſteiermaͤrkiſche Regentenlinie abgetreten worden waren, 
ſtets zum Erzherzogthume Oeſterreich gehört haben. So viel alfo 
in geographiſcher Beziehung von Schottwien. 

Kaum mag Schott wie nein Jahrhundert geſtanden haben, 
als König Bela von Ungern im Jahre 1250 in Oeſterreich ein⸗ 
fiel und über dieß Land die größten Drangſale brachte. Es wur: 
den bei der Gelegenheit viele Kirchen, Dörfer und Schlöffer, 
worunter auch Schottwien begriffen war, zerſtört, ja das 
Land würde einer gaͤnzlichen Verheerung haben unterliegen müſſen, 
wenn nicht König Wenzel von Böhmen durch freund ſchaftli⸗ 
che Vorſtellungen den Ungernkönig bewogen hatte, den Verwü⸗ 
ſtungen durch Zurückziehung feiner Völker ein Ende zu machen. 
Ein ſolcher mit Raub und Mord bezeichneter Einfall geſchah von 
demſelben König im Jahre 1252, jedoch weit ſchrecklicher war 
jener, welcher 1271 von dem Koͤnig Stephan mit 50,000 Un⸗ 
garn und Cumanen unternommen wurde. Er beſetzte die Eng⸗ 
paͤſſe bei Schottwien und ließ feine raͤuberiſchen Cumanen auf 
alle Seiten ausbreiten. Unerhört waren die verübten Grauſam⸗ 
keiten und Zerſtörungen an den Dorfſchaften nebſt der viehiſchen 
Wuth, mit welcher jene Barbaren die friedlichen Landleute hinmor⸗ 


deten. Nicht zufrieden mit allem dieſem, ſchleppten fie auch noch 


über 20,000 Männer, Weiber und Kinder mit ſich nach Ungern ⸗ 
die ſie entweder mit Stricken, oder wohl gar bei den Haaren zu⸗ 
ſammen banden. Fuͤnf Jahre früher (1266 den 45. Auguſt) waren 
dieſe wild romantiſchen Schluchten von Schottwien der Schau⸗ 
platz eines wahrhaft entſetzlichen Naturereigniſſes, deſſen ſowohl 
Calles in feinen ſteieriſchen Annalen Theil II. pag. 436, 
als auch die Leobner Cbronik und die Chronik von Pak 
tra m erwähnen, indem in der Nacht des oben bemerkten Tages ein 
fürcht licher mit ungeheuerem Sturm begleiteter Wolkenbruch über 
die ganze Thalgegend Schottwiens ſich ergoß, ganze Vergſtuͤ⸗ 
cke, Häufer‘, Baͤume, die damals noch beſtandenen guten Wein’ 
berge gleich den edelſten Oeſterreichs u. ſ. w. in grauenvoller 
Verwirrung dahinriß, des Orts einziges Kirchlein zerſtörte und 


\ 


— 13 
gegen fuͤnfhundert Menſchen (worunter wahrſcheinlich ein großer 
Theil aus benachbarten Ortſchaften) des Lebens beraubte. 

Auch wurde Schottwien durch König Matthias Cor⸗ 
vinus im Jahre 1485 hart belagert, und nachdem es ſich lange 
vertheidigt hatte, fiel es in des Ungernkönigs Hände; dadurch fand 
Matthias das Mittel, der Wr. Neuſtadt die Zufuhr der Le⸗ 
bensmittel abzuſchneiden, weßhalb die Belagerten, als Hunger, 
Elend und Noth ſich ſchon einſtellten, gezwungen wurden, mit 

Matthias in Unterhandlung zu treten. 

Zur Zeit als 1644 das raſche Vordringen des ſchwediſchen 
Generals Torſtenſohn Gefahr beſorgen ließ, wurden in der 
ſogenannten Klauſe und vor dem Markte Schottwien ſtarke 
Verſchanzungen angelegt. — Im Jahre 1666 reifte Kaiſer Leo⸗ 
pold J. in Begleitung vieler auf das prächtigfte gekleideter Ca⸗ 
valiere, alle zu Pferde, nach Schott wien, um dort feine Braut 
Thereſia Margaretha, Tochter Königs Philipp IV. von 
Spanien, an der Grenze des Erzherzogthums Oeſterreich zu be⸗ 
willkommnen; der Kaiſer befand ſich darunter als Graf von Fal⸗ 
kenſtein. Er war der letzte, welcher bei der Vorſtellung gleich den 
übrigen Cavalieren vor der ſpaniſchen Infantin das Knie beugte, 
aber, vom Gefühle uͤbermannt, die zum Kuß dargereichte Hand 
derſelben drückte. Die Prinzeſſin, welche ein Porträt des Kai⸗ 
ſers beſaß, erkannte ihn; gluͤhende Röthe überzog ihr Geſicht, 
ſie erhob ſich ſchnell von ihrem Armſtuhle, und ſank, im Begriffe 
niederzuknien, zum Erſtaunen ihrer Begleitung, in die offe⸗ 
nen Arme des eben aufgeſtandenen Kaiſers, der jetzt abwech⸗ 
ſelnd bald die eine, bald die andere Hand der Prinzeſſin an feine 
Lippen drückte. 

Bei der Türkenbelagerung Neuſtadts 1683 flüchteten ſich mehr 
als 11,000 Menſchen in die feſten Schlöſſer Starhemberg, 
Klamm und in den Paß bei Schottwien. — Obſchon einige 
Male Erdbeben in Schottwien verſpürt wurden, fo war jenes 
am 27. Februar 1768 doch am allerſtärkſten, wo die mit Schreck 
erfüllten Einwohner alle Augenblicke befürchten mußten, unter den 
erſchuͤtterten Steinwänden begraben zu werden. 


— 


14 


Der Markt Schottwien bildet zugleich auch eine Herr: 
ſchaft, wozu aber ſonſt keine Dörfer oder andere Beſtandtheile 
gehören, es beſteht hier das Amtsgebaͤude, allwo die Admini: 
firationsgefchäfte der vereinten hochfürſtlich Lichtenſteiniſchen Herr: 
ſchaften Schott wien, Klamm, Stuppach und Pott: 
ſchach beſorgt werden. 

In den erſten Zeiten war der Ort ein Eigenthum der öſter⸗ 
reichiſchen Herzoge, als ſolches beſaß es pfandweiſe im Jahre 
1380 Heinrich von Rappach von Herzog Albrecht IV. 
Wilhelm Hauſer, Ritter, empfing im Jahre 1402 die 
obere Veſte Klamm ſammt dem Markt Schottwien von Her⸗ 
zog Albrecht zu Lehen (Fischerberg Mserpt.). Im Jahre 
1433 beſaß dieſelben Ulrich von Stubenberg pfandweiſe; 
auf eben dieſelbe Weiſe im Jahre 1577 Johann Joſeph 
Zoppel von Kaiſer Rudolph II.; dieſem folgte in derſelben 
Eigenſchaft im Jahre 1603 Georg Bernhard von Urſchen⸗ 
beckh, von welchem es 4629 an Johann Chriſtoph von 
Urſchenbeckh überging; Mathias Wägerle von Wal: 
ſegg aber kaufte den Markt 1651 vom Kaiſer Ferdinand IV. 
Dieſem folgte 1666 fein Sohn Franz Bernhard Graf von 
Walſegg; im Jahre 1748 Franz Anton Graf von Wal⸗ 
ſegg durch Erbſchaft; im Jahre 1721 deſſen Sohn J ulius 
Joſeph Leopold; im Jahre 1746 deſſen Sohn Franz Jo⸗ 
ſeph Anton, der als der letzte dieſes Stammes im Jahre 1827 
verſtarb. Darauf erkaufte dieſe Herrſchaft der ſouveraine Fürſt 
Johann von und zu Lichtenſtein, welcher dieſelbe noch im 
Beſitze hält. 

Schottwien iſt übrigens für die hieſige Gegend der Cen⸗ 
tralpunkt, von wo aus in die ſchönſten Umgebungen in einem na⸗ 
ben Umkreiſe von wenigen Stunden die intereſſanteſten Ausflüge 
nach den Burgen Klamm, Wartenſtein, Kranichberg, 
Kirchberg, Steiersberg und Stüchſenſte in, in die ro⸗ 
mantiſchen Thäler und Schluchten des Adlitz⸗, Baierbach⸗ 
Otter⸗ und Göſtritzgrabens, in das Prein⸗, Höllen⸗ 
und Reichenauerthal, zu den merkwürdigen Gewer⸗ 


— " 45 
Een in der Göſtritz und. in Hirſchwang, daun auf die Ber: 
ge Sonnenwendſtein) Kranichberg, Wechſel, Se⸗ 


mering, Schneeberg, Raxalpe, Gruͤͤnſchach er ꝛc. ꝛc., 


deren jeder eine andere, höchſt uͤberraſchende Ausſicht bietet, ge⸗ 
macht werden können, und wozu, je nachdem es die Localität 


geſtattet, man Wagen, Reitpferde und Führer, Nachweiſungen 


und gemächliche Unterkunft erhält, 


Schrane wand, 
ein Dorf von 25 Häuſern, unfern Unterwaltersdorf gelegen, wo⸗ 
von Wimpaſſing in Ungern die nächſte Poſtſtation iſt. 

Der Ort gehört zur Kirche und Schule nach Unterwalters⸗ 
dorf; den Werbkreis beſitzt das Lin. Inf. Regt. Nr. 49. — 
Als Landgericht iſt die Herrſchaft Ebreichsdorf aufgeſtellt, Grund⸗, 
Orts⸗ und Conſcriptionsobrigkeit iſt aber die Herrſchaft Unter⸗ 
walters dorf. 


Hier leben 30 Familien, naͤmlich 69 maͤnnliche, 74 weib⸗ ö 


liche Perſenen und 18 Schulkinder. Dieſe beſitzen einen Vieh⸗ 
ſtand von 35 Pferden, 10 Zugochſen und 48 Kühen. 

Die hieſigen Einwohner ſind ſogenannte Landbauern, blos 
mit einem Schuhmacher, einem Schneider und einem Weber 
verſehen, und betreiben den Ackerbau, der ihnen etwas Weizen, 
meiſt aber Korn, Gerſte und Hafer gibt; auch erhalten ſie eini⸗ 
ges Obſt von ihren Hausgarten. Ihre Beſtiftung iſt demnach 
gut zu nennen, da ihnen auch noch verhältnißmäßig Wiefengründe 
zugetheilt worden ſind. Die Gruͤnde ſind mittelmaͤßig, und er⸗ 
leiden bei der ohnehin etwas feuchten Bodenlage in naſſen Jahren 
nachtheilige Einwirkungen. Der Betrieb ihrer Viehzucht, welche, 
wie hier allgemein, die Weide genießt, verdient keine beſondere 
Erwähnung. 

Die Häuſer des Dorfes, von gutem Stein: Material er: 
baut und mit Schindeln gedeckt, liegen in Geſtalt eines Winkel⸗ 
maßes in einer Ebene zwiſchen Mitterndorf und Unterwalters⸗ 
dorf, in geringer Entfernung weſtlich von dem Pieſtingfluß, in 
der Mitte der Fläche vom Reiſenbache und öſtlich in größerer. 


* 


. 


16 


Entfernung von der Leitha der Länge nach umfloſſen. Am erfteren 
ſteht eine hieher gehörige Mühle mit vier unterſchlächtigen 
Gaͤngen. — Wenn gleich das Klima hier feucht iſt, ſo iſt es 
doch nicht unge ſund, und gutes Waſſer vorhanden. — Berge, 
Waͤlder oder Auen gibt es keine, daher beſteht auch nur eine 
Feldjagd, die blos Hafen, Rebhuͤhner und Wachteln liefert. 
Die Gegend überhaupt hier gehört nicht zu den ſchönen, da wer 
nig maleriſche Abwechslung beſteht. — Durch das Gebiet des 
Dorfes zieht die alte, nun wieder in einer chauſeemaͤßigen Her⸗ 
ſtellung begriffene Straße von Wien nach Oedenburg in Ungern; 
von dem Orte aus zu den umliegenden Dorfſchaften führen blos 
Feldwege. 5 | 

Der Ort Schrane wand hieß vor Jahrhunderten Sera n⸗ 
wart, war ein eigenes Gut mit einem Schloſſe und gehörte ei⸗ 


nem edlen Geſchlechte, wovon aber nur Ulrich von Schrane⸗ 


waten im Jahre 1319 (ſiehe Hueber) bekannt wird. Das Dorf iſt 
aber noch viel älter, denn es erſcheint in der von Diſchof Ulrich 
von Paſſau am 7. Jänner 1120 ausgefertigten Urkunde, worin 
der Pfarre Traiskirchen die Grenzen beſtimmt werden. 


Von dem vorerwähnten Ulrich von Schranewaten ſiel 


das Gut an Bernhard den Forſtmeiſter und nach deſſen 
Tode als ein Mannslehen an den Landes fuͤrſten. Als ſolches ers 
hielt es im Jahre 1331 Wolfker von Himberg von den 
öſterreichiſchen Herzogen Albrecht und Otto; im Jahre 1365 
vergabte Herzog Rudolph IV. den Ort der Propſtei zu St. 
Stephan in Wien (Steyrer). Er mag nach der Hand wieder den 
Regenten zugefallen ſeyn, weil im Jahre 1463 ein gewiſſer 
Hauptmann Hinko erſcheint, der ſich in Beſig der Veſte 


von Schranewand ſetzte, um feine Bezahlung — wie Has. 
ſelbach anführt — vom Kaiſer Friedrich IV. zu erzwingen. 


Schranewand, welches mit mehreren andern Schloͤſſern ver⸗ 
pfändet war, wurde 1494 vom Kaiſer Maximilian I. nebſt 
den Veſten Frauenberg, Baden, Pasdorf, Gutenſtein, Wal⸗ 
tersdorf und Mitterndorf wieder von Conrad Auer von Her 
renkirchen eingelöst. — Im Jahre 1553 erhielt dieſes 


17 


Schloß ſammt Zugehör der Ritter Andreas Gufſitſch als 
Lehen, es kam dann wieder an den Kaiſer, bis ſolches (nun ſchon 
eine abgekommene Veſte genannt) im Jahre 1613 dem Oktavius 
Grafen von Cavria ny nebſt den Gütern Unterwaltersdorf und 
Schöngraben auf lebenslang zum Genuſſe uͤberlaſſen wurde, 
worauf dieſe Herrſchaft und Güter im Jahre 1620 dem Frie⸗ 
drich Reichsgrafen von Cavria ny gegen Abrechnung feiner 
„Forderung von Kaiſer Ferdinand [I. erbeigenthümlich über: 
taffen blieben. Seit dieſer Zeit it Schrane wand ein Beftand: 
theil der Herrſchaft Unterwaltersdorf geworden. 

| Beſondere Merkwürdigkeiten oder Schickſale find von diefem 
Orte nicht bekannt. 


Schratenbach. 

Ein kleines Oertchen von 8 Häufern, 3 Stunden von Stüch⸗ 
ſenſtein gelegen, mit der naͤchſten Poſtſtation Neunkirchen am 
Steinfeld. 

Schratenbach gehört zut Kirche und Schule nach Grün⸗ 
bach, mit dem Werbbezirke zum Lin. Inf. Regimente Nr. 49, 
und zum Landgerichte nach Fiſchau. — Als Grundherrſchaften 
werden Seebenſtein und Stüchſenſtein bezeichnet, wovon letztere 
zugleich auch Orts⸗ und Conſcriptionsobrigkeit iſt. 

Die Einwohnerzahl belaͤuft ſich auf 13 Familien, 29 maͤnn⸗ 
liche, 25 weibliche Perſonen und 9 ſchulfähige Kinder. 

Der Viehſtand zählt 18 Zugoch ſen, 15 Kühe „ 2 Schafe, 

7 Ziegen und 8 Schweine. 

N Die Bewohner ſind Waldbauern, die ſich zum Theil mit 
Ackerbau, meiſt aber mit Holzhandel befchäftigen, welchen fie 
nach Wiener⸗Neuſtadt treiben. Von erſterem erhalten fie nur 

Rocken, Gerſte und Hafer, wozu die Gruͤnde von ſchlechter 
Beſchaffenheit find; fie beſitzen aber Obſtgärten, die ihnen be: 
ſonders viele und ſchöne Weichſeln liefern. 

Der Ort liegt mit den 8 zerſtreuten Haͤuſern in einem 
Thale, welches von den Höhen des Gutenmanns unter dem 
Kettenlusberge (auch Kettenlausberg) ſich hinabzieht und woran 

2 


48 . 


die Orte Hornungsthal, Roſenthal und Greith grenzen. Ein 
Bach, der ſogenannte Schratenbach, durchſfleßt das Thal 
und treibt das Waſſerwerk. — Die Waldwege hier find ſchlecht, 
Straßen und Bruͤcken find keine vorhanden. 

Uebrigens iſt die hieſige Gegend, wozu Puchberg und meh: 
rere andere reizende Ihäler gehören, überaus ſchoͤn und gefund, 
auch vortreffliches Gebirgswaſſer vorhanden. Die vielen abwech⸗ 
ſelnden Berge mit Wäldern, wozu der Kettenlus vorzüglich ges 
hört, erhöhen die maleriſche Land ſchaft. In dieſen iſt die Jagd⸗ 
barkeit, welche der Herrſchaft Stüchfenftein gehört, nicht unbe⸗ 
deutend, und liefert Hirſche, Rehe, Haſen, Fuͤchſe und Haſel⸗ 
hühner. 

Wenn gleich nur in einigen Haͤuſern beſtehend, fo iſt das 
Oertchen Schralt e n barch oder Schrotenb ach doch ſehr alt, 
und dürfte den Namen von der unweit davon befindlichen Rui ne, 
der ehemaligen Veſte Schrot enſtein, erhalten haben. Dieſe 
liegt im Bezirke des Ortes an dem oben erwähnten Kettenlus⸗ 
berge in ſchwindelnder Höhe auf einem ſteilen, nur mit Gefahr 
zugänglichen Felſen in einer ſehr romantiſchen Umgebung. 

Die wenigen Ueberreſte zeigen uns ungeheuer dicke und feſte 
Mauern, die der Bauart nach dem hohen Alterthume angehören, 
und woher dieß ehemalige Schloß wohl zu den älteften Burgen 
Oeſterreichs gezählt werden kann. Ungeachtet ſolches ſchon ſeit 
einigen hundert Jahren in Verfall gerathen zu ſeyn ſcheint, ſo 
bleibt es doch ſonderbar, das das ſelbe, welches einſt von einem 
Rittergeſchlechte beſeſſen ward, ſogar bei den Bewohnern der 
nahen Umgegend in Vergeſſenheit kam. 

Wenn wir unſere Blicke auf die Entſtehungsperiode dieſer 
Ritterburg richten wollen, fo müſſen wir, wie ſchon erwahnt, 
ſolche in der grauen Vorzeit ſuchen, und da findet man, daß die 
Veſte Schrotenſtein ſchon um die Mitte des XI. Jahrhun⸗ 
derts geſtanden habe, weil zu der Zeit ſchon das Geſchlecht der 
Schrotenſteine in Urkunden vorkömmt. Zwar iſt es uns 
nicht möglich geworden zu erforſchen, aus welchem Lande ſolche 
abſtammten; zweifelsohne kamen Glieder dieſer angeſehenen Fa⸗ 


\ 


| 49 
milie mit Kaiſer Carl dem Großen in die Oſtmark, gaben 
ſich von ihrem neuen Beſitzthum auch neue Namen, wie dieß 
meiſtens von den Burgen der Gebrauch war, und blüthen wäch⸗ 
tig empor. 

In einer Urkunde vom 17. Juli 1072, welche die erneuerz 
te Stiftung des Kloſters Michaelbeuern durch den Patriarchen 
von Aquilea betrifft, erſcheint unter den adelicher Zeugen Rit⸗ 


ter Uzo von Schrotiſtein. Chalhoh von Seraten⸗ 


ſtein iſt ebenfalls Zeuge in der Urkunde Herzog Ottokars VI. 
von Steiermark, den 29. November 1182, mehrere Privilegien 
für die regulirten Chorherrn zu Sekau enthaltend (Fröhlich 
Dipl. P. I. p. 168). Ortolph von Schratenſtaine vers 
ſtarb zu Anfang des XIII. Jahrhunderts und hinterließ drei min: 
derjaͤhrige Erben, nämlich Calchun, Leopold und Fromo⸗ 
dius von Schratenſtaine, zwiſchen denen und dem Stifte 
Vormbach Herzog Leopold. VII. von Oeſterreich und Steier 
einen Streit zu Aſpang (V. u. W. W.) am 27. März 1222 
wegen 24 Hofſtätten zu Neunkirchen entſchied (monum. boic. 
Vol. IV. p. 152. 153). Ein Ortolph von Schratenſtain, 
ſeine Gemahlin Diemudis und der Meiſter Conrad von 
Tuln, Landſchreiber in Oeſterreich, erbten das Haus von B ers 
thold dem Kaͤmmerer in Wien am Kienmarkte, welches ſie am 


23. März 1275 an Wolfker von Eywansthal (Eibesthal) 


verkauften. Calhoch nobilis vir de Schratenstain 
erſcheint im Jahre 1278 bei einer abgelegten Zeugenſchaft wegen 
einiger von den Schenken von Hausbach in unrechten Beſitz ge⸗ 
haltener Weingärten. Derſelbe koͤmmt auch noch in andern Ur⸗ 
kunden vor und hinterließ die Töchter Mathilde und Agnes 


von Schratenſtain. Hieronymus Peg führt in feinem 


Werke script. rer. aust. einen Oswald von Schraten⸗ 

ſtain als Abt zu Neuburg im Necrologium von Admont ohne 

Jahresangabe an, der aber in der gedruckten Reihe der Neu⸗ 

burger Aebte nicht erſcheint, und daher, ſollte derſelbe wirklich 

Prälat geweſen ſeyn, welches im XIV. Jahrhundert aufzuſuchen 

wäre, übersehen n worden ſeyn müßte. Da von dieſer Zeit an kein 
2 ** 


Mitglied dieſer alten Familie mehr vorfommt,, fo dürfen wir auch 
das Ausbluͤhen derſelben zu Anfang des XIV. Jahrhunderts um 
fo gewiſſer annehmen, als im Jahre 1364 dem Petrein (Pe: 
ter) Herrn ven Ebersderf, von Georg von Haunfelden 
die Veſte Schratenſtein mit aller Zubehörung, mit Gonfens 
des Burggrafen Friedrich von Nürnberg, als Lebens: 
herrn, eingersamt wurde. Von dieſem uͤberkam Albert von 
Ebersderf alle dieſe Güter, deſſen Söhne Sigmund, 
Reimprecht und Albrecht der Jüngere im Jahre 1429 
durch gütlichen Vergleich ihre Erbguͤter unter einander theilten. 
Schratenſtein nebſt andern Beſitzungen fiel auf Albrechts 
Theil, der dieſe Herrſchaften an feinen Sohn Benuſch (Bene 
dict) vererbte. Von dieſem ſcheint Schratenſtein an die Her: 
ren von Wal ſee gekommen zu ſeyn, da die einzige Erbtochter 
Barbara des Reimprechts von Walſee (+ 1483), Ge: 
mahlin des Grafen Sigmund von Schaunberg, ihrem Gat⸗ 
ten die Hälfte des Schloſſes Schratenſtein übergab 
Hohenecks Geneal. 3. Th. S. 644). 

Von dieſem kam es an die Familie der Herren von Schär: 
fenberg, wovon Ulrich und Eras mus von Scharfe n⸗ 
berg die Güter und die Schlöſſer: Rothengrueb, Schraten⸗ 
ſtein, Stolzenwerd und Neuſiedl am Steinfelde (Brandenbur⸗ 
giſche Lehenſchaft) im Jahre 1578 an Johann Baptiſt Frei⸗ 
herrn von Hoy os verkauften. Von diefer Zeit an gehört Schra⸗ 
tenſtein oder Schrotenſtein der hochgräflichen Familie von 
Hoyos, und von da an können wir den Verfall dieſer alten 
Burg annehmen, von der nur noch ganz geringe Trümmer uns 
das Andenken ihrer ehemaligen Größe geben. 


. ) 
Schrozzendorf, 
auch Schrezendorf, ein Dorf im V. U. W. W., welches im 
Kirchenviſitations⸗Protokoll vom Jahre 1544 wegen eines, dem 
Pfarrer zu Pruegg an der Leitha von Wolfgang Prandt— 
ner, Hochmeiſter zu Trautmannsdorf, entzogenen Getreidzehents 
vorkommt. 2 


21 


Da von dieſem Orte ſeitdem gar nichts mehr bekannt wird, 
fo ſcheint es, daß Schrozzend or fzu Grunde gegangen und veroͤ⸗ 
det worden ſeyn muͤſſe. 


Schützenkaſten, 


ein kleines Dörfchen, welches nur 7 Häufer zahlt, im Gebirge ges 
gen die ungriſche Grenze, wovon Wiener⸗Neuſtadt in Oeſterreich 
und Guͤns in Ungern die nächſten Poſtſtationen ſind. 

Dieß Oertchen gehört zu dem nahen Pfarrdorfe Schönau zur 
Kirche und Schule. Der Werbkreis von hier iſt dem Lin. Inf. 
Regimente Nr. 49 zugewieſen. Das Landgericht, die Grund⸗, 
Orts⸗ und Conſcriptionsherrſchaft iſt Krumbach. 

Der Seelenſtand umfaßt 12 Familien, 33 maͤnnliche, 29 
weibliche Perſonen und 6 Schulkinder; der Viehſtand: 10 Zug⸗ 
ochſen, 11 Kühe, 18 Schafe und 11 Schweine. 

| Die hieſigen Einwohner find Ganzlehner und geboren in die 
Claſſe der Waldbauern. Sie haben nur geringen Ackerbau, weil 
ihre Gründe ſchlecht und vielen Elementarbeſchädigungen ausge⸗ 
fegt find, mehr treiben fie Handel mit Hafer nach Wiener⸗Neu⸗ 
ſtadt.— Die Viehzucht iſt gering und erſtreckt ſich kaum über den 
Hausbedarf, doch genießt ſie wegen der vielen Gebirge und 
Mangel an Weideplätzen die Stallfütterung, 

Schützenkaſten, wahrſcheinlich von einer Jaͤgergeſell⸗ 
ſchaft, die hier vor Zeiten ſich verſammelte, alſo benannt, liegt 
mit feinen wenigen Häufern hoch am Berge, zwiſchen Schönau, 
Mayerhofen, Schlögen und Wengereith, unfern der ungriſchen 
Grenze gegen die fürſtlich Pallfyſche Straße, welche nach Guns 
führt. Die ganze Umgegend iſt voll von Gebirgen und Wäldern ⸗ 
weßhalb auch nur beſchwerliche Bergſtraßen zu allen hier umlie⸗ 
genden Ortſchaften als bloße Verbindungswege führen; das Kli⸗ 
ma, wenn gleich etwas rauh ' iſt doch geſund, und gutes Waſſer 

vorhanden. 


; 
Befondere Merkwürdigkeiten gibt es keine. 


22 


| Schwadorf, 
ein Pfarrdorf, welches 109 Käufer zählt und zugleich eine Herr⸗ 
ſchaft, an der Pruegger⸗Commerzialſtraße gelegen, mit der naͤch⸗ 
ſten Poſtſtation Fiſchamend. 

Kirche und Schule befinden ſich im Orte. Das Patronat 
der Kirche gehört dem Herrſchaftsbeſitzer von Schwadorf, und 
die Pfarre in das Decanat Fiſchamend. Der Werbkreis von hier 
iſt dem Lin. Inf. Regiment Nr. 4 zugewieſen. — Das Lands 
gericht, die Grund⸗, Orts⸗ und Conſcriptionsherrſchaft iſt 
Schwadorf. 

Im Orte befinden ſich 325 Familien (darunter werden 842 
männliche, 805 weibliche Perſonen und 240 Schulkinder gezählt), 
die einen Viehſtand beſitzen von 132 Pferden, 4 Ochſen, 420 


Kuͤhen, 100 Schafen, 1 Ziege und 4 Schweinen. 


Die hieſigen Einwohner ſind Landbauern, welche ſich aus⸗ 
ſchließend mit Feldbau beſchaͤftigen, und wovon der Halblehner 


ungefähr 28 Joch und der Viertellehner 14 Joch Bründe beſitzt. 


Sie bauen meiſtens Korn, Gerſte und Hafer, Weizen aber ſehr 


wenig, dabei find die Gründe ziemlich ertragfaͤhig. Auch Wein⸗ 
und Obſtgaͤrten beſitzen ſie, jedoch find letztere nicht von Bedeu⸗ 
tung. Handel wird nicht getrieben. — Die erforderichen Hand⸗ 
werker befinden ſich im Dorfe. 

Schwadorf iſt regelmaͤßig zuſammen gebaut und bildet 
zwei Reihen Haͤuſer, die theils mit Schindeln, theils mit Stroh 
gedeckt find. Die beſonders erwaͤhnenswerthen Gegenſtaͤnde find 
das caſernähnliche herrſchaftliche Schloß, die Pfarr⸗ 
kirche mit dem Pfarrhofe, ein Brauhaus und eine gro⸗ 


ße k. k. priv. Baͤumwollen⸗Geſpinnſtfabrik, welche 


im beſten Betriebe ſteht und viele Arbeiter ernährt. 
So liegt der Ort 1 1/2 Stunde von der zweiten Poſtſtation 


Fiſchapend rechts, etwas tief, von den nächſten Ortſchaften 


Wienerherberg, Margarethen am Moos, Gallbrun, Enzersdorf 
an der Fiſcha, Klein⸗Neuſiedel und Rauchenwarth umgeben, in 
einer nicht beſonders ſchönen Gegend, hart am Fiſchabache, 


u: 
W. - 


23 


von welchem die Fabrik ſelbſt und zwei zur Fabrik gehörige 
Mahlmühlen betrieben werden. Die Pruegger⸗Commerzial⸗ 
ſtraße führt der Länge nach durch Schwadorf, eben fo auch 
die Communications ſtraße von Fiſchamend nach Moosbrunn. Brü⸗ 
cken befinden ſich zwei hier, und zwar eine über die Fiſcha und 
eine über den Fallbach. Mitten im Dorfe ſteht auf dem Plaze 
eine Säule mit Weinlaubgewinden, gleichwie in Ungern eine 
ſolche Verzierung allgemeine Sitte iſt. — Berge ſind keine vor⸗ 
handen, aber in der Nähe des Orts rechts gegen Rauchenwarth 
zu befindet ſich ein Wald unter der Benennung: Schwachat⸗ 
ter⸗Wald, welcher nicht ſehr groß, daher auch die Jagdbarkeit 
unbedeutend iſt. Hochwild gibt es nicht, auf den Feldern blos 
kleine Jagd, in dem Wald aber ſehr viel Kaninchen ). — Auch 
die Fiſcherei in den Bächen iſt von keinem Belange. 

Der Ort iſt übrigens ſehr alt, und gewinnt an dieſem durch 
feine. frühere Benennung „S chwabdor fe um fo mehr, da wir 
mit Grund vermuthen, daß bei Gründung der Oſtmark durch 
Carl den Großen (800), oder durch Kaiſer Heinrich im 
Jahre 1041 Stämme aus Schwaben zur Bevölkerung hierher 
gezogen wurden, wovon das Dorf den ganz richtigen Namen be⸗ 
kam, der in der Folge aber, gleichwie an den meiſten Orten, zu 
der ganz falſchen Benennung »Schwador fe umgeſtaltet ward. 
| Von feiner Entſtehung an mag Schwadorf den öfter: 
reichiſchen Regenten eigenthümlich geweſen ſeyn, obſchon auch im 
XIII. Jahrhundert ein edles Geſchlecht war, welches ſich von 
Schwabdorf nannte. Davon kennen wir aber nur allein Eber⸗ 
hard von Schwabedorf im Jahre 1220, welchen uns Hue⸗ 
ber in ſeinem Werke anführt. Der Topograph Weiskern be⸗ 


) Die Kaninchen find eine Gattung Thiere, welche zu dem Ge⸗ 
ſchlechte der Haſen gehören, kürzere Ohren, und verhältniß- 
mäßig kürzere Hinterbeine als dieſe haben. Sie fi nd gewöhnlich 
von grauer Farbe, die bei den gezähmten mit weiß, ſchwarz 
und bunten Farben abwechſelt. Davon kommen bekanntlich das 
Kaninchenfell und das Kaninchenhaar. ö 


24 

merkt von Bernhard Petz, daß Herzeg Leopold VII. ven 
Oeſterreich und Steier im Jahre 1209 Schwabdorf nebſt 
einigen Stůcken zu Viſchamunde und Nuveſidelen an Diſchef 
Wolfern zu Paſſau gegen Niederſulz abgetreten habe. Dieß 
ſcheint uns indeſſen von dieſem Schriftſteller eine irrige Behaup⸗ 
tung, wir glauben vielmehr, daß Sch wabdorf andern Fami⸗ 
lien als Lehen, und dem Paſſauer Diſchof bloß ein Hof verliehen 
werden ſei, und daß dieſes Bisthum erſt fpüter zum Deſitze des 
ganzen Ortes, wie wir bald ſehen werden, gelangte. 

Wenn auch während der frühern Jahrhunderte die Lehen⸗ 
ſchaften nicht bekannt ſind, fo finden wir doch im Jahre 1542 
Philipp Freiherrn von Brunner, der Schwabdorf pfand⸗ 
weiſe von Kaiſer Ferdinand J. beſaß. Von dieſem erhielten 
den Ort feine Erben im Jahre 1559 und in demſelben Jahre 
noch erhielt es durch Kauf Niklas Graf von Salm, wie im 
ſtändiſchen Gültenbuche angemerkt erſcheint. Von dieſem kam in 
nämlichen Jahre noch der Ort an Eckhardt Grafen von Salm, 
und dieſer erſt vererbte Schwabdorf an das Bisthum nach 
Paſſau, im Jahre 1597. Aus dieſer Periode ſtammt auch das 
herrſchaftliche Schloß mit dem biſchöflich Paſſauiſchen Wappen, 
welches noch gegenwärtig über dem Thore prangt. Bis zum Jahre 
1806 war dieſe Herrſchaft ein biſchoöfliches Eigentum, dann 
kam ſie an die k. E. Staats gůter⸗Adminiſtration noe. des n. ö. Ca: 
meralfonds und im Jahre 1826 wurde ſelbe an Herrn Johann 
Michael von Fellner verkauft, welcher die Herrſchaft 
Schwadorf noch gegenwärtig beſitzt. 

Es find auch noch Sagen über heidniſche Alterthuͤmer von 
Schwadorf im Umlaufe, und namentlich über einige Reſte 
eines Judentempels im Haufe Nr. 56. Da bierüber keine nä⸗ 
heren Beweiſe aufgefunden werden können, fo muͤſſen wir ſolche 
dahingeftellt ſeyn laſſen. Ueberhaupt gibt die Geſchichte von 
Schwadorf gar keine hiſtoriſchen Ereigniſſe, und was daher 
die Sagen des grauen Alterthums betrifft, ſo beziehen ſie ſich 
lediglich auf die Römerzeit. Welche Orte, Gebaͤude, Standla⸗ 
ger ꝛc. ꝛc. während derſelben in der Umgegend geſtanden, und als 


ö . . 25 
wichtig betrachtet werden können, haben wir bei jedem gehoͤrigen 
Orte dem verehrten Leſer ohnedieß getreulich mitgetheilt. 

Die alte, nun aber renovirte Pfarrkirche allhier, zu 
Ehren Mariä Himmelfahrt, befindet ſich an der ſüdweſtli⸗ 
chen Seite des Orts, nahe an dem Fabriksgebaͤude; ſie iſt von 
einfacher Bauart und trägt die Kennzeichen eines mehrhundert⸗ 
jährigen Alters. Der 18 Klafter hohe Thurm zeichnet ſich durch 
ſeine erſt im Jahre 1831 erhaltene neue kupferne Kuppel aus, 
worauf eine nach allen Windſeiten bewegliche Marienſtatue von 
Eiſen ſich befindet. Von innen iſt die Kirche gemalt, hat ein 
ſchönes Presbyterium und ein herrliches Altarbild, Mariä 
Himmelfahrt darſtellend. Der Hochaltar iſt ganz einfach 
mit zwei Cherubim geziert. 

An die Kirche iſt der Länge nach auch eine S eitencapel⸗ 
le angebaut mit einem einzigen Altare, worauf ein Gnadenbild 
»Mariahilfe ſteht, welches am 1. July 1692 aus dem Nies 
derbuͤchleriſchen Haufe in dem ſogenannten Eisgruͤbl bei dem Pe⸗ 
ters⸗ Friedhof in Wien hieher feierlich uͤbertragen, und von 
jener Zeit bis gegen Ende des letztvergangenen Jahrhunderts jährs 
lich von ſehr vielen Wallfahrts⸗ Proceſſionen aus verſchiedenen 
Gegenden Oeſterreichs verehrt wurde. — In eben dieſer Capelle 
find einige Grabdenkmale der hieſigen Pfarrer und Landgerichts⸗ 
verwalter an den Seitenwänden angebracht. 

Die Paramente ſind ſehr ſchön, von reichem Gold⸗ und Sil⸗ 
berſtoffe, und zahlreich, beſonders verdient ein ganzer Ornat er⸗ 
wähnt zu werden, welchen die Kaiſerin Elenora hieher geſchenkt 
hat. Die Monſtranze und der Kelch von Silber und ſtark ver⸗ 
goldet, mit Edelſteinen verſchiedener Art beſetzt, find von demſel⸗ 
ben Meiſter wie die große prachtvolle Monſtranze, die in der 
Schatzkammer im Stifte Heiligenkreuz gezeigt wird, und ganz 
nach derſelben Form gearbeitet nur in kleinerem Maßſtabe iſt. 

Capellen oder Filialen beſtehen ſonſt keine hier. — Außer 
Schwadorf gehören keine Dorfſchaften zur hieſigen Pfarre. — 
Der hieſige Gottesdienſt wird nur von einem Pfarrer beſorgt. 

Der Leichenhof befindet ſich nordweſtwärts in einiger 


2 


Entfernung vom Orte, er iſt mit Baͤumen umpflanzt, deßwegen 
auch von der nicht weit von hier vorbeiführenden Commerzial⸗ 
Straße freundlich anzuſehen. 

Da Schwadorf zugleich eine Herr ſch aft bildet, fo wol 
len wir die Umriſſe derſelben bezeichnen. 

Die ganze Herrſchaft beſteht aus den fünf Dörfern: Sch wa⸗ 
dorf, Klein⸗Neuſiedl, Fiſchamend (bei dem Markt 
Fiſchamend gelegen), Moosbrunn und Piſchelsdo rf. Das 
Haupt⸗Summarium umfaßt 689 Familien, 1774 maͤnnliche, 
4746 weibliche Einwohner, 477 Schulkinder; 422 Pferde, 92 
Zugochſen, 364 Kühe, 413 Schafe, 1 Ziege und mehrere Schwei⸗ 
ne zum Hausbedarf; 253 Joch herrſchaftliche Wälder, 2230 Joch 
Wieſengründe, 5281 Joch Ackerland und 85 Joch Weingärten. 

Dieſe Herrſchaft liegt drei Meilen von Wien oſtwaͤrts und 
2 Meilen von Pruegg an der Leitha entfernt an den Preß burger 
und Pruegger⸗Commerzialſtraßen, und grenzt an die Herrſchaf⸗ 
ten Fiſchamend, Enzersdorf an der Fiſcha, Margarethen am 
Moos, Götzendorf, Seibersdorf, Velm, Ebergaſſing und Ebers⸗ 
dorf an der Donau. — Das Klima iſt ſo ziemlich geſund und 
das Waſſer gut. — Es werden alle vier Körnergattungen gebaut, 
jedoch Gerſte und Weizen weniger. Die Einwohner fechſen auch 
Heu, treiben aber geringen Weinbau und Obſtpſtege. Beſondere 
wirthſchaftliche Zweige werden keine cultivirt, denn auch ihre 
Viehzucht, obſchon ſie nicht gering iſt, verdient keine beſondere 
Erwaͤhnung. — Die Gründe ſind im Ganzen nur mittelmäßig 
zu nennen, und es wird die Dreifelder⸗Wirthſchaft betrieben, fo 
daß z. B. ein Jahr Winterfrucht, das zweite Jahr Sommer⸗ 
frucht gebaut, das dritte Jahr aber der Grund in der Brache ge⸗ 
laſſen wird. 

Die Pruegger⸗Commerzial⸗ und die Preßburger Haupt⸗ 
Poſtſtraße durchziehen theilweiſe die Herrſchaft. — Durch Sch wa: 
dorf, ſo wie durch Klein⸗Neuſiedl und Dorf Fiſchamend, fließt 
die Fiſcha, durch Moosbrunn die Pieſting und bei Piſchelsdorf 
die Leitha. Es beſtehen dahier mehrere Brücken über dieſe Waſ⸗ 

ſer. — Fiſcherei und Jagdbarkeit ſind Rechte der Herrſchaft. 


27 
Muͤhlen beſtehen in Schwadorf zwei, eine kleine Fa⸗ 
briksmahlmuͤhle für Bauern in Klein: Neufiedl, im Dorf Fiſcha⸗ 
mend zwei bedeutende und zu Moosbrunn ebenfalls zwei Muͤhlen. 
Berge gibt es keine in dieſer Herrſchaft, nur ein Wald be⸗ 
ſteht bei Schwadorf, wie ſchon oben erwaͤhnt, und die herr⸗ 
ſchaftlichen, gleich wie die Gemeinde = Auen, liegen beim Dorfe 
Fiſchamend. | 
An bedeutenden Fabriken oder fonftigen Gebaͤuden kömmt 
die ſchon in Erwähnung gebrachte k. k. priv. Baum woll⸗ 
Geſpinnſtfabrik in Schwadorf, die bedeutend ſchöne 
k. k. privil. Papierfabrik in Klein-Neuſiedl, das 
herrſchaftliche Schloß, das ſchöne Gemeindegaſthaus 
und das Brauhaus in Schwadorf, ein dieſer Herrſchaft 
zuſt ändiger Ziegelofen nebſt den Gaſt haͤuſern, die ſich in 
| ‚allen fünf Dörfern befinden, noch beſonders zu bemerken. 


Schwarzau, Ä 
ein Markt, nur aus 10. Käufern beſtehend, im Gebirge hinter 
Gutenſtein mit der nächſten Poſtſtation Wiener > = Neuſtadt, die 
jedoch 8 Stunden entfernt: ift. 

Kirche und Schule befinden ſich im Matte Davon gehört 
die erſtere in das Pottenſteiner Decanat und das Patronat dem 
Vefiger der Grafſchaft Gutenſtein, Herrn Johann Erneſt 
Grafen von Hoy os. Den hieſigen Werbkreis beſitzt das Lin. 
Inf. Regiment Nr. 49. — Das Landgericht, die Grund⸗, 
Orts⸗ und Conſcriptionsobrigkeit iſt die Grafſchaft Gutenſtein. 

Die Bevölkerung dieſes wirklich allerkleinſten Marktes in 
ganz Oeſterreich zählt 11 Familien, 33 männliche, 34 weibliche 
Perſonen und 5 Schulkinder. Der Viehſtand beläuft ſich auf 
7. Pferde, 4 Zugochſen, 15 Kühe, 6 Schafe, 2 Ziegen, 4 Schweine. 

Was die Bewohner betrifft, ſo ſind ſie Gebirgsbauern, 
welche nur geringen Ackerſtand, meiſt in Hafer und etwas Korn 
beſtehend, haben, auch nur mittelmäßig die Viehzucht, am eif⸗ 

rigſten aber Holzkohlen⸗Erzeugung und mit dieſer einen Handel 
nach Wien treiben. Ihre Gründe find ſchlecht beſchaffen und Wie 


* 


28 


Wieſen unterliegen im Fruͤhjahre häufig den Ueberſchwemmungen. 
Die Viehzucht dagegen erhält eine beſſere Pflege und Sorgfalt; 
gegen Ende Juni wird es auf die Alpen getrieben und zur Mi⸗ 
chaelizeit erſt zurückgeführt. Die Zugochſen aber ſtehen den ganz 
zen Sommer über in einem dunkeln Walde, welcher der Sch warz⸗ 
riegel genannt wird. Benöthigt der Landmann einige Stücke 
zur Arbeit, ſo holt er ſie von dort, wenn auch gleich der Weg 
zwei Stunden von der Kirche entfernt iſt; nach geendigter Arbeit 
läßt der Eigenthümer ſich die Mühe nicht reuen, ſie wieder die⸗ 
ſe weite Strecke zurück zu führen. Eben ſo werden die Schafe auch 
nur den Sommer über behalten und ſobald ſie geſchoren ſind, ver⸗ 
kauft. Ueberhaupt exiſtiren hier und in der Umgebung eigene Sit⸗ 
ten, die wir nachher noch in Kürze berühren wollen. 

Schwarzau im Gebirge, zum Unterſchiede von dem 
nachbeſchriebenen am Steinfelde ſo genannt, liegt in einem en⸗ 
gen Thale am Schwarzau bache, öſtlich an die Rotte Vois, 
weſtlich an das Preinerthal, ſüdlich an den Graben und nördlich 
an die ſogenannte Gegend grenzend, die alle zerſtreute Ortſchaf⸗ 
ten, von mehr als 80 Bauernhaͤuſern, Holzhackerhütten, Klein⸗ 
und Jägerhaͤuſern ſind, meiſt auf Bergen, in Gräben und Schluch⸗ 
ten gelegen, fo daß die entfernteſten über 3 Stunden ſich von 
der Kirche befinden. Zum Orte führt bis jetzt noch keine regelmaͤ⸗ 
ßig angelegte Straße. 

Schwarzau, welches den Namen eben auch vom Sch war z⸗ 
aufluffe erhalten hat, trägt unſtreitig ein hohes Alter, wenn 
gleich die Zeit der Entſtehung nicht genau bekannt iſt. Die Pfarr⸗ 
kirche ſteht auf einem Hügel, der Sommerbihl genannt, von den 
wenigen Häuſern des Marktes umgeben. Urſprünglich war ſie 
nur eine Waldcapelle, welches aus der alten Bauart des jetzi⸗ 
gen Presbyteriums und der Sakriſtei zu ſchließen iſt; zu Zeiten 
Kaiſer Maximilians II. aber, im Jahre 1509, iſt ſolche 
zur Pfarre erhoben worden. Vor Zeiten war ſie der Jungfrau 
Maria geweiht, gegenwärtig wird der heil. Biſchof Nicolaus 
als Kirchenpatron verehrt. Die innere Aus ſchmückung beſteht in 
einem Hochaltar und zwei Seitenaltaͤren zu Ehren des 


20 


heil. Sebaſtian und der heil. Barbara. Sie enthalt kei⸗ 
ne Merkwürdigkeiten, und iſt ſehr arm an Paramenten und Kir⸗ 


chengeräthſchaften. 
Wenn auch die hieſige Pfarre vor ungefähr 200 Jahren noch 


ausgedehnter als jetzt war, weil Rohr, bevor es eine ſebſtſtändi⸗ 
ge Pfarre erhielt, auch hieher gehörte, fo iſt die Seelſorge bei 
der weiten Entfernung von 3 Stunden und der Menſchenzahl von 
mehr als 1400 Seelen beſonders zur Winterszeit immer ſehr be⸗ 
ſchwerlich, in dieſer Rückſicht ift auch dem Pfarrer ſeit dem Jah⸗ 
re 1825 noch ein Cooperator beigegeben worden.— Der Leichen⸗ 
hof beſteht um die Kirche. 

In Beziehung auf die bieſig igen Naturſchönheiten, iſt eine 
Wanderung über Reichenau und durch die grauſe Schlucht des 
Höllenthales ungemein intereſſant, und ſie endet da, wo man aus 
den Gebirgen in einen mildern Boden über den Markt Schwarz⸗ 
au gegen die Ruinen von Hohenberg im V. O. W. W. gelangt. 
Schon von dem Jägerbauſe im Höllenthale an verlieren ſich je⸗ 
ne ungeheueren Felſenpartien, freier und anmuthiger wird die 
Gegend wieder, und eben ſo erheitert fühlt ſich das Gemüth des 
Naturfreundes, der ſtaunend die wildſchönen Felſenmaſſen, 
Schluchten und jähen Bergſtuͤrze durchzog, bei dem herrlichen 
Anblick der reizenden Lage des Marktes Schwarzau. Auch hier 
iſt zwar noch immer gegen andere Gegenden rauheres Klima ob 
der nahen und hohen Berge, wozu beſonders weſtlich der ſoge⸗ 
nannte Hirſchenkogel, der gegen Nordweſt mit dem hohen 
Obersberg zuſammenhaͤngt, gehört, und man darf ſagen, 
aß hier beinahe durch drei Vierteljahre die Winterszeit andauert, 
während welcher faſt immer feſte Schneebahn beſteht; aber 
rückt der Sommer heran, fo verdoppeln das ſaftige Wiefengrün, 
die hie und da in kleinen Flecken auftauchenden Kornfelder, die 
mit Gebuͤſchen und Obſtbäumen gezierten Hügel, welche ſich ges 
gen die hohen Gebirge hinziehen, und den rauhen Hintergrund 
verbergen, die Schönheit des Anblickes dieſes breiten und liebli⸗ 
chen Thales. 

Der übrige Bezirk der umher liegenden Rotten, die alle zur 


Pfurte S q ar zaa gehoren, und woven die zerfiremten Han 
fer, meiſtens von Holz, auf Anhöhen hingebaut oder in den Gru 
ben und in den finftern Wäldern verbergen liegen, beſteht aus 
ſanter hohen und ſteiien Bergen mit ſchroffen Abhängen, und da 
Negengůͤſfe fehr gefuͤhrlich ſind, indem der ſonſt ſeichte Buch ſchnell 
zm reißenden Stromme anſchwillt, fo iſt es nicht ſelten, daß 
bei ſolchen Süffen ungeheure Maffen Steine von den Feſſen herz 
abſtürzen, die Bieſen und Felder verheeren und bedecken. Die güs 
tige Natur hat übrigens geſorgt, daß aus den Dergen reichli= 
ches Waſſer enmquillt, wodurch fo viele Natur- 
brunnen gebildet find, daß man wirklich gar keiner ‘Pumpen aber 
Ziehbrunnen bedarf. 

Wir haben ſchon berichtet, wie die Erzeugung der Heljfchten 
der hieſigen Landlente gewõhnſiche Deſchaftigung it, die fie ſellaſt 
häufig verführen, und bemerken uur nech, da jie auch aus Serdde 
bauen Weinſtecken verfertigen, und mit den aus ſtarkem Holze 
gemachten Rodungen, Kübeln und Schaffeln einen Handel bis 
tief nach Ungern treiben. 

Der größte Theil der Gebirgs bewohner kommt ſeſten mic 
andern Menſchen in Berührung , daher kõunmt es, daß fiegemches 
ſich gegen Fremde zurückhaltend und ſagar arywõhuiſch find. Eie 
halten feſt auf ihre alten Gewohnheiten, und nehmen ſchwer 
Neuerungen an, felbt wenn fie nũgiih wären. Außer den kathe⸗ 
aſchen Bewohnern mögen ſich hier wahl mehr ais V alathel⸗ 
ſche befinden, deren Neſigions unterricht ein Schullehrer verſiaht. 
Dieſe find Holzarbeiter, weſche ſei 1784 aus Oberõſterreich hier 
her berufen wurden zur Fällung des Hetzes, weiches dann anf 
der von Georg und Ichsun Haebme r auf eigene Koſten 
gehaltenen Holzſchwenune nach Wiener ⸗Nenſtadt auf dem Naß⸗ 
bach e, der dann in die S warzau ik, geſchwemmt wird, 
und wovon jetzt jahrlich über 10,000 Klafter hartes und weiches 
Holz auf dem Wiener ⸗Neuſtãdter Schiffahrtscanal nach Wien 
geführt werden. Dei der S warzauer⸗Sovemme wer: 
den über 400 männliche Arbeiter beſchäftiget. 

Dieſe Bewohner bleiben in der Kleidung, befendert das 


34 


männliche Geſchlecht, der Sitte ihrer Vaͤter getreu, wie wir fle 
ſchon beim Schneeberge beſchrieben haben, und wovon nur die 
Frauensperſonen größtentheils von ihrer grauen oder ſchwarzzeu⸗ 
genen Urkleidung gewichen ſind, an deren Stelle bunter Stoff bei 
der jüngern Claſſe zur Bekleidung getreten iſt, ſie beſitzen noch 
gute Sitten, ſind gegen einander ehrlich und höflich und gehor⸗ 
ſam gegen ihre Obrigkeit; ſo findet man ſie in der hieſigen Ge⸗ 
gend, in der das Schwarzauer⸗Thal, von dem forellenrei⸗ 
chen Fluſſe Schwarzau durchſtroͤmt, von allen Seiten mit 
Bergen, Gräben und Wäldern umgeben iſt, und gleichfam die 
Anlage eines lieblichen Gartens ſcheint, blos mit der Arbeit in 
ihren Wirthſchaftszweigen emſig beſchaͤftigt, und entfernt von al⸗ 
lem ſtädtiſchen Verderben in ſtiller Eintracht und Einſamkeit zu⸗ 
frieden lebend, ein wahres Bild von patriarchaliſcher Einfalt ei⸗ 
nes gluͤcklicheren Jahrhunderts 1— 


Schwarza u. 

Ein Pfarrdorf, in 53. Häuſern beſtehend, am Fluße gleiches 
Namens gelegen, 2 Stunden von Wiener-Reuſtabt entfernt, 
welches die nächſte Poſtſtation iſt. 

Kirche und. Schule befinden ſich im Orte. Erſtere gehort in 
das Neunkirchner Decanat und das Patronat davon der Herr⸗ 
ſchaft Frohsdorf. — Den Werbkreis beſitzt das Lin. Inf. Regi⸗ 
ment Nr. 49. Landgericht iſt der Wiener⸗Neuſtädter Magiſtrat. 

Grund herrſchaften, die hier behauſte Unterth anen oder Grund 
bolden beſitzen, gibt es mehrere, als: Herrſchaft Frohsdorf, 
Seebenſtein, Schwarzau, Feiſtritz, Staatsherrſchaft Wie⸗ 
ner⸗Neuſtadt und die Gemeinde in Schwarz au. — Orts⸗ und 
Conſcriptionsobrigkeit iſt die Herrſchaft Frohsdorf. 

Im Orte hier befinden ſich 104 Familien, darunter wers 
den 210 männliche, 217 weibliche Perſonen und 37 Schulkinder 
gezählt. Der Viehſtand betraͤgt 16 Pferde, 71 Ochſen, 95 Kuͤ⸗ 
he, 2 Schafe, 3 Ziegen, 47 Schweine. | 

Die Hauptbeſchäftigung der hieſigen Einwohner, welche 
Landbauern ſind, beſteht in Ackerbau, davon erhalten ſie Wei⸗ 


Nr 


“N 


Semifh und Linſen. Auch Wein⸗ 
. Die Gruͤnde ſind indeſſen nur 
In. a'eld gelegenen ſchlecht, und ein 
Asen der Schwarzau ausge⸗ 
die Viedzucht von keinem Belange. 
. d dier befinden, find 2 Schuſter, 
. Jamid, 1 Wagner, dann 3 Wirths⸗ 
Au, welcher auch in Unter⸗ und 

i Klein-Schwarzau getheilt iſt, 
Sen Ufer ſammt der Kirche und dem 
Let Theil der Häufer aber nebſt dem 
. „srandifhen Schloſſe und Gars 
Nu seamautd, am linken Ufer des Fluſſes 
„ ach an der von Wiener⸗Neuſtadt aus 
Sa wid Pallfyſchen Commerzialſtraße ges 
zu die nahen Ortſchaften Peiſching, Lois 


* 


e aud Brunn grenzend, und hat einen uͤber⸗ 


N. 


rllchen Hintergrund als Gebirgslandſchaft. 


un. cine gute und lebhaft befahrene Straße 


| urn dier durch nach Aſpang, und von diefer 


uutien mit den übrigen Dörfern und mit 
„& een anderer Weg von Seebenſtein aus über 


x 


..“ 


e dt zuruck durch Gundrams ebenfalls nach 


e Humbach nach Güns; Seitenwege unter⸗ 


er ober Gundrams auf der Anhöhe genießt 


eude böchſt pittoreske Anſicht über ben Schwarz⸗ 
oe. und weithin über das Steinfeld; das kie⸗ 


** 


Ne 
Au breit, und bildet gleich dem großen Donau⸗ 


t ven dem oft ſehr ſtark reißenden Schwarzau⸗ 


„% Versi, auf denen junge Tannen und andere Baͤum⸗ 
.eu. Line ſtarke hölzerne Brücke führt über den 
s ie die Communication zwiſchen beiden Theilen 


* 20 


Ne u ſedem Betrachte gefährlich firuirt find, da bei 


33 


ſtarker Anſchwellung der Schwarzau — und dieß gefchieht 
nicht ſelten — der Ort oft ſtark überſchwemmt wird. 

Das Dorf Schwarzau, welches den Namen von dem 
Fluſſe erhalten hat, iſt uralt, und kömmt ſchon 1030 urkundlich 
vor. Im Jahre 1058 gab Kaiſer Heinrich IV. dem mächti⸗ 
gen Pfalzgrafen Cuno ausgedehntes Beſitzthum jenſeits der 
Suarzah a (Schwarzau) in der carentaniſchen Mark des Mark: 
grafen Ottokar. Der Pfalzgraf ſchenkte damals den Ort 
Schwarzau, wovon der größere Theil in ſpätern Zeiten ein 
Amt der Herrſchaft Frohsdorf, der andere aber ein Landgut, 
die »Neudegger Gilde mit einer Pfarre bei St. Jo: 
bann in der Wüſte genannt, war, und ſammt dem Orte 
Guntrams der Herrſchaft Stickelberg einverleibt wurde, gegen— 
wärtig aber ganz zur Herrſchaft Frohsdorf gehört, mit Zuſtim⸗ 
mung Kaiſer Heinrichs IV. 1073 dem baieriſchen Kloſter 
Rott am Inn (ſiehe Meichelbeck). | 

Zur Aufklärung der oben angeführten carentaniſchen Mark 
bemerken wir, daß damals noch keine Steiermark war, die ſich 
erſt ſpäter bildete. Die Ausdehnung des alten großen Herzog⸗ 
thums Carentanien (Kaͤrnkhen) erſtreckte ſich von den adriatiſchen 
Küſten bis über den Semering an den Pieſtingfluß, alfo viel 
weiter herein, als die heutigen Grenzmarken Steiermarks be⸗ 
ſtehen. Dagegen grenzt die Steiermark im Norden und Nordwe⸗ 
ſten an das Erzherzogthum Oeſterreich, im Weſten an das heu⸗ 
tige Königreich Illyrien (dieſes begreift in ſich das Herzogthum 
Kärnthen, Krain und den Karlsſtädter Kreis), im Süden an 
Illyrien und zum Theil an Croatien, im Oſten an Croatien und 
Ungern, und erſtreckt ſich in ihren halbrunden Formen von 
31° 11 bis 34° 4“ öſtlicher Länge und von 45° 54 bis 47° 
50/ nördlicher Breite. 

Zu derſelben Zeit, als der Ort an das Kloſter Rott kam, 
exiſtirte auch ſchon eine adeliche Familie, die ſich den Namen 
von Schwarzau beilegte. Die Glieder derſelben kommen öfters 
in den ſteieriſchen Annalen vor, da die Grenzen Steiermarks um 
dieſe Zeit bis über die heutige Neuſtadt hinliefen, ſie wurden 

| 3 


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35 


Claudius Syrus et Ulpia restituta uxor Julias filiae vixit 
anno XXII. cum semisse libenter heri curarunt. 

Unfern der Bruͤcke am jenſeitigen Ufer ſteht die Pfarrkirche; 
dem heiligen Johannes Baptiſt geweiht. An derſelben Stel⸗ 
le ſtand das alte Kirchlein, von Quaderſteinen erbaut, in zirkelför⸗ 
miger Geſtalt und mit altgothiſchen Geſimsverzierungen, in wel⸗ 
chen an den Steinen Kreuze, Pfeile, Anker, Drei: und Vier⸗ 
ecke und Würfel eingehauen waren, allerdings Zeichen, die auf 
ein ſehr hohes Alter hindeuten, und ſogar die Vermuthung be⸗ 
ſtärken, daß ſolches urſprünglich ein heidniſcher Tempel oder ein 
Streitthurm der früheren Völker geweſen ſeyn müffe; der im 
Mittelalter hinzugebaute Thurm, wie eine Abbildung noch jetzt 
zeigt, war viereckig und außerordentlich maſſiv, beſonders da 
ſchon die Seitenmauern der Kirche mehr als eine Klafter an 
Dicke hatten. 

Es ſcheint, daß der Thurm und der eine Theil der Kirche zu 
gle cher Zeit erbaut worden ſind, weil ausdrücklich angegeben 
wird, daß zwei aneinander ſtehende kleine Kirchlein vorhanden 
waren, deren jedes einen eigenen Eingang hatte. Die Erbauer 
waren die Herren von Stub (wahrſcheinlich im XIII. oder 
XIV. Jahrhundert), von woher im alten Kirchenthüͤrſtocke ein 
Denkſtein befindlich war, der nun in der neuen Kirche links an 
der Wand eingemauert iſt, worauf ſich ein kaum mehr kennbares 
Wappen eingehauen findet, mit der Umſchrift: De Stub nobi- 
lium Dominorum und neben dem Schilde h — f, welches hu- 
jus fundatorum (Stifter gegenwärtiger Kirche) am richtigſten be⸗ 
deutet. Wir haben vergebens der adelichen Familie der Stub 
nachgeforſcht, und finden kein anderes ritterliches Geſchlecht in 
Oeſterreich, als jenes in Kloſterneuburg anfäßige, welches aber 
unter der Benennung Stubier an den alten im Stifte vorfindi⸗ 
gen Leichenſteinen bekannt wird. 

Die immer mehr und mehr zugenommene Baufaͤlligkeit er⸗ 
heiſchte einen ganz neuen Kirchenbau, der auch von der Herr— 
ſchaft Frohsdorf, als Patron der Kirche, unter der Beſitzerin 
Gräfin Lippona (Schweſter Napoleons und geweſenen Köni⸗ 

. 3 * 


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tr ee de: der r Kare mudrenden Strade Degen 
222 As. 


Der Shwarzaufluß. 
Diefer Fluß entfpringt, als Hauptquelle der Rohrbach ges . 
nannt, in der Grafſchaft Gutenftein an der weſtlichen Seite des 
Rohrerberges und nimmt ſechzehn Waldbäche auf, die ſämmtlich 
in einem Gebirgskeſſel an der Grenze des Kreiſes ober dem Wier 
nerwalde entſpringen. Als Rohrbach noch vereinigen ſich mit ihm 
das Sarasbächl, der Krumbach, der Klafbach, die Wind— 
ſau, der Tiefenbach, der Tragbach und die Thier— 
ſchwarza. Nach dieſer Bereicherung erhält er den Namen 
Schwarzaufluß, und läuft an der ſuͤdlichen Seite des Schnee— 
berges, während deſſen noch das Hinterbaxbächel, die Kohl⸗ 
bar, der Ottersbach, Hirſchbach, Voisbach und die Kär⸗ 
nerin ſich in denſelben münden, durch jene Schlucht, die wir 
als das ſogenannte ſchauerliche Höllenthal kennen gelernt haben, 
ſchäumend und brauſend gegen vier Stunden zwiſchen ungeheuren 
Felſembaͤnden. So ſtuͤrzt dieſes Gewäſſer in furchtbare Tiefen, 
deren Felſenwände ſeit unzähligen Jahrhunderten von ihm ausge⸗ 
ſpühlt und große Steinmaſſen losgeriſſen wurden, über die es 
nun, gleichſam mehr als hundert Falle bildend, fortrollt. Auch 
der Klausbach an dem Naßwalde und an der Naß, ein ſehr ho— 
ber ſpitzer Berg an der ſteiermärkiſchen Grenze, auf welchem 
ſich der Rechen und die Holzſchwemme befinden , fält in die 
Schwarzau. 
| Bemerkenswerth ſind daher der Urſprung, Lauf und die 
vielen Nebenbaͤche, welche dieſer auf der Karte als ganz unbedeu⸗ 
tend ſcheinende Fluß, der oft bei Ueberſchwemmungen ſo große 
tragiſche Naturerſcheinungen bewirkt, bis zu ſeinem Ausfluſſe in 
die Ebene, nachdem er zuvor das Schwarzauer⸗- und herrliche 
Reichenauer⸗ Thal in hundert und abermals hundert Krümmun⸗ 
gen während 8 3/4 Meilen bis auf das Steinfeld durchfloſſen hat, 
aufnimmt, und wohlbeſetzte Tafeln mit ſeinen ſchmackhaften Fo⸗ 
rellen ſchmückend, auch ein eigenes Leben in die Landſchaft bringt. 
Unterhalb dem Markte Neunkirchen am Steinfelde, zunächft 
Loipersbach, theilt er ſich in zwei Theile. Der kleinere Arm er⸗ 


38 


hält den Namen Kehrbach, läuft etwas mehr nordwaͤrts über 
das Steinfeld, bewaͤſſert Wieſen und ſchwemmt das Holz nach 
Wiener⸗Neuſtadt durch den Thiergarten und fälle außer Neuſtadt 
in die von Brunn hieher ſtrömende Fifchau. Der größere Arm bes 
hält einen mehr öftlichen Lauf bei dem Pfarrdorf Schwarzau 
vorbei, bis gegen Haderswörth „ allwo er den Pitten fluß (auch 
Traſenbach) aufnimmt und dann bei Klein⸗Wolkersdorf, durch neues 
Gewäſſer anſehnlich verſtärkt, den Namen Leythafluß erhält. 
der an mehreren Stellen die Grenze zwifchen Oeſterreich und Uns 
gern bildet, N 


Schwarzenbach. | 

Ein Markt von 68 Häufern und auch die gleichnamige Herr⸗ 
ſchaft, nahe an der ungriſchen Grenze gelegen, wovon Wiener⸗ 
Neuſtadt die nächſte Poſtſtation, jedoch 5 Stunden davon ent⸗ 
ferat iſt. 

Kirche und Schule befinden ſich im Orte. Von erſterer ge⸗ 
hört das Patronat der Herrſchaft Schwarzenbach ſelbſt, und 
die Pfarre in das Dekanat Kiochſchlag. Der hieſige Bezirk iſt dem 
Werbkreis des Lin. Inf. Regimentes Nr. 49 zugewieſen. 

Das Landgericht, die Grund- und Conſcriptionsobrigkeit 
iſt die Heurſchaft Schwarzenbach, welche ihren Sitz im 
Markte hat. 

Die Seelenzahl beläuft ſich auf 128 Familien, 290 männs 
liche, 280 weibliche Perſonen und 33 ſchulfaͤhige Kinder. Die⸗ 
fe beſitzen einen Viehſtand von 10 Pferden, 84 Zugochſen, 58 
Kühen und 403 Schafen. 5 

Die hieſigen Bewohner, welche unter ſich die nöthigen Hand⸗ 
werker haben, ſind Waldbauern, und werden in Ganz⸗, Halb⸗ 
und Viertellehner, dann Kleinhäusler eingetheilt. Ihre Beſchäf⸗ 
tigung beſteht in Ackerbau, Holzfällen in ihren Wäldern und in 
einem Holzhandel nach Ungern und Wiener⸗Neuſtadt; auch has 
ben ſie Viehzucht, die jedoch ſehr gering iſt, und nicht über den 


Hausbedarf hinausreicht. Die Acker⸗ und Wieſengruͤnde find nur 


mittelmäßig, weil die im Thale gelegenen den Ueberſchwemmun⸗ 


39 


gen, und jene an den Bergen dem oftmaligen Hagel ausgeſetzt 
find. Es wird meiſt nur Hafer gebaut, denn die übrigen Körner: 
gattungen gedeihen nicht. Von Rebenpflanzungen iſt hier gar kei⸗ 
ne Rede und ſelbſt Obſt gibt es wenig, jedoch Kirſchen und Aepfel 
von ganz beſonders guter Sorte. 

Der Markt Schwarzenbach liegt theils in der Tiefe am 
Bache gleiches Namens zerſtreut, theils am Berge neben der Stra⸗ 
ße und bildet hier eine ziemlich lange Häuſerreihe, in welcher die 
Pfarrkirche, der Pfarrhof, das Amtsgebäude und 
die k. k. Grenz⸗Mauth mit dem Grenzjäger⸗Perſonale ſich 
befinden. In der- naͤchſten Umgebung liegen der Markt Wies⸗ 
math und Hochwolkersdorf. 

Hierher führen allerdings beſchwerliche Wege, worunter auch 
der von Wiener⸗Neuſtadt nicht beſſer iſt. Dieſer zieht ſich über 
die ſchöne Ebene von dem der Neuſtadt in mannichfachen Krüms 
mungen raſchen Laufes zueilenden Kehrbach durchſchnitten, nach 
Frohsdorf, von wo an eine ſchlechte Straße immer an den Ge⸗ 
birgen bis zu dem Dörfchen Schleinz beginnt, welche von Wie⸗ 
ner⸗Neuſtadt aus wohl eine Strecke Weges von 14 Stunde be: 
tragen mag; dieſes und die nahe daran gelegene chemiſche 
Producten⸗Fabrik des Herrn Rehmann entlang, wird 
die Straße immer ſteiler und ſchlechter, mit dem beträchtlichen 
Kaiſerwald zur linken und dem Kühwald zur rechten 
Hand, und ſo dauert durch volle zwei Stunden dieſes Bergſtei⸗ 
gen, bis man endlich beim Dorfe Hochwolkersdorf den höchſten 
Punkt erreicht, von wo aus ſich dem müden Wanderer eine äu⸗ 
ßerſt reizende und reich lohnende Ausſicht auf die umher aufrau⸗ 
chenden Berge öffnet. Rechts hin erfreut ſich das forſchende Auge 
beſonders im Anblicke des majeſtätiſchen Silberhauptes des Schnee: 
berges, nahe an dieſem erſcheinen in langen und höchſt maleri⸗ 
ſchen Gruppen die farbige Steinwand mit den zahlloſen Gebilden 
von Dörfern und Fluren fo wie in entgegengefeßter Richtung nach 
Oſten Ungerns Grenzberge, und endlich links die Kirche von 
Wiesmath. Von dieſer bedeutenden Höhe ſenkt ſich an der öſtli⸗ 


40 


chen Seite ſteil der Hochwolkersdorfer⸗Berg und verliert ſich dann 
ſanft gegen Schwarzenbach bis zum herrſchaftlichen Meierhof. 

Die Umgegend von Schwarzenbach iſt mit vielen Ge⸗ 
birgen beſetzt, wovon die vorzüglichften die Meßner⸗ Alpe, 
der Königs⸗Bühel (Königsberg) und der Rauchenſte in 
ſind, im Ganzen daher durch die abwechſelnden Formen allerdings 
maleriſch, und enthält bei dieſen Vorzuͤgen geſundes Klima und 
vortreffliches Gebirgswaſſer. Der Schwarzen bach, ebenfalls 
ein helles und ganz reines Bergwaſſer, fließt beim Markte vor⸗ 
bei und treibt 5 Mühlen mit einer Breterfäge. 

Das halbverfallene herrſchaftliche Schloß iſt auf ei⸗ 
nem unbedeutenden Berge, dem Markte gegenüber gelegen; au⸗ 
ßerdem befindet ſich noch ein, der Herrſchaft zuftändiger Schaf: 
lerhof und ein Gaſthaus im Markte. Erſteres iſt im neuern 
Style erbaut und mit einer Mauer umfangen. Man gelangt über 
eine Brücke durch ein Thürmchen in das ſelbe; die Zimmer jedoch 
ſind dem gänzlichen Verfalle ſehr nahe, ſo wie ein Theil der weſt⸗ 
lichen Mauer ſchon eingeſtürzt iſt. Von außen ſcheint es noch 
ziemlich wohl erhalten, enthält aber in keinem Theile merkwürdige 
Gegenſtände; blos der Dachſtuhl allein verdient in Rückſicht ſei⸗ 
nes künſtlichen Baues eine beſondere Erwähnung. In geringer 
Entfernung von dem Markte liegen zerſtreut 58 Häuſer, mit ei⸗ 
ner ſchlechten Bergſtraße verſehen, welche Gemeinde abgetheilt 
iſt, und die Rotte Schwarzenbach genannt wird. Die Ru⸗ 
briken der Obrigkeiten und der wirthſchaftlichen Zweige jedoch ſind 
genau dieſelben, wie beim Markte, die Bevölkerung aber iſt ab⸗ 
- gefondert anzunehmen, und beſteht in 106 Familien, 238 männz 
lichen, 350 weiblichen Perſonen mit 30 Schulkindern. Der Vieh⸗ 
ſtand davon beträgt 3 Pferde, 114 Zugochſen, 72 Kühe und 76 
Schafe. 

Dieſe beiden Gemeinden allein bilden die ganze Herr⸗ 
ſchaft Schwarzenbach, welche mit der obigen Seelenzahl 
und dem Viehſtande, 1245 Joch herrſchaftliche, 455 Joch Pri⸗ 
vat⸗Wälder, 59 Joch herrſchaftliche und 59 Joch Privat⸗Wieſen⸗ 


44 
gründe, 118 Joch herrſchaftliche, dann 1553 Joch Privat⸗Acker⸗ 
land verbinden. 

Seit mehreren Jahrhunderten beſteht hier eine Kirche, von 
der jedoch die Entſtehungsperiode nicht ausgemittelt werden kann, 
die gegenwaͤrtige aber ſeit dem Jahre 1407, welche vermuthlich 
von Nicolaus J. von Eſtoras de Galantha, Comes Al- 
bensis, Kaiſer Sigismunds und Albrechts Kaͤmmerer und 
Rath, geſtiftet wurde. Im Jahre 1707 erhielt dieſelbe eine gänzs 
liche Renovation und Erweiterung mit einem ober dem Chore 
errichteten hölzernen Thurme. Das Ausſehen von Innen iſt ſ chön 
und im neuern Style; ſie hat einen Hochaltar zu Ehren des 
heil. Bartholomäus und zwei Seite naltaͤre, dem heil. 
Johann von Nepomuck und dem heil. Kreuze geweiht. 
Beſondere Merkwürdigkeiten gibt es aber gar keine. Es Lriſtiren 
außer dieſer Kirche noch zwei Capellen, und zwar eine im 
Schloſſe, wo jährlich 12 Meſſen, als fuͤrſtlich E ſter has zy ſche 

„Stiftung, geleſen werden, die andere in der ſogenannten Brunn⸗ 
leiten, in der aber kein Gottesdienſt gehalten wird. 

Zur hieſigen Pfarre gehören blos der Markt und die Rot⸗ 
te Schwarzenbach, wovon die weiteſte Entfernung eine 
Stunde beträgt. — Der Lei chenhof iſt außerhalb des Mark⸗ 
tes angelegt. 
Mit dem Markte wurde immer auch die Kirche bei den vie⸗ 
len Einfällen hart mitgenommen, beſonders die Kruzen hauſeten 
im Jahre 1707 ganz unmenſchlich, indem ſie die Kirche ab⸗ 
brannten und ausplünderten, wobei ſie alle Paramente, auch ſo⸗ 
gar die Glocken und die Uhr ꝛc. ꝛc. raubten. Erſt nach 10 Jah⸗ 
ren hat man die ſilberne Monſtranze und die große Glocke aus 
Steinamanger in Ungern wieder zuzuckbekommen. 
. Zu dieſen ſteten Streitigkeiten war die Veranlaſſung, daß 
Oeſterreicher in den erſtern Kriegen mit Ungern das alte Schloß 
Anchenſtein (oder Bornyl) und die Ungern das Schloß © u— 
erczenpach (Schwarzenbach) in Oeſterreich weggenommen und 
beſetzt hielten. Nach den Bedingniſſen des Friedens zu Preßburg 
im Jahre 1337 ſollte Auchenſtein wieder au die Ungern, und 


42 


Schwarzenbach an die Oeſterreicher zurück geftellt werden. 
Die Oeſterreicher räumten erſteres Schloß, die andern aber nicht, 
ſo kam es denn, daß es in Schwarzenbach Händel ſetzte, 
wobei beſonders die Neuſtädter betheiligt waren, weil ſie der un⸗ 
geriſchen Beſatzung die geforderte Verpflegung verweigerten. Lan⸗ 
ge noch würden dieſe Streitigkeiten fortgedauert haben, hätte 
nicht König Ludwig beim Friedensſchluſſe zu Ofen im Jahre 
1302, nebſt Entfagung aller Anſpruͤche, Schwarzenbach an 
Oeſterreich zurückgeſtellt. 

Wir erſehen ſchon aus obigem, daß der Markt Schwarz 
zenbach, welcher ſeinen Namen von dem dortigen Bache erhal⸗ 
ten hat, ſehr alt iſt, und deſſen Entſtehung ganz gewiß zum min⸗ 
deſten in das XI. Jahrhundert gehört. 

Im Jahre 1290 erhielt Ort und reſp. Herrſchaft, Graf 
Heinrich von Bernſtein pfandweiſe und im Jahre 1296 
Friedrich von Kreis bach (Creußbeckh von Creußbach) als 
ein Geſchenk von Herzog Albrecht J. für die nützlichen Dienſte, 
welche er zu Feld gegen den Grafen Ivan von Güns leiſtete. 
Dieſes Schloß mag nach dem Ableben des Friedrich von 
Kreisbach wieder an den Landesfuͤrſten zurückgefallen ſeyn, 
denn wir finden in der Chreußbeckiſchen Familie davon 
nicht die geringfte Erwähnung mehr; auch reiht ſich an die Pe⸗ 
riode zu Anfang des XIV. Jahrhunderts die Beſetzung des 
Schloſſes durch die Ungern. Von der Zeit als das Schloß an die 
Oeſterreicher zurück kam, werden die Beſitzer nicht ſogleich in or⸗ 
dentlicher Reihenfolge bekannt, erſt im Jahre 1462 erſcheint 
Johann Siegmund Freiherr von Weißbriach als Be⸗ 
ſitzer davon. Nach dieſem gelangten die Köͤnigsberge zum 
Beſitzthum dieſer Herrſchaft und des Schloſſes. 

Die Königsberge waren ein uraltes anſehnliches Herren⸗ 
ſtandesgeſchlecht, welches in Älteren Urkunden Chunigesperch, 
Khunigſperg, Kungſperg, Kunigsperger genannt, 
vor vielen Jahrhunderten aus Steiermark, allwo ſie vor Zeiten 
an den Windiſchen Grenzen wohnten, und ihr Stammgut das 
alte Schloß und die Herrſchaft Königsberg im Cillikreis noch 


43 


vorhanden iſt, nach Oeſterreich kam und im Jahre 1589 in den 
Freiherrnſtand erhoben wurde. Es war eine maͤchtige und reiche 
Familie mit vielen Sprößlingen, die meiſt hohe Chargen bei den 
öſterreichiſchen Regenten bekleideten und vom X. bis in das 
XVII. Jahrhundert fortblühten. Sie beſaßen nahe an der öſter⸗ 
reichiſchen Grenze in Ungern Bernſtein und Hornſtein, in Oeſter⸗ 
reich aber Schwarzenbach, Seebenſtein, Thomas berg, Zie⸗ 
gersberg, Aſpang, Hörnſtein und Schönſtein, letzteres im V. O. 
M. B., und in Steiermark Landſperg, Maierhöfen, Rabens⸗ 
perg und Puchenſtein ꝛc. ꝛc. 

Ehrenreich II. Herr von Königsberg war Beſitzer 
von Schwarzenbach im Jahre 1536, vieſem folgte nach feinem 
Ableben in Jahre 1500 fein Sohn Chriſtoph von Königs⸗ 
berg. Im Jahre 1579 kam Wolfgang von Königsberg 
zum Beſitze dieſer Herrſchaft und wurde im Jahre 1589 vom 
Kaiſer Rudolph II. ſammt ſeinen Nachkommen in den Frei⸗ 
herrnſtand erhoben. Sein Sohn Wolfgang Matthias er: 
erbte ſaͤmmtliche Güter und nach ihm kam im Jahre 4602 L u d⸗ 
wig Freiherr von Königsberg. 

Nach dem n. ö. ſtaͤndiſchen Gültenbuche ward die Herrſchaft 
Schwarzenbach 1608 durch Tauſch mit Pottendorf an Ge: 
org Ehrenreich von Zinzen dorf übergeben, der ſolche im 
Jahre 1625 dem Georg Gabriel Freiherrn von Kollos 
nit ſch verkaufte. Von dieſem mag Schwarzenbach an den 
Kaiſer gelangt ſeyn, denn wir finden in dem obigen Güftenbuche , 
daß 1653 Hanns Ehrenreich von Wurmbrand dieſe 
Herrſchaft vom Kaiſer Leopold I. gekauft habe. Im Jahre 1668 
erhielt ſolche ſein nachgelaſſener Sohn Hanns Euſtach, als 
ein Erbthum; deſſen Erben aber verkauften fie im Jahre 1686 an 
den Fuͤrſten Pa ul Eſterhas zy. Dieſem folgte 1719 fein 
Sohn Michael; im Jahre 1721 deſſen Sohn Jo ſeph An: 
ton Leopold; im Jahre 1723 deſſen Sohn Paul Anton; 
im Jahre 1767 deſſen Sohn Nicolaus und im Jahre 1812 
deſſen Sohn, der noch gegenwärtig regierende Fuͤrſt Nicolaus 


j 


4 


Eſterhas zy, welchem Schwarzen bach als eine Fid. com. 
Herrſchaft zugehört. 


Schwarzenberg, 
ein Dorf von 11 Häuſern, nahe an der ungriſchen Grenze gegen 
Landſee, mit der nächſten Poſtſtation Wiener⸗Neuſtadt, die je⸗ 
doch 8 Stunden weit entfernt iſt. 

Dieſer Ort gehört nach dem Markte Wismath zur Kirche 
und Schule, der Werbkreis zum Lin. Inft. Regte. Nr. 49. 
Landgericht iſt der Magiſtrat in Wiener⸗Neuſtadt. — Grund-, 
Orts⸗ und Conſcriptionsobrigkeit die Herrſchaft Kirchſchlag. 

Der Seelenſtand umfaßt 15 Familien, 30 männliche, 
35 weibliche Perſonen und 20 ſchulfähige Kinder. Der Viehſtand 
zählt 40 Zugochſen, 30 Kühe, 100 Schafe, 10 Ziegen, 
20 Schweine. 

Die hieſigen Einwohner ſind Waldbauern und wenn gleich 
ſehr nahe an der Grenze Ungerns, doch in Kleidung, Sitten 
und Gebräuchen ganz öſterreichiſch. Sie beſitzen kleine Wirth⸗ 
ſchaften, bauen bloß Korn und Hafer auf ihren ſchlechten Grund⸗ 
ſtuͤcken, die allen möglichen Elementarbeſchädigungen bei ihrer 
hohen Lage ausgeſetzt ſind, und treiben einen kleinen Handel 
mit dem ſelbſt gefechſten Hafer nach Wiener⸗Neuſtadt. 

Obſchon ihr Viehſtand nicht gering iſt, ſo iſt doch der Schlag 
des Viehes und die Zucht ſchlecht. 

Schwarzenberg, welches den Namen von dem Berge 
erhalten hat, auf welchem es liegt, hat eine flache aber ſehr hohe 
Lage, und iſt von den nächſtgrenzenden Ortſchaften in Oeſter⸗ 
reich, Hollenthon und Wismath, und in Ungern von Landſee und 
Blumau umgeben. Große Wälder, nämlich der Beierſteiner⸗ 
und Schwarzberger wald, befinden ſich in der Nähe des 
Orts, in welchem die Jagdbarkeit aus Haſen und Rehen beſteht. 

Zu dem Dorfe führt nur eine höchſt beſchwerliche Berg⸗ 
ſtraße, kaum befahrbar, unfern davon aber zieht ſich die Com⸗ 
merzialſtraße von Wismath nach Landſee hin. 


45 


Hier herrſchet rauhes Klima wegen der vielen Gebirge, 
doch iſt ſolches geſund und gutes Waſſer vorhanden. 

Merkwürdigkeiten oder ſonſtige geſchichtliche Ereigniſſe eris 
ſtiren keine, bloß wollen wir bemerken, daß hier im November 
des Jahres 1825 acht Häuſer durch Feuersbrunſt nebſt drei Per⸗ 
ſonen und mehrerem Vieh zu Grunde gingen. 


Schwarzenburg, 
auch Schwarzburg, Netza und Nöſtach genannt, eine 
vormals beſtandene olte Burg, in welcher Gegend zunächſt dem 
Hafnerberg bei Altenmarkt gegenwärtig das Dorf Nöſtach ſich 
befindet, und bei welchem im IV. Bande gegenwärtigen Werkes 
der geneigte Leſer das Nähere davon umſtändlich entnehmen wolle. 


Schwarzenſee, 
ein Dörfchen von 13 Häͤuſern, zwiſchen Fahrafeld und Raiſen⸗ 
markt gelegen, mit der nächſten Poſtſtation Ginſelsdorf, jedog 
über 3 Stunden entfernt. 

Dieß Oertchen gehört zur Kirche und Schule nach dem nur 
eine kleine halbe Stunde entfernten Naiſenmarkt und mit dem 
Werbbezirk zum Lin. Inf. Regimente Nr. 49. 

Das Landgericht, die Orts-, Grund- und Sonferiptionge 
obrigkeit iſt die Herrſchaft Fahrafeld. | 
Hier leben 19 Familien (darunter gehören 53 männliche j 
48 weibliche Perſonen und 16 Schulkinder), welche einen Vieh⸗ 
ſtand beſitzen von 42 Zugochſen, 26 Kühen, 60 Schafen und 
20 Schweinen. 
Die Einwohner ſind Waldbauern mit einer guten Beſtiftung, 
haben aber keine Handwerker unter ſich. Ihre Beſchaftigung be 


ſteht in Ackerbau, wozu die Gruͤnde mittelmäßig ſind, in der 


Viehzucht, die jedoch ganz unbedeutend iſt, und in Holz⸗ und 
Kalkhandel. Sie fechſen, wenn gleich nur wenig, alle vier Kör⸗ 
nergattungen und bauen auch mitunter Futterkraͤuter, haben da⸗ 
gegen gar keinen Weinbau, und bei der hohen und kalter Lage 
des Orts, wenig Obſt. 


46 N 

Das Dörſchen Schwarzeunſee beſteht in fleben zuſam⸗ 
men gebauten und ſechs zerſtreuten Haͤuſern, welche alle auf 
einem ziemlich hohen Berge flach liegen, und wo ſich eine der 
ſchönſten Ausſichten bildet. Die Hirtenberger⸗Commerzialſtraße 
fuͤhrt von Ginſelsdorf rechts über Pottenſtein nach Fahrafeld, 
von wo aus noch mehr rechts Schwerzenſee 4/2 Stunde ent⸗ 
fernt liegt, zunächſt den Ortſchaften: Neuhaus, Raiſenmarkt, 
Gadenweit, Steinfeld, Obermeyerhof, Rohrbach und Holzſchlag. 
Zu allen dieſen Dörfern beſtehen keine Straßen, ſondern bloß 
nur Communicationtwege. — Fluͤße oder Bache gibt es keine, 
dagegen beſteht die ganze Umgegend blos in Wäldern und Bergen, 
worunter vorzüglih der Prielſtein, der Pölleritz und der 
Thernberg eine beträchtliche Höhe haben. Die Jagdbarkeit iſt - 
daher ſehr bedeutend und liefert Hirſche, Rehe, Hufen, Fuͤchſe, 
Marder und von Wildgeflügel gute Schnepfen. 

Der Ort Schwar zenſee iſt ſehr alt, und war vor Jahre 
hunderten viel größer als gegenwärtig. Den Namen hat er ganz 
wahrſcheinlich von einem hier beſtandenen kleinen See erhalten, 
deſſen Waſſer dunkel war; er mag ausgetrocknet und auf dieſe 
Stelle das Dorf hingebaut woͤrden ſeyn. 

Der Ort hatte niemals eine eigene Kirche, ſondern gehoͤrte 
fruͤher als eine Filiale zu Alland, als aber die proteſtantiſche Lehre 
in Oeſterreich Eingang fand, waren die Bewohner von Sch war— 
zenſee ganz derſelben zugethan und ſie hatten eine eigene Kirche 
und einen Paſtor; am ſpäteſten unter allen Bewohnern Oeſter⸗ 
reichs wurden ſie durch die Bemühungen der Aebte von Heiligen⸗ 
kreuz erſt wieder der katholiſchen Kirche zurückgeführt, wovon ihr 
Bethaus gegenwärtig die Capelle zum heiligen Aegyd ius iſt, 
in der zuweilen Meſſe geleſen wird. 

Ganz vorzüglich geſund iſt das hieſige Klima, auch gutes 
Waſſer vorhanden, jenes in den Hausbrunnen aber ſtark ſchwe⸗ 
felhältig und blos zum Kochen allein brauchbar. 

Von den erlittenen Schickſalen iſt bekannt, daß die Türken 
in der zweiten Belagerung Wiens 1683, den zahlreich bevölker⸗ 
ten Ort S 0 warzenſee gänzlich zu Grunde richteten und die 


41 


Dorfsbewohner, welche den Varbarenhorden einen verzweifelten 
Widerſtand entgegenſetzten, ermordeten, wodurch das Dorf bis 
auf 13 Häuſer herabſank. 


Schwechat. | 

Ein Markt von 141 Häufern an der nach Ungern führenden 
Hauptpoſtſtraße und zugleich die erſte Poſtſtation von Wien. 

Kirche und Schule befinden ſich im Orte. Das Patronat ges 
hört dem Fürſt⸗Erzbiſchof von Wien, und die Kirche in das Des 
canat Fiſchamend, gegenwärtig mit dem Sitz in Manns wörth. 
Der Werbkreis von hier iſt dem Lin. Inf. Regiment Nr. 4 zu⸗ 
getheilt. — Das Landgericht iſt die k. k. Staatsherrſchaft Ebers⸗ 

„dorf an der Donau, Grundherrſchaften gibt es aber mehrere, 
nämlich: Ebersdorf, der Markt Schwechat, der freie Markt 
Himberg, die Herrſchaft Rannersdorf, die Commende St. Jo⸗ 
hann in Wien, der deutſche Orden, die Frauenkirche am Anger, 
die Pfarre Himberg, das Großbogneriſche und Weberiſche Grund⸗ 
buch. — Orts⸗ und Conſcriptionsobrigkeit iſt die k. k. Staats⸗ 
herrſchaft Ebersdorf. 

Der Markt enthält eine bedeutende Bevölkerung von 524 Fa⸗ 
milien, 2120 männlichen, 1162 weiblichen Perſonen und 600 
Schulkindern. Dieſe beſitzen einen Viehſtand von 110 Pferden, 
32 Zugochſen und 80 Kühen. 

Die hieſigen Einwohner ſind gemiſcht, theils Gewerbsleute 
und theils Bauern, davon beſitzen die Ganzlehger beiläufig 
40 — 50 Joch Gründe, die Halblehner 18 und die Viertellehner 
8 —0 Joch als Beſtiftung. 

Es werden Gewerbe aller Art betrieben, dagegen beſchäf⸗ 
tigt ſich der Landmann ausſchließend mit dem Ackerbau, und alle 
Erzeugniſſe werden theilweiſe im Markte abgeſetzt, mehrere, vor⸗ 
züglich aber Gerſte, nach der nahen Hauptſtadt Wien verführt. 

Sie bauen meiſtens Rocken und Gerſte, Hafer ſelten, Weizen 

und Wein aber gar nicht. 
Der Ort iſt geſchloffen gebaut, die Häuſer, davon beſtehen 
größtentheils nur aus Erdgeſchoſſen, ſind aber im gutem Bauſtan⸗ 


5 


de und mit Schindeln gedeckt. So liegt der Markt Schwechat 
danz flach, umgeben von Rannersdorf, Kettenhof, Ebersdorf, 
Ndern, Zwölfaring und Kledering. Durch denſelben führt die 
Hauptpoſtſtraßte, die ſich außer dem Markte in die Preßburger 
und Piuegger⸗Hauptſtraße theilt; der Schwechatbach hinge⸗ 
gen ſcheidet den Markt in Groß: und Kleinſchwechat. Hier 
denuden ſich auf dem Platze die ſchöͤne Pfarrkirche, das Poſt⸗ 
hand, eine Maſchinen⸗Geſpinnſtfabrik, drei bedeutende 
Wraub aufer nebſt mehreren Mühlen, Gaſthäuſern und 
einer Atrafenmautb. Da die Hauptſtraße hier durchführt, 
fo it der Markt zu allen Zeiten äußerſt belebt, dazu kommt noch, 
dafl wöchentlich ein Körnermarkt abgehalten wird. — Außer dem 
Markte Schwechat iſt der zum Andenken des Zuſammentreffens 
det Polenkönigs Johann Sobiesky mit Kaiſer Leopoldl. 
errichtete Obelisk merkwürdig, indem nach der Türken: Belages 
rung der Stadt Wien im Jahre 1683 ſich beide Majeſtäten auf 
dleſer Stelle umarmten. Dieſer 14 Schuh hohe auf 4 Kugeln ru⸗ 
dende Obelisk iſt von Sandſtein und trägt eine einfache lateiniſche 
Juſchrift, welche die erwähnte Zuſammenkunft am 15. September 
4683 der Machwelt erhält. 

Obſchon der Markt Schwechat durch mehrere Bäche und 
dle nahe Donau immerwährend Waſſerluft erhält, fo iſt das hie⸗ 
ſine Klima doch geſund, auch gutes Trinkwaſſer vorhanden. — 
Werge und Waͤlder gibt es hier keine; die ergiebige Feldjagd iſt 
kaiſerlich. Nicht mit fo großem Vortheile werd in den Bächen die 
Feiſcherei betreten. — Die Viehzucht iſt hier ganz vorzüglich zu 
nennen, beſonders wohleingerichtete Stall fuͤtterung findet man 
lu den Branbäufern und Mühlen. 

Was die Kirchen im Markte betrifft, fo ſtand in Klein: 
Schwechat ein Capucinerkloſter, welches im Jahre 1693 
durch milde Beitrage errichtet wurde, im Jahre 1809 aber, bei 
Gelegenbeit der franzöſiſchen Invaſion, feine Aufhebung erhielt N 
nachdem das Kloſter zuvor durch den Feind hart mitgenommen 
worden war. Selbet iſt gegenwärtig noch im Gebrauche und bes 
ſteht als eine Filiale. Die Pfarrkirche befindet ſich, wie ſchon 


49 


oben erwähnt wurde, auf dem Platze und war in früheren Zeiten, 
wenn gleich auf einen Pfarrer geſtiftet, nach Mannswörth incor⸗ 
porirt, wie es das Kirchen- Viſitations⸗ Protokoll vom Jahre 
1544 beſagt. Nachdem die alte Kirche aber ganz baufällig war, 
ſo wurde die jetzige im Jahre 1765 durch den unvergeßlichen Wohl⸗ 
thäter Herrn Jacob Wolf von Ehrenbrunn erbaut, wel⸗ 
cher damaliger Mitintereſſent der im höchſten Flor geſtandenen 
Schwechater⸗Kattunfabrik, die nun nicht mehr beſteht, war; fie 

koſtete ihm 80,000 Gulden. 

Dieſer Tempel des Herrn iſt in ſchönem Style erbaut mit 
einem Gewölbe und Gurten, einem hübſchen Thurme mit zierli⸗ 
cher Kuppel und mit einem Portale geſchmuͤckt, in welchem in 
Nitſchen die 12 Apoſtel in Stein angebracht ſind. Er iſt dem 
heil. Jacob dem Aeltern geweiht. Die Kuppel iſt von der 
- Künftlerhand des Franz Anton Maulpertſch gemalt, die 
Altarblätter aber, ſowohl am Hochaltare wie auch an den 
zwei Seitenaltären, die aus Marmor beſtehen, zum ge: 
kreuzigten Erlöſer und der unbefleckten Mariä Ems 
pfängniß, find von dem Maler Schmid aus Krems. 

Auch an reichen Paramenten zeichnet ſich dieſe Kirche aus, 
ganz vorzüglich verdient ein Baldachin bemerkt zu werden, auf 
welchem das ganze Segenslied: Wir ehren dich, lebendi⸗ 
ges Engelsbrod ꝛc. ꝛc., reich mit Gold eingeſtickt iſt, und das 
Kanzel tuch. 

Neſbſt dieſen zwei Kirchen gehört auch noch die Capelle im 
Kettenhof ad Sanctam Annam, mit einem eigenen Bene⸗ 
ficiaten verſehen, der laut vorhandener Stiftung des Grafen von 
Volkra täglich die heilige Meſſe zu leſen hat, hierher zur Pfar⸗ 
re, und die Ortſchaften Alt⸗ und Neukettenhof, an Schwechat 
grenzend, Rannersdorf, Kledering und Zwölfaxing, letztere in 
einer Entfernung von einer Stunde und mit einem eigenen Bene⸗ 
fitiaten. 

In den biefigen Kirchenbüchern wird bemerkt: die Verwuͤ⸗ 
ſtung und Abbrennung des Marktes und der Kirche durch die Tür- 
ken im Jahre 1683, mehrmaliger Krußen= Einfall, verbunden 

| 4 


50 


mit Ermordung, Pluͤnderung und dem Brande des Orts in dem 
Jahre 1704. Im Jahre 1713 graſſirte ſtark die Peſt, an wel⸗ 
cher ſchnell 40 Menſchen dahinſtarben. 

Schwechat hat vor Alters Suech ant, nachher eine zeit⸗ 
lang auch Schwechent geheißen und hat ganz gewiß dieſen 
Namen von dem Schwechat bache erhalten. 

Der Ort iſt ſehr alt, und wird ſchon im Jahre 4058 in 
einer Urkunde Kaiſer Heinrichs IV. angeführt (ſiehe Calles). 
Auch gab es ein edles Geſchlecht, welches ſich davon ſchrieb, ein 
Schloß dort beſeſſen und wahrſcheinlich ſchon im XII. Jahrhun⸗ 
dert geblüht haben mag. Daß aber der Ort den öſterreichiſchen 
Markgrafen gehörte, erhellet aus einer Urkunde ohne Jahreszahl, 
jedoch unfehlbar in das XII. Jahrhundert gehörend, vermög wel⸗ 
cher die Markgrafen Otto und Leopold ldieſe beide dürften der 
erſt⸗ und zweitgeborne Sohn Leopolds des Heiligen ſeyn) dem 
Stifte Kloſterneuburg Wieſengruͤnde zu Swe ch ant ſchenkten 
(Kloſtern. Saalbuch). 

Von dem Geſchlechte der Herren von Schwechat finden 
wir in einer Urkunde vom Jahre 1114 Wolkerus de Sve- 
o han als Zeuge angeführt, auch erſcheint derſelbe in einer von 
ihm ausgeſtellten Urkunde, einen geftifteten Jahrestag von 3 o⸗ 
welfoßingen (Zwölfaxing) nach Klo ſt ern eu burg übertra⸗ 
gend (Kloſtern. Saalbuch). Hadamar von Sch wächandt 
ſtarb 1299 und liegt bei den Minoriten zu Wien begraben (Ne⸗ 
crol. frat. minor. ). Außer dieſen kömmt jedoch keiner mehr dieſes 
Namens vor, und bald mag dieſe Familie wieder verloſchen ſeyn. 

Als ein Beſtandtheil der k. k. Staatsherrſchaft Ebersdorf 
wie noch gegenwärtig, hat der Ort Schwechat ſchon in der früs 
heſten Zeit mit Ebersdorf zum Theil gleiche Beſitzer gehabt. Wir 
finden daher den Markt als ein Eigenthum des Sigmund von 
Ebersdorf im Jahre 1429, der ſolchen, wie zu vermuthen 
ſteht, kaufweiſe von dem Landesfürften erhielt. Noch ſeine Nach⸗ 
kommen beſaßen Schwechat, und erſt 1589 lernen wir als Be⸗ 
ſitzer davon den Grafen von Volkra kennen (Hueber), nachdem 
der letzte Sproſſe, Sigismund Graf zu Tierſtein Herr 


7 


51 
von Ebersdorf, dieß uralte und maͤchtige Geſchlecht im Jahre 
1556 beſchloß. Im XVII. Jahrhundert ward der Markt 
Schwechat wieder mit Ebersdorf vereinigt. N 

Der Tempelorden hatte hier, gleichwie in Fiſchamend und 
Rauchenwarth, einige Beſitzungen, jedoch keine Kirchen, welche 
erſtere im Jahre 1309 Otto von Zelking, und Bruder Frie⸗ 
drich der Wildgraf, beide Tempelritter, und der Bruder 
Eckh, desſelben Ordens Almoſenier, Gebietiger und Pfleger in 


Böhmen, Mähren und in Oeſterreich, an Heinrich von Hase 


lau's Söhne, Hannſen und Otto, verkauften. Ueberdieß be⸗ 
ſtanden zwei Freihöͤfe, wovon einer dem Freiherrn von Ma⸗ 
nagetta und der andere den Directoren der beſtandenen Zeil⸗ 
lenthaliſchen Kattunfabrik, welche ſich unweit von hier 
gegen Ebersdorf in der ſagenannten Thurmmühle befand, an⸗ 
gehörten. 

Außer dem noch jet beſtehenden Körnermarkt zu Schw es 
chat wurde in den fruͤhern Jahrhunderten auch ein Och ſenmarkt 
daſelbſt abgehalten; wir finden in einer Urkunde, daß die Ge⸗ 
meinde von Himberg im Jahre 1598 bat, den nach Schwe⸗ 
chat verlegten Ochſenmarkt ihr gegen ein Entgeld von 470 Gul⸗ 
den wieder zu belaſſen. | 

Uebrigens bar der Markt feit feinem Beſtehen viele Schick⸗ 
ſale erleiden güffen,, die durch zwei Türkenkriege und durch Ein⸗ 
fälle der Ungern entſtanden; auch während der Unruhen zwiſchen 
Kaiſer Friedrich IV. und feinem Bruder Albrecht, welch“ 
letzterer ſich, nachdem er im Jahre 1461 feinen Bruder in Lach⸗ 
ſenburg belagert, nach einem am 6. September des ſelben Jahres 
abgeſchloſſenen Waffenſtillſtande nach Ebersdorf und Sch wech at 
zurückzog, war der Ort ſtark betheiligt. 


Schwechatbach. 


Eine Gemeinde mit 16 zerſtreut liegenden Haͤuſern im Ge⸗ 


birge gegen Heiligenkreuz zu. Als Aufgabsort fuͤr Briefe iſt Bas 
den, fonft aber Neudorf die naͤchſte Poſtſtation. 


Die Haͤuſer dieſer Ortſchaft ſind theils nach Heiligenkreuz 
4 * 


52 


und theils nach Raiſenmarkt zur Kirche und Schule angewieſen. 
Der Werbkreis von hier gehört zum Lin. Inf. Regimente 
Nr. 49. Das Landgericht iſt die k. k. Staatsherrſchaft Fahra⸗, 
feld. — Grundherrſchaften, welche hierorts behauſte Unterthanen 
beſitzen, ſind Heiligenkreuz, Kottingbrunn und Fahrafeld, wovon 
die letztere zugleich auch Orts⸗ und Conſcriptionsobrigkeit iſt. 

Der Seelenſtand zählt 20 Familien, 79 männliche, 68 weib 
liche Perſonen mit 16 Schulkindern. Sie beſitzen 24 Ochſen, 
20 Kühe, 20 Schafe, 12 Ziegen und 25 Schweine. 

Die Einwohner ſind Waldbauern und Holzhacker, wovon 
ſich erſtere mit Ackerbau beſchäftigen und einen Kalkhandel trei⸗ 
ben. Sie bauen alle vier Körnergattungen, doch wenig Gerſte. 
Weingärten haben fie keine und Obſt ſehr wenig. — Ihre Grüns 
de ſind meiſt von guter Beſchaffenheit. Die hieſige Luft und das 
Gebirgswaſſer ſind ganz vortrefflich. 

Die Lage der Häuſer von Schwechat bach iſt äußerſt ro⸗ 
mantiſch, denn ſie liegen weit zerſtreut auf hohen Bergen und im 
Thale, unfern von den Ortſchaften Meierling, Heiligenkreuz und 
St. Helena, an denen der Schwechat bach oder Schwe mm⸗ 
bach der Länge nach voruͤberfließt, daher der Name der Gemein⸗ 
de. Die Häuſer ſind alle ſehr gut, einige ſogar huͤbſch gebaut 
und mit Schindeldachungen verſehen. Es gibt hier mehrentheils 
Berge und Wälder, wo zu den vorzüglichſten der Kaltenberg 
und der Gingen gehören, welche beide ſehr hoch ſind. Auch 
iſt damit eine Jagdbarkeit verbunden, die jedoch unbedeutend 
iſt, und nur in geringer Anzahl Hirſche, Rehe, Haſen, Fuͤchſe 
und Marder liefert. 

Beſondere Schickſale oder andere Merkwürdigkeiten kom⸗ 
men von dieſer zerſtreuten Ortſchaft keine zu berichten. 


Der Schwechatfluß. | 
Entfpringt in der Gegend von Klauſen-Leopoldsdorf im Ge: 
birge, daher auch der Klausfluß oder Sch wemmbach genannt, 
da er von dem eine Stunde davon nordweſtlich gelegenen Orte 
Klauſen⸗ Leopoldsdorf bis zum Helenenthale bei Baden zur Brenn⸗ 


3 


53 


holz⸗Schwemme benutzt, dann beim Windhagberg hinter Baden 
durch den von Heiligenkreuz hervorſtrömenden Sattelbach anſehn⸗ 
lich verſtärkt wird, wodurch jährlich gegen 200,000 Klafter bis 
zu dem ſeit 1807 angelegten großen Holzrechen geſammelt wer⸗ 
den, welcher unweit der Kirche im Helenenthale beginnt und ſich 
bis zur Waſſerwehre und der Wohnung des k. k. Holzverſilberers 
ausdehnt, wo das Holz ſodann entweder an Ort und Stelle ver⸗ 
kauft oder zu Wagen und auf dem Neuſtädter⸗Canale nach Wien 
geführt wird. Anſtatt dieſes großen Holzrechens befand ſich frü⸗ 
her, an der Stelle der jetzigen Antonsbruͤcke, eine feit 1757 zu 
N zu gleichem Zwecke angelegte fogenannte Klauſe. 

Nachdem der Fluß das romantiſche Helenenthal noch ver⸗ 
ſchönert, theilt er ſich, aus demſelben hervortretend, bei dem zwi⸗ 
ſchen dem Pallaſte Weilburg und den gegenüber liegenden Schön: 
feldiſchen Anlagen befindlichen Wehre, in zwei, die nahegelegene 
Stadt Baden in der Richtung von Oſten nach Weſten durchflie⸗ 
ßende Arme, von denen der füdöftlichfte der Aubach, in Urkun⸗ 
den auch Schüuͤttbach genannt, das Stadtgebiet von den zur Herr⸗ 
ſchaft Weiskersdorf gehörigen Ortſchaften ſcheidet und ſodann in 
die Ebene hinein ſeinen Lauf fortſetzt. Der andere nordweſtliche 
Arm, gewöhnlich der Mühlbach genannt, durchfließt in einer 
kleinen Entfernung von dem Aub ache die Dörfer Weickersdorf 
und Gutenbrunn, treibt im Bezirke von Baden vier Mahlmüh: 
len, läuft dann weiter nach Leesdorf, durch die Gartenanlagen von 
Lachſenburg, und vereinigt ſich wieder bei Achau mit dem Au: 
bach e, bei welchem Orte ſich auch der Trieſtingbach mündet, 
von wo an der Fluß den Namen Schwechat erhält, dann aber 
weiterhin Maria Lanzendorf berührt, unweit Alt-Kettenhof den 
Lieſingbach aufnimmt, den Ort Schwechat durch- und bei Kaiſer⸗ 
Ebersdorf vorüberfließt; ferner nahe bei feinem Ausfluſſe den 
Neu: oder Wildbach dazu erhält, ſich endlich, einer Inſelſpitze 
der Lobau ziemlich gegenüber, in die Donau mündet. 

Der Kaltegangfluß dagegen, welcher ſeine Richtung durch 
Himberg nimmt, nähert ſich bei dem Orte Lanzendorf ſehr dem 
Schwechatbache, und fließt eine ziemliche Strecke in gerin⸗ 


54 


ger Entfernung, gleich den andern beiden Wäffern, vor dem Mark⸗ 
te Schwechat vorbei, ſchlaͤngelt fi) aber alſobald in einer Halb⸗ 
kruͤmmung rechts ebenfalls der Donau zu, in die er ſich oberhalb 
Manns wörth ergießt. 

Jener Mühlbach treibt auf ſeinem Laufe 28 Werke und ge⸗ 
gen 90 Mahlgänge und muß, um die nothwendige Gleiche ſei⸗ 
nes Rinnſals zu behalten, alle Jahre von dem ſich anhäufenden 
Schlamme gereinigt werden, wozu jeder Muhlenbeſitzer in feinem 
Bezirke verpflichtet iſt. N 

Obgleich der Schwechatfluß und beſonders der Aubach 
für gewohnlich klein iſt, fo wird er dennoch bisweilen, wenn der 
Schnee im Gebirge ſchnell ſchmilzt oder wenn Regenguͤſſe ihn ans 
ſchwellen, ſehr gefährlich, weßhalb, um das Austreten möglichſt 
abzuwehren, deſſen Ufer an vielen Orten mit Weidenpflanzungen 
und Verdämmungen verſehen find. N 

Die bedeutendſten Ueberſchwemmungen ereigneten ſich von 
dem Jahre 1719 bis 4721, wobei das Dorf Leesdorf verhee⸗ 
rende Verwüſtungen erlitt, fo wie auch 1732 am 24. Februar 
das Waſſer alle Brücken und Daͤmme der Gegend zerriß, was 
am 21. Juni 1734 nach einem dreitägigen Regen wieder der Fall 
war, wobei noch der Fluß mitten durch Leesdorf durchbrach, drei 
Häͤuſer neben dem Schloſſe gaͤnzlich zertrümmerte und auch im 
Schloſſe und Garten großen Schaden anrichtete. Aehnliche Fälle 
ereigneten ſich mit den Jahren 1795, 4813 und 1822. 


Der (ehemalige) Schweinsberg, 
jetzt Joſephsberg genannt, zunächſt dem Leopoldsberg. 

Die ganze Bergkette des Kahlengebirges von der Gegend 
von Neuſtift, wo noch der ſogenannte Saugraben an jene Zeit 
erinnert, bis mit dem damaligen Schweins, jetzigen Joſephs⸗ 
berg, war ſeit den früheſten Zeiten der Aufenthaltsort für Hoch⸗ 
wild aller Art, vorzüglich aber für eine überaus große Anzahl 
wilder Schweine, welche vorzüglich in dem damals noch viel dich⸗ 
terem Geſtruͤpp dieſes Berges angetroffen wurden, weßhalb auch 
noch zu den Zeiten Markgraf Leopolds des Heiligen in der 


2 


55 


erften Hälfte des XII. Jahrhunderts die ganze Gegend und alfo 
auch dieſer Berg unbewohnt war und letzterer es auch bis zum 
Jahre 1629 blieb, wo der Bau eines Camaldulenſer- Kloſters 
auf demſelben begann, zu welchem am 10. Auguſt d. J. der Kai⸗ 
fer Ferdinand II. im Beiſeyn des ganzen Hofes mit großer 
Feierlichkeit den Grundſtein legte, wobei zugleich der Name 
Schweinsberg in Jo ſephsberg umgeſtaltet ward; jedoch 
die Befreiung dieſer ganzen Gegend von dem noch immer zahl: 
reichen Wild erfolgte erſt zu den Zeiten Kaiſer Joſephs ll. 

Das Weitere von Joſephsdorf, welches romantiſch auf ö 
dieſem Berge gelegen iſt, beliebe der geneigte Leſer im II. Band 

gegenwärtigen Werkes, S. 309, zu entnehmen. 


Schwertho 2 
Unter dieſer Benennung beſteht ein Freihof im Markte 
Himberg, welcher bei der Darſtellung des Marktes beſchrieben 
wurde. , 


Sechshaus. 
Ein Dorf von 134 Haͤuſern, gleich außer der Gumpendorfer⸗ 
Linie gegen den Wienfluß gelegen, wovon Wien die nächſte Poſt⸗ 
ſtation iſt. 

Der Ort gehört zur Pfarre nach Reindorf, die Schule be⸗ 
findet ſich aber hierſelbſt. Den Werbbezirk beſitzt das Lin. Inf. 
Regiment Nr. 4. Die Rechte eines Landgerichts werden von 
dem Wiener: Magiſtrate ausgeübt, — Die Grund-, Conſcrip⸗ 
tions- und Ortsobrigkeit iſt als Herrſchaft das Barnabiten⸗ Col: 
legium zu St. Michael in Wien. 

Hier leben 241 Familien (darunter befinden ſich 1332 maͤnn⸗ 
liche, 1195 weibliche Seelen nebſt 346 Schulkindern), die blos 
14 Pferde an Viehſtand beſitzen. 

Die Bewohner von Sechs haus find durchaus Gewerbs⸗ 
leute, am meiſten aber gibt es Webereien und Kattun⸗ 
druckereien, nicht minder Schön- und Fellfaͤrber; von. 
ganz beſonderer Wichtigkeit iſt aber die hieſige im beſten Betrie⸗ 


56 


be ſtehende große Saffianfabrik des Herrn Carl Pfeiffer, 
welcher auch eine K noppern⸗ und Farbholzſchneide⸗Müh⸗ 
le beſitzt. Feldbau gibt] es keinen; denn der Ort ſchließt nur 
Hausgärten und etwas Hutweiden in ſich. 0 

Das Dorf liegt an einer ſanften Abdachung am linken Ufer 
des Wienfluſſes, mehr an der Gumpendorfer als Mariahilfer⸗Li⸗ 
nie, und wird vom Mühlbach der Lange nach durchfloſſen; dann 
von den Ortſchaften Fünfhaus, Braunhirſchengrund, Reindorf, 
welche alle zuſammen gleichſam einen verbundenen Ort bilden, 
über den Wienfluß aber von Gaudenzdorf begrenzt. Die Haͤuſer 
ſind alle regelmäßig gebaut, meiſt ein Stockwerk hoch, viele da⸗ 
von mit Ziegeldächern verſehen und haben insgeſammt ein huͤb⸗ 
ſches ftädtifches Anſehen. 

Gegenwärtig ift eine Fahrbruͤcke von geſchmiedetem Eiſen 
in Bau begriffen, die von Sechs haus über den Wienfluß nach 
Meidling führen wird. 

Beſondere Freiheiten oder Merkwuͤrdigkeiten gibt es keine. 
Den Namen hat der Ort von den erſten hier geſtandenen ſechs 
Häuſern erhalten und gehört in Hinſicht ſeiner Entſtehung und 
der früheren Periode nach in eine Rubrik mit Reindorf. 


Seebenſtein, 

ein Dorf von 56 Häuſern, mit einer alten Veſte und zugleich 
eine Herrſchaft, in dem Pittenthale zwei Stunden rückwärts 
Neuſtadt gelegen, welches auch die nächfte Poſtſtation ift, gleich: 
wie Neunkirchen. a 

Kirche und Schule befinden ſich im Orte, davon gehört die 
Pfarre in das Neunkirchner-Decanat, das Patronat der Herr⸗ 
ſchaft Seebenſtein. Den Werbbezirk beſitzt das Lin. Inf. Re⸗ 
giment Nr. 49. — Das Landgericht, die Grund⸗, Orts⸗ und 
Conſcriptionsobrigkeit iſt die Herrſchaft Seebenſtein. 

Es befinden ſich hier 87 Familien, welche aus 186 maͤnnli⸗ 
lichen, 184 weiblichen Perſonen und 20 ſchulfaͤhigen Kindern be- 
ſtehen; dieſe halten einen Viehſtand von 8 Pferden, 44 Zugoch⸗ 
ſen, 53 Kühen, 101 Schafen, 5 Ziegen und 42 Schweinen. 


57, 

Die hieſigen Bewohner werden wohl noch zu den Landbauern 
gezählt, nähern ſich in Allem aber den Waldbauern. Darunter be⸗ 
finden ſich verſchiedene Handwerker, als 2 Hufſchmiede, 
1 Fleiſchhauer, 2 Schneider, 3 Schuſter, 1 Ba: 
cker, 1 Wagner, 4 Tiſchler, 1 Kirſchner, 2 We⸗ 
ber, 1 Krämer, 2 Greißler, 2 Wirthe, 2 Mahl⸗ 
und 1 Sägemüller. Die erſteren treiben Feldbau und Vieh⸗ 
zucht, dazu haben die Thalgründe, wenn gleich öfters Ueber⸗ 
ſchwemmungen ausgeſetzt, eine vorzügliche, jene auf den Anhö⸗ 
hen und Bergen aber eine theils mittelmäßige, theils ſchlechte 
und ſteinige Bodenlage. Darauf wird Weizen, Korn, Gerſte, 
Hafer und Haidekorn gebaut. Weingärten gibt es im hieſi igen 
Bezirke keine, aber ziemlich viel und gutes Obſt. 

Die Viehzucht betreffend, ſo iſt ſolche nicht ſehr bedeutend 
und das Vieh wird zur Sommerszeit auf die Heide getrieben, 
die hier aber meiſt in faftigen Wieſen beſteht und gutes Futter 
gibt, nur die Herrſchaft allein führt die Stallfuͤtterung. Im 
Ganzen alſo genommen ſind die hieſigen Unterthanen, ſo wie alle 
in dieſem fruchtbaren Thale gelegenen Bewohner, ziemlich gut 
beſtiftet. 

Seebenſtein liegt in dem Pittenthale, eine kleine halbe 
Stunde vom Markte Pitten, da wo ſich die Thalgegend ſehr 
verenget, an der von Wr. Neuſtadt über Krumbach nach Güns 
in Ungern führenden fürſtlich Palffyſchen Commerzialſtraße zwi⸗ 
ſchen den Ortſchaften Schiltern, Sautern, Gund rams, 
Loipersbach und Gleiſſenfeld. Der Ort iſt regelmäßig 
gebaut, die Häuſer größtentheils aus Steinmaterial aufgeführt 
und mit Schindeldachungen verſehen. Das Klima hier iſt über: 
aus geſund und vortreffliches Gebirgswaſſer vorhanden. Durch 
den romantiſch gelegenen Ort fließt der Pittenbach, welcher 
zwei Mahlmühlen mit 6 Gängen und einen Sägmühlgang 
treibt. Im Bache werden viele ſchmackhafte Forellen von bedeu⸗ 
tender Größe, auch Aſche gefangen. 

Die das enge Thal bildenden, zu beiden Seiten ſi ch in ver⸗ 
ſchiedenen und wechſelnden Formen erhebenden Berge, ſind zahl⸗ 


58 | 

reich und mit ſtarken Wäldern von Nadel: und Laubholz bewach⸗ 
ſen. Die Jagdbarkeit wird von Seite der Herrſchaft trefflich ge⸗ 
hegt und es gibt ſehr viel Rehwild, weniger aber Haſen. 

Die hieſige Gegend iſt wirklich ſo ſchön und reizend, daß ſie 
eine kurze Darſtellung verdient; welche auch, wenn wir zur Dar⸗ 
ſtellung der Burg ſchreiten, erfolgen wird. Die Beſtandtheile, 
welche zum Dorfe Seebenſtein gehören, find: die Pfarr: 
kirche, der Pfarrhof mit der Schule, das herrſchaft⸗ 
lich e Amtshaus im Dorfe, das im guten Zuſtande befindliche 
Felſenſchloß, und das im Thale beim Dorfe ſtehende ge⸗ 
ſchmackvolle, neuere Schloß, nebſt einem über 60 Joch umfan⸗ 
genden, mit Tempeln, Aus ſichten, Eünftlihen Teichen, Mena⸗ 
gerien von Geflügel und Thiergartenwild, dann mit ſeltenen aus⸗ 
ländifchen Geſträuchen und Bäumen gezierten engliſchen Parke, in. 
welchem ſich vorzüglich ein Platanus orientalis und occidentalis 
und ein ſehr ſchöner Tulpenbaum auszeichnen, nebſt dem über 70 
Klafter hohen mit einer neuen Ruine prangenden Felſen, der 
vTürkenſturze genannt, . 

Die Pfarrkirche in Seebenſtein anbelangend, ſo 
ſteht ſolche am rechten Ufer des Pittenbach es auf einer kleinen 
Anhöhe, und iſt dem heiligen Apoſtel Andreas geweiht. 
Aus dem bei dieſer Pfarre aufbewahrten Gedenkbuche geht her⸗ 
vor, daß dieſe Kirche ſchon mehrere hundert Jahre beſteht, wie 
es auch eine alte Jahreszahl unter dem abgetragenen Gemäuer 
mit 1290 ganz kennbar anzeigt; fie hat eine wirklich ſchöne go⸗ 
thiſche Bauart, im Innern mit Verſchoͤnerungen und Verbeſſerun⸗ 
gen aus neuerer Zeit, nebſt einem impoſanten mit zwei ſtarken 
Säulen gezierten Eingange. 

Nicht minder freundlich und erhaben ſieht dieſer Tempel des 
Herrn von außen aus mit dem hübfchen Thurme und von dem 
Friedhofe umgeben. Nebſt dem ſchönen Hochaltar befinden 
ſich zu beiden Seiten der Kirche noch ein Seitenaltar, wo: 
von der rechts ſtehende mit dem Bilde des heil. Antonius, 
nun aber von Sr. Durchlaucht dem Fürſten von Lichten ſte in 
als Herrſchaftsbeſitzer mit einem kuͤnſtlich gemalten Cruzifix⸗ 


39 


bilde, der links befindliche ebenfalls mit einem Kunſtgewälde, 
die heil. Mar ia darſtellend, geſchmückt iſt. 

Vorzüglich und beſonders merkwürdig ſind in dieſer Kirche 
die an den Seitenwänden von rothem Marmor aufgeſtellten Epi⸗ 
taphien der hier ruhenden alten Beſitzer von Seebenſtein, der 
Ritter von Königsberg, dieſelben, welche wir ſchon bei 
der Beſchreibung von Schwarzenbach umſtändlich erwähnt haben, 
mit den altgothiſchen Inſchriften von Anbeginn des XV. Jahrhun⸗ 
derts, wobei noch zwei andere Grabmäler neben den Seitenaltären 
angebracht ſind, welche aus Alabaſter gehauen, als Kunſtarbeiten 
der Sculptur gerühmt werden können. Die Gläſer an den beiden 
Fenſtern beim Hochaltare enthalten verſchiedene Heilige: in urals 
ter und berühmter Glasmalerei, mit einem glühenden Farbenco⸗ 
lorit voll Pracht und Schönheit. N 

Außer einem jiſchweren, ſilberreichen Otrate, ſind keine be⸗ 
ſondern Parqmente vorhanden. 

Im Bergſchloſſe beſteht noch die alte Capelle, in welcher 
vor Jahrhunderten Gottes dienſt gehalten wurde, gegenwärtig 
aber nur ſelten Meſſe geleſen wird. 

Zur hieſigen Kirche ſind nebſt Seebenſtein der Ort 
Sollgraben und ſpäterhin das Dorf Schiltern einverleibt 
worden, welch' erſterer 2 Stunden und letzteres + Stunde von 
hier entfernt ſind. 

Beſondere Schickſale hat die Kirche nicht erlitten, ſendern 
ſie wurde von Zeit zu Zeit von innen durch einen neuen Hochal⸗ 
tar, wie auch durch andere Verbeſſerungen um vieles verſchönert 
und von außen mit einem neuen Ziegeldach verſehen. — Seeben— 
ſtein war nie ein Filiale, ſondern zu allen Zeiten eine felbftftäns 
dige Pfarre; nach dem Lutherthume wurde ſie bei der kleinen 
Seelenzahl von 170 Perſonen von dem Minoritenkloſter zu Neun: 
kirchen am Steinfeld viele Jahre adminiſtrirt, dann aber, wie 
gegenwärtig, mit einem eigenen Pfarrer verſehen. 

Indem wir nun das Dorf Seebenſtein verlaſſen, wollen 
wir der hieſigen Umgegend überhaupt einige Blicke ſchenken, bes 


60 


ſonders dem reizenden Thale zwiſchen Pitten und Seeben⸗ 
ſte in. 

Von Frohsdorf (eine ſtarke Stunde von Wiener⸗Neu⸗ 
ſtadt entfernt), wo der Pittenfluß im breitern. Bette den Na⸗ 
men Leytha führt, liegt aufwärts am linken Ufer des erſterwähn⸗ 
ten Fluſſes Klein⸗ Wolkersdorf und zunächſt dieſem Lanzenkirchen, 
dann von dieſem unfern auf einem halbrunden, frei hervorſprin⸗ 
genden Verghügel das uralte St. Ulrichskirchlein, der Sa⸗ 
ge nach der älteſte Tempel der Gläubigen im hieſigen Bezirke; 
an dieſes, den Berg entlang, reiht ſich das recht laͤndlich gelege⸗ 
ne Dörfchen Linsberg mit der anmuthigen Kirche im Orte, 
dem gegenüber der Markt Pitten im ovalen hier am meiſten er⸗ 
weiterten Thale mit ſeinem mächtigen Schloſſe wunderlieblich ſi⸗ 
tuirt iſt, und ein herrliches Bild bis zu den dunklen Eiſenwerken 
in vielen Abſtufungen liefert. An dem linken Ufer folgt bald auf 
Linsberg das kleine Oertchen Sautern, endlich da, wo ſich das 
‚überaus ſchöne Thal ſtark zu verengen ſcheint, liegt das Dorf 
Seebenſtein, durchſtrömt vom Pittenfluſſe, an der rechten Sei⸗ 
te mit dem Bergſchloſſe. So bildet denn am linken Ufer der her⸗ 
vorſtehende Linsberg da, wo der Schwarzaufluß breit und ausge⸗ 
dehnt von Neunkirchen raſchen Laufes daher ftromt, eine Reihe 
von Gebirgen, die nicht ſehr hoch ſind, und an denen die vorge⸗ 
nannten Dorfſchaften gar anmuthig liegen; am rechten Ufer hin⸗ 
gegen an der öſtlichen Seite gegen Ungern, ſind alle Verge viel 
höher, haben auch mehr ſehr ſchön und romantiſch wechſelnde 
Formen, und in dieſer unregelmaͤßigen Gebirgslinie, an einem 
hervorſpringenden, meiſt mit Nadelholz bewachſenen Felſen, an 
welchem nur hier und da kahle Steinſpitzen hervorragen, liegt 
das Schloß Seebenſtein, eben auch unregelmäßig gebaut, 
wie die anliegende Abbildung zeigt. | j 

Nach den äußern Umriſſen befteht das alte Schloß in zwei 
aneinander gebauten unregelmäßigen Gebäuden, das zweite mit 
zwei Stockwerken, an deſſen ſüdlicher Seite ſich ein ganz freier 
alterthümlicher Thurm hoch in die Luͤfte erhebt; das Ganze iſt 
von Ringmauern umgeben und ſomit intereſſanten Anſehens. 


61 


Ganz vorzüglich pittoresk ift das Dorf Seebenſtein in 
dem engen Thale anzuſehen, da alle Häuſer mit Gärten umgeben 
find, in denen ſich zur Sommerszeit die Aeſte zur Erde beugen, 
durch die Schwere der vielen Obſtfrüchte. Fromm einladend er⸗ 
hebt ſich in der Mitte dieſer Dorfſchaft die alte aber recht freund⸗ 
lich ausſehende Kirche, und ſo wie dieſe haben alle Kirchen in 
der hieſigen Umgebung eine eigene Bauart, daran iſt gewöhnlich 
das Schiff der Kirche breiter und höher als das halbrunde 
kleinere und niedere Presbyterium, mit ganz freiſtehendem Altar, 
von außen aber mit einigen Strebepfeilern verſehen. 

Vielfache hölzerne Brücken führen über den Fluß, worin 
die Schwarzau bei Linsberg ein Kiesſteinrinnſal ausgewuͤhlt hat, 
welches wohl bei 500 Schritte breit ſeyn mag, die aber oft bis 
zu einem kleinen Bach ganz ausgetrocknet iſt; wie ſchrecklich muß 
es hier aber ſeyn, wenn dieſer Fluß bei anhaltenden Regengüſſen 
oder jähem Schmelzen des Schnees mit brauſendem Gebrülle ſein 
breites Bett ausfüllt, und die nahe gelegenen Dörfer hoͤchſt gefahr⸗ 
voll überfluthet! — | | 

Die vorherrſchende Anmuth des Pitten: und Seeben⸗ 
ſteiner Thales gehört unſtreitig zu den ſchönſten in Oeſterreich, 
denn eine unbeſchreiblich zarte Abwechslung in der Landſchaft er⸗ 
götzt das Auge des wonnetrunkenen Naturfreundes, dazu beleben 
vielfach durch ſchneidende ſilberklare Bächlein die Landſchaft und 
erhöhen den Reiz. — Geſunde Luft, vortreffliches Waſſer, gute 
Forellen, Aſche und Krebſe, ſchönes und vieles Obſt ſind keine 
geringen Vorzüge dieſer paradieſiſchen Gegend, wo in den Dör⸗ 
fern an den Häuſern Reben mit Traubenfrucht ſich haufig bis zu 
den Dächern ranken, und das fröhliche Geſumſe der Bienen und 
der myſtiſche Fleiß dieſer Thierchen uns in Staunen ſetzt. 

Die Landbewohner hier find höfliche und gutmuͤthige Leute, 
die ihren Kindern gegen Fremde und Einheimiſche ein anftändis 
ges gutes Betragen lernen, welches wohl auch aus dem guten 
Schulunterricht entſpringen mag. Doch haben wir bei unſerer Be⸗ 
reiſung mehrere Klagen bei den Herrſchaften vernommen, die alle 
Fehler am moraliſchen Lebenswandel bei den Eheleuten fo wie bei 


62 

Unverehlichten betreffen. — Die Kleidung, Sitten und Gebräus 
che find beinahe dieſelben wie jene der Landbauern in flachen Lan⸗ 
de Oeſterreichs; fie beſitzen einen ſchöͤnen Schlag von Vieh, bes 
ſonders Zugochſen, und tragen nicht in Butten, ſondern in von 
dünnen Holzſpänen geflochtenen halbrunden Körben, wie die Un⸗ 
gern. Das Wachsthum und die Vegetation iſt im hieſigen Bezir⸗ 
ke auffallend verſchieden; hie und da gibt es Striche von ganz gu⸗ 
tem Ackerland und fetten Wieſen, gleich daneben aber duͤrftige 
Gründe; was wohl in der Düngung und ſorglichen Beſtellung 
derſelben ſeinen Hauptgrund haben mag. 

Nach dieſen kurzen Umriſſen iſt es wohl klar, daß, wer im⸗ 
mer die Veſte Pitten beſucht und ſich in! hieſiger Gegend befindet, 
gewiß nicht wird widerſtehen können, die nahe gelegene Burg See⸗ 
benſtein gleichfalls zu erſteigen. Der Wanderer vermuthet nicht, 
bier fo viele intereſſante und uͤberraſchende Gegenſtände zu finden. 
Durch den vorigen Pächter, Herrn Anton Dapid Steiger 
Edlen von Stein, waren alle alten Gebräuche, ſo wie ſie vor 
mehreren Jahrhunderten in den Burgen übli waren, hier in 

Seebenſtein noch im Gange, welches gegenwaͤrtigsnicht mehr 
beſteht. So ward dem Fremden, wenn er die Veſte mit ihren 
Vormauern und Gebäuden mit den Ruinen der alten Burg erblick⸗ 
te, von dem hohen Thurme herab durch das Horn ein freundli⸗ 
ches Willkommen zugerufen. Von dem Burgvogte Cuno, der 
weit und breit in hieſiger Gegend bekannt iſt, und, obſchon ſeit 
einigen Jahren verſtorben, noch überall in gutem Andenken lebt, 
wurde der Ankommende, nachdem vorher auf die ernſthaft geſetz⸗ 
te Frage: »Wer verlangt in die Burg eingelaſſen zu 
werde n, ſehr langſam die Zugbruͤcke niederſank, mit wohlge⸗ 
ſetzten Reden nach Ritterſitte begrüßt, und in der ganzen Burg 
umher geführt, damit er alle dieſe Einrichtungen, die den Stau⸗ 
nenden in die graue Vorzeit unwillkuͤhrlich verſetzen, beſchauen 
möge. Dieſer Burgvogt Cuno war viele Jahre hier, und ein 
wahres altes Inventarſtück der Burg. Man konnte ihn einen 
Tauſendkünſtler nennen, denn er verſtand des Schloſſes altes Ge⸗ 
ſchuͤtz, in Pöllern und Kanonen beſtehend, deſſen Donner ſo oft 


\ 


63 


in den Thälern furchtbar wiederhallte, zu bedienen, hielt die Waf⸗ 
fenkammer in Ordnung, malte und verfertigte hierzu landſchaft⸗ 
liche Gegenſtaͤnde aus Moos und Steinchen ꝛc. x. und beſaß zu 
allen dieſen einem Burgvogt nothwendigen Eigenſchaften nebſt ſei⸗ 
ner beſondern Gemuͤthlichkeit einen unbeſchreiblichen Hang zur 
Schwärmerei für das Ritterweſen; nicht geringer war fein Reich⸗ 
thum an ſchauerlichen Sagen aus den Zeiten der Kreuzzuͤge in das 
gelobte Land. Wie natürlich mußten alſo damals nicht Jeden dieſe 
Dinge in graue Zeiten verſetzen, in jene herrlichen Zeiten ſagen 
wir, wo ritterlicher Biederſinn und Ritterwort als unverbruͤchlich 
galten. Man ſah gar oft zu den Zeiten dag Verſammlungen unter ö 
Steiger in dieſer Burg, die ganz nach altdeutſcher Ritterſitte er⸗ 
halten und eingerichtet war, Ritter und Knappen, die ſich die Wil⸗ 
denſteiner Ritterſchaft auf blauer Erde nannten. Es 


wurden ſogar Feſte gegeben, denen mehrere hohe Perſonen bei⸗ 


wohnten. 

Durch dieſe in ſo herrlichen Umgebungen, unter freundſchaft⸗ 
licher und heiterer Geſellſchaft und bei fröhlichen Malen began⸗ 
genen Feſte erhielt dieß alte ſchöne Schloß einen bald weit und 
breit in der Runde ausgebreiteten Ruf, welcher noch Manchem 
eine freudige Ruͤckerinnerung erwecken wird, 

Einen ſonderbaren Anblick und einen noch ſeltſameren Ein⸗ 
druck mag es hervorgebracht haben, die zahlreiche Ritterſchaft 
in ihrem Coſtüme, in der Capelle, der Gerichtsſtube, in dem 
Ritterſaale und fo in der ganzen Burg vertheilt zu ſehen; bei 
den Prunkgelagen wurden Toaſte für das Wohl des Kaiſers 
und des ſämmtlichen Regentenſtammes aus den mehrere Jahre 
alten blinkenden Silberhumpen ausgebracht. Ja, fuͤrwahr! wer 
möchte wohl bei ſolchen Scenen dagegen ſtreiten, daß nicht, 
ungeachtet der neuen Zeit, in der wir ſo klug ſeyn wollen, ge⸗ 
heime Mahnungen unſer Gemüth ergreifen, die uns lebhaft an 
den Schauplatz jener Tängft abgewichenen Perioden zuruͤckfuͤh⸗ 
ten?! — Und von dieſem Allen war der Schöpfer der vorge⸗ 
nannte Herr von Steiger. Dieß iſt nun nicht mehr, ſeitdem 


der Herr Fürſt Jo hann von Lichtenſtein Herrſchaftsbeſitzer 


64 


it, die Nitterſchaft hat ſich aufgelöst, der Burgvogt Cun e 
iſt auch nicht mehr, und vieles Andere wurde im Schloſſe 
verändert, deſſen ungeachtet iſt aber das ſelbe immer noch ſehr 
ſehenswerth. . 

Nach diefer kleinen Abſchweifung, welche die verehrten Le: 
ſer uns nicht übel nehmen wollen, kehren wir zum Aufgange in 
die Burg zurück. 

Ueber den hervorſtehenden ſteilen und hohen Berg, worauf 
dieſe Burg ſteht, führt ein Weg zu den erſten Vormauern und zum 
Thore der Veſte. Hier befindet ſich der ehemalige Turnierplatz und 
ein ſehr tiefer Brunnen von 78 Klaftern, ein wahrhaftes Rieſen⸗ 
werk, welches ſehr viele Anſtrengungen gekoſtet haben muß. In 
der Hälfte feiner Tiefe hat er mit der innern Burg durch einen 
Verbindungsgang Gemeinſchaft, ſo, daß bei einer Belagerung, 
wenn auch ſchon die Außenwerke in feindlichen Haͤnden waren, 
dennoch die Belagerten keinen Mangel an Waſſer leiden durften. 
Alsbald gelangt man von hier zur Aufzugbrucke und zu dem Pfoͤrt⸗ 
chen in dem erſten Hofe. Man ſieht hier die Mauern von dem 
unterſten Geſchoſſe der alten Burg und der beſtandenen geräumis 
gen Stallungen. Durch das zweite Thor, mit der Jahrszahl 1604 
und einer Juſchrift von dem damaligen Beſitzer Matthias 
Wolf von Königsberg, kommt man in den zweiten Hof, wo 
ſich ein Felſenkeller und die große Waffenkammer befindet; von 
bier leitet öſtlich eine Treppe in die Ruine des alten Seeben⸗ 
ſtein oder Wildenſte in, wie es eigentlich urſpruͤnglich genannt 
wurde, und zu dem Thurme am weſtlichen Ende der Burg. Die⸗ 
fe wird ganz von immergrünem Epheu bedeckt, von außerordent⸗ 
licher ſelten geſehener Größe, welcher ſich an den innern Waͤnden 
immer weiter verbreitet und wohl über 400 Jahre alt ſeyn mag. 
Man genießt auf dem zum Theil mit Raſen bedeckten Felſen eine 
außerſt romantiſche Ausſicht, nordöſtlich gegen Pitten und weſtlich 
in das Thal gegen den Tuͤrkenſturz und Gleiſſenfeld. Eine bedeck⸗ 
te Stiege fuͤhrt zur ſogenannten Pilgerruhe, ein Gemach, wo die 
fremden Ritter den Willkommbecher und einen Imbiß erhielten, 
und dann in den dritten Burghof, welcher von einem Gebäude 


.65 


im Viereck umgeben wird. Eine Ciſterne, Burgverließe und 13 
Caſematten, worunter mehrere in Felſen gehauen find, Küchen 
und Vorrathskammern befinden ſich hier theils unter, zum Theil. 
im Erdgeſchoſſe. Der Ritterſaal, die Capelle, die Gerichtsſtube, 
die Prunkkammern und 24, ganz nach Art und zum Theile mit 
Einrichtungen und Geräthen aus der Ritterzeit verſehene Zimmer 
befinden ſich im erſten und zweiten Stockwerke. Ganz beſonders 
werden die Gemälde und andere Seltenheiten in dieſer Burg Je⸗ 
dermanns Aufmerkſamkeit und Bewunderung erregen. Eine ganz 
vorzuͤgliche Aufmerkſamkeit aber verdient die Prunk⸗ oder Schatz⸗ 
kammer, dann die Knappenrüſtkammer. In erſterer beſteht eine 
große und zahlreiche Sammlung von Alterthuͤmern, Gemälden, 
Moſaiken, Erzen, Holz und vielen andern Seltenheiten. Die ge⸗ 
naue Betrachtung dieſer Kunſtſtücke, deren einzelne Aufzählung den 
Raum unſers gegenwärtigen Werkes überfchreiten würde, gibt 
uns einen deutlichen Begriff von den Arbeiten unſerer Vorfahren, 
von ihrem Erſindungsgeiſte und von ihrer ſeltenen Ausdauer in 
Mühe und Fleiß. Letztere birgt dagegen einen beträchtlichen Vor⸗ 
rath verſchiedener Waffenſtücke, geſammelt aus den älteften Zei⸗ 
ten bis zum achtzehnten Jahrhundert. Man gewahrt darunter 
mehrere Helme von den Truppen des Marſchalls von Sachſen aus 
dem Jahre 1740, die Blechhaube von einem polniſchen Tocvarczy 
aus der Periode des Wiener Entſatzes von 1683, reich verzierte 
Helme ungriſcher Heerführer, aus den erſten Kriegen, beinahe 
fünfhundertjährige Stangengewehre, die noch von der Schlacht 
von Sempach gegen die Schweizer herrühren, mehrere Doppel⸗ 
hacken, ſeltene Damenſättel und andere alte Rüſtgegenſtände. Die 
zweite Kammer enthält mehrere ganz gut erhaltene vollkommene 
Rüſtungen der Herren von Puchheim, welche Krumbach be⸗ 
ſaßen, und der alten berühmten Königsberge. Es gibt hier auch 
ſehr viele Schwerte und Dolche, wovon mehrere kuͤnſtlich geäzt und 
verziert ſind; ſo zeichnet ſich unter den Feuergewehren ganz vor⸗ 
züglich eine acht Schuh lange Radbuͤchſe aus. Viele ungriſche Waf⸗ 
fen und aus den Zeiten des letzten Türkenkrieges (1683) türkifche 
Fußangeln, auch ſpaniſche Reiter genannt, Pfeile und Pfeilbögen ö 
| | 5 5 


66 


dann gläferne Granaten, die mit vielem Erfolge bei Belagerun⸗ 
gen angewendet wurden und eine furchtbare Wirkung machten, 
zieren dieß Gemach. 

Wir haben die herrlichen Gemaͤlde in dieſer Burg ſchon oben 
erwähnt, die in mehreren Zimmern vertheilt ſind und ſich uͤber 
500 Stücke belaufen, worunter die altdeutſche und niederländifche 

Schule die zahlreichſte iſt. 

Auch die ſehr einfache Burgcapelle verdient unſere Aufmerk⸗ 
famkeit; ſie iſt mit einem Altarblatte altdeutſcher Kunſt und mit 
zwei Standbildern, aus geſprengeltem Marmor künſtlich gehauen, 
welche den St. Peter und Paul vorſtellen und dem Meiſel 
eines ausgezeichneten Meiſters angehören, geſchmuͤckt. 

Ein kleines Gemach, welches ſchon in frühern Zeiten das 
Archiv enthalten zu haben ſcheint, enthält eine Anzahl Bücher, 
ſeltene und alte Documente und Manuſcripte, ſelbſt im Fache 
der Heraldik. Die älteſte der Urkunden iſt ein Diplom von Co n⸗ 
rad dem Propſte der St. Guidokirche in Speier für die Klo⸗ 
ſternonnen in Wiener⸗Neuſtadt vom Jahre 1250, dann eine Urs 
kunde von Stephan V. von Ungern vom Jahre 1270 und meh⸗ 
rere von den Grafen von Forchtenſtein. 

Nach allem dieſem Geſagten beſitzt dieſe Burg ſehr viele 
Merkwuͤrdigkeiten, die mit vieler Muͤhe und bedeutendem Auf⸗ 
wande von dem verdienſtvollen Anton David von Steiger 
hierher geſchafft wurden, daher ein Jeder, der mit Liebe zum 
Schönen und Alterthümlichen die Burg beſchaut, gewiß ſchwer 
wählen wird, ob er zuerſt die herrliche Ausſicht, die ſich ihm von 
allen ihren Theilen darbietet, die Gemächer der Burg und 
überhaupt das labyrinthiſche Bauwerk derſelben, oder alle die 
vielen Kunſtſchätze bewundern ſoll. 

Zum Schluſſe wollen wir noch zwei Denkmale erwähnen, 
die hier befindlich find. Dieß find die lutheriſche Kanzel 
und der Türke nſturz. Erſtere, ein zwiſchen vielen Felszacken 
verborgener Block, der den proteſtantiſchen Praͤdikanten, welche, 

durch den berüchtigten Andreas Tanrädl von Ebergaſſing 
und Herrn der nahen Burg Thernberg begünſtigt, hier in den Ta⸗ 


67 
gen der Unruhen und des Bürgerkrieges predigten, als Kanzel 
diente. Der Seebenſteiner⸗Türkenſturz, nahe der hieſi⸗ 
gen Burg, iſt ein ſehr hoher und jäher Felſenabhang, an deſſen 
Fuße ſchäumend der Pittenfluß vorüberbraußt, über den von den 
erzürnten Landleuten im Jahre 1532 die bei Leobersdorf vom 
Pfalzgrafen Friedrich geſchlagenen und im nahen Föhrenwald 
bei Wiener⸗Neuſtadt von dem tapfern ſteiriſchen Ritter Ka tzi a⸗ 
ner vollends zerſprengten Türken hinabgeſchleudert wurden.“ 
Dieſe Stelle wurde durch eine türfifhe Ruine mit zwei vergol⸗ 
deten Halbmonden von dem Herrn Fürſten Johann von Lich⸗ 
tenſtein geziert, die freilich als eine moderne Ruine an dieſe 
claſſiſche Stelle wenig paßt. — Ä 

Ueber die Erbauung von Seebenſtein und feine frühern 
Schickſale, beſonders da es im XII. Jahrhundert auch Burg 
Wildenſtein hieß, gibt es ſehr viele Angaben und Sagen, 
die gar zu ſehr widerſprechend ſind, und daher wenig Glauben 
verdienen. Doch nachfolgende zuſammen getragene Geſchichte 
ſcheint uns in Rüͤckſicht ihrer urkundlichen Rechtfertigung noch am 
meiſten glaubwürdig, weßhalb wir ſie dem geehrten Leſer mit⸗ 
theilen werden. 

Sonderbar auffallend muß es jedem Forſchenden werden, 
daß die Geſchichte von Seebenſtein gar ſo unvollkommen er⸗ 
ſcheint; mehrere Werkchen, die Beſchreibungen von Ausflügen 
enthalten, gleiten im Strome ihrer romantiſchen Darſtellung 
über dieſe hiſtoriſchen Klippen ganz gemächlich hinweg, andere 
haben ſich arg widerſprochen, und ſelbſt die Redaction der Blät⸗ 
ter des Archivs für Geſchichte vom Jahre 1824 ꝛc. ꝛc. fand es 
von der Urzeit dieſer Burg am räthlichſten zu ſagen, daß die 
frübeften Schickſale in Dunkel gehüllt feien und erſt vom 

XIV. Jahrhunderte an geordnete Nachrichten beginnen. 
" Dieſes wollen wir nun nicht fo leicht nehmen, fondern die 
Früchte unſers Nachforſchens und Bemühens hier ganz kurt ‚ 
aber deutlich mittheilen. ö 

Das Wort Seebenſtein ſcheint urſprüglich von einem 
See. abgeleitet worden zu ſeyn, daher dürfte das Schloß bei 

5 * 


68 


feiner Erbauung See am Stein geheißen haben (das Schloß 
am See), welches dann in der Folge, wie alle Benennungen über⸗ 
haupt, verunſtaltet wurde. Und in der That, dieſer unbedeu⸗ 
tende See lag vor Alters an der Stelle, auf welcher heut zu 
Tage beim Dorfe das neue herrſchaftliche Schloß am Fuße des 
Berges mit dem engliſchen Parke ſich befindet; ſeine gleichſam 
ſumpfige, ſehr tiefe Lage wird noch gegenwärtig jedem kenntlich 
werden. 

Eckbert von Neuburg, welcher die damals gewaltige 
Grafſchaft Pitten beſaß, fand es raͤthlich, im Angeſichte ſeiner 
Burg ein anderes Schloß, welches zur Unterſtützung ſeiner Veſte 
bei den häufigen feindlichen Einfällen dienen ſollte, auf dieſen 
hohen Felſen im Jahre 1092 hinzubauen; nach einigen Jahren 
aber ſchon erſcheint ſoſches dem Abte Berengar von 
Reichersberg gehörig, der damals ohnedieß mehrere Beſi⸗ 
tzungen in der Umgegend hatte. 

Von dieſem kam die Burg 1096, als im Todesjahr des 
öſterreichiſchen Markgrafen Leopold III. oder Schönen, an 
die Gemahlin des ſelben, Itha, aus dem Welfifchen Haufe. Im 
Jahre 1100 zog dieſe mit vielen Schägen, 200 Mark Silber, 
und von 300 Knechten aus Seebenſtein begleitet, nach Pa⸗ 
läſtina, auf welcher Reiſe ſie verſtarb, doch iſt ihr Sterbetag 
und der Begräbnißort unbekannt. 

Es ſoll auch Kaiſer Heinrichs IV. aufrühreriſcher Sohn 
Heinrich V. ſich einige Zeit in Seebenſtein verborgen 
gehalten haben. Im Jahre 1108 übernachtete der Böhmenkönig 
Swatopluk, der nur zwei Jahre die Krone Böhmens trug, 
mit 750 Reitern zu Seebenſtein, bei Gelegenheit als er dem 
ungriſchen Herzog Almos zu Hilfe zog und Preßburg belagerte. 

Stephan Ill., Colomans Sohn, fiel 1117 und 18 in 
Oeſterreich hinter einander verheerend ein, beſonders litt die Ge⸗ 
gend von Neuſtadt über Pitten bis See benſtein. Markgraf 
Leopold der Heilige wieß ihn aber im dritten Jahre blu⸗ 
tig zurück bis gegen Eiſenburg, worauf der Ungern Einfälle auf⸗ 
hörten. Das Schloß ſoll im Jahre 1131 zerſtört worden ſeyn, 


69 


weil man hier die Schäße des Biſchofs von Regensburg verbarg, 
der mit Heinrich (2) im Felde lag. Wir können nicht auffin⸗ 
den, welcher Heinrich es ſeyn ſollte, denn Heinrich Jaſo⸗ 
mirgott war damals erſt 17 Jahre alt, ſein Vater Leopold 
der Heilige regierte noch in Oeſterreich, und ſo iſt eine Fehde 
des ſelben mit dem Viſchofe wohl nicht möglich. So viel iſt aber 
gewiß, daß die Burg Seebenſtein zu der Jeit landesfürſt⸗ 
liches Eigenthum war. Als ein ſolches erhielten Seebenſtein 
1159 die Brüder von Wild enſtein für eine Entſchädigung, 
weil ſie ihre in Steiermark gelegenen Güter verloren hatten. 
Ihre Anhänglichkeit an den Kaiſer und Markgrafen, ihre Ta— 
pferkeit und ihr Biederſinn zeichneten ſie ganz vorzuͤglich aus, 
daher ſie auch bei den wichtigſten Kriegsdienſten und in den ita⸗ 
Klieniſchen Feldzügen von dem Kaiſer verwendet wurden. Otto 
von Wildenſtein ſtarb mit Ruhm bedeckt am Siegestage bei 
Mailand durch einen Pfeilſchuß, als er eben auf einem Thurme 
die ſteiermärkiſche Fahne flattern ließ. In einer Urkunde vom 
Jahre 1169 erſcheint ein Heinrich von Wildenſtein, wel: 
cher einen Wald, der »Hambergerwal de genannt, nach Pit⸗ 
ten verkaufte. So ſcheint Seebenſtein durch 90 Jahre bei 
der Familie der Wildenſteiner geblieben zu ſeyn, bis dieſer 
Stamm hierlandes ausblühte. Während dieſer Zeit wurde das 
Schloß meiſt Wildenſtein genannt, und wir glauben auch, 
daß der valte Bau« (ein Theil der Burg) von den Rittern 
von Wildenſtein herſtammt. Sobald aber dieſe Burg an den 
Regenten wieder zurückfiel, ward fie wieder Seebenſtein ge⸗ 


nannt. Herzog Friedrich der Streitbare belohnte ein neu 


entſtandenes Nittergeſchlecht in der Perſon Gottholds des 
Starken mit dieſer Veſte, welches den Namen davon annahm 
und wodurch eine Familie von Seebenſtein entſproß. Wir 
finden außer dieſem aber nur feinen Sohn Mainhard von 
Seebenſtein, welcher mit Herzog Friedrich das Leben 
verlor. Jener aber, welcher ſich auf die Seite Hermanns 
Markgrafen von Baden und Regenten von Oeſterreich, wäh: 
rend des Interregnums, ſchlug, fol im Jahre 1248 »ſammt eis 


70 


einem Ritter von Hohenſtaufen enthauptet worden ſeyn, 
wonach Seebenſtein an die Kammer fiel. Im Jahre 1508 
war es ein Eigenthum Herzog Friedrichs des Schönen, 
und im Jahre 1379 verkaufte Herzog Leopold von Oeſter⸗ 
reich die Veſte und Herrſchaft Seebenſtein dem 
Pfleger zu Pitten, Hanns Ritter von Auer (k. k. Hofkam⸗ 
mer: Archiv). Dieſem folgte im Jahre 1404 (vielleicht der Sohn 
des Vorigen oder deſſen Erbe) Andreas Auer von Her⸗ 
renkirchen, der im Jahre 1432 ſeinen Antheil an der Veſte 
Seebenſtein an Conrad, Johann, Dietrich und Ge— 
org von Königsperg, eine altberühmte Familie in Oeſter⸗ 
reich, um 3600 Pfund Pfennige käuflich abtrat. Die Glieder 
der Königsperge, welche in der Folge als Freiherrn glaͤn z⸗ 
ten, blieben volle 200 Jahre im Beſitze dieſer Herrſchaft, 
nebſt vielen andern Gütern in Oeſterreich, namlich bis zum 
Jahre 1654, in welchem Jahre es Johanna von Jöͤrger, 
geborne Freiin von Königsberg, durch Kauf an ſich 
brachte, 

Viele Theile der Burg, die wir noch jetzt ſehen, find von 
den Königsbergen erbaut, und die größten Veränderungen 
darin gehören dieſer Familie an, die meiſtens hier ihren Hauptſitz 
hatte; von dieſen find auch die 10 Standbilder ven Marmor in 
der Kirche zu Seebenſtein, ein einziges fehlt, da eilf Glieder 
durch zwei Jahrhunderte Beſitzer davon waren. — Unter dieſer 
Zeit geſchahen viele Einfälle, die auch Seebenſtein galten. Der 
Ungernkönig Matthias Corvinus nahm Seebenſtein 1485 
. mit Gewalt und verheerte die Veſte; bei der erſten Türkenbela⸗ 
gerung (1529) kamen die Barbarenhorden auch hierher, und die 
Reformation fand hier willkommenen Eingang, wie noch das 
Denkmal „die lutheriſche Kanzel“ deutlich zeigt. 

Die obenerwähnte Beſitzerin Johanna von Jörger ver: 
kaufte die Herrſchaft Seebenſtein im Jahre 1655 an Earl 
Perger; im Jahre 1685 kam ſolche durch brüderlichen Wer: 
gleich an Johann Baptiſt Freiherrn von Pergen; im Jahre 
4742 erhielt es ſein Sohn Johann Ferdinand Graf von 


71 
Pergen, von ſeinem Vater dem Vorigen; im Jahre 1767 
deſſen Sohn Johann Carl; im Jahre 1787 deſſen Sohn 
Joſephz im Jahre 1824 Carl, Anton, Joſeph und Grä⸗ 
fin Roſine von Pergen, dann Frau Gabriele Gräfır 
von Pergen als Vormünderin des minorennen Ferdinands 
Grafen von Pergen zu gleichen Theilen mit Ausnahme der Le⸗ 
ben; im Jahre 1824 kaufte dieſe Herrſchaft Herr Johann 
Fürſt von und zu Lichtenſtein, ebenfalls mit Ausnahme der 
Lehen, welcher fie noch gegenwärtig beſitzt. N 

Die Beſtandtheile der ganzen Herrſchaft See⸗ 
benſtein ſind folgende: Im Orte Seebenſtein die ver⸗ 
einigten Felſenſchlöſſer Seebenſtein und jener Theil, der von 
den Wildenſteinern herrührt, dann das am Fuße des Ber⸗ 
ges gelegene nach neuem Geſchmacke erbaute Schloß mit Park, 
die Ziegelbrennerei, das Gaſthaus zum goldenen 
Adler mit einem Stockwerke, der herrſchaftliche Meierhof, 
das Steinkohlengewerk der Freiin von Iviſchich in der 
Schauerleiten zu Walpersbach, jenes des Carl Wander! 
zu Grünbach am Schneeberge, der ſchöne mit Parkanlagen ver⸗ 
ſehene Dominicalhof zu St. Chriſtoph in der Pfarre 
Prigglitz und die in ſchönen Gebäuden beſtehende chemiſche 
Producten⸗Fabrik zu Schleinz, dann das herrſchaft⸗ 
„liche Amtsgebäude in Seebenſtein. 

An Dörfern enthält ſie: Seebenſtein, Sollgraben, 
Sautern, Loipersbach, Unter-Thanegg, Lindgrub, 
Schleinz, Inzenhof und Walpersbach; dann in der 
Nähe des Schneebergs: Ober- und Unter: Höflein, 
Grünbach, Prigglitz, Gaſteil und Stuppach— 
graben. N 

Der Herrſchaftsbezirk, iſt von jenem zu Frohsdorf, Neun⸗ 
kirchen, Gerasdorf, Emmersberg, Pottſchach, Stuppach, Glogg⸗ 
nitz, Kranichberg, Feiſtritz und Steiersberg durchſchnitten, und 
enthält nach Maßgabe des Dominical⸗ und Ruſtical⸗Grundbeſitzes 
überhaupt 1 2 ◻ Meile. 

In allen dieſen zur Herrſchaft gehörigen Ortſchaften werden 


12 


394 Häuſer, 617 Familien, 4344 männliche, 4387 weibliche 
Perſonen, 53 Pferde, 526 Zugochſen, 523 Kuͤhe, 821 Schafe, 
112 Ziegen, 316 Schweine; 1061 Joch herrſchaftliche, 2078 Joch 
Privat⸗Waldungen, 1281 Joch Wiefengründe, 2756 Joch Aders 
land, 3 Joch Teiche und 172 Viertel Weingarten gezaͤhlt. 

Die Herrſchaft Seebenſtein umfaßt einen ortsobrigkeit⸗ 
lichen Bezirk von 15 Ortſchaften, wovon Prigglitz, Gaſteil und 
Stuppachgraben an der füdmeltlihen, Grünbach, Ober⸗ und 
Unter⸗Höflein an der nordweſtlichen Seite in der Nähe des 
Schneeberges, die übrigen Ortſchaften aber um den Amtsort 
Seebenſtein gelegen ſind. 

Das Klima iſt ſehr geſund und gut, in den Niedenungen 
gemäßigt, in den höhern Gebirgsgegenden in der Nähe des Schnee: 
berges jedoch rauh und kalt, das Waſſer aber groͤßtentheils hart 
und vortrefflich. 

In allen Ortſchaften werden die gewöhnlichen Körnergattun⸗ 
gen, Flachs und Obſt, auch in einigen Dörfern Wein gebaut, 
wozu die Gruͤnde mittelmäßig und theilweiſe auch gut find. — 
Brache iſt hier keine üblich. 

An Straßen fuͤhrt die fuͤrſtlich Pallfy' ſche Straße von Wie⸗ 
ner⸗Neuſtadt über Krumbach und Kirchſchlag nach Guns durch 
den herrſchaftlichen Bezirk, dann die Commerzialſtraße von Wie⸗ 
ner⸗Neuſtadt nach Schwarzenbach. Auf erſterer befindet ſich im 
Orte Seebenſtein eine Mauth. Die übrigen Orte ſind von 
der italieniſchen Hauptpoſtſtraße meiſt 4 bis 1 Meile entfernt. 

Der Pittenfluß und der Walpersbach durchſtrömen 
theilweiſe das herrſchaftliche Gebiet, wovon der erſtere ſehr reich 
an Forellen iſt, und deſſen Fiſchnutzen der Herrſchaft angehört. 
Dieſe Waſſer treiben 2 Mahlmühlen mit 6 Gängen und eine 
Saͤgmühle in Seebenſtein, eine Mahlmühle mit 2 
Gängen in Walpersbach, 1 Mahlmüßle mit einem Gang, 
in Ober⸗ Höflein, 1Sägemühle in Stuppachgraben 
und eine ſolche in Prigglitz. 

Unter den Gebirgen, die zum hieſigen Bezirk einbezogen find, 
iſt ein Theil der Steinwand, die bei Ober⸗ Höflein beginnt 


73 


der hohe Felſenberg am Gans zu Prigglitz und der Gaſteil 
im Orte gleiches Namens. Die Wälder , obſchon viele, find doch 
im Zuſammenhange nicht ſehr bedeutend, und werden nur nach 
den Ortsrieden benannt. — Der Jagdbezirk der Herrſchaft um⸗ 
faßt über 12,000 Joch, worin Hoch-, Reh⸗, Feder⸗ und Haſen⸗ 
wild angetroffen und gehegt wird. — Der Handel mit Holz, 
Stein: und Holzkohlen nach Wien, Wiener: Neuftadt und in die 
benachbarten Fabriken wird an mehreren Orten der Herrſchaft leb⸗ 
haft betrieben. 

Im Ganzen genommen gehört die Herrſchaft Seebenſtein 
zu den bedeutendſten Herrſchaften des V. U. W. W., beſitzt aber 
keine außerordentlichen Privilegien oder Freiheiten, denn in den 
Ortſchaften werden nur an den gewohnlichen Kirchweihtagen die 
allgemein üblichen Jahrmaͤrkte abgehalten. 


| Der Sedlitzerhof, 
auch der Baumingeriſche genannt, ein uralter Freihof, 
welcher ſich zu Kloſterneuburg befindet. 0 


Seibersdorf. 
Ein Markt von 51 Häuſern und zugleich eine Herr ſchaft, 
- am Leytbafluffe gelegen, wovon Wimpaſſing in Ungern, eine 
Stunde davon entfernt, die nächſte Poſtſtation iſt. 

Kirche und Schule befinden ſich im Orte. Das Patronat da⸗ 
von gehört der Herrſchaft Seibersdorf, und die Pfarre in 
das Pottendorfer⸗Decanat. Den Werbkreis von hier beſitzt das 
Lin. Inf. Regiment Nr. 49. Die Rechte eines Landgerichtes wer⸗ 
den von der Herrſchaft Unter⸗Waltersdorf ausgeübt. — Grund⸗, 
Orts⸗ und Conſcriptionsobrigkeit iſt die Herrſchaft Seibers⸗ 
dorf. | | 

Der biefige Seelenſtand umfaßt mit Inbegriff von 79 Fa⸗ 
milien, 173 männliche und 163 weibliche Perſonen, nebſt 46 ſchul⸗ 
fähigen Kindern. Dieſe beſitzen einen Viehſtand von 60 Pferden, 
45 Zugochſen, 76 Kühen, 980 Schafen. 

Die Einwohner ſind Landbauern, welche ſich blos mit Acker⸗ 


76 


bau befchäftigen, da fie keinen Handel treiben. Ihre Grundbe⸗ 
ftiftung iſt mittelmäßig, und fie haben nur einen Schmid, einen 
Wagner, einen Schneider und einen Schuhmacher als Handwer⸗ 
ker unter ſich. Meiſtens bauen ſie Korn, Gerſte und Hafer, da⸗ 
gegen nur wenig Weitzen, Obſt gibt es auch nur wenig, und ih⸗ 
re Viehzucht, mit Ausnahme der herrſchaftlichen Schafzucht, die 
ſehr gut betrieben wird, erſtreckt ſich blos zum häuslichen Be⸗ 
darf. — Die Gründe betreffend, ſo ſind fie mehr ſchlecht als mit⸗ 
telmäßig, weil ſie eine feuchte Lage und meiſt Schottergrund ha⸗ 
ben. Die Wieſen leiden ſehr durch Ueberſchwemmungen des Ley⸗ 
thafluſſes. 

Der Markt Seibersdorf hat eine flache, nur gegen Rei⸗ 

ſenberg zu eine erhöhte Lage; er liegt ziemlich nahe an dem hier 
viele Krümmungen bildenden Leythafluſſe, an welchem ſich 
die Gemeinde: Wiefen und Auen hinziehen. Die Bauart desſel⸗ 
ben iſt unregelmäßig, offen, ohne Mauer, und die Häuſer, von 
Steinmaterial aufgeführt, ſind theils mit Stroh, theils mit Schin⸗ 
deln gedeckt. Die nächſten Ortſchaften, welche den Markt begren⸗ 
zen, ſind Deutſch⸗Brodersdorf, Unter⸗ Waltersdorf und Rei⸗ 
ſenberg. 
Die Gegend iſt nicht unangenehm, aber das Klima it feucht 
Waſſer gibt es gutes. — Die Fiſcherei ſo wie die Jagdbarkeit ſind 
Regalien der Herrſchaft, beſonders letztere liefert eine bedeutende 
Anzahl Hafen, Tauben, Rebhühner, Wachteln und Schnepfen. 


Als vorzügliche Beſtandtheile des Orts nennen wir das herr⸗ 


ſchaftliche Schloß mit dem Parke, die Pfarrkirche mit 
dem Pfarrhofe und der Schule und die herrſchaftliche 
Mühle von 5 Mahlgängen, welche am Canal des Leythafluſſes 
ſteht. 

Das herrſchaftliche Schloß iſt ein ſchönes, im italie⸗ 
niſchen Style aufgeführtes Gebäude von zwei Stockwerken, und 


befindet ſich in ſehr ſolidem Bauſtande. Hinter demſelben iſt ein 


großer Park angelegt, welcher eben ſo ausgezeichnet durch die 


Größe ſeines Umfanges, als eine durch Natur und Kunſt ins Le⸗ 


ben gerufene herrliche Anlage iſt; ganz beſonders großartig ſind 


1 


75 


die von mehrhundertjaͤhrigen koloſſalen Bäumen gebildeten Partien 
und langen ſchattenreichen Alleen. 

Die hieſige Pfarrkirche, welche mitten im Markte auf 
einem geraͤumigen und ebenen Platze dem herrſchaftlichen Schloſſe 
gegenüber ſteht, iſt zu Ehren des heil. Leonhard geweiht. 
Das beſtimmte Alter derſelben iſt unbekannt, doch dürfte ſolche, 
nach einigen in Stein eingegrabenen Jahreszahlen zu urtheilen, 
im XV. Jahrhundert erbaut worden ſeyn. Durch die im Jahre 
1088 vom Herrn Grafen Julius Friedrich Bucelli ni vor⸗ 
genommene Vergrößerung, nachdem ſolche 1683 durch die Türken 
ganz zerſtört worden war, iſt ſie nach neuerer Bauart, und gleich⸗ 
wie die Kirche auch der Thurm ganz von Steinen ſolid erbaut. Das 
innere Anſehen iſt freundlich und geräumig genug, um die Pfarr⸗ 
kinder zu faſſen. Ober der Sakriſtei iſt ein Oratorium für die 
Herrſchaft angebracht. 

Nebſt dem Hochaltar ſind noch zwei Seitenaltäre 
zur ſchmerzhaften Mutter Gottes und dem heiligen 
Sebaſtian vorhanden. — An der linken Seitenwand in der 
Kirche iſt die marmorne Tafel angebracht, welche die obenerwähn⸗ 
te Vergrößerung und Erneuerung der Kirche durch den damaligen 
Herrſchaftsbeſitzer enthält. 

Beſondere Merkwürdigkeiten eriſtiren keine, doch beſit die 

Kirche zahlreiche und ſchöne Paramente, auch einen ganzen Or⸗ 
“nat von vorzüglicher Schönheit und von großem Werthe aus 
Silber und Goldſtoff, welchen ſie der Familie der Grafen von 
C avr ia ni zu verdanken hat. 

Srüher war die hieſige Kirche ein Filiale von Reiſenberg, 
wurde aber bei der neuen Pfarreintheilung im Jahre 1785 zur 
ſelbſtſtändigen Pfarre erhoben. Außer Seibersdorf gehören 
ſonſt keine Ortſchaften hierher. Der F riedhof iſt außer dem 
Markte angelegt. 

Es befindet ſich noch eine Capelle hier, zu Ehren des heil. 
Johannes von Nepomuck, die 1775 von dem General 
Grafen Maximilian von Cavriani erbaut wurde, in der 
aber niemals Gottesdienſt gehalten wird. 


70 


Der Markt Seibersdorf iſt ſehr alt, doch ſind deſſen 
Schickſale gleichwie die früheren Beſitzer bis zu Anfang des XVI. 
Jahrhunderts gänzlich unbekannt. Unſtreitig war er in den erſten 
Zeiten ein Eigenthum der öſterreichiſchen Landesfürften, mag auch 
in dieſer Periode die Marktfreiheit erhalten haben, wovon jedoch 
nach Angabe der Herrſchaft kein Privilegium vorhanden iſt, und 
machte ſpäterhin einen Beſtandtheil der Herrſchaft Unter⸗Wal⸗ 
tersdorf aus. Jahr⸗ und Wochenmärkte werden hier keine abge⸗ 
halten. — 

Geſchichtliche Anmerkungen findet man von Seibersdorf 
in gar keinem Werke, nur ſo viel iſt bekannt, daß der Ort vor 
Jahrhunderten Seifried s dorf, nachher Stibersdorf und 
ſeit zweihundert Jahren her Seibersdorf heißt. Die erſte Be⸗ 
nennung ſcheint uns die richtigſte, ſie wurde jedoch in der Folge 
eben ſo verunſtaltet, wie die meiſten Namen der Ortſchaften in 
unſerm Oeſterreich. 

Seibersdorf, als eine eigene Herrſchaft betrachtet, 
beſteht blos aus den zwei Märkten Seibersdorf und 
Reiſenberg. 

Dieſe enthalten ein Summarium von 161 Häuſern, 217 Fa⸗ 
milien, 447 männlichen, 450 weiblichen Perſonen, 220 Pferden, 
147 Zugochſen, 295 Kühen, 1233 Schafen, 146 134% Joch 
berrſchaftlichen, 57 4888 Joch Privat- Auen, 2061 „as Joch 
Wiefen: , Gärten: und Weidegruͤnden, 2317 rds Joch Ackerland 
und 75 188 Joch Weingarten. 

Die übrigen Rubriken, welche wir ſonſt gewöhnlich bei Be⸗ 
ſchreibung der Herrſchaften auffuͤhren, hier aber nur eine Wieder⸗ 
bolung ſeyn würden, wollen aus der vorſtehenden Beſchreibung 
von Seibersdorf und bei Reiſenberg entnommen werden. 

Im n. ö. ſtändiſchen Guͤltenbuche werden die erſten Beſitzer 
der Herrſchaft Seibersdorf im Jahre 1559 bekannt, welche 
damals von Leonhard Freiherrn von Pichler und Weiten⸗ 
egg beſeſſen wurde. In demſelben Jahre noch gelangten deſſen Erben 
zum Beſitze und im Jahre 1572 erhielt fie Conſtanzia Freiin 
von Pichler von ihrem Gemahl Leonhard Freiherrn von 


71 


Pichler. Dieſe vererbte die Herrſchaft im Jahre 1594 an ihre 
leibliche Tochter Magdalena, verehlichte von Stotzing, die ſolche 
im Jahre 1694 ihren zwei Söhnen Georg Leonhard und 
Rudolph zurückließ. Im Jahre 1635 beſaß Rudolph Frei⸗ 
herr von Stotz ing die Herrſchaft Seibersdorf allein. Im 
Jahr 1652 gelangte ſolche an die Vormundſchaft des Ludwig von 
Prevoſt. Es erkaufte ſie dann Julius Friedrich Graf von 
Bucellini, welcher Kaiſer Leopolds J. und Joſephsl. Hof: 
kanzler⸗, Staats- und Conferenz-Miniſter war, 1688 vom vor: 
gedachten Ludwig von Prevoſt, der ſie im Jahre 1709 dem 
Chriſtoph Ernft Grafen Fuchs von Bimbach käuflich 
übertrug. Derſelbe übergab ſogleich dieſe Herrſchaft feiner Gemah⸗ 

lin Carolin a, die fie als ihr rechtmäßiges Eigenthum 1715 an 
Leopold Carl Grafen von Cavriany verkaufte. Dieſem 
folgte im Beſitze 1725 fein Sohn Maximilian Guidobald; 
im Jahre 1782 deſſen Sohn Ludwig; im Jahre 1802 deſſen 
Sohn Maximilian Graf von Cavriany, der die Herrſchaft 
Seibersdorf auch noch jetzt beſitzt. 


| Seiblingſtein. 

Zwei einzelne Häuſer unter dieſer Benennung, die zum Dorn⸗ 
bacher⸗Amte einbezogen ſind. 

Dieſe liegen zwiſchen Steinbach und Weidlingbach auf ei⸗ 
nem Berge, wozu ein bloßer Waldfahrweg fuͤhrt. | 

Davon ift das Landgericht, die Orts⸗, Grund- und Con: 
ſcriptionsobrigkeit die k. k. Waldamtsherrſchaft Purkersdorf. Sie 
find zur Kirche nach Mauerbach angewieſen, und den Werbbe⸗ 
bezirk beſitzt das Lin. Inf. Regiment Nr. 49. Ä 

Diefe zwei Waldhütten beſtehen ſchon ſehr viele Jahre, de⸗ 
ren Einwohner Waldbauern ſind, die ſich ihren Erwerb mit Obſt, 
Milchverkauf und Holzfuhrwerk verſchaffen, weil ſie Haus⸗ 
garten beſitzen und eine gute Viehzucht halten. Der ſogenannte 
Weidlingbach fließt unweit hier vorbei. Es gibt hier ſehr viele 
Waldungen, die alle dem k. k. Waldamte zugehören uud worin 
die Jagd, in verſchiedenem Wild beſtehend, recht gut iſt. 


78 


Unter dem Namen Seiblingſtein wird auch eine be⸗ 
trächtlihe Anhöhe, nämlich der Berg, worauf die zwei Wald⸗ 
hütten ſtehen, verſtanden, von welchem aus man eine vorzuͤgliche 
Ausſicht genießt. 


Seuhenſtein oder Seigenſtein, 
ſiehe die Rotte Wieſenbach, und die Beſchreibung der Ruine 
Scheuchenſtein im V. Bande gegen ärtigen Werkes, 
Seite 184. 


Der Semering. 

Ein hohes Gebirg, welches die Grenze zwiſchen Defterreich 
und Steiermark bildet. Nach Karſten iſt die Höhe des ſelben 
3022, und der Standpunkt, wo das vom Kaiſer Carl VI. er⸗ 
richtete Monument ſteht, 3209 Fuß hoch. 

Dieſes Gebirg (Semianus Mons) wird in einer Stift Mel: 
kiſchen Urkunde Semtririch, von Horneck aber Semi⸗ 
nig genannt. 

Dieſe alte Benennung wird eigentlich von dem Worte Seem 
oder Zeem, welches im Holländiſchen ſehr üblich iſt, und eine 
Gemſe bedeutet, abgeleitet, wovon das deutſche Säm iſch 
(weiches Leder) herkömmt. Nach dieſer Urbenennung bedeutet der 
Name Semering: Gemſenſtrich, oder ‚überhaupt einen 
Aufenthaltsort der Gemſen (dieſelbe Behauptung führt 
Khautz in ſeiner Beobachtung über das Wort Oeſterreich an). 

Dieſes bekannte große und hohe Gebirge erhebt ſich am 
Fuße des Marktes Schottwien. Kaiſer Carl VI. hat im Jahre 
1728 mit ſehr großen Koſten eine ganz neue und bequeme Fahr⸗ 
ſtraße darüber anlegen laſſen, die — was zum Erſtaunen iſt — 
in 48 Tagen gebaut wurde, ungeachtet zwei durch ungeheuere 
Klüfte von einander getrennte Berge mit einer großen ſteinernen 
Brücke (ein wahres Rieſenwerk) verbunden werden mußten. Wenn 
gleich an der öſterreichiſchen Seite von Schottwien aus der Weg 
ſteil iſt, daher ein jeder Wagen nach Bedarf Vorſpann in Schott: 
wien nehmen muß, ſo ſenkt ſich ſolcher ſehr mäßig durch ein ſanf⸗ 


Ä | | 79 

tes Waldthal nach Spital (in Steiermark) am Semering hin⸗ 
ab. Ehedem brauchte man mehrere Stunden über den Berg, und 
bei üblem Wetter war auch Gefahr damit verbunden, gegenwärs 
tig wird die ganze Bergſtrecke in einer Stunde zurückgelegt. 

Am Berge, links von der Seite Schottwiens, liegt die be⸗ 
rühmte Wallfahrtskirche Maria Schutz, die wir ſchon be⸗ 
ſprochen haben; auf der Spitze aber, wo ſich die Grenzen ſchei⸗ 
den, befindet ſich ein herrliches Denkmal von Stein aufgerichtet. 
Sowohl dieſes als die Brücke haben lateiniſche Aufſchriften. Jene 
am Denkmal iſt ausführlich und bemerkt, daß dieſe Straße zur 
Beförderung des Handels nach dem adriatiſchen Meere, unter 
der Oberaufſicht des öſterreichiſchen geheimen Hofkanzlers, Gra⸗ 
fen Philipp von Sinzendorf, und der beiden Häupter der 
ſteiriſchen Stände, Grafen Ernſt von Herbenſtei n. und 
Grafen Sigmund von Wagenſperg, auf gemeinſchaftliche 
Koften angelegt worden ſei, und daß die inneröſterreichiſchen 
Stände dieß Denkmal aus Dankbarkeit errichten ließen. 

In geognoſtiſcher Hinſicht wird bemerkt, daß unter dem 
S emering bei Spital neben der Pfarrers-Wieſe an der 
Straße, ſchon 1584 auf Gold zu waſchen vom Kaiſer die Erlaub⸗ 
niß ertheilt wurde, welches nach der Hand an unzulänglicher Er⸗ 
giebigkeit aufhörte. 

Auf dem Semering ſelbſt, „wenn man ſchon in die Nähe 
der Grenzſäule zwiſchen Oeſterreich und Steiermark kömmt, fin⸗ 
det ſich Gneiß, der aus Feldſpath und Glimmer beſteht. An der 
Straße mehr gegen die öſterreichiſche Seite hin, zur Linken, 
wenn man nach Steiermark reiſt, wird feiner ſchön blaßblauer 
Thon gefunden, der zuweilen in Schieferthon verhärtet, und 
nicht ſelten mit Feldſpathſtückchen eingeſtreut iſt. Gar nicht weit 
von dieſem findet ſich eine grünliche dichte Art milden Speckſteins, 
beinahe dem Bildſtein ähnlich, der ſich ſehr dem Steinmarke 
nähert. Bevor man fo weit zum Berge gelangt, wird Quarzfels 
aus Glimmer und Quarz, der dem Glimmer - Schiefer ähnlich 
wird, auch Geſtellſtein heißt, und Granit aus Feld ſpath und 
Glimmer ohne Quarz getroffen. 


Uebrigens iſt es ohnedieß dem verehrten Leſer bekannt, daß 
bei Schottwien, etwas unter Maria Schutz, ſich merkwürdige 
Gipsbruche und Gipsbrennereien befinden. 

Der Semering bildet eine überaus herrliche, wahrhaft 
intereſſante Gegend, die wirklich nicht maleriſcher ſeyn könnte, 
voll Anmuth und Abwechslung. Er iſt ein, ſeit dem Friedens 
ſchluſſe mit König Bela von Ungern 1253 zu Unter » Defterreixh 
gebörender Berg, welcher feit dieſer Zeit die Grenze zwiſchen 
Oeſterreich und Steiermark bildet. Ueber denſelben ließ 1532 der 
über die mißlüngene Belagerung Wiens (4529) erzärnte Sultan 
Sole yman l. den ſchon feit damals in Oeſterreich als Wuͤth⸗ 
rich bekannten Baſcha Chaſſan Mihal Oglu mit einem 
Heere von 8000 Türken, von Steiermark aus, einfallen, um 
vielleicht wieder, wenn es thunlich ſeyn würde, gegen Wien zu 
rücken, wobei das ungluͤckliche Land bis nach Groß⸗ Mariazell, 
und ſogar gegen die Ens hin, fuͤrchterlich verwuſtet, und nur 
erſt dann, nachdem die mit Beute reichbeladenen Türken, als ſie, 
über Leobersdorf aus den Gebirgen kommend, zurückkehren woll⸗ 
ten, durch das herannahende Heer des Pfalzgrafen Friedrich, 
unweit Schönau in der damaligen ſehr ſumpfigen Gegend, eine 
Hauptniederlage erlitten hatten, befreit ward. 

Bei der zweiten Anweſenheit des vormaligen franzöſiſchen 
Kaiſers Napoleon in Wien, beſuchte er von da aus am 
6. September 1809 auch den Semering. 


Siebenhaus, 
ein kleines Dörfchen von 9 Häuſern, unweit Schönau, nur 2 
Stunden von Ginſelsdorf entfernt, welches die nächfte Poſtſta⸗ 
tion iſt. 

Der Ort iſt zur Kirche und Schule nach beoberodorf ange⸗ 
wieſen. Den Werbbezirk beſitzt das Lin. Inf. Regiment N. 49.— 
Landgericht iſt die Herrſchaft Schönau. Orts-, Conſcriptions⸗ 
und Grundobrigkeit iſt die Herrſchaft Dornau. 

Der Seelenſtand umfaßt 13 Familien, 32 männl, 


81 
32 weibliche Perſonen, 11 fäutfäßige Kinder; der Viehſtand: 
10 Pferde, 4 Zugochſen, 16 Kühe, 

Die hieſigen Einwohner ſind Landbauern deren Erzeugniffe 

in den gewöhnlichen Körnerfrüchten beſtehen, da hier keine beſon⸗ 
deren Induſtriezweige betrieben werden. Die Fiſcherei in dem un⸗ 
fern des Orts vorbeifließenden Trieſtingbache ſo wie die 
Jagdbarkeit ſind Rechte der Herrſchaft Dornau. Beſonders be⸗ 
merkenswerthe Gegenſtaͤnde gibt es keine. 

Das Dörfchen Siebenhaus liegt ganz flach nahe an 
der nach Mariazell führenden Hirtenbergerſtraße, in einer an: 
muthigen und gefunden Gegend, von welchem Schönau, Dorn: 
au, Leobersdorf und Wagram die nächſten Dorfſchaften ſind. 

Die Benennung vom Orte Siebenhaus kam daher, 
weil bei deſſen Entſtehung nur ſieben Haͤuschen ſtanden, gegen⸗ 
wärtig find aber neun vorhanden. 

| Siebenhirten, 
ein Dorf, welches aus 45 Häuſern beſteht, eine Stunde von 
Wien nahe an der nach Italien fuͤhrenden Straße gelegen, wo⸗ 
von Neudorf die naͤchſte Poſtſtation iſt. 

Der Ort gehört zur Kirche nach Aßgersdorf, die Schule 
befindet ſich aber im Dorfe. Den Werbkreis von hier beſitzt das 
Lin. Inf. Regiment Nr. 49. — Siebenhirten gehört zu 
verſchiedenen Landgerichten, theils zum Wiener Magiſtrat, 
theils zur Herrſchaft Veſte Lichtenſtein, und auch zum Ber⸗ 
tholdsdorfer Magiſtrat. Grund⸗, Orts⸗ und Conſcriptionsobrig⸗ 
keit iſt die Herrſchaft Rodaun. 

Im Dorfe 136 leben 56 Familien (darunter befinden ſich 
137 männliche, 136 weibliche Perſonen mit 41 ſchulfähigen 
Kindern), welche einen Viehſtand von 30 Pferden, A Ochſen 
und 46 Kühen beſitzen. 

Die Bewohner ſind Landbauern, wie alle in der Umgebung 
der Kaiſerſtadt. Sie beſitzen durchaus eine gute Beſtiftung, und 
haben auch mehrere Handwerker unter ſich, nämlich Fleiſchhauer, 


6 


82 \ 
Wirthe, Müller, Bäder, Schmiede, Schuſter, Schneider, 
Maurer, Zimmerleute u. dgl. 

Sie treiben den Feldbau, größtentheils in Korn und Gerſte 
beſtehend, eine gute Viehzucht und beſchäftigen ſich auch viel mit 
Fuhrwerken. Die Obſtpflege ſo wie der Weinbau iſt ganz un⸗ 
bedeutend. 

Das Dorf Sieb enhirten liegt ganz flach, nahe an der 
Hauptpoſtſtraße, die von Wien nach Steiermark und Italien 
führt. Die Entfernung von Wien bis hierher mag eine ſtarke 
Stunde betragen, und iſt mehr als die Hälfte des Weges zur 
erſten Poſtſtation Neudorf. Es hat eine angenehme und geſunde 
Lage, mit gutem Trinkwaſſer verſehen, und in der nahen Umge⸗ 
gend wird ſolches von der ſogenannten Teufels mühle, die 
hart an der Poſtſtraße ſteht, und von welcher rechts ein Feldweg 
zum Dorfe führt, von Vöſendorf, Schellenhof, Lie⸗ 
fing, Atzgers dorf und Erla begrenzt, die der üppigen Feld⸗ 
landſchaft (deren Gründe in der großen Fläche und Strecke ſehr 
gut find) Leben und Regſamkeit geben. Der Ort iſt ubrigens res 
gelmäßig und nett gebaut, die Haͤuſer mit Schindeln gedeckt und 
er bildet eine geräumige Gaſſe; der Petersbach, vom Markte 
Bertholdsdorf herabfließend, ſtrömt hier vorbei, enthält aber 
keine Fiſche. — Die hohe und niedere Jagd iſt kaiſerlich. 

Wie wir oben erwähnt haben, gehört der Ort gegenwaͤr⸗ 
tig zur Pfarre nach Atzgersdorf, vor vierhundert Jahren aber, 
wie wir aus dem Verzeichniſſe der Pfarren in der k. k. Hofbi⸗ 
bliothek entnommen haben, war ſolcher nach Vöſendorf ein⸗ 
gezeichnet. 

Siebenhirten iſt ſehr alt, und gehört zu den erſten 
im V. U. W. W. angelegten Orten. Ganz gewiß beſtand die 
erſte Anſiedlung auf dieſer Stelle durch ſieben Hirten, die hier 
ihre Hütten aufſchlugen, da die große Flache, welche ſich ringsum 
ausbreitet, gute Weideplätze, die heut zu Tage von dem fleißigen 
Landmann als Getreidfelder und zum Anbau von Knollengewaͤch⸗ 
fen mit Nutzen verwendet werden, für ihre Heerden enthielten, 
daher der alte und unverändert gebliebene Name. 


4 8 


Späterhin als der Ort mehr bedeutend wurde, erhob ſich 
ein Schloß aus der Mitte der vorigen Hirtenwohnungen, und es 
bluͤhete ein Geſchlecht auf, welches, wie damals bei reicheren Fa⸗ 
milien ſehr üblich war, ſich den Ortsnamen beilegte. 

Schon im Jahre 1178 erſcheint in einer Verkaufs⸗ Urkunde 
Ulrichs von Falkenſtein über Beſitzungen in Meinhartesdorf 
(wahrſcheinlich am Platze des heutigen Gaudenzdorfes) an das 
Stift Kloſterneuburg unter den Zeugen Heinrich und Al⸗ 
bert von Sibenhirti. In eben dem Kloſterneuburger⸗Saal⸗ 
buche kömmt als Zeuge um 1190 eine Chalhoch von Sieben: 
hirtin vor, da Dietrich von Lichtenſtein ſeine Tochter Wirat in 
das Frauenſtift zu Kloſterneuburg als Nonne einkleiden ließ. Wei: 
ter erſcheinen in den dortigen Kloſterurkunden, ungefähr in den 
Jahren 1224 — 1230, Dietrich und Gerung von Sibin⸗ 
hirte. Es iſt ſogar möglich, daß die beiden Orte Sieben: 
hirten im V. O. W. W. und V. U. M. B. von dieſer Fami⸗ 
lie den Namen uͤberkommen haben, denn das Melker⸗ Archiv ent⸗ 
halt, daß im Jahre 1332 Ulrich von Siebenhirten zu Sieg⸗ 
hartsdorf gelebt habe; ein anderer dieſes Namens, nämlich J o⸗ 
hann Siebenhirter, war erſter Großmeiſter des von Kai⸗ 

ſer Friedrich IV. im Jahre 1408 geſtifteten St. Georg⸗Or⸗ 
dens und Fürſt zu Mühlſtadt geweſen. 

Dieſer Familie, welche allem Anſcheine noch im XV. Jahr⸗ 
hundert ausſtarb, und wovon nur noch der Name in den drei 
Ortſchaften fortbeſteht, folgten in unſerm Siebenhirten hier 
mehrere Glieder der Familie Greill zu Siebenhirten. Da⸗ 
von lebte Veit Greill 1421. Ulrich und Stephan Greill 
empfingen 1465 vom Kaiſer Friedrich die landesfürſtlichen Le⸗ 
hen über Siebenhirten und Spanberg. In dieſer Lehenſchaft 
folgte Ulrichs Sohn Veit Greill, deſſen Erben noch 1550 
mit Siebenhirten begütert geweſen ſeyn ſollen. Späterhin 
kam der Ort zur Herrſchaft Rodaun, bei welcher er ſich noch be⸗ 
findet. | 

Siebenhirten hatte eine eigene Capelle, die aber 
1083 durch die Türken zu Grunde gerichtet wurde. Die gegen⸗ 

. | 6% | 


84 


wartig beſtehende Kirche, mit einem Thurme, der mit drei Glo⸗ 
cken verſehen iſt, hat in ihrem Innern einen Hochaltar mit 
dem Bildniſſe des hei l. Biſchofs Martin, und zwei Seite n⸗ 
altar e. Der Urheber dieſer Kirche war ein wohlthaͤtiger Müllers 
meiſter. 

Fruͤher war ein eigener Local⸗Caplan hier angeſtellt, det je⸗ 
doch wieder einging, worauf die Einwohner wieder nach Aßgers⸗ 
dorf angewieſen wurden; gegenwartig genießen fie aber die Er⸗ 
laubniß, einen Aushilfsprieſter halten zu duͤrfen. 


Sie ding. 

Ein aus 37 Häufern beſtehendes Dorf unfern Stüͤchſenſtein, 
wovon Neunkirchen am Steinfeld die nächſte Poſtſtation iſt. 

Dieſes iſt zur Kirche nach St. Johann am Steinfeld ange⸗ 
wieſen, im Dorfe aber wird eine Filialſchule von St. Johann ab⸗ 
gehalten. Der hieſige Bezirk iſt dem Werbkreis des Lin. Inf. 
Regiments Nr. 49 zugetheilt. Die Rechte als Landgericht beſitzt 
der Wiener⸗Neuſtädter Magiſtrat. Grundherrſchaft mit behau⸗ 
ſten Unterthanen iſt blos Stüchſenſtein und die deutſche Ordens⸗ 
Commende in Wien; Grundholden haben aber auch noch die 
Herrſchaften Stift Neukloſter, und Staatsherrſchaft Wiener: 
Neuſtadt. — Orts- und Conſcriptionsobrigkeit iſt Stuͤchſenſtein. 

Die Seelenzahl beläuft ſich hier auf 65 Familien, worun⸗ 
ter 151 männliche und 149 weibliche Perſonen ſammt 45 Schul⸗ 
kindern begriffen ſind. Der Viehſtand umfaßt 9 Pferde, 58 Zug⸗ 
ochſen, 44 Kuͤhe, 80 Schafe, 22 Ziegen und 36 Schweine. 

Was die Einwohner betrifft, ſo ſind ſie Waldbauern, welche 
ſich gröͤßtentheils mit dem Feldbau, mit Holzkohlen⸗ und Breter⸗ 
erzeugung ihren Erwerb verſchaffen. Der Kohlenhandel wird größ⸗ 
tentheils nach Wien und zum Eiſenbergwerke nach Pitten, der 
Breter⸗ und Sägſpänhandel aber nach Wien und Wiener⸗Neu⸗ 
ſtadt getrieben. — Mehrere Handwerker, als 1 Hufſchmid, 
1 Wagner, 1 Binder, 1 Schneider, 1 Schuhmacher und 1 Baͤcker, 
befinden ſich unter ihnen. Der Anbau des hieſigen Bodens auf 
meiſt guten Grunden beſteht in Weizen, Rocken, Gerſte, Has 


85 


fer und Buchweizen. Es iind auch im Bezirke ſowohl Wein: als 
Obſtgarten, erſtere liefern jedoch ſelten einen genußbaren Wein. 
Das Dorf Sieding, welches regelmäßig gebaut, in zwei 
Gaſſen abgetheilt iſt und deſſen Häuſer theils mit Schindeln, theils 
mit Stroh gedeckt ſind, liegt in einem reizenden mit vortrefflichem 
Klima und gutem Gebirgswaſſer verſehenen Thale zwiſchen den 
Bergen Aſan d. und GH fing, nächſt Stüchſenſtein, eine Stun⸗ 
de von St. Johann und & Stunde vom Dorfe Thann entfernt. 
Durch den Ort und Bezirk führt ein gut erhaltener Fahrweg nach 
St. Johann, ein Feldweg nach Thann, ein zweiter Feldweg nach 
Pöſtenhof und ein dritter nach Gadenweith. Durch den Ort fließt 
der Sierning bach, welcher Forellen liefert, eine Ma hl⸗ 
mühle und vier Breterfägen treibt. 
a Es gibt hier auch bedeutende Berge, welche ausgedehnte 

Wälder enthalten. Dieſe ſind der Göſing, Afand, Hir⸗ 
tenberg und Lee bach. Der Wildſtand iſt darin ſehr beträchtlich, 
denn es ſind Hirſche, Rehe, Haſen, Füchſe, Auer⸗ und Haſel⸗ 
hühner in bedeutender Anzahl vorhanden. — Die Viehzucht iſt 
gut, ſie liefert aber nur den örtlichen Bedarf an Kühen und Zug⸗ 
ochſen. 

Sieding, deſſen Name eine walbbäuerifhe Benennung 
nach ſeiner örtlichen Lage iſt, gebört unter die alten Ortſchaften 
im Gebirge, und ſoll nach dem Inhalt des Grundbuches und an⸗ 
dern alten Urkunden ehemals ein Markt geweſen ſeyn. Wahr⸗ 
ſcheinlich war der Ort viel größer als jetzt, und muß bei Ge⸗ 
legenheit eines feindlichen Einfalles ſtarke Verwuͤſtungen erlitten 
haben. Im Göſingberge befindet ſich am weſtlichen Abhange 
eine ziemlich große Höhle — das Heiſſerloch genannt — in wel: 
cher jetzt noch mehrere Menſchenknochen ſich aufgehäuft befinden, 
welche der Sage nach von den bei der letzten Invaſion der Tuͤr⸗ 
ken im Jahre 1683 ermordeten Ortsbewohnern herruͤhren ſollen. 


Siefring (Ober- und Unter⸗), | 
zwei gleichſam vereinigte Dörfer, wovon Ober⸗Siefring51, 


und Unter⸗Siefering als der Pfarrort 66 Häufer enthält, 
4% Stunde von Wien entlegen, welches die nächſte Poſtſtation iſt. 


80 


Die Pfarrkirche und die Schule befinden ſich im Bereiche von 
Unter ⸗Siefer ing. Davon gehört das Patronat der Stifts⸗ 
herrſchaft Kloſterneuburg, die Kirche aber in das Decanat Hütz 
teldorf. Den hieſigen Werbkreis befigt das Lin. Inf. Regiment 
Nr. 4. — Landgericht iſt der Magiſtrat in Kloſterneuburg. — 
Grundherrſchaften, welche hierorts behauſte Unterthanen beſitzen, 
find die Herrſchaft Kloſterneuburg, Doͤbling, Unter: und Ober⸗ 
Siefering, welche letztere zugleich auch Orts und Conſcrip⸗ 
tionsobrigkeit iſt. 

Die beiden Ortſchaften zuſammen enthalten 237 Familien a 
512 männliche, 548 weibliche Perſonen; 33 Pferde, 2 Ochſen, 
194 Kühe; 93 433890 Privat: Wälder, 44 Joch Wieſengruͤn⸗ 
de, 198 1 Joch Ackerland und 258 Joch Weingarten. 

Als ſogenannte Hauersleute ſind die hieſigen Einwohner nur 
ein jeder mit einem Viertel Hofſtattweingarten beſtiftet; jedoch 
haben ſie die noͤthigen Handwerker unter ſich. 

Der Ackerbau iſt der nahen Gebirge wegen ſehr unbedeutend, 
der Wein hingegegen, welcher hier gefechſet wird, von großer 
Vortrefflichkeit, daher er auch mit dem] Verkaufe der Milch und 
des Obſtes nach der nahen Reſidenzſtadt Wien den größten Nah⸗ 
rungszweig der hieſigen Landleute ausmacht, von denen mehrere 
auch in dem nahen Steinbruch arbeiten und ſich Verdienſt ſchaffen. 

Ober- und Unter⸗Siefering liegen in geringer Ent⸗ 
fernung von einander am Fuße der Bergkette des Kahlenberges, 
eine und eine halbe Stunde von Wien, und werden von den fehr. 
nahe gelegenen Ortſchaften Heiligenſtatt, Grinzing, Salmanns⸗ 
dorf und Neuſtift begrenzt. Beide liegen an einem Bache, der 
den Namen von ihnen entlehnte, und ſind gegenwärtig, obſchon 
ſie fruͤher eigene Herrſchaften bildeten, zuſammen vereinigt. 

Die hieſige Gegend gehört zu den geſundeſten und ſchönſten 
Landſchaften der nahen Umgebung von Wien. Wir haben bei 
Nußdorf, Heiligenſtatt und Grinzing die Gelegenheit gehabt, 
uns über die Schönheit der hieſigen Lage, die in Reiz und An⸗ 
muth pranget, auszuſprechen; zu dieſer anmuthigen Gebirgskette, 
an deren Fuße die erſtbenannten Orte und Ober- und Unter⸗ 


87 


Siefering ſuͤdweſtlich liegen, gehört ganz vorzüglich der bier: 
ortige maleriſche Bezirk. Wenn übrigens auch in einem Hohlwe⸗ 
ge, an dem bereits erwähnten, aus verſchiedenen Gebirgsquellen 
entſpringenden Bache, der gar oft ſchon, ganz vorzüglich aber in 
den Jahren 1772 und 1785 große Ueberſchwemmungen verurſach⸗ 
te, ſituirt, und von den benachbarten Bergen ſolchergeſtalt um⸗ 
geben, daß die Temperatur viel kälter und rauher als in den be⸗ 
nachbarten Ortſchaften wird, fo daß im Vergleiche mit Döbling 
die Feldfrüchte hier um vierzehn Tage ſpäter zur Reife kommen, 
ſo iſt das Pittoreske dieſer beiden Dörfer nicht nur nicht geringer 
als bei den übrigen Aondern es iſt hier noch mancher Vorzug 
durch die nahen Gebirge, wozu der Pfaffenberg mit dem 
kleinen Schloſſe (gewöhnlich der Himmel genannt) und ſchönen 
Gartenanlagen gehört, vorhanden, und lockt die Naturfreunde 
aus Wien häufig hierher ſich zu ergetzen. . 
Zwiſchen den beiden Ortſchaften liegt die uralte Pfarr⸗ 
kirche und zwiſchen dem vorgenannten Schloſſe und Siefring 
ein Steinbruch, gewöhnlich die ſteinerne Wand genannt, 
welcher dem Wiener Magiſtrate gehört, und deſſen Hauptbeſtand⸗ 
theil Schiefer⸗Sandſtein iſt, viel beſſer als der gewöhnliche und 
ſomit als Pflafter: und Schleifſtein gut zu benützen. 5 
Die Kirche iſt ſehr alt, jedoch die urſprüngliche ſoll, wie 
Eugipp ius meldet, noch von dem Noriker-Apoſtel, dem heili⸗ 
gen Severin, der in dieſen Gegenden von 454 an predigte, 
und den 2. Jänner 482 in ſeinem Kloſter zu Heiligenſtatt verſtor⸗ 
ben iſt, erbaut worden ſeyn, die wie ganz natürlich, eine bloße 
Capelle ſeyn konnte, und zu Ehren des heil. Apoſtels Andreas 
beſtand. Nach der uns ertheilten Auskunft des dortigen hochw. 
Herrn Pfarrers wurde die Kirche in den Jahren 1328 und 1329 
um Vieles vergrößert und am 8. Jänner 1330 zu Ehren Sti. Se- 
verini eingeweihet. Dieſe iſt ganz von Steinen aufgeführt und 
von reiner gothiſcher Bauart, wie dieß die Fenſter und die antiken 
Gurtengewölbe deutlich bezeugen, wenn gleich die Pfeiler, die 
wahrſcheinlich um einen Einſturz zu vermeiden hieher geſetzt 
wurden, modern ſind. | = 


88 


So alt und merkwürdig die hieſige Pfarrkirche an und für 
ſich iſt, ſo iſt denn doch der maſſive viereckige Thurm eigentlich 
der merkwürdigſte Theil, denn die Sage ſetzt ſolchen in die Zei⸗ 
ten der Römer als ein Propugnaculum (dieſes Wort bedeutet 
einen Ort oder Gegenſtand, durch den man wider den Feind ge⸗ 
ſchützt wird, oder wodurch der Feind abgehalten wird, daher im 
engſten Sinne oder Bedeutung eine Schutzwehr und hier als ein 
Streitthurm zu betrachten). Daß ein ſolcher Thurm aus den Rö- 
merzeiten noch vorhanden ſeyn ſoll, iſt ſchwer zu glauben; in⸗ 
deſſen kann es ſeyn, daß dieſer Thurm mit der alten Capelle zu⸗ 
gleich erbaut wurde, und als eine Schutzwehre fuͤr die damaligen 
Chriſten gegen Feinde diente. Es iſt dieß jedoch immer ein hohes 
Alter von tauſend vierhundert Jahren und fuͤrwahr ein ehrwuͤrdi⸗ 
ges Denkmal der hieſigen Kirche! — 

Das Innere der Kirche enthaͤlt den Hochaltar und drei 
Seitenaltäre, zu Ehren des heil. Apoſtels Andreas, der 
heil. Mutter Bottes und des heil. Joſephs, Nährs 
vaters Chriſti. 

Links im Presbyterium findet ſich ein Grabſtein von rothem 
Marmor, mit folgender Inſchrift: R— Ducis Hhatharina obiit 
Diae 5. Floria — A. D. MCCCLVII. Die kirchliche Topographie 
erwahnt ebenfalls dieſes Denkmal und bemerkt, daß bis jetzt dies 
ſe Aufſchrift noch nicht entziffert uud dieſer Grabſtein vielleicht 
aus einer fremden Kirche zufällig hierher gebracht und zum Bau 
verwendet worden ſei. 

In der That iſt es ſehr ſchwer, eine richtige Entzifferung da⸗ 
von zu machen, doch mag unſere gegenwärtige kritiſche Beurthei⸗ 
lung einen lichtvollen Aufſchluß geben. 

Wir würden vor Allem dieſen Grabſtein Nudolphs w. 
des Stifters Gemahlin Katharina, Carls IV. Tochter 
zugedacht haben, da wir den Buchſtaben R. fuͤr Rudolph, 
Ducis für Herzogin im veralteten Lapidarſtyh!l annehmen könn⸗ 
ten; allein die in allen alten Schriftſtellern angefuͤhrte Stelle, 
daß Katharina den 29. September 1373 verſtorben ſei und in 
der Fürſtengruft bei St. Stephan an der Seite ihres 4363 ver: 


| 89 
ſtorbenen Gemahls ruhe, obiger Stein aber das Sterbejahr 1357 
enthält, macht dieſe Behauptung zu einem Wagniß. Dagegen als 
ſo nehmen wir das R. als das Wort Reyerendissima an, und 
wie glauben daher überſetzen zu können: Die verehrungs⸗ 
würdigfte Herzogin Katharina geſtorben am Tas 
gender heiligen Flora (in der katholiſchen Kirche wird der 
Tag dieſer Märtyrin am 2. November gefeiert im Jahre 
des Herrn 1357. | 
Dieſem zu Folge wird dieſer Grahſtein der drittgebornen 
Tochter Katharina des Herzogs Albrecht II. oder Lah men, 
welcher mit Johanna, Ulrichs des letzten Grafen von 
Pfyrt Tochter, vermählt war, und 1358 verſtarb, angehören, 
die in den geiſtlichen Stand trat, und Aebtiſſin des St. Clarenklo⸗ 
ſters in Wien geweſen ſeyn ſoll. Wir bemerken hierbei ausdruͤck⸗ 
lich, daß wir dieſe Prinzeſſin in der Reihenfolge der Aebtiſſinnen 
zu St. Clara nicht gefunden haben, daß ſie aber wirklich daſelbſt 
eingekleidet war, unterliegt keinem Zweifel. Auch die Tochter Her⸗ | 
zog Leopolds III., der bei Sembach fiel, Namens Kathar is 
na, war in dieſem Kloſter, jedoch kann dieſe erſt fpäter ver⸗ 
ſtorben ſeyn, da Herzog Leopold zur obigen Katharina ein 
leiblicher Bruder und ſomit auch ein Sohn Albrechts des La h⸗ 
men war. | 
Auf welche Art dieſer Grabſtein nach Siefring kam, ift 
unbekannt, und es bleibt auch hier die Vermuthung, daß Kath a⸗ 
rina in der Kloſtergruft zu St. Clara gelegen habe, denn in 
der Fuͤrſtengruft bei St. Stephan befindet ſich der Körper nicht; 
daß dieſe Prinzeſſin, wenn ſie auch etwa keine Aebtiſſin war, 
nach Siefring in die Kirche beftattet worden ſeyn ſollte, iſt ganz 
unwahrſcheinlich, und eine Stiftung von derſelben kömmt in Ur⸗ 
kunden für Siefring nicht vor. Am meiſten iſt es glaublich, 
daß dieſer Grabſtein, als das Clarenkloſter von Kaiſer Ferdi: 
nand I. am 20. December 1539 dem Bürgerſpitale in Wien 
(es ſtand auf dem heutigen Lobkowitzplatze) eingeantwortet wurde, 
und die noch übrigen ſeit dem Türkenkrieg abweſenden, nun wie⸗ 
der zuruͤckkehrenden wenigen Nonnen das Pilgrimhaus bei 


9⁰ 


St. Anna bezogen, bei dem Bau des Buͤrgerſpitals hierher nach 
Siefring kam, um vor dem Untergange gerettet zu werden, 
was freilich wohl ſchicklicher geweſen wäre, wenn er im Stephans⸗ N 
dom einen Platz gefunden hätte, 

Siefring beſitzt auch zwei Statuen des heil. Johann 
von Nepomu und ein altes; ſteinernes Kreuz vom Jah⸗ 
re 1606. Erſtere ließ im Jahre 1772 d ie hieſige Gemeinde 
ſetzen, letzteres hat Hanns Doringer, Unterthan in Sie⸗ 
fring, zum Stifter. Ein hier beſtehendes Ar men⸗In nfti itutver: 
ſorgt die Dürftigen und Gebregücen i in der Gemeinde vac 
Möglichkeit. 

Zunächſt der Kirche liegt das mit einem ſchönen Garten ver⸗ 
ſehene Pfarrgebaͤude, welches ſich durch feine eigenthuͤmliche und 
ſonderbare Bauart auszeichnet. 

Wegen des Namens Sievering oder Siefring gab es 
ſchon einige Federkriege, weil Einige behaupteten, der Name ſei 
von dem Schieferſteinbruche, alſo Schiefring, abgeleitet worden, 
Andere der Sage beipflichten, daß dieſes Dorf von dem heil. 
Severin her, der hier eine Capelle erbaut habe, wie wir ſchon 
oben erwähnt haben, ſo genannt werde. Wir ſchließen uns eben⸗ 
falls der letzteren Meinung an, denn erſtere iſt um ſo mehr falſch, 
da der Steinbruch noch lange nicht beſtand, während dem der Ort 
den Namen Sie fring trug. Rechtmäßiger. Weiſe ſollte er eigent⸗ 

lich St. Severin heißen. 

Uoebrigens iſt es außer allem Zweifel, daß es ſchon zu Zei: 
ten des heiligen Severin, um die Mitte des V. Jahrhunderts, 
in dieſer Gegend Winzer: und Hauerhütten gab, welche aber durch 
die ſpätern Einfälle der Gothen, Hunnen und Avaren zerſtört 
wurden. Unter den erſten Babenbergern wurde der Ort ges | 
gründet, und im Jahre 1134 übergab Markgraf Leopold der 
Heilige, der die ganze Gegend am Kahlengebirge eigenthüm⸗ 
lich beſaß, auch die Gemeinde von Sievring dem Stifte zu 
Kloſterneuburg. Er trug im XII. Jahrhundert mehrere Benen⸗ 

nungen, als: Sunringan, Sauveringen, Sufringen, 
Suiverin und Sie fringen. Von dieſem Orte ſchrieb ſich 


91 


auch ein adeliches Geſchlecht her, das mehrmals in Urkunden er⸗ 
ſcheint, und aus welchem Uodalricus de suileringen 
oder suueringen im Saalbuche des Stiftes Kloſterneuburg 
vorkommt. 

Einige halten fogar die alte in Oeſterreich bekannte adeliche 
Familie Schie fer (eigentlich Schiffer) für Abkömmlinge der 
obigen Herren von Sie vering, welches aber zu weit hergeholt 
und lächerlich iſt. 

„ Das Stift Kloſterneuburg hat den Ort, wie wir zuvor ers 
wähnt haben, von Leopold dem Heiligen erhalten, er mag 
aber in der Folge wieder an die Landesfürſten zuruͤckgefallen ſeyn, 
denn wir finden, daß Kaiſer Maximiliai l. im Jahre 1498 
Siefring an Nikolaus und Georg Zink als ein Lehen 
verlieh. Im Jahre 4528 erhielten Sigmund und Reinprecht 
von Ebersdorf ſolchen gleichfalls als ein Lehen vom Kaiſer 

„Ferdinand J., der dann kaͤuflich hindangegeben wurde. Nach 

dem n. ö. ſtändiſchen Gültenbuche bekam 1559 den Ort Sie⸗ 

fring Lorenz Saurer von Sauerburg durch Erbſchaft; 

im Jahre 1583 Maximilian, Georg und Jacob Saurer 

von Sauerburg und im Jahre 1592 Jacob allein. Dem⸗ 
ſelben folgten im Jahre 1627 Johann Anton Peſtaluz und 

ſeine Gattin Jacobina; von dieſen gelangte es an die k. k. 
Hofkammer. Von derſelben erhielten auf Befehl Kaiſer Fer⸗ 

din ands II. die Camaldulenſer auf dem Joſephsberge 

Ober⸗Siefring, welche den Ort bis zu ihrer Auflaſſung 
im Jahre 1784 beſaßen; Unter⸗Siefring dagegen war 
ein Eigenthum des Chart haͤuſerſtiftes zu Gaming; Leo: 

pold von Kriegel brachte in demſelben Jahre noch die Herr⸗ 

(haft Ober⸗Siefring, wozu auch der Joſepsberg ge: 
hörte, durch Kauf an ſich, auf welchem letzteren er aus den Ca⸗ 
maldulenſerzellen Bauſtellen abtheilte, die auch alsbald ſich in 
nette Wohnhäuſer umſtalteten. Doch 1802 fiel die Herrſchaft 
wieder an die Hofkammer⸗Procuratur im Namen des Reli⸗ 
gionsfondes, wurde aber bald von den Erben des Julius 
von Badenthal, der dieſelbe erkauft hatte, uͤbernommen, kam 


N 


ſodann in einigen Monaten darauf an Lorenz Joſeph Jer- 
nen de Gellich, der fie 1806 an die Joſepha Traun⸗ 
wieſer kaͤuflich abtrat. Dieſe blieb Eigenthuͤmerin davon bis 
zum Jahre 1820, wonach ſie den Joſephsberg, auf dem ſich 
mittlerweile ein Dörfchen von 27 Häufern gebildet hatte, an den 
regierenden Herrn Fuͤrſten Johann von Lichtenſtein, Ober⸗ 
Siefring aber an Conrad und Suſanna Welte, dama⸗ 
ligen k. k. Fof⸗Weinlieferanten, der auch Unter⸗Siefring 
dazu ankaufte, durch Kauf abtrat. Letztere veraͤußerten dieſe 
Herrſchaft, welche alfo in Ober⸗ und Unter ⸗Siefring 
beſteht, im Jahre 1832 an Joſeph Müller, Hausinha⸗ 
ber in Wien und Holzhaͤndler, welcher ſolche noch gegenwärtig 
beſitzt. 

Die Schickſale von Siefring ſind dieſelben wie bei Grin⸗ 
zing und Heiligenſtadt, da f ie ganz nahe zuſammen gelegen ſind. 


Sie genfeld. 

Ein Dorf, welches 36 Haͤuſer zähle und nahe beim Stifte 
Heiligenkreuz liegt. Die naͤchſte Poſtſtation iſt Neudorf. 

Der Ort gehört zur Pfarre nach Heiligenkreuz, hat aber 
eine eigene Filialſchule, die von einem Schulgehuͤlfen von Heili⸗ 
genkreuz aus verſehen wird. Den Werbkreis beſitzt das Lin. Inf. 
Regiment Nr. 40. — Landgericht iſt die Herrſchaft Rauhenſtein 
bei Baden. — Die Grund⸗, Conſcriptions⸗ und Ortsobrigkeit 
bildet die Stiftsherrſchaft Heiligenkreuz. 

Die Einwohnerzahl belaͤuft ſich hier auf 41 Familien, 94 maͤnn⸗ 
liche, 95 weibliche Perſonen und 31 Schulkinder. Dieſe beſitzen 
einen Viehſtand von 6 Pferden, 34 Zugochſen, 60 Kuͤhen, 
9 Schafen, 2 Ziegen und 28 Schweinen. 

Was die Beſchäftigung der hieſigen Bewohner betrifft, die 
alle Waldbauern find und blos nur als Hüͤttler und Kleinhäusler 
beſtehen, ſo treiben ſie Ackerbau, dann einen Holz⸗, Kohlen⸗ und 
Kalkhandel. Ihre Gründe ſind ſehr gut und werden auch mit vie⸗ 
lem Fleiße bearbeitet; deßgleichen iſt auch ihre Viehzucht, die 
zum Theil die Stallfütterung genießt. 


93 


Siegenfeld liegt einigermaßen zerſtreut, ſuͤdwaͤrts vom 
Stifte Heiligenkreuz am Ausgange des Waldes in einem ſeichten 
Keſſel, von wo aus ſich ein herrlicher Waldweg in das Helenen⸗ 
thal hinter Baden hinabſchlaͤngelt. Ringsum iſt dieſe Thalgegend 
von Gebirgen und meiſt mit Waldungen eingefangen, unter wel⸗ 
chen erſteren ſich der ſogenannte Bodenberg, nahe bei Heili⸗ 
genkreuz liegend, auszeichnet. Die Gegend ift überaus anmuthig 
und geſund, auch ſehr gutes Waſſer vorhanden, von welchem als 
eine ſilberhelle Bergquelle ein Baͤchlein durch den Ort fließt und 
ſich unterhalb der Kleeſpitze in den Schwechatbach mündet. — 
Im Orte befindet fi) auch eine im Jahre 1414 vom Abte Al⸗ 
bert von Heiligenkreuz erbaute Capelle zum heil. udalrich, 
in der noch bisweilen Meſſe geleſen wird. N 

Dieſes Dorf iſt ſehr alt und ſoll vor Jahrhunderten Sie⸗ 
benfeld geheißen haben, welches wir jedoch bezweifeln, da in 
den älteſten Urkunden der Name Siegenfeld vorkömmt. So 
erkaufte im Jahre 1154 Herzog Heinrich der Aelter e von 

Medling von feinem Hofdiener (ministerialis) Ulrich von 
Schönerkirchen das Gut Siegenfeld, welches er ber: 
nach dem Stifte Heiligenkreuz ſchenkte, und welches noch gegen⸗ 
wärtig demſelben gehört. 

Es gab auch ſogar ein edles Geſchlecht dieſes Namens hier, 
wovon aber die ehemaligen Herren von Sie genfelde ſchon im 
XII. Jahrhundert, gleich mehreren andern Geſchlechtern, bei 
Gelegenheit der Kreuzzuͤge ausgeſtorben zu ſeyn ſcheinen. 

Ein Ulrich von Siegenvelde) erſcheint als Zeuge in 
dem vom Jahre 1136 von Markgraf Leopold dem Heiligen 
ausgefertigten Stifts briefe des Ciſterzienſer⸗Ordens zu Heiligen⸗ 
kreuz, vor der Gründung des Stifts »Sattelbache genannt. 

Wenn wir einen Blick auf die Abſtammung des Ortnamens 
richten, fo glauben wir muthmaßen zu dürfen, daß einſtmals hier 
in dieſer Thalgegend ein Gefecht Statt gefunden habe, wovon 
dann der neu entſtandene Ort (wahrscheinlich um 1041) den Na⸗ 
men Steg enfeld erhielt. 


8 


94 


„Da der Ort ziemlich von jeder Straße abgelegen iſt, ſo 
ſind keine geſchichtlichen Ereigniſſe oder Schickſale bekannt. 


Siegersdorf, 
ein zunächſt Pottendorf gelegenes Dorf mit 42 Haͤuſern, deſſen 
nächſte Poſtſtation Wimpaſſing, nur 3 Stunden entfernt iſt. 

Der Ort gehört zur Pfarre und Schule nach Ebenfurth, 
mit dem Werbbezirk zum Lin. Inf. Regimente Nr. 49, und zum 
Landgerichte nach Ebenfurth, welches zugleich auch die Grund⸗, 
Orts⸗ und Conſcriptionsobrigkeit iſt. 

Hier befinden ſich 53 Familien (darunter find 116 männliche 
113 weibliche Perſonen und 45 Schulkinder), welche einen Vieh⸗ 
ſtand von 43 Pferden, 31 Zugochſen, 62 Kühen und 400 Scha⸗ 
fen halten. 

Die Einwohner ſind Landbauern, welche ſich mit Ackerbau 
und Viehzucht ausſchließend beſchaͤftigen. Sie beſitzen mittelmaͤßige 
Gründe dazu, aber ganz vorzügliche Wieſen. Der Anbau beſteht in 
Weizen, Korn, Gerſte, Hafer und Erdaͤpfeln. Man trifft hier eine 
vorzügliche Wieſencultur und Obſtpflege, beſonders bedeutend iſt 
auch ihre Ochſenmäſtung. Bei ſolch' guͤnſtigen Wirthſchoftszweigen, 
gepaart mit aus dauerndem Fleiße, iſt es gewiß, daß der hieſige 
Bauer zu den wohlhabenderen und gluͤcklicheren ſeines Standes 
gezaͤhlt werden kann. 

Das Dorf liegt ganz flach an der ſogenannten Neuſtaͤdter 
Haide, zwiſchen Ebenfurth, Haſchendorf und Pottendorf an der 
kleinen Fiſch au, wo zu allen dieſen Ortſchaften Verbindungs⸗ 
ſtraßen führen. Die Bauart davon iſt nicht ſehr regelmäßig, die 
Häuſer befinden ſich im mittlern Bauſtand und haben Ziegel:, Schin: 
def: und Strohdaͤcher. Es ift auch eine Baum wollſpin nere i 
und eine Flachsverfeinerungs⸗Fabrik hier angelegt, in 
denen ſich die noͤthigen Arbeiter und Handwerker befinden, 

Die Lage vom Orte iſt gar nicht übel, die Luft gefund‘, 
das Waſſer gut und der Fiſchfang in der kleinen Fiſchau an Fo⸗ 
rellen bedeutend. Berge gibt es hier keine, ſondern blos Auen, 


95 
in welchen eine gute Jagdbarkeit auf Niederwild und Rehe ge⸗ 


hegt wird. 


Bei dem Dorfe Ha ſch endorf haben wir über beide Ort⸗ 
ſchaften, alſo auch von Siegers dorf berichtet, daß der Orts⸗ 
name von einem Siege herrühre, welchen der heilige Udalri⸗ 
kus, Biſchof von Augsburg, über die Hunnenvölker hier erfocht, 
indem er auf dem Platze des heutigen Haſchendorfs die Feinde 


| erhaſchte und bei Siegers dorf vollends, was dem Tode enc® 


kam, in die Flucht ſchlug; noch wird deßhalb zu deſſen Erinne⸗ 
rung und Bekräftigung eine Stole und Lanze dieſes heiligen 
Mannes in der Pfarre Ebenfurth aufbewahrt. 

Nach dieſem geſchichtlichen Ereigniſſe iſt die Ableitung des 
Namens ſehr klar und richtig und das bohe Alter des Orts 
Sieger sdorf erwieſen. 

Was die weitern Schickſale, von dieſer Zeit bie auf die ge⸗ 
genwärtige, betrifft, fo wollen ſolche in der Beſchreibung beim 


- Städtchen Ebenfurth entnommen werden. 


7 


Die Siegeth-Mühle, 
(die Mühle in Siegeth), gehörte zu dem Menßhengerhofe, 
ehemals Rumpelhof, in Himberg, als ein Freigut, und ward 
fo wie jener dem Sefuiten = Seminario zum heiligen Pankraz und 
Ignaz in Wien geſchenkt, und zwar ward dieſe Mühle zum Un⸗ 
terhalte zweier Studenten im Seminario gewidmet; ſolche be⸗ 
ſteht gegenwärtig noch im Markte Himberg. 


Simering. 

Ein Pfarrdorf von 234 Häuſern und zugleich eine eigene 
Herrſchaft, nur eine halbe Stunde von Wien entfernt, an 
der nach Ungern führenden Hauptpoſtſtraße gelegen. 

Kirche und Schule befinden ſich im Orte. Davon gehört 
das Patronat dem Metropolitan⸗Domcapitel in Wien, die Kir⸗ 
che aber in das Laaer⸗Decanat. Der Werbkreis von hier gehört 
dem Lin. Inf. Regimente Nr. 4. — Die Rechte eines Landge⸗ 
richtes werden von der k. k. Staats herrſchaft Ebersdorf an der 


6 


* 


96 


Donau ausgeübt. — Grundherrſchaften gibt es mehrere, bie 
hier behauſte Unterthanen beſitzen, als: der Wiener Magiſtrat, 
Staats herrſchaft Ebersdorf an der Donau, Heiligenkreuz und 
Oberlaa. — Orts⸗ und Conſcriptionsobrigkeit iſt die Herrſchaft 
Simering. 

Der Seelenſtand umfaßt 518 Familien, 1166 männliche , 
1210 weibliche Perſonen nebſt 120 Schulkindern. Dieſe beſitzen 
141 Pferde, 16 Zugochſen, 169 Kühe und 363 Schweine. 

Die hieſigen Einwohner beſtehen theils aus Handwerkern 
verſchiedener Profeſſionen, theils aus Landbauern, die ſich meiſt 
mit Erzeugung der mannichfachſten grünen Kuͤchenwaaren und be: 
ren Verkauf nebſt Milchhandel nach Wien beſchäftigen; ſie bauen 
duch Gerſte und Korn, Weizen und Hafer aber ſehr wenig; eben 
ſo unbedeutend iſt der Weinbau und die Obſtpflege. Die Gründe 
dazu ſind ſehr verſchieden, und jene, welche an dem von Neuſtadt 
nach Wien führenden Schiffahrtscanal liegen, oftmals der Ueber⸗ 
ſchwemmung ausgeſetzt. 

Der Ort Simering liegt, wie ſchon oben erwähnt, eine 
halbe Stunde von Wien außer der St. Marxer⸗Linie zwiſchen 
der öſtlich gelegenen Wiener Vorſtadt Erdberg und dem Neuge⸗ 
bäude, zum Theil auf einer kleinen Anhöhe, uͤber welche die Poſt⸗ 
ſtraße nach Ungern führt, zum Theil aber in einem Thale, in 
welchem ſich eine ſandige Haide befindet, welche der k. k. Artil⸗ 
lerie zu einem Laboratorium für das in dem zunächſt gelegenen 
Neugebäude befindliche Pulver⸗Depot und zu ihren Manöver: 
und Kunſtuͤbungen verpachtet iſt. | 

Im Dorfe befindet ſich die Pfarrkirche, der Pfarr 
bof, die Schule, das Herr ſchaftsgebaͤude, das Do⸗ 
minical⸗ Brauhaus, eines der ſtärkſten um Wien, eine 
chemiſche und eine Ceder⸗Fabrik und eine Lotto⸗Col⸗ 
lectur, nebſt mehreren nicht unbedeutenden Gaſthäuſern, 
weil die hieſige Poſtſtraße nach Ungern und von den untern Ge⸗ 
genden her ungemein ſtark befahren wird, die dadurch dem Orte 
Regſamkeit und Leben verſchafft. 

Die meiſten Handwerker befinden ſich in dem Theile des 


97 
Orts, durch welchen die Poſtſtraße führt, die andern aber im 
eigentlichen Dorfe, das tiefer und ziemlich unregelmäßig ſituirt 
iſt. Auf der nördlichen Seite fließt der Wiener⸗Donauca⸗— 
nal, auf der füdlichen aber ganz nahe der Wie ner-Neu⸗ 
ſtädter⸗Schiffahrtscanal, an welchem eine Mühle be⸗ 
ſteht. Auch zieht ſich ſüdlich der ſogenannte Laaerberg hin, wel⸗ 
cher mit Remiſen beſetzt iſt. Die Jagdbarkeit beſteht in Haſen, 
Kaninchen, Rebhühnern, Wachteln u. dgl. und iſt kaiſerlich. 
Das hieſige Klima, obſchon feucht, wäre ziemlich geſund, auch 
gutes Waſſer vorhanden, bis auf den nieder gelegenen Theil 
des Ortes. a Ä 

Auf der fogenannten Simeringer⸗Haide, welche zwi: 
ſchen dem Dorfe und der Donau ſich befindet, werden gewöhn⸗ 
lich die Artillerie: Manövers gehalten, und es find auch dort 
Depots und Laboratorien der Artillerie aufgerichtet. Auf dieſer 
Haide werden ſchon ſeit mehreren Jahren Pferderennen 
gehalten 

So alt der Ort Simering ift, fo lange ſcheint auch eine 
Kirche beftanden zu haben; es iſt jedoch ſchwer zu beurtheilen, 
zu welcher Zeit hier die Pfarre entſtanden iſt; ſo viel aber ſcheint 
es, daß eine Pfarre urſprünglich exiſtirt habe. Im XV. Jahr: 
hundert erſcheint ſolche in mehreren Urkunden. 

Von der alten Kirche ſind keine deutlichen Ueberreſte mehr 
vorhanden, denn als dieſe während ihres mehrhundertjährigen 
Beſtehens ganz baufällig wurde, ward fie im Jahre 1746 ganz 
bis auf die Hauptmauern zuſammen geriſſen, worauf noch im 
nämlichen Jahre der Grundſtein zu einem faft ganz neuen, 
merklich größeren Gebäude gelegt wurde, das im folgenden Jahre 
ſchon ſeine Vollendung erhielt. 

Dieſe, am Ende des Dorfes gelegen, iſt nun mit einer 
Mauer umgeben, und umſchließt den Leichenhof. Sie iſt im 
neueren Geſchmacke, in der Geſtalt eines Kreuzes, aus Steinma⸗ 
terial erbaut und mit Ziegeln gedeckt. Ober dem Eingange er⸗ 
hebt ſich der gemauerte viereckige Thurm, 46 Klafter hoch. 
Inm Innern ſelbſt iſt die Kirche nebſt dem Hochalt are 

7 


98 


auch noch mit zwei Seiten altaͤren und einer Taufcapelle 
geſchmückt. Der Hochaltar iſt von Stein im römifchen Style 
mit einem ſchönen Altarblatte, den Kirchenpatron, den heil. L a u⸗ 
rentius vorſtellend, verſehen. Der Tabernakel iſt von weißem, 
reinen, polirten Marmor mit vergoldeten Verzierungen. Die bei⸗ 
den Seitenaltäre ſind gemauert und marmorirt; der erſte rechts 
enthält das Bild der heiligen Franziska Romana; der 
zweite jenes der heiligen Anna. In der Taufcapelle befindet fi 
nebſt dem Taufſteine auch ein kleiner Altar, gleichfalls der hei⸗ 
ligen Anna geweiht. a 

Dieß ift alfo das gegenwärtige Aus ſehen der Kirche, wozu 
viele Wohlthäter beigetragen haben. 

In frühern Zeiten hatte die Pfarre einen großen Bezirk, 
denn es gehörten mehrere Vorſtädte, nämlich: Erdberg, Landſtraße 
und Rennweg, von Wien hierher; im Jahre 1446 ließ aber die 
Dompropſtei ſolche zu St. Stephan in Wien einbeziehen. Ge⸗ 
genwärtig gehört der Ort Simering und zwei Häuſer, das 
eine zu Ebersdorf, das andere zu Kledering, jedes eine halbe 
Stunde entfernt, nur allein zur hieſigen Pfarre. — Der Pfar⸗ 
rer mit einem Cooperator verſieht die Seelſorge und den Got⸗ 
tesdienſt. | 

Der Ort iſt mehr denn 800 Jahre alt, und hat feinen Na⸗ 
men von einem edlen Geſchlechte erhalten, welches ſich Sim o⸗ 
ningen nannte, und ſchon im XI. Jahrhundert urkundlich 
vorkömmt. a N 

Was auf dieſes Geſchlecht Bezug hat, werden wir am 
Schluſſe bei den Herrſchaftsbeſitzern aufführen, und wollen hier 
nur bemerken, daß, da Simering eine eigene Herſchaft 
bildet, blos das Dorf Simering und der kleine Ort Klede⸗ 
ring, aus 16 Nummern beſtehend, die Beſtandtheile derſelben 
ausmachen. Sie umfaßt daher 250 Häuſer, 160 Pferde, 16 Zug: 
ochſen, 211 Kühe und 388 Schweine; 158 Joch Wieſengründe, 
1120 Joch Ackerland und 8 Joch Weingärten. 

Den Bezirk und die Lage ſammt den Erzeugniſſen der Herr⸗ 
ſchaft betreffend, ſo ſind ſolche ohnedieß aus vorſtehender Dar⸗ 


90 


ſtellung bekannt und der Ort Kledering befindet ſich außer der 
herrſchaftlichen Arrondirung, zunächſt Schwechat gelegen, bei defs 
ſen Beſchreibung die nöthigen Rubriken enthalten ſind. 

Von den früheften Zeiten an war der Ort Simering 
harten Schickſalsſchlägen ausgeſetzt. So ward derſelbe ganz vor⸗ 
züglich bei dem Kriegszuge des Ungernkönigs Matthias Cor⸗ 
vinus im Jahre 1485 gänzlich verwuͤſtet, und als im Jahre 
1529 der türkiſche Sultan Soleyman in Simering und 
St. Marx ſein Lager aufſchlug, mit gleichem namenloſen Elen⸗ 
de heimgeſucht. Nach dieſer Schreckensperiode hat ſich der Ort 
neu geſtaltet und ſtand in voller Blüthe, als im Jahre 1683 die 
Türken zum zweiten Male die Hauptſtadt Wien belagerten. Alles 
wurde zu Grunde gerichtet, und viele der arinen Einwohner ge⸗ 
mordet: kaum waren die Häuſer wieder aufgebaut, und der 
Landmann glaubte nun feine Felder in Ruhe beſtellen zu konnen, 
fo beraubten und verwüfteten die ungriſchen Rebellen im Jahre 
1707 nicht nur Simering ſondern auch gar viele Ortſchaften 
auf das ſchaͤndlichſte. Nicht bald wird ein Zug in der Geſchichte 
bekannt ſeyn, der mehr rohe barbariſche Wuth, Raub-, Mord⸗ 
und Brandluſt enthielt, als dieſer. Kein Wunder alſo, daß alle 
Urkunden von Simer ing in Verluſt geriethen, da, fo zu ſagen 
Schlag auf Schlag, der Ort und die Pfarrkirche durch Brand 
unendlich litten. Auch in den Annalen der neuen Zeit finden wir 
ſolche Verwüſtungen; wir wiſſen, daß bei Gelegenheit, als im 
Jahre 1809 die franzöſiſchen Truppen zum zweiten Mal die kaiſer⸗ 
liche Reſidenzſtadt Wien beſetzten, die ganze weite Umgegend 
der Schauplatz ihres Muthwillens wurde. In Simering blieb 
Nes nicht bei der Plünderung des ganzen Ortes, ſondern dieſe 
Ausgearteten der Menſchheit erfrechten ſich gleich den verworfen: 
ſten Räubern, wohl bei hundert Mann ſtark, bei Fakelſchein in 
den Tempel des Herrn einzubrechen, alle noch vorhandenen Prä⸗ 
zioſen und Paramente zu rauben, und ſelbſt das Heiligſte nicht 
zu achten, indem ſie den Tabernakel erbrachen, die Hoſtien aus 
dem Ciborium, welches ſie wegnahmen, in der ganzen Kirche aus⸗ 
ſtreuten und in Staub traten, 


7 * 


„ eut zu Tage noch 
‚gen, in welchen ſich, 
Srader mit Namen Si 
.. den Ort geſchaffen his: 
. Edelſitz hatte. Aus 15. 
„eich und feine Gemahlin 
zu Regensburg im Jahre 
„n. 
‚woen wir einen doppelten Zwei⸗ 
. wien dieſe Angabe nachſchrieben. 
J eenhllg nicht gemacht worden ſeyn, 
de ganzen Strich Landes bis Melk 
zweitens glauben wir nicht, daß 
„ 'endern nur einzelne Beſitzungen, 
„c der Simoningen bis in das 
„eil und mit ihrem Stammgut be: 


vers außer den obigen im Jahre 1136 

je als Zeuge in jener merkwürbis 

. . bee dei heil. Markgraf Leopold IV. alle 

e Kioſterneuburg beftätigte. Um dieſelbe 

. „Juutbuche des Kloſterneuburger Stiftes 
emmoningen. 

\ e. sundert werden aus dem naͤmlichen Ges 

een Simoning, Albert von Simo⸗ 

d ven Simoning bekannt, aus verſchie⸗ 


„ Simouingen war im Jahre 1322 Zeuge 

» es Burgerſpital-Archives von Wien, wel: 
Seugungen hatte (Tab. hosp. civ. Vien.). 

„„ „ „. Semering kam, bei dem Ausbluͤhen die: 
irn t geibiß bekannt; im Jahre 1495 aber wird 
„ n pn ven Napdach als Eigenthümer von Simering 
are telgte Andreas Dürrnbacher, Ritter, 
ts zuhrr Schiffsoberlieutenant war, und feinen freien 


401 


Edelſiz und Hof zu Simoning (Simering) am 4. Mai 
1573 an Michael Freiherrn von Eitzing verkaufte (alte 
Landrechts⸗Regiſtratur). 

Michael von Eham, Juris Dootor und Reichshofrath, 
war 1598 mit Simering und Rauchenwarth begütert, 

Nach den Vormerkungen des n. ö. ſtändiſchen Gültenbuches, 
welches auch den erſten Glauben verdient, da die Anſchreibungen 
factiſch beſtehen, beſaß 1608 Georg Bernard Freiherr von 
Urſchenböckh den Ort Simering; im Jahre 1035 folgte 
Iſabella Perpetua von Römersthal, geborne Freiin 
von Urſchenböckh; im Jahre 1636 Hanns Franz Colon⸗ 
na Freiherr von Fels, der dieſe Herrſchaft von ſeiner Mutter der 
Porigen erhielt; dieſer verkaufte ſolche im Jahre 1678 an das 
Himmelpfortskloſter in Wien, welches Simering bis 
zu feiner Aufhebung im Jahre 1800 beſeſſen hatte. Es fiel dann 
an die k. k. Staatsgüter⸗Adminiſtration im Namen 
des Religionsfonds und ward bis 1828 von derſelben verwaltet, 
kam dann durch Kauf an den Dominicalhausbeſitzer in Wien, 
Jacob Hakel, der es bis zu ſeinem erſt kürzlich erfolgten 
Tode in Beſitz hielt, worauf die Herrſchaft nun ſeinen Erben 
zufällt. 


| Sirning, 
ein Dorf von 27 Häufern, bei Puchberg gelegen, wovon Neun: 
kirchen, 4 3 Stunde entfernt, die nächſte Poſtſtation iſt. 

Dieſer Ort iſt zur Kirche und Schule nach Puchberg am 
Schneeberg angewieſen. Den Werbbezirk beſitzt das Lin. Inf. 
Regiment Nr. 49. — Landgericht iſt der Wiener ⸗Neuſtädter 
Magiſtrat. 

Grundherrſchaften, welche hier hehauſte Unterthanen und 
Grundholden beſitzen, ſind die Herrſchaften Gutenſtein, Emmer⸗ 
berg und Stüchſenſtein, welche letztere zugleich auch Orts und 
Con ſeriptionsobrigkeit iſt. | 

Dieſes Dorfenihält 53 Familien, 127 maͤnnliche, 143 weib⸗ 
liche Perſonen, 43 Schulkinder; 7 Pferde, 42 Ochſen, 47 Kü: 


102 


he, 49 Schafe, 20 Ziegen, 20 Schweine. Die Bewohner von 
bier find Waldbauern, im Ganzen ärmlich beftiftet und mit eini⸗ 
gen Handwerkern verſehen. Ihre Beſchaͤftigung iſt geringer Acker⸗ 
bau, mehr aber der Holzkohlen⸗, Breter⸗ und Sägſpanhandel 
nach Wiener ⸗Neuſtadt und Wien. Die Obſtpflege iſt ſehr unbe⸗ 
deutend und Weingarten gibt es hier gar keine. — Von der Vieh: 
zucht kann ebenfalls nichts be ſonderes geſagt werden, da fie nur 
von ſolcher Art iſt, um den eigenen Bedarf an Zugochſen und Kü- 
hen zu ſichern. 

Der Ort Sirning liegt ſehr nahe beim Markte Puchberg 
in einem reizenden Thale zwiſchen dem Himberge, Haltberge und 
Gröſſenberge, mit zerſtreuten, mit Bretern eingedeckten Häufern. 
Durch denſelben fließt! der Sirningbach, wovon das Dorf 
den Namen erhalten hat, der einige Breterſägen treibt. Es find 
die nõthigen Verbindungswege vorhanden, davon führt ein Ges 
birgsweg über den hohen Lella nach Gutenſtein rechts, 
und ein anderer über den Schober nach Schwarzau. 

Die hieſige Gegend iſt ſehr ſchön und mit guter geſunder 
Luft und vortrefflichem Gebirgs waſſer verſehen; fie enthält viele 
und betrachtliche Berge, worunter der Himberg, Haltberg, Lella 
Schober und Groͤſſenberg mit ausgedehnten Waldungen bedeckt 
ſind. 

Fiſcherei eriftirt Feine in dem Sirningbache, dagegen aber 
eine gute Jagdbarkeit in dem hieſigen Wald⸗ Bezirke, nicht ſo reich 
an Neben, als an Hirſchen, Haſen, dann Auer: und Haſelhuͤh⸗ 
nern. 

Da wir Gelegenheit haben, nachfolgend den großartigen 
Waſſerfall der Sir ning zu beſchreiben, fo werden wir auch das 
Pittoreske die ſer anmuthigen Gegend berßhren, und bemerken nur 
hier, daß dieſes Dorf keine Merkwürdigkeiten aufzuweiſen hat. 
Die einzige Begebenheit, daß im Jahre 1713 auch hieher die 
Peſt drang, und Verheerungen anrichtete, verdient angeführt zu 
werden. 


103 


Sirning (Fall der). 

Wir glauben es ſagen zu duͤrfen, daß wohl jedes Land eige⸗ 
ne Naturſchönheiten beſitzt, die in ausgezeichneten Gegenden, 
Bergen, Thälern und Flüſſen beſtehen. 

In dieſer Hinſicht preiſet Deutſchland mit vollem Rechte ſei⸗ 
nen Rhein, Italiens herrliche Gefilde enthalten den fo maleriſch 
ſtürzenden Anio, und ſelbſt aus Amerika's fernen Wüften hat 
man uns eine vortreffliche Beſchreibung von des Niagara be: 
hem Waſſerfalle überliefert. 

So wie dieſe Bilder enthält auch unſer vaterländiſcher Bo⸗ 
den im weſtlichen Theile des V. U. W. W. zwei wenig bekannte 
nicht von der Kunſt bereitete Waſſerfälle, welche blos von 
der Natur zu einem herrlichen Schauſpiel geſchaffen worden ſind. 

Dieſe find der Fall der Mira bei Muckendorf, welchen 
wir ſchon beſchrieben haben, und der Fall der Sirning rück⸗ 
wärts Puchberg, den wir nun unſern verehrten Leſern in deutli⸗ 
chen Umriſſen vor Augen ſtellen wollen. 

Vom Markte Puchberg aus leitet der Weg zum Falle, in⸗ 
dem man der Fahrſtraße bis zu den nahe am Waſſerfalle be: 
findlichen Sägemühlen folgt, oder mit einem kleinen Umwege 
viel angenehmer beim Dorfe Sirning rechts über den Bach an 
einem Hügel, eine ziemlich lange Wieſe hindurch, in die Mitte 
des Thales einlenkt. Da gewahrt man noch einmal die Spitze des 
Thurmes von Puchberg und den im Hintergrunde befindlichen dunk⸗ 
len Wald, dann jenen mächtigen Rieſen, den Schneeberg, der mit 
feinem Silberhaupte ſich kühn in die Wolken emporbebt. Mit uns 
gemeiner Anmuth breitet ſich das reizende Thal vor uns aus, wel⸗ 
ches nun zu durchwandern iſt, und man glaubt ein Stück altes 
Gemäuer von einem Schloſſe oder Thurme zu erblicken, welches 
aber in einem großen Felfen beſteht, bei welchem ſich der Weg 
vorbei zum Waſſerfalle zieht. | 

Es gibt nun da in der That viel zu ſteigen, weil jeder Acker, 
jede Wieſe, überhaupt ein jedes Eigenthum, mit Zäunen, meiſt 
mit den Abfällen der Laden, die man Schwertlinge nennt, ver: 


104 


feben, umgeben find. Obſchon der Weg immer rechts führt, fo 
iſt es, ohne einen Fuhrer bei ſich zu haben, doch ganz leicht ge⸗ 
ſchehen, daß man ſich verſteigt, weil jene Einzaͤunungen und 
Steige (in der Bauernſprache Stigel) ſich alle ähnlich fehen. Man 
durchwandert kornreiche Aecker, bis ſich mitten in dem romanti⸗ 
ſchen, mit Hügeln, Feldern, Wieſen und zerſtreuten Käufern 
geſchmückten Thale auf einer Anhöhe ein Tannenwäldchen ‚ers 
hebt. Faſt in der Mitte des Waldes ſteht ein Wirthſchafts⸗ 
hof, von fruchtbaren Feldern und Wieſen umgeben, die zu 
demſelben gehören und ihren Beſitzer reichlich naͤhren. Von die⸗ 
ſem Punkte aus genießt man eine liebliche Anſicht in das mit ſo 
ſchönen Partien ausgeſtattete Thal und auf den nahe gelegenen, 
ſich in furchtbarer Geſtalt zeigenden Berg. An der Seits dieſes 
Wäldchens befinden ſich die ſogenannten Grundloſen, welche ein⸗ 
geſunkene tiefe Gruben ſind, die ſich mit Waſſer füllen. Man 
hört darüber aus dem Munde der hieſigen Gebirgsbewohner vers 
ſchiedene Märchen ; nach den natürlichſten Muthmaßungen ent⸗ 
ftanden fie durch eine Erderſchütterung. 

Sobald man nun aus dem Walde gelangt iſt, wird ein 
Kreuz mit einem Chriſtus ſichtbar, an welchem der Wanderer 
vorbeigehen muß. Hier verweilt Mancher in kindlich frommen 
Glauben und neiget in tiefer Demuth ſich vor feinem Erlofer. 

An dem obengenannten Felsſtücke, der lange Stein ge⸗ 
nannt, wendet ſich der Weg noch immer mehr zur Rechten, und 
während desſelben wechſeln herrliche Anſichten, bald über Fels 
der und Wieſen, bald wieder zwiſchen gewaltigen Bergen und 
Wäldern. 

So dauert dieſe Wanderung von Puchberg aus volle zwei 
Stunden, bis das Ziel, zum Waſſerfall der Sirning zu 
gelangen, erreicht iſt. Die vielen ſich darbietenden Abwechslun⸗ 
gen machen den Weg hieher leicht und angenehm. Gern laͤßt ſich 
der Menſch, der mit tiefem Gefühle die überaus reichen Natur⸗ 
gebilde anſtaunet, von zauberiſchen Traumbildern umgeben, da 
ſich ihm hier mit allem Schmucke die reizende Wirklichkeit der 
Natur öffnet. Da ſtört nichts den Genuß der ſo angenehmen Emz 


405 


pfindung, alle Sorgen und Plagen, deren es fo viele für den Städ⸗ 
ter gibt, ſind weit entfernt, und indem ſein Blick durch die rei⸗ 
nen Luͤfte ſchweift, der Wieſen und Fluren wechſelndes Grün mit 
dem Gemiſch von tauſend Blumen, überhaupt das ganze reiche 
Gefilde mit hocherfreutem Herzen uͤberſchaut, fühlt er auch feinen 
Rang in der Natur als Menſch und feine eigene Würde! — 
Mit dieſen großen Empfindungen in der Seele ſchreitet er 
auf dem von uns oben bezeichneten Pfade noch eine kleine Stre⸗ 
cke vorwärts, aber alsbald macht das Klappern der Sägemühlen 
und das Geplätſcher der ſchnell vom Waſſer getriebenen Räder 
ihn aufmerkſam, daß er ſich ſchon nächſt dem ſilberklaren Sir⸗ 
ningbach befindet, längs deſſen Ufer hin man ſich nun auch 
feinem Falle nähert. Jetzt führt der Weg bald rechts bald links, 
bald über Breter und Stege. Kaum den Sägmühlen vorüber, 
enget ſich ſchon der Raum und größere Felſenſtuͤcke liegen umher, 
welche von den Bergen durch die vielleicht tauſendjährige Gewalt 
der herabſtürzenden Gießbäche endlich mögen abgeriſſen worden 
ſeyn; ſtark zuſammen drängen ſich die Felſeuwaͤnde und in die 
grauſe Schlucht ſaust und braust in ſprudelndem Wirbel die 
Sirning herab, welcher Bach eigentlich der Seb aſtiani⸗ 
bach heißt, jedoch von ſeinem lärmenden Falle nach der wald⸗ 
baͤueriſchen Ausſprache die Sirning (ein ſprudelndes, gleich 
ſam ſiedendes Waſſer) genannt wird. | 
Welch eine ſchnelle Umwechs lung von den ſchöͤnſten Reizen 
einer ruhigen Land ſchaft zu dem ſchrecklichen Tumulte ergrimm⸗ 
ter Elemente !? — Raſch ſpannt ſich die Erwartung, und nach 
einigem Betrachten dieſes ſeltſamen Naturſchauſpieles eilt man, 
den erſteren, höheren und größeren Fall zu ſehen, wozu linker 
Hand ein ſchmaler unſicherer Felſenweg, ſehr nahe an dem her⸗ 
abſtrömenden Waſſer, zur Höhe leitet. Ehe man in die eine von 
der Natur von beiden Seiten durch Berge aufgethuͤrmte und da⸗ 
durch eine Keſſel bildende Schlucht kömmt, fließt unter kleinen 
und größeren Steinmaſſen und Geſträuchen der Bach hervor, im 
Hintergrunde dieſes Keſſels aber ſtürzt ſich die Sirning in 
doppeltem Abſatze über einen mehr denn achtzig Fuß hohen Felſen 


106 


mit einem donneraͤhnlichen Geraͤuſche, das die eigenen Worte 
unverſtaͤndlich macht, herab. 

Die volle Anſicht dieſes Waſſerſtürzes genießt man jen⸗ 
ſeits des Baches in einer Entfernung von etwa ſiebzig Schritten; 
eine nicht minder ſchoͤne Anſicht iſt auch auf der untern Hälfte des 
Berges links, wo durch ausgehauene Baͤume der ganz Fall groß⸗ 
artig und pittoresk erſcheint. Zwiſchen zwei Bergen drängt ſich die 
raſchen Laufes daherfluthende Waſſermaſſe unter Felſen und 
Geſträuchen hervor und ſtuͤrzt herab, bricht ſich an dem Vorſprun⸗ 
ge der Felſen und ſprudelt und ſchäumt gegen die ſich entgegen⸗ 
ſtemmenden Steine, aus welchem ſeltſamen Gewühle ſich daun 
Welle an Welle reihet und leiſe murmelnd bis an jenen zweiten 
Abhang der Felſen fortfließen, wo ſich dieſes Schauſpiel, wenn 
gleich nicht ſo groß, doch verſchieden und ſehenswerth wieder⸗ 
holt. — : 

Wenn es ſchon an und für ſich ſchwer iſt, irgend eine Na: 
turfcene genügend zu beſchreiben, fo gilt es von dieſer ganz bes 
ſonders. Wer vermochte wohl alle dieſe Eindrücke, daß ſonder⸗ 
bare Geraͤuſch der herabſtürzenden Wogen, das Brillantfeuer des 
von der Sonne beleuchteten Nebel⸗ und Waſſerſtaubes und die 
unendlich vielen, gleichſam magiſchen Bewegungen dieſes Ele⸗ 
ments, welche Auge und Ohr beſchaͤftigen, genugſam zu ſchil⸗ 
dern? — Und wenden ſich die Blicke von hier ab, um die Umge⸗ 
bung zu ſchauen, fo ſcheint dieſe unvermerkt eine veränderte Ges 
ſtalt erhalten zu haben, denn die lieblichen nachbarlichen roman⸗ 
tiſchen Fluren ſind verſchwunden, die auf dem Wege hierher uns 
ſo ſüßes Vergnügen gewährten, und an ihre Stelle, wollte man 
anders dieſen Keſſel in Vergleich bringen, hat ſich ein wüſter 
Platz irgend einer entfernten Küfte geſtellt. So erhebt fi zur 
Linken ein ziemlich hoher Berg, dem die Natur den Schmuck der 
Bäume verſagt hat, und auf welchem an dem dürren Boden, 
nebſt den hie und da hervorſtehenden kahlen Steinklumpen, nur 
verſengte und ausgedorrte Gras halme hervorſprießen. Dieſem gez 
genüber erhebt ſich ein noch höherer Berg, von Föhren und Fich⸗ 
ten dicht beſchattet, welcher eine Voralpe des Schneeberges iſt 


| 407 
und weſtlich an denſelben grenzet. Der Fuß desſelben ift von Koh⸗ 
lenſtaub geſchwaͤrzt und der finftere Rauch eines brennenden Koh: 
lenhaufens vermehrt die ſich umherlagernde Duͤſternheit. Wir 
ſehen hier die Wirkungen von zweien der furchtbarſten Elemente, 
nämlich des Waſſers und Feuers, welche ihre Wirkungen in die⸗ 
ſen engen Felſenräumen zeigen, indem ſie Körper auflöſen und 
zerftören, während fie neue ſchaffen. Fuͤrwahr ein großes Bild 
in dem lebenden Gemälde der allgewaltigen Welt! — 

Wenn gleich traurig dieſe Naturgebilde ſich bisweilen zeigen, 
fo bewohnen ihre Raume, welche ganze Gegend umher die G ma n⸗ 
Au (die Gemeinde⸗Au) genannt wird, doch Menſchen; es iſt 
hier nämlich vor allem ein Haus eines Köhlers am Abhange des 
Berges, welcher abgeſondert von der Welt hier ſein Gewerbe 
mit allem Fleiße betreibt, und Gefahr, Sorge und Einſamkeit 
mit ſeinem Weibe und Kindern theilt. 

Nicht nur auf dieſem Platze, ſondern auch an andern Or⸗ 
ten ſind die Hütten der Köhler meiſt ſo ſehr einſam gelegen. 
Dieſe Entfernung iſt ihnen angeboren und daher zur Natur ge⸗ 
worden; wie wäre es auch ſonſt möglich, daß es. ein Menſch er⸗ 
tragen könnte, wie dieſe Köhler, von ihrem Hauſe, von ihrer 
Freundſchaft und Liebe die größte Zeit ihres Lebens entfernt zu 
feyn, in düſtern Waldplätzen und Steppen, wo ein ſolcher Mann 
nicht nur eine geraume Zeit bedarf um das Holz zu einem Brande 
zu fällen, welcher 4 bis 5 Wochen dauert, ſondern auch wäh⸗ 
rend desſelben zu ſorgen und zu wachen hat, in Gefahr ſeines 
Lebens oder dem Verluſte ſeines Meilers (Kohlſtätte mit Holz 
zum Brennen), welcher ſein ganzes Habe umfaßt. Während dieſer 
feiner Beſchäftigung lebt der Kohler Außerft mäßig und dürftig, 
meiſt nur auf Brot und Branntwein allein beſchränkt, welches ihm 
von Zeit zu Zeit gebracht wird. Die geringe Erholung und der 
Genuß feines Lebens ſcheint nur jene Zeit zu ſeyn, in welcher er 
feine Producte zum Verkauf nach der Hauptſtadt führt. | 

Wer Übrigens auf die Höhe des Waſſerfalles gelangen will, 
der muß an der Hütte des vorgedachten Köhlers den Berg hinan⸗ 
klimmen, wo beſonders im Fruͤhjahre ein lebensgefaͤhrlicher Weg 


108 


beſteht, da man ſehr leicht ausglitſchen kann, und in Furcht ſteht, 
von der Gewalt der Waſſers fortgeriſſen zu werden. 

Der Sirning bach, oder vielmehr, wie wir ſchon oben be⸗ 
merkt haben, der Sebaſtianib ach, entſpringt zwei Stunden 
von hier an der weſtlichen Seite des Schneeberges in einem Berg⸗ 
keſſel, der eine lauge Wieſe einſchließt, aus fünf Quellen faſt 
mitten auf der Wieſe. 

Wir haben den Weg dahin aͤußerſt öde und wild gefunden, 
welcher durch eine Gegend ſich hinzieht, in der nicht die Regfam: 
keit eines Geſchoͤpfes angetroffen wird; nur Felſen, niederes Ges 
ſtraͤuch und theilweis hohe Bäume begrenzen den Pfad. 

Ganz anders iſt die Gegend am Falle, wo Menſchen woh⸗ 
nen und Heerden weiden. Noch mehr Belebung der thätigen Na⸗ 
tur tritt unter dem Waſſerfalle ein, wo der Bach, der hier 
den Namen Sierning erhält, ſchon mehrere Sägemühlen treibt 
und in vielen Kruͤmmungen das ganze Thal durchfließt, durch 
Puchberg und, nachdem er das wild romantiſche Stüͤchſenſtein 
berührt hat, uͤber St. Johann der Schwarzau zueilt und ſich in 
die ſelbe mündet, 

Die ſchönſte Anſicht gewährt der Sirningfall im Früh: 
jahre, wo in den Gebirgen der Schnee ſchmilzt, und die Waſſer in 
Fülle zuſammen ſtröͤmen, dann ſtuͤrzt die große Maſſe in der gan⸗ 
zen Breite die Schlucht herab und bildet jenes majeſtaͤtiſche Na⸗ 
tur ſchauſpiel, welches wir zu wiederholten Malen zu ſehen die 
Gelegenheit hatten, und welches unſere ganze Bewunderung 
verdient. 


Sittendorf. 
Ein Pfarrdorf, welches 45 Haͤuſer zählt, unfern vom Stifte 


Heiligenéreuz gelegen. 

Die nächſte Poſtſtation iſt Neudorf, 1 2 Stunde davon 
entfernt. 

Im Orte befindet ſich die Kirche ſammt der Schule. Dieſe 
gehört in das Decanat Baden, das Patronat davon aber dem 
Stifte Heiligenkreuz. Der Werbkreis iſt zum Lin. Inf. Regimente 


409 


Nr. 49 eingezeichnet. — Landgericht iſt die Herrſchaft Rauhen⸗ 
ſtein bei Baden. Nebſt der k. k. Waldamtsherrſchaft Purkersdorf 


beſitzt auch das Stift Heiligenkreuz hier behauſte Unterthanen, 


und letzteres iſt zugleich auch Orts: und Conſeriptionsobrigkeit. 

Im Dorfe hier befinden ſich 52 Familien, 129 männliche, 
130 weibliche Perſonen mit 78 Schulkindern. Dieſe beſitzen einen 
Viehſtand von 8 Pferden, 34 Zugochſen, 87 Kühen, 12 Scha⸗ 
fen, 1 Ziege und 48 Schweinen. | 

Die Einwohner find Waldbauern, did in eigentliche Bauern, 
Hüttler und Kleinhaͤusler ihrer Beſtiftung nach eingetheilt werden 
und mit einigen Handwerkern der nöthigſten Profeſſionen verſe⸗ 
hen ſind. 

Ihre Beſchäftigung bezieht ſich auf den wenigen Ackerbau, 
der zu ihrem eigenen Bedarfe nöthigen Viehzucht, Holz⸗ „ Koh⸗ 
len⸗ und Kalkhandel, dann auf geringe Obſtpflege. Beſondere 
wirthſchaftliche Zweige werden nicht cultivirt. 

Das Dorf liegt meiſt zuſammengebaut, mitunter auch zer⸗ 
ſtreut, in einem angenehmen Thale, welches der Medlinger⸗ 
bach durchfließt, eine halbe Stunde nördlich von Heiligenkreuz, 
eine halbe Stunde öſtlich vom Dorfe Dornbach, eine Vier⸗ 
telſtunde ſaͤdlich vom Schloſſe Wildeck, und eine halbe Stunde 
weſtlich von Gaden und Sparbach, wohin ein Fahrweg fuͤhrt. 
Nördlich und weſtlich gibt es Berge und Waldungen in buntem 
Gemiſch, darin iſt die Jagd kaiſerlich. 

An dem Modlingerbache ſteht eine zum Orte gehörige 
Mühle Das Klima iſt ſehr geſund und gutes Waſſer vorhan⸗ 
den, überhaupt iſt dieſe Gegend als vorzüglich ſchön bekannt, 
und zur Sommerszeit häufig beſucht, auch gewährt der nahe ge⸗ 
legene Berg, zur ſchwarzen Lacke genannt, eine der über⸗ 
raſchendſten Ausſichten uͤber die Berggruppen und das fache 
Land. 

Ganz anmuthig liegen die Pfarrkirche, der Pfarrhof und 
das Schulgebäude außer dem Orte am Fuße des Groß⸗ 
buchberges. Erſtere hat ein ſehr hohes Alter, denn ganz 
wahrſcheinlich haben die Herren von Sickendorf, als Be⸗ 

U | 


* 


0 


110 


ſitzer des Orts in den fruͤheſten Zeiten, eine Capelle erbaut, die 
dann bei vermehrter Anzahl der Unterthanen zu einer eigenen 
Pfarrkirche erhoben wurde, man weis jedoch die Zeit der Grün⸗ 
dung von beiden nicht anzugeben, nur ſo viel iſt gewiß, daß im 
Jahre 1381 allhier ſchon ein Pfarrer war. 

Dieſe Kirche, dem heil. Johann dem Täufer geweiht, 
iſt klein, ganz einfach mit einem Thurme ober dem Eingange. 
Der Hochaltar wurde nach Aufhebung der Jeſuiten von den Ober⸗ 
Jeſuiten in Wien angekauft, und war vermöge der dabei vor⸗ 
handenen Authentik von Johann Abt zu den Schotten und Bi⸗ 
ſchof zu Germanopolis, Weihbiſchof zu Wien, im Jahre 1635 
geweiht worden, wobei als Zeuge Chriſtian Wilhelm, 
Markgraf von Brandenburg und Herzog von Preußen, eigenhäns 
dig unter ſchrieben und fein beigeſetztes Siegel erſcheint. 

Nebſt dieſem iſt nur noch ein Seitenaltar vorhanden, von 
Holz, etwas vergoldet und ohne Altarblatt. 

Merkwürdigkeiten ſind in der Kirche gar keine zu finden; 
blos die Familiengruft der Herren von Neudeck verdient 
eine Erwähnung. Dieſe reich begüterte Familie beſaß auch Sit⸗ 
ten dorf als eine Herrſchaft, und als fie ſpäter zur proteſtanti⸗ 
ſchen Religion übergetreten waren, ließen fie die hieſige Kirche 
dem proteſtantiſchen Gottesdienſte widmen, und erhielten einen 
eigenen Paſtor; fie wählten ſich auch ſeit dem Jahre 1594 in 
dieſer Kirche ihre Familiengruft, welche ſich in einem Ge⸗ 
wölbe unter derſelben befindet. Im Jahre 1733 wurde ſolche durch 
den damaligen Seelſorger geöffnet, und man fand an der Wand 
auf hölzernen Sitzen in aufrechter Stellung die Körper von fünf 
Männern in ſchwarzen ſpaniſchen Mantelkleidern. Die Körper 
waren Skelette und die Kleidung vermorſcht. Man fand nebſtbei 
mehrere Särge von verſchiedener Größe, theils von Kupfer und 
Erz, theils von Holz, und an den Wänden waren die Namen 
und die Jahreszahl von zehn allhier beigeſezten Herren von 
Neudeck angemerket. Dieſe Gruft wurde ſodann wieder ver⸗ 
ſchloſſen, und der Eingang vermauert. 

Diejenigen Glieder, welche ſich daſelbſt befinden, haben wir 


Pur u vu 


111 


mit Namen und Beiſetzung ihres Sterbejahres bei Beſchreibung 


der Veſte Neudeck angemerkt, allwo ſie der geehrte Leſer im 
III. Band unſers Werkes, Seite 301, finden kann. 

Der alte Fried hof iſt um die Kirche, ein neuer ſeit dem 
Jahre 1832 aber außer dem Dorfe angelegt. — Filialkirchen exi⸗ 
ſtiren keine, bloß eine Capelle im Schloſſe zu Wildeck und eine 
in Dornbach gehören hierher. — An Ortſchaften find zur hieſigen 
Kirche eingepfarrt: Dorf Sittendorf, das Schloß Wildeck, 
die Orte Dornbach, Rohrberg und Neuweg. 

Der Ort iſt ſehr alt und erſcheint in den alten Urkunden un⸗ 
ter dem Namen Sickendorf, Sickindorf auch Sig hen⸗ 
dorf und war der Sitz eines gleichnamigen adelichen Geſchlechtes. 
Davon werden im Kloſterneuburger Saalbuche mehrere genannt, 
nämlich im Jahre 1114 Rudiger und im Jahre 1117 Ans⸗ 
halm von Sickendorf. Rupert und Rudiger von Si⸗ 


ckendorf vergabten 1124 einen Unterthan an das Stift Klo⸗ 


ſterneuburg. Im Jahre 1163 machte Walter von Sicken⸗ 
dorf mit dem Stifte Kloſterneuburg einen Tauſch, ebenfalls mit 


einem Unterthan, wobei ſein Bruder Rudbert als Zeuge 


erſcheint. N 

Schon zu Ende des XII. Jahrhunderts mag dieſes adeliche 
Geſchlecht ausgeſtorben ſeyn, weil nachher keiner mehr diefes Na⸗ 
mens erſcheint. Viele Familien, die nicht zahlreiche Sprößlinge 


hätten, finden wir zu der Zeit ausgeblüht, woran wohl die, da⸗ 


maligen Kreuzzüge Schuld ſeyn dürften; denn geſchah ein Auf⸗ 
ruf zu einem ſolchen Zug ins gelobte Land, ſo eilte Alles das 
Kreuz zu nehmen, und es wäre für die Ritter und Adelichen am 
allermeiſten ſchimpflich geweſen, wenn ſie ſich nicht einem Hee⸗ 
reszuge nach Paläſtina angeſchloſſen hätten, an deſſen Spitze ſich 
die Landesfurſten meiſtens ſelbſt ſtellten, wobei aber ſehr viele 
für ſich und ihr Geſchlecht den Untergang bereiteten. 

Nach ſeinen erſten Beſitzern kam der Ort Sittendorf ſehr 


bald in die Hände der Herren von Wildeck und blieb bis 


jetzt mit dieſer Herrſchaft vereinigt. Im Jahre 1391 war Ach az 
von Neudeck Beſitzer von Sittendorf, bei welcher Fami⸗ 


- 


— 


112 


lie der Ort durch lauge Zeit verblieb, dann aber ſammt dem 
Schloſſe Wildeck ein Eigenthum der Landes fuͤrſten wurde. 
Durch Familienband kam es von jener der Ahamer zu Wit⸗ 
den mauer, welche dieſe Herrſchaft im Jahre 4497 vom Kaiſer 
Maximilian l. erhielten, wieder an die Herren von Neu: 
deck, wovon Ferdinand Freiherr von Neudegg das Schloß 
Wildeck ſammt Sittendorf im Jahre 1686 an das Stift 
Heiligenkreuz verkaufte, welches den Ort und das Schloß 
noch gegenwärtig im Beſiße haͤlt. 


Sollgraben, 
3 Haͤuſer, zwiſchen Seebenſtein und Geiſſenſeld gelegen, mit der 
naͤchſten Poſtſtation Neunkirchen am Steinfeld. 

Dieſe Häuſer gehören zur Kirche nach Seebenſtein. Den 
Werbkreis beſitzt das Lin. Inf. Regiment Nr. 49. 

Landgericht, Grund⸗, Orts⸗ und Conſcriptionsobrigkeit iſt 
die Herrſchaft Seebenſtein. 

Vier Familien (darunter find 8 männliche, 14 weibliche 
Perſonen und 2 Schulkinder begriffen) machen den Seelenſtand 
aus. An Vieh beſitzen ſie 6 Zugochſen, 6 Kühe, 8 Schafe, 
3 Ziegen und 4 Schweine. 

Die Einwohner, welche ſich ſchon ſehr den Waldbauern nd: 
bern, find mit bedeutenden Häuſerbeſtiftungen verſehen. Sie 
bauen bloß Korn und Hafer, haben wenig Obſt und treiben eine 
mittelmäßige Viehzucht. 

Dieſes kleine Dörfchen, von den Seebenſteiner obrigkeitli⸗ 
chen und den Unterthanen gehörigen Wäldern umſchloſſen, iſt auf 
einem hohen Berge ſuͤdweſtlich gelegen, wovon die nächſten Ort: 
ſchaften Seebenſtein, Weingart, Reitersberg und Gleiſſenfeld 
ſind. Ein Communicationsweg führt über dieſe Anhöhe nach Wein⸗ 
gart und Schiltern. 

Merkwürdigkeiten ſind hier gar keine zu treffen, und was 
den Namen dieſer kleinen Gemeinde betrifft, fo ift ſolcher wahr⸗ 
ſcheinlich von dem am Fuße dieſes Berges ſich hinziehenden Gra⸗ 
ben genommen worden. 


113 


Sommerbreite, 
jenſeits des Alsbaches gelegen. 

Unter dieſer Benennung beſtand eine ſchöne im Gebirge un⸗ 
weit Dornbach gelegene Waldwieſe (pratum Zemernoprechtis 
vocalum), welche, wie Bern. Petz cod. dipl. T. I. pog · 312. et 
353. anführt, Herzog Heinrich Jaſomirgott (vielleicht 
zwiſchen den Jahren 1158 bis 1170) an das Stift St. Pe⸗ 
ter in Salzburg nebſt mehreren benachbarten Gründen 
ſchenkre, damit die Mönche für fein und ſeiner Gattin Theo: 
dora (Dorothea) Seelenheil beten möchten. | 

Sowohl diefe Waldwieſe, wie auch die übrigen Gründe; 
ſind ſammt dem Dorfe Dornbach noch heut zu Tage ein Eigen⸗ 
thum von St. Peter in Salzburg. 

Sommerein. 

Ein Markt von 219 Häuſern am Fuße des Leithagebirge 
gelegen, mit der nächſten Poſtſtation Fiſchamend in einer Ent⸗ 
fernung von 3 Stunden. 

Die Pfarrkirche und Schule befinden ſich im Markte. Da⸗ 
von gehört das Patronat dem k. k. allerhöchſten Hofe, die Kir⸗ 
che aber in das Decanat Weigelsdorf. — Der hieſige Bezirk iſt 
zum Werbkreis des Lin. Inf. Regiments Nr. 49 eingezeichnet. 

Das Landgericht bildet die k. k. Avictical⸗Herrſchaft Schar⸗ 
fenegg zu Mannersdorf. — Grundherrſchaften find Trautmanns⸗ 
dorf und Scharfenegg, wovon letztere zugleich auch Orts⸗ und 
Conſcriptionsobrigkeit iſt. 

Die hieſige Bevölkerung umfaßt 338 Familien (nämlich 605 N 
männliche, 705 weibliche Perſonen), und an Viehſtand: 200 Pferde, 
18 Zugochſen, 264 Kühe, 643 Schafe. 

Die Bewohner des Marktes ſind durchgehends Bauern mit 
einer ſchlechten Beſtiftung und haben die fuͤr ihre Erwerbszweige 
erforderlichen Handwerker unter ſich. Sie treiben ausgedehnten 
Acker⸗ und Weinbau nebſt Obſtpftege und beſchäftigen ſich auch ſtark 
mit Fuhrwerken aus Ungern. Es werden alle Gattungen Körner⸗ 
früchte gebaut, wozu Grund und Boden größtentheils gut iſt; 

98 


114 


auch liegt im hieſigen Burgfrieden die bekannte Pürftleutbe 
— eine Gegend, welche einen vorzüglich wohlſchmeckenden Wein 
liefert. 

Der Markt Sommerein, welcher, wenn gleich zuſam⸗ 
menhängend, doch unregelmaͤßig gebaut und mit keiner Mauer 
eingefangen iſt, und deſſen Häuſer meiſt mit Stroh gedeckt ſind, 
liegt an einem Abhange des Leithagebirges, wovon in der Nähe 
die ungriſchen Ortſchaften Kaiſer⸗Steinbruch und Win⸗ 
den, an der öſterreichiſchen Seite aber Mannersdorf, 
Piſchelsdorf, Götzen dorf und Saras dorf ſich befinden. 
Im Markte ſteht die Pfarrkirche, der Pfarrhof und die 
Schule, nebſt einem Fabriksgebäude, welches dermalen 
aber zu einem Brauhaus umgeſtaltet iſt. Auch find 13 Stein⸗ 
brüche im Gange, welche vorzügliche Sand- und Kalkſteine nebſt 
Werkſteinen aller Art bis Wien liefern. Ein Bach, welcher aus 
der Leitha entſpringt, fließt hier durch und treibt eine Mahl: 
muͤhle mit einem Gange. So wie der Markt öſtlich von den Lei⸗ 
thagebirgen als die Grenzſcheide zwiſchen Ungern und Oeſterreich 
umſchloſſen iſt, welche beträchtliche Waldungen enthalten, eben 
ſo iſt derſelbe an der weſtlichen und nördlichen Seite von dem 
Leithafluſſe begrenzt. — Das Recht der Fiſcherei ſo wie jenes 
der Jagdbarkeit gehört der k. k. Avictical⸗Herrſchaft Manners⸗ 
dorf. — Sowohl nach Trautmannsdorf als auch nach Manners⸗ 
dorf und nach Kaiſer-Steinbruch führt eine Straße, welche die 
Verbindung mit dieſen Oertern unterhält. | 

Die hieſige Gegend iſt wegen der nahen Gebirge viel an: 
genehmer als die in der Nähe gelegenen übrigen Dorfſchaften; 
ſo iſt auch das Klima und Waſſer ziemlich gut. — Privilegien 
beſitzt der Markt gar keine, eben fo keine Freiheiten zur Abhal⸗ 
tung von Jahrmärkten. — Merkwürdige Gegenſtände gibt es 
nicht. . 
Die hieſige Pfarrkirche betreffend, fo iſt ſolche im Jahre 4565 
erbaut worden, wobei ſie noch gegenwaͤrtig das ganz unveränder⸗ 
liche Gepräge ihres Jahrhunderts an ſich traͤgt. Das Gebäude iſt 
ſehr feſt aus Steinen aufgeführt und das Fundament beſteht aus 


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lauter Quadern. Der Thurm iſt an der Vorderſeite und bildet den 
Eingang. Das Ganze iſt einfachen Styls, im Innern aber iſt ſo⸗ 
wohl das Presbyterium, ſo wie das Schiff der Kirche, mit hohen 
ſpitzen Gurtengewölben verſehen. 

Dieſe Pfarrkirche befindet ſich im Markte gleich neben dem 
Pfarrhofe, welcher das letzte Haus am Wege nach Wien iſt, auf 
einer kleinen Anhöhe gelegen. 

Sie ift der Heim ſuch ung Maris geweiht, hat einen 
Hochaltar von Holz, mit vier vergoldeten Heiligen ⸗Sta⸗ 
tuen geziert, welcher die ganze Höhe des Presbyteriums einnimmt; 
dann noch zwei Seitenaltäre zu Ehren des heiligen W en: 
zeslaus und der heiligen Roſalia. 

In der Kirche ſind außer einigen Grabſteinen von Pfarrern, 
wovon der älteſte nicht über 1707 zurückweiſet, keine anderen 
Grab⸗, Denkmale, Gemälde , Kunſtſtücke, Paramente oder 
ſonſtige Merkwürdigkeiten vorhanden. Außer der Kirche an 
der Friedhofmauer iſt das Grabmal des Ale xius Payos, 
eines Italieners, und feiner Kunſt wegen ein berühmter Stein⸗ 
metz, angebracht, welcher, wie im ſchöͤnen Lapidarſtyl im Latein 
vorkömmt, im Jahre 1591 verſtarb. An den innern Seitenwän⸗ 
den ſind zwölf Statuen der heiligen Apoſtel angebracht, in mehr 
als Lebensgröße, doch nur von gemeiner Sculpturarbeit. 

Auf dem Berge, dem Walde zu, befand ſich auf einem Hu: 
gel in einer maleriſchen Baumpartie eine Nebenkirche, welche zur 
Ehre des heiligen Wenzes laus geweiht, und bis zum Jahre 
1565, dem Erbauungsjahre der neuen im Markte, die Pfarrkirche 
war, auch wurde bis 1786 an hohen Feſten darin noch Gottes⸗ 
dienſt gehalten, in welchem Jahre der Geiſt der Zeit auch an 
dieſes uralte Denkmal Hand anlegte und bis auf eine Mauer, die 
ſelbem zu trotzen ſchien, fie ganz zerſtörte. Gleiches Schickſal 
hatte eine Capelle des heiligen Cosmus, die in das Wohnhaus 
Nr. 191 ungeſtaltet wurde. 

Hieher gehört außer dem Markte ſonſt keine Ortſchaft zur 
Kirche. — Der Gottesdienſt wird gegenwärtig nur von einem 
8 * 


116 


Pfarrer verſehen. Der neue Fried hof ift gleich außer dem Mark: 
te angelegt. 

Der Markt Sommerein iſt ſehr alt und mag im XI. 
Jahrhundert entſtanden ſeyn. Nach alten Urkunden aus dem XV. 
Jahrhundert, die vor uns liegen, hieß der Ort St. Marein 
(St. Marien), wurde aber nachher in Straß: Sumarein 
und gegenwärtig in den nichts bedeutenden Namen Sommerein 
ohne allen Grund umgewandelt. 

Wenn wir dieſe alten Documente in Betracht ziehen, ſo iſt 
der Beweis vorhanden, daß die St. Marienkirche hier noch eher 
ſtand als der Ort, welcher dieſe Benennung erſt von der Kirche 
erhalten hat. Wie Schade iſt es alſo nicht, daß man dieſes merk⸗ 
würdige Gotteshaus ohne Bedenken darniederriß, um nur die 
Steine davon zu erhalten. Wahrhaftig ein abſcheulicher Vanda⸗ 
lismus! — 

Die vorhandenen Kirchen = Protocolle erwähnen keine beſon⸗ 
deren Schickſale, Umänderung oder Verwüſtung durch Feuer und 
Feinde der Kirche, wovon auch keine Spuren am Gebaͤude erſicht⸗ 
lich ſind. Deſſen ungeachtet iſt es aber kaum zu bezweifeln, daß 
wohl ſchon mehrmals der Ort der Feindeswuth ausgeſetzt geweſen 
ſeyn müſſe, da ja auch die nahe liegenden Dörfer ſchwere Drang⸗ 
ſale im Laufe ſo vieler Jahrhunderte empfinden mußten. 

Als einen Nachtrag zur Herrſchaft Sch arfenegg, zu wel⸗ 
cher der Markt Sommerein gehört, wollen wir die jetzt von 
dem dortigen Herrn Verwalter Treitl erhaltene Auskunft über 
den Gründeſtand, weil zu der Zeit die Summarien noch nicht 
fertig waren, hier mittheilen. 

Nach dieſem umfaßt die k. k. Avictical-⸗Herrſchaft 
Schar feneg g 2734 Joch herrſchaftliche, 4380 Joch Privat: 
Wälder; 2389 Joch Wieſengründe; 6933 Joch Ackerland; 350 
Joch Weingärten; 1695 Joch Hutweiden; 124 Joch Gärten; 
29 Joch Sümpfe; 380 Joch unbenutzbarer Boden, Wege ꝛc. ꝛc.; 
wonach die Total: Area 19117 Joch betragt. 
| Was übrigens noch dem Fremden in dieſer Herrſchaft als ei⸗ 
ne beſondere Merkwürdigkeit auffällt, iſt gewiß die Erſcheinung 


117 


des ſogleich durch ſeine Kleidung auffallenden croatiſchen Volksſtam⸗ 

mes in ſolcher Nähe der Kaiſerſtadt, der — noch immer hartnäaͤ⸗ 
ckig an ſeiner wenig wortreichen Sprache und den vermeintlichen 
National: Vorzuͤgen haͤngend, deßhalb aber Alles mißverſtehend 
und meiſt mißverſtanden — den deutſchen Bauern verachtend, dem⸗ 
ſelben aber ebenfalls verächtlich, gleich dürftig im Wohlſtande und 
bei ſonſtigen Mitteln nachſtehen muß. 

So wie dieſe Charakterzuͤge wahr find; haben demungeach⸗ 
tet auch die hieſigen Croaten-Einwohner diefer Herrſchaft einen 
Mann aufzuweiſen, wie die öſterreichiſchen Bewohner nicht ha⸗ 
ben, naͤmlich den Pater Paulinus a S ancto Bartho- 
lom aeo, unter dem Namen Johbann— Philipp ® eſt in, 
im Markte Hof geboren, Carmeliter und Miſſionär, gleich hoch⸗ 
beruͤhmt durch Ausbreitung des Chriſtenthums in Oſtindien, be⸗ 
ſonders auf der Küſte von Malabar, als durch ſeine vielen gelehr⸗ 
ten Werke, welche in linguiſtiſcher, archäologiſcher, numisma⸗ 
tiſcher und hiſtoriſcher Hinſicht ſtets von unſchätzbarem Werthe 
ſeyn werden, wie ſelbſt die eiferſuͤchtigen Engländer und Franzo⸗ 
ſen, welche ſie noch immer beſtens benützen, der Welt kund ge 
geben haben. | 


a) Sonnleiten und Syrn, | 
ein vereinigtes Dorf von 48 Häuſern, unfern Kranichberg gelegen, 
wovon Schottwien als die nächſte Poſtſtation 12 Stunde ent: 
fernt iſt. 

Dieſe Ortſchaft iſt zur Pfarre und Schule nach Raach ein⸗ 
gezeichnet. Der Werbkreis gehört zum Lin. Inf. Regiment Nr. 49. 
— Landgericht ift der Magiſtrat in Wiener = Neuftadt. — Als 
Grundherrſchaften, welche hier behauſte Unterthanen beſitzen, wer: 
den die Herrſchaften Steiersberg, Feiſtritz, Kranichberg und 
Wartenſtein bezeichnet, wovon die letztere zugleich die Orts: und 
Conſcriptionsobrigkeit bildet. 

Die hieſige Einwohnerzahl beläuft ſich auf 26 Familien, 
68 männliche, 72 weibliche Perſonen, mit 25 ſchulfähigen Kin: 


118 


dern. Der Viehſtand zähle 2 Pferde, 26 Zugochſen, AO Kühe, 
120 Schafe, 10 Ziegen, 50 Schweine. 

Als Waldbauern find die Bewohner in Ganz⸗, Halb: und 
Viertellehner eingetheilt und beſchäftigen ſich blos mit der Bauern⸗ 
wirthſchaft, die in einer ziemlich guten Viehzucht, in dem gewöhn⸗ 
lichen Körnerbau, dann in der Fechſung von Flachs, Klee und 
Erdäpfeln beſteht. Sie haben viel und ſchönes Obſt, beſonders 
Zwetſchken; auch beſitzen ſie in den herrſchaftlichen Bezirken von 
Gloggnitz und Stuppach Ueberlaͤndweingaͤrten, die in heißen Som⸗ 
mern einen guten Wein geben. 

Die vereinigten Orte liegen zerſtreut, und zwar die Haͤuſer 
von Sonnleiten auf dem ſuͤdlichen Rücken des Raachberges, 
und jene von Syrn im Thalgrunde längs des ſogenannten Syr n⸗ 
baches, der hier unrecht »Sirning b ache genannt wird. Die 
Haͤuſer find alle mit Stroh gedeckt. — Die hieſige Gegend, wel⸗ 
che eine ſehr geſunde und reine Luft, auch vortreffliches Gebirgs⸗ 
waſſer beſitzt, iſt ſehr ſchön und reich an maleriſchen Partien, 
welche die Natur ohne Kunſthand gefchaffen hat. — Es ſchlaͤngelt 
ſich durch das Thal ganz romantiſch der vorerwaͤhnte Syrubach, 
welcher Forellen enthält, zwei Mahlmühlen und zwei Bre⸗ 
terfägen treibt. — In diefer Gemeinde find viele Wälder und 
Berge, jedoch ohne eigentliche Benennungen, aber die Jagd darin 
iſt ſchlecht, nur in wenigen Neben, Haſen und Füchſen beſtehend. 

Sonnleiten mit Syrnu iſt ſehr alt, enthält jedoch gar 
keine bemerkenswerthen Gegenſtände. Die Namen haben beide von 
ihrer Lage erhalten, naͤmlich Sonnleiten au der füdlichen Sei⸗ 
te des Raachberges (an dem Sonnenwege oder Sonnleiten) und 
Syrn (ein ſprudelndes Waſſer) am Vache gleiches Namens ge: 
legen. | 


b) Sonnleiten. 
Ein kleines Dörfchen, welches nur 11 Haͤuſer zählt, mit der 
nächſten Poſtſtation Schottwien in einer Entfernung von 2 Stunden. 
Der Ort gehört zur Kirche und Schule nach dem nahen Pfarr: 


419 


orte Prein; mit dem Werbbezirke zum Lin. Inf. Regimente 
Nr. 49; mit dem Landgericht zum Magiſtrat nach Wiener: 
Neuſtadt. 

Grund-, Orts⸗ und Conſcriptionsobrigkeit iſt die Herrſchaft 
Reichenau. 

Hier leben 13 Familien, 31 männliche und 31 weibliche Per⸗ 
ſonen. Dieſe halten einen Viehſtand von 20 Zugochſen, 23 Kü: 
hen und 47 Schafen. 

Die hieſigen Bewohner ſind Bauern, welche ſich ganz den 
Waldbauern nähern. Ihre Beſtiftung beſteht blos in kleinen Haus⸗ 
waldungen, und der Feldbau, wovon die Gründe alle ſteil an Ber: 
gen gelegen ſind, iſt ſehr gering, gleichwie ihre blos auf den Haus: 
bedarf beſchränkte Viehzucht; fie müffen ſich daher mit Kohlen⸗ 
und Holzarbeit einen Nebenverdienſt ſuchen. 

Der Ort Sonnleiten beſteht aus zerſtreuten, meiſt blos 
von Bretern (Pfoſten) erbauten Häuſern und liegt nahe an der 
ſteieriſchen Grenze dem Pfarrorte Prein auf gleicher Berghöhe 
gegenüber an der Mittagfeite, daher auch der Name Sonnlei⸗ 
ten. Blos der durchlaufende Waſſergraben zwiſchen den beiden 
Bergen ſcheidet die zwei Ortſchaften. An dieſem Waſſer ſteht eine 
Mahlmühlez die Fiſcherei darin, in Forellen beſtehend, iſt ganz 
unbedeutend. 

Hier ſind auch im Bezirke die bedeutendſten Berge und die 
beträchtlichſten Waldungen, wozu die Griesleiten und der Gföll⸗ 
wald gerechnet werden, welche der Herrſchaft Reichenau angehö⸗ 
ren und ſich bis zur Preiner⸗ und Raxalpe erſtrecken. 

Die Jagdbarkeit, ein Recht der erſtbenannten Herrſchaft, 
iſt groß und beſteht in Hoch⸗ und Niederwild. 

Das Dertchen ift ſehr alt, beſitzt aber gar keine Gegenſtände, 
welche der Bemerkung werth wären. 


c) Sonnleiten, 
fünf einzelne Häufer im Gebirge rückwärts Purkersdorf, welches 
auch die nächfte Poſtſtation iſt. | 
Dieſes Oertchen iſt nach Anzbach im V. O. W. W., an 


„ „ ar auen angefhult. Den Werb⸗ 
2 Ip Wunmeat Nr. 49. 
„FS Prts⸗ und Conſcriptions⸗ 
Se rdaft Purkersdorf. 
„ Wanilien, 11 männliche, 16 weib⸗ 
user: der Viehſtand: 8 Pferde, 
», 2 Schweine. 
Testet ud Waldbauern und Huͤttler, 
gu aber eine ausgeſuchte Viehzucht, 
.. Tann deſitzen. 
„Mich und Obſt nach der Reſidenzſtadt 
. ich uͤberdieß noch mit Holzfuhrwerk aus 
Are Eriſtenz iſt daher mehr als geſichert 
Indus zur wohlhabenderen Claſſe der Wald: 
e Super liegen zerſtreut zwiſchen Eichgraben und 
„von Purkersdorf über Presbaum führenden 
eonultbeils auf Anhöhen nahe am Walde, bei 
„Nuruder Waldbach (Graben) vorbeifließt. — 
Nene, voll von Bergen und Wäldern, iſt ſehr ſchön, 
Luna und gutes Waſſer. 
yes Mehwürdigfeiten find keine vorhanden; den Na: 
ss» QGuſer von ihrer Lage auf der Südſeite, gleich 
Secuen zwei Ortſchaften, erhalten. 


So ß, 
I. welches aus 49 Häuſern beſteht, apiſchen Ba⸗ 


Ie, gelegen. 
an meudorf die nächſte Poſtſtation und Baden der 
ya, 

Schule befinden ſich im Orte. Die ſe gehören in 
duden und das Patronat von der erſteren der Herr: 
wer Wusgell. — Den Werbbezirk von bier befigt das 
ASAMTTIT Lo Nr. 49. 

di iſt die Herrſchaft Rauhenſtein zu Weikersdorf, 


N 


* 


x 


421 


Grund: , Orts⸗ und Eonferiptiongobrigkeit die Henſchaft Klein⸗ 
Mariazell. 

Heier leben in 85 Familien 187 männliche, 200 weibliche 
Perſonen mit 70 Schulkindern, welche einen Viehſtand von 
7. Pferden, 46 Zugochſen und 95 Kuͤhen befigen. \ 

Die hieſigen Einwohner gehören in die Claſſe der Hauert⸗ 
leute, welche ſich vom Verkaufe der von ihnen erzeugten Ge: 
müfeforten, von der Viehzucht, vom Tagkdhne, von einigem 
Ackerbaue und meiftens vom Weinbaue ernähren. 

Das Dorf Soß liegt eine halbe Stunde füdlich von Baden 
und St. Helena, und eine halbe Stunde nördlich von Vöslau 
und Gainfahrn in einer ſehr ſchoͤnen und geſunden Gegend, je⸗ 
doch mir ſchlechtem Waſſer verſehen, gegen Sonnenaufgang am 
Fuße des Soſerlindkogels. Die Häuſer ſind eng an einander ge⸗ 
reihet und ſo eine breite Gaſſe bildend, wobei die Kirche gleich 
außer dem Orte auf der nördlichen Seite ſich befindet. Links von 
dieſem Dorfe führt in geringer Entfernung eine Straße von Bas 
den nach Vöslau. 

Dieſer Ort iſt ſehr alt, jedoch weiß man feine Entſtehungs⸗ 
periode nicht genau. Die Geſchichtsforſcher Hanthaler und 
Hueber berichten, daß das Dorf unter der Benennung »& 433 
oder »Sozze« bei den Alten (Hueber ſagt im Jahre 1210. 
das iſt fo viel als Soß in unſerer Ausſprache, bekannt war 
und ein Landhaus in der Naͤhe von Baden, an das aͤlteſte Benes 
dictinerkloſter Mariazell in Oeſterreich angrenzend, und demfel⸗ 
ben eigenthümlich geweſen ſeyn ſoll. . 

Wenn wir denſelben Glauben ſchenken dürfen, fo wäre es. 
erwieſen, daß vorerſt ein Schloß hier geſtanden ſei, um welches 
in der Folge mehrere Häuſer entſtanden und ſich ſo das Dorf bil⸗ 
dete. Den Namen mag es von jenem edlen Geſchlechte der alten 
bekannten Familie von Sazze oder Soz ze erhalten haben, 
welche ihr Stammſchloß Sodß bei Melk im V. O. W. W. be⸗ 
ſaßen, und welches noch heut zu Tage nebſt einem Dorfe von 
26 Häufern beſteht. Daß Glieder derſelben Familie das Schloß 


vo. * 
on — 
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122 


in unferm Dorfe hier eigenthuͤmlich in Wefig hielten, oder wohl 
gar erbauten, ſcheint ganz richtig zu ſeyn. 

Der Ort kann ſpäterhin an die Herren von Merkenſte in 
gelangt ſeyn, die ihn etwa ſo wie ihren Hof zu Baden in der 
Folge dem Stifte Klein⸗Mariazell ſchenkten, weil man nicht ge⸗ 
nau weiß, auf welche Art und wann dieſe nun aufgelöfte Bene⸗ 
dictiner⸗Abtei zum Dorfe Soß gelangt ſei. 

Die Behauptung in der kirchlichen Topographie, 4 Band, 
Seite 276, daß dieſer Ort früher viel größer, ja ſogar unter 
dem Namen: Saassa ad tres fontes (Saaſſe bei den drei Bruns 
nen), eine Stadt geweſen ſeyn ſoll, erſcheint dieſem nach ganz 
irrig, denn wenn auch die Brunnen wirklich noch vorhanden 
ſind, wovon einer im Orte ſelbſt, einer auf der Viehweide zu⸗ 
nächſt dee Badnerſtraße und einer am Fuße des Gebirges ſich 
befindet, wenn auch bei Aufgrabung hier und da Grundmauern 
gefunden werden, und die Sage beſteht, daß das jetzige Gaſt⸗ 
haus früher das Rathhaus war, fo iſt dieſes Alles noch kein Be⸗ 
weis, daß eine Stadt hier geftanden haben müſſe. Wir wurden 
in dieſem Falle ganz gewiß einige urkundliche Spuren entdeckt 
haben, da wir uns alle Mühe gaben, deßhalb nachzuforſchen. Die 
vorhandenen Uleberreſte zweier Thore und die kaum kenntlichen 
Ringmauern laſſen allerdings vermuthen, daß der Ort vormals 
viel größer als gegenwaͤrtig und ein Markt geweſen ſeyn könne, 
welches um fo gewiſſer ſcheint, weil vermög einer noch jetzt bei 
der Ortsgemeinde vorfindigen Urkunde der Ort früher das Recht 
genoß, einen Wochenmarkt halten zu dürfen; dieſer hörte aber auf, 
nachdem die Gemeinde Soß gleich wie jene von Pfaffſtätten 
mit der Stadt Baden einen Vertrag abſchloß, daß ſie von dem 
Standgelde bei dem Verkaufe ihrer Lebensmittel in Baden be⸗ 
freit bleiben ſolle, welches auch noch jetzt beobachtet wird. Und 
wie leicht endlich duͤrfte es nicht gekommen ſeyn, daß der große 
und blühende Ort Soß durch die Völker des ungriſchen Königs 
Matthias Corvinus gänzlich zerſtört ward! Wir kennen 
aus der Geſchichte der nahen Stadt Baden, wie ſchrecklich dieſe 
Unmenſchen gehauſt haben; ſo wie dieſe befeſtigte Stadt ihrem 


123 


Grimme unterliegen mußte, eben ein fo trauriges und noch gro: 
ßeres Unglück kann dieſen friedlichen Ort betroffen haben. Ja 
auch die türkiſchen Barbaren konnen es geweſen ſeyn, die den 
Ort gänzlich zerſtörten; denn es wird berichtet, daß im Jahre 
1529 Soß dermaßen von ihnen hart mitgenommen worden ſei, 
daß nur der Thurm, zwei Thore und vier Häufer mit neun Ber 
wohnern übrig blieben. Die Schickſale in dieſer Welt ſind ver⸗ 


ſchieden; und ſo hat es denn gerade unſern Ort betroffen, fi 


nicht mehr wie früher aufrichten zu können, welche Hinderniſſe 
ihren Grund in dem geringen Ertragniſſe der Grandſtücke und 
andern Urſachen haben mochten. 

So viel alſo von dem Dorfe So ß, wovon die Familien; 
Glieder, die dem Orte den Namen. gegeben haben dürften, am 
gehörigen Platze, nämlich bei ihrem Stammſchloſſe im V. O. 
W. W., von uns aufgeführt erſcheinen werden. 

Es bleibt uns hiernach nur noch in Betreff der Kirche die 
nöthige Aufklärung zu geben übrig. | 

Ob in den früheſten Zeiten der Ort eine Kirche gehabt 
habe, und ob ſolche eine Pfarre war, iſt ungewiß, jedoch wird 
in einer Urkunde des Stiftes Melk vom Jahre 1319 geſagt, daß 
die Grundherrlichkeit, nämlich das Stift Klein Mariazell, auf 
alles Recht auf dem Grunde. verzichten wolle, worauf die Ges 
meinde von Sof, welcher Ort damals zu Baden eingepfarrt, 
und worüber der Abt von Melk Patron der Pfarrkirche war, zur 
Ehre Gottes und der ſeligſten Jungfrau eine Ca⸗ 
pelle bauen wollte. Der Viſitations⸗ Bericht vom Jahre 1544 
ſagt auch, daß der Pfarrer von Baden einen eigenen Caplan 
für Soß zu erhalten hatte, woraus hervorgeht, daß in Sof 
ſeit 500 Jahren eine Capelle beſtanden habe, die ein Filiale von 
Baden in der Art war, daß nur bisweilen ein Caplan von dort 
herkam, den Gottesdienſt zu halten, wofuͤr die Ortsgemeinde 
jährlich 18 Pfund Pfennige gab. Seit dem Jahre 1783 beſteht 


eine eigene Localie hier, deren Pfarrer ſeine Beſoldung vom 


Religions fonde bezieht. 
Die Kirche, außerhalb des Orts ſi luitt und vom Fried⸗ 


N 


124 


bofe nebſt einem ausgetrockneten Graben umgeben, hat im Lau⸗ 
fe der Zeiten eine Umſtaltung erlitten, der Kirchenthurm aber iſt 
in feiner urſprüͤnglichen Bauart geblieben und zeigt von hohem 
Alter. Im Innern iſt fie ganz einfach, und obſchon früher der 
ſeligſten Jungfrau geweiht, iſt gegenwärtig die heilige 
Anna die Schutzpatronin, deren Bildniß ſich auf dem Hochal⸗ 
tar befindet. Außer dieſem iſt auch noch ein Seitenaltar, 
zum leidenden Heilande, vorhanden. — Merkwürdigkeiten 
gibt es keine, nur das Grabmal des Andreas Klein, buͤr⸗ 
gerlichen Stück⸗ und Glockengießers von Wien, + 28. Juni 1786, 
verdient eine Erwähnung, da derfelbe ein Wohlthaͤter der 
Kirche war. 

Unweit von Soß iſt im Gebirge, im Soßer⸗ oder Kal⸗ 
tenberge, das ſogenannte Schelmenloch (baͤuriſch das 
Schelmaloch genannt) als eine geräumige Berghoͤhle befindlich, 
worin Bergmilch fließt. Es ſcheint, als wäre ein größerer Felſen 
übergeſtürzt, und habe durch dieſes die Höhle gebildet, welche 
ſich in mehrere Nebenhöhlen theilt. Mehrere haben den hieſig en 
Felſen zum Uebergangs⸗Kalkſtein gezählt, welcher aber durchaus 
Sandſtein it, der ſich dem Dolomit nähert, aber ſowohl an 
Farbe als im Bruche mit dem ſogenannten kriſtalliſirten Kalk⸗ 
ſtein von Fontainebleau in Frankreich ganz übereinkommt, ſo 
ahnlich, daß man Bruchſtüͤcke des einen und andern nicht unter⸗ 
ſcheiden könnte. Die Tropfſteine find bald roͤhrenföͤrmig, bald 
knollig, und gehören zum körnigen Kalkſteine mit ſchalig abge⸗ 
ſonderten Stüden, bald find fie wirkliche Kalkſinter. In dieſe 
Hohle flüchteten ſich die Bewohner von Soß, als die Türken 
ihren Ort zerſtörten; fie wurden aber entdeckt und mit Rauch er⸗ 
ſtickt. Den Namen Schelmenloch erhielt dieſelbe, weil ſie 
öfters ein Schlupfwinkel von Schelmen und Naͤubern war. 


Spar b a ch ’ 
ein aus 36 Häufern beſtehendes Dorf, zwiſchen Weiſſenbach und 
Sittendorf gelegen, wovon Neudorf die nächfte Poſtſtation iſt. 
Der Ort iſt nach Gaden eingepfarrt und nach Sittendorf mit 


125 


der Schule angewieſen. Den Werbbezirk beſitzt das Lin. nf. 
Regiment Nr. 49. Das Landgericht wird von der Herrſchaft Ve⸗ 
ſte Lichtenſtein mit dem Amtsſitz zu Brunn am Gebirge ausgeuͤbt. 
Grund⸗, Orts- und Conſcriptionsobrigkeit iſt die Veſte Johann: 
ftein am Sparbach, ebenfalls zu Brunn. 

Dieß Oertchen zählt 42 Familien, 88 männliche, 95 weib⸗ 
liche Perſonen, 20 ſchulfähige Kinder; 11 Pferde, 23 Zugoch⸗ 
ſen und 29 Kühe. | 

Die Einwohner find Waldbauern, welche fih vom Holz⸗ 
und Kalkhandel, Ackerbau, Viehzucht und Taglohne ernähren. 

Das Dorf Sparbach, an ſich ſelbſt armſelig und ſchmu⸗ 
tzig, iſt in einer ſchönen und geſunden Gegend gelegen zur Rech⸗ 
ten abſeits der Straße, welche ſich von Medling aus durch die 
Brühl und Gaden nach Heiligenkreuz hinzieht. Es iſt eine halbe 
Stunde weſtlich von Bruͤhl und Weiſſenbach, eine halbe Stunde 
nördlich von Gaden und eine halbe Stunde öſtlich von Wildeck 
und Sittendorf ſituirt, in einem kleinen angenehmen Seitenthale, 
welches eine Aus ſicht nach dem nahen Sittendorf gewährt. Die 
Umgebung Sparbachs iſt überaus herrlich und reizend, und 
wird den Sommer über häufig von den Wienern beſucht, die Aus⸗ 
flüge zu allen dieſen romantiſch liegenden Dorfſchaften machen. 
Dieſe Anmuth und Schönheit beginnt ſchon bei Medling und 
ſteigert ſich ſofort durch das Brühlthal, Weiſſenbach, Spar⸗ 
bach, Sittendorf, Gaden, Heiligenkreuz, Maierling und Al⸗ 
land ꝛc. c. Die Abwechslungen ſind hier in dieſem großen Be⸗ 
zirke, der meiſt zur Herrſchaft Lichtenſtein gehört, vielfach und 
gewähren ein ungemeines Vergnügen demjenigen, welcher Freude 
und Vorliebe für Naturſchönheiten beſitzt. Wie ungemein groß⸗ 
artig iſt nicht der Eindruck, welchen der Felſenpaß als Eingang 
in den Brühl hervorbringt? — Kahle Felſen und ungeheuer große 
Steinmaſſen, auf denen in ſeltſamen Gruppen hochſtämmige Nas 
delwälder ſtehen, thürmen ſich zu beiden Seiten in gigantiſchen 
und höchſt ſchauerlichen Formen auf; Ruinen ſtarren dem Wan⸗ 
derer entgegen, die beſonders merkwürdig ſind, weil ſie uns das 
Andenken an das hochberühmte Babenberger Herzog haus 


126 


bewahren. So wandelt man eine gute halbe Stunde zwiſchen 
dem engen Paß, der von dem Medlingerbach in vielen Krüm: 
mungen der Laͤnge nach durchſtrömt wird, und ſtaunt die koloſſalen 
Maturgebilde an, zwiſchen denen man aber ſchon hie und da die 
Gebilde der Kunſt gewahr wird, als ſich mit einem Male das 
majeſtaͤtiſche Thal der hintern Brühl in üppigſter Pracht aufs 
ſchließt. 

Dasfelbe bildet einen nicht ganz runden Keſſel, iſt aber von 
ſchoͤnen Gebirgen eingeſchloſſen, die alle eine überrafchende und 
mannichfache Ausſicht gewähren. Wir haben ſchon vorne erwähnt, 
daſi die ganze große Umgegend ein Eigenthum des gegenwärtig 
regierenden Sürften Johann von und zu Lichtenſtein iſt. 
Dieſer hohe Menſchenfreund hat mit ſichtbarer Freude große 
Summen aufgewendet, um dieſe Gegend zu einem wirklichen Pa⸗ 
radieſe umzuſchaffen; an Plätzen, wo die Natur nicht genugſam 
ihre Pracht ausgeſtreut hat, iſt die Kunſt des Gärtners dazwi⸗ 
ſchen getreten, und hat eine ſolche Fulle von abwechſelnden Schön⸗ 
heiten geſchaffen, die Jeden mit innigſtem Danke gegen den ho⸗ 
ben Eigenthümer erfüllen muß. Frei und unbekümmert kann ſich 
bier der Naturfreund vergnügen und an fo vieler Anmuth erfättis 
gen, er kann ſelbſt die fürſtlichen Schlöſſer und Tempel mit 
aller ihrer reichen innern Ausſchmückung beſehen, und die Höhen 
zu den natürlichen und Fünftlihen Ruinen erglimmen, daß fein 
freudetrunkenes Auge weit umher blicken könne über die Fluren, 
den Reichthum und Segen Oeſterreichs! — 

Wenn wir uns eine Bemerkung erlauben, ſo iſt es dieſe, daß 
die vielen künſtlich erbauten Ruinen auf den hohen Bergſpitzen 
den ſo eigenthümlichen Eindruck der alten Burg der Babenberger 
Herzoge und des Schloſſes Lichtenſtein ſtören; auch wird ſie, 
wenn auch jetzt für ihre Erhaltung gut geſorgt wird, der Zahn 
der Zeit in der Folge bald zernagen, und keine ehrwuͤrdigen 
Steinreſte, wie von jenen alten Burgen, werden aus ihnen her⸗ 
vorgeben, ſondern die alles durchwuͤhlenden Einwirkungen der 
Witterung können ſie nur zu Lehmhaufen umſtalten. 

Indem wir alſo das überaus reizende Brühlthal verlaſſen, 


427 


worin am weſtlichen Ende eine ganz neu erbaute ſchöne Pfarrkir⸗ 
che, die ihres Bauſtyls wegen, im Kleinen beinahe nach der 
Hauptfacade der Carlskirche in Wien mit Hinweglaſſung der 
zwei Säulenthürme gehalten, allgemein das Auge auf ſich zieht, 
und mehrere Gaſthäuſer, das bedeutendſte zu den 3 Raben, ſich 
befinden, die aber wie alle auf dem Lande in der nahen Umge⸗ 
bung Wiens, um vieles Geld nur Mittelmäßiges bieten, 
durchwandern wir über Weiſſenbach die ſchöne Gegend, wo hie 
und da an dem Wege ſich Kalköfen finden, unſerm Dörſchen 
Sparbach zu. 

Schon in fruhen Zeiten hatte der Ort eine eigene Kirche, 
dem heil. Biſchof Nicolaus geweiht. Zu Anfang des XIII. Jahr⸗ 
hunderts erhob Biſchof Wolfker von Paſſau dieſe Kirche zur 
Pfarre und trennte ſie von Alland. Dieſe Pfarre mag bis zum 
eingeriſſenen Proteſtantismus im XVI. Jahrhundert gedauert ha⸗ 
ben, dann aber wohl ganz aufgelöst worden ſeyn, da die be⸗ 
kannte, der neuen Lehre höchft zugethane Familie Tanraͤdl 
zum Beſitze dieſer Herrſchaft gelangte. Als Abt Michael II. 
dieſes Gut im Jahre 1652 kaufte, vereinigte er die Pfarre mit 
Gaden, zur Schule wurde der Ort aber nach Sittendorf gewie⸗ 
ſen, wie es noch gegenwärtig beſteht. — Die Kirche in Spar⸗ 
bach iſt von alterthümlichen Anſehen, ohne alle Merkwuͤrdigkeit, 
hat aber ihren eigenen Taufſtein, Leichenhof und Pfarr⸗ Matrikel. 

An der nördlichen Seite am Ende des Dorfes liegt auf einer 
kleinen Anhöhe das kleine herrſchaftliche Jagdſchloß, 
welches ein recht ländliches Anſehen hat, und an deſſen äußeren 
Wänden nach alter Sitte noch Hirſchgeweihe prangen. Es wird 
von einer Ringmauer mit einem Pförtchen umſchloſſen und hat 
im innern Raume freundliche Baumpflanzungen. Seit dem der 
ganze Wald hier zu einem Thiergarten von dem Fuͤrſten Lich ten⸗ 
ſtein umgeſtaltet wurde, bewohnt der Förſter und Thiergarten⸗ 
Aufſeher dieß Schloß. Sehenswerthes enthält dasſelbe ſonſt nichts 
im Innern, als fünf ſehr gute lebensgroße Oelgemälde einiger 
Feldherren des öſterreichiſch kaiſerlichen Heeres im dreißigjährigen 


128 


Kriege, worunter wir die Generale Dewehr, Gallas, 
Mislick, Balthaſar und Engelfarth bemerken. 

Gleich hinter dem Förſterhauſe beginnt nun auch ſchon der 
eigentliche Thiergarten, zu deſſen Anlegung und Einfried ung 
mit einer Mauer, weil der ganze Bezirk hier mit der hohen 
Jagdbarkeit dem Landes fuͤrſten zugehoͤrt, Se. Majeſtaͤt der ge: 
genwaͤrtig regierende Kaiſer Franz dem Gutsherrn Fuͤrſten J o⸗ 
bann von Lichtenſtein die beſondere Erlaubniß ertheilte; er 
enthält bei 300 Joch im Flächenmaß, und bei 160 Stück Hochwild. 

Eine Viertelſtunde von hier in einem engen Gebirgsthale⸗ 
iſt auf einem Felſen die alte Veſte Johannſtein erbaut, wel⸗ 
che wir ſchon in unſerm Werke beſchrieben haben. Neben dieſer 
befinden ſich die kaum mehr bemerkbaren Ueberreſte der Burg 
Schnepfenſtein, deren Geſchichte aber ganz in Dunkel ges 
hüllt und, wie wir vermuthen, auch ohne alles hiſtoriſche In⸗ 
tereſſe iſt. Sparbach und Schnepfenſtein ſcheinen bald 
gleiche Beſitzer gehabt zu haben. 

Es gab ein edles Geſchlecht von Sparbach, welches zu⸗ 
gleich auch die Veſte Schnepfenſtein beſaß. Davon ſind im 
Jahre 1131 im Kloſterneuburger Saalbuche Adelheid von 
Sparewarbesbach, im Jahre 1136 Anſelm von Spar⸗ 
barspach und 1160 Prunwich von Sparwerspach bes 
kannt. Im XIII. Jahrhundert erſcheint eine Mechtild von 
Sparbach und Schnepfenſtein, welche im Stifte Heili⸗ 
genkreuz begraben liegt. 

Nach dem Ausblühen dieſer Familie ſcheint Johann von 
Lichtenſtein, der gewaltige Hofmeifter genannt, die 
Herrſchaft Sparbach beſeſſen zu haben, weil er zugleich Herr 
von der nahen Burg Johannſtein war, wovon wir denſelben 
als Erbauer vermuthen. 

Die übrigen Beſitzer von Sparbach wolle der geneigte Le⸗ 
fer bei der Darſtellung von Johannſtein im 2. Bande gegen: 
wärtigen Werkes, Seite 308 — 309, erſehen. 


5 129 


Speiſing, 
ein Dorf von 45 Häuſern, zunächſt Lainz bei Hietzing gelegen und 
nur eine Stunde von Wien entfernt. 

Der Ort gehört zur Pfarre und Schule nach dem nahen ainz. 
Den Werbkreis beſitzt das Lin. Inf. Regiment Nr. 49. — Lands 
gericht iſt die Herrſchaft St. Veit an der Wien. | 

Als Grundherrſchaften werden das Wiener = Domcapitel,, die 
Herrſchaften Erlaa, Lieſing und Mauer bezeichnet, wovon die 
letztere zugleich Orts⸗ und Conſcriptionsobrigkeit iſt. 

Im Orte leben 73 Familien, 464 männliche, 175 weibliche 
Perſonen, 41 Schulkinder. Sie halten einen Viehſtand von 15 
Pferden, 1 Ochſen, 126 Kühen und 2 Ziegen, 

Die hieſigen Einwohner ſind Landbauern, welche man blos 
Kleinhaͤusler und Milchleute nennt, die auch nur Hausgründe be⸗ 
ſitzen, und unter welchen ſich mehrere Handwerker befinden. Ihre 
Beſchaͤftigung beſteht im Feldbau der vier Körnergattungen auf 
ziemlich guten Gründen, die auch trefflich bearbeitet werden, in 
Weinbau von mittelmäßiger Art und in einer beträchtlichen Vieh⸗ 
zucht, wovon ſie die Milch nach Wien zum Verkaufe führen. Obſt 
haben ſie wenig. Da ſie alle ihre Erzeugniſſe um gute Preiſe in 
der Reſidenzſtadt verkaufen können, auch das Recht genießen, ih⸗ 
re eigenen erzeugten Weine durch einen Leutgeber nach der Reihe 
der Grundbeſitzer das ganze Jahr hinduich ausſchenken zu dürfen, 
ſo kann ihre Exiſtenz ſehr gut genannt werden. 

Das Dorf Speiſing liegt in einer Ebene im Angeſichte 
des k. k. Thiergartens an der Straße, welche von Wien über 
Schönbrunn, Hietzing, Lainz, nach Mauer und in den k. k. Thier⸗ 
garten führt, in einer nicht nur ſehr ſchönen, ſondern auch geſun⸗ 
den Gegend. Die Häuſer find auf beiden Seiten der ſich durch⸗ 
ziehenden Straße regelmäßig aneinander von gutem Steinmaterial 
aufgebaut und mit Schindeln gedeckt. Ein kleiner Bach, der aus 
dem Thiergarten kömmt, zur Sommerszeit gewöhnlich ganz aus⸗ 
trocknet und der Lainzerbach genannt wird, fließt hier durch 
den Ort, und ſchwillt bei ſtarken Regengüſſen oft fo ſehr an, daß 

| 9 


130 
dee nahe gelegenen Wieſen Vercchlemengen erleben. Lußer dem 
Jute ads erde gemauerte Drucke uber denſeſben, welihe dieſen 
Si deu Nu Vurgfrieden des Torte! Dauer ſcheidet. 
WMetwardigkeiten bat das Derr gar feine aufzuweilen. Die- 
de eor git und und ſchon im XII. Jahrhundert, we nech 
Ne sage Lieſige Umgegend meiſt Waltung war, beſtanden hier 
„e. y sckel dutten. Der beſtehenden Sage zu folge, die uns auch 
et ganz unrichtig ſcheint, fell ſich einſtmals ein Herzeg (fi 
beach aus dem Babenbergiſchen Haufe), als er ſich in dieſem 
Wee te mit der Jagd ergetzte, im Walde verirrt haben, weñholb 
ct vat Nachmittag mit feiner Dienerſchaft zu dieſen Holzha⸗ 
ter dalteu kam, und bei den gaſtfreundlichen Leuten fein Mittag⸗ 
la. ciudad. Erfreut über dieſe fo ſorgliche Aufnahme, wurden 
dee: e Nut armen Hüttler von dem gütigen Herzog reichlich bes 
cut, wodurch ihre Hütten vermehrt und vergrößert werden 
reuuteu; fie gaben demnach von dieſem Ereigniſſe her dem Ort den 
Namen Speiſeng (wir ſpeiſen euch oder geben euch zu fpeifen), 
der nun in Speiſing umgewandelt wurde. 

Späterbin erſcheint der Ort ſchon urkundlich, gehörte zur als 
wu Pfarrkirche nach Penzing, und im Jahre 1365 ſchenkte Her⸗ 
zog Rudolph V. der Stifter ſolchen ſſeiner neuen Stiftung, 
der Propſtei Allerheiligen zu St. Stephan in Wien. Zwar 
deſaß ſie dieſe Schenkung nicht gar lange, denn ſchon 1411 be⸗ 
iepute Herzog Albrecht V., welcher dieſe Schenkungen Rus 
dolphs nicht anerkannte, den Peter und Alex ius Chrud⸗ 
wer (auch Gradner) mit Atzgersdorf, Lainz und Speiſing. 

Die ferneren Beſitzer dieſes Orts können bei Lainz, zu wel⸗ 
chem er gehörte, erſehen werden. Seine Schickſale, ſchon von der 
tiapeiten bis in die jetzige Zeit, theilte er ebenfalls mit demſelben, 
uur bemerken wir, daß Speiſing im Jahre 1809 von den Fran⸗ 
leleu ganz ausgeplündert wurde. 


Spinnerin am Kreuze. 


Eine Säule von gothiſcher Bauart, welche ſich am Rücken 
des Wleuerberges befindet, und bei 1000 Schritte von der Maͤtz⸗ 
teingderfer » Linie entfernt ſteht. 


131 


Ueber dieſes uralte Denkmal find fehr viele Sagen und Mär: 
chen im Umlaufe, welche wohl, ſollten ſie alle angeführt werden, 
einen Band füllen würden. Man hat ſogar viel ſchon darüber ges 
ſchrieben, worunter auch die gefammelten Meinungen über 
dieſe Säule, herausgegeben von Anton Reichsritter von Geu⸗ 
ſau im Jahre 1807, gehören, die aber alle nur flache, nichts ſa⸗ 
gende Behauptungen und Streitigkeiten enthalten, daher im Gan⸗ 
zen zu gar nichts dienen, da auf keine Spur einer wirklichen 
Tendenz von dieſer oder jener Sage hingewieſen wird. Eben ſo 
geringfügig iſt die Beurtheilung über die Bauart derſelben, und 
in welche Zeitperiode ſie eigentlich gehören könnte. 

Abgeſehen von Allen dieſen, wollen wir unumwunden dar⸗ 
über unſere Meinung, als das Reſultat unſerer gepflogenen Nach⸗ 
forſchungen, der gelehrten Welt vorlegen. 

Dieſes merkwürdige Denkmal, welches wir bei der Haupr⸗ 
anſicht der Reſidenzſtadt Wien abgebildet haben, und welches 
Kupfer in unſerm Werke: »der erſten Abtheilung der Darſtellung 
Wiens, G beigelegt wurde, ſteht am Rücken, alſo auf der höchſten 
Anhöhe des von Weſten nach Oſten ſich hinziehenden Wiener⸗ 

berges, welcher vor Zeiten ganz mit Wald bewachſen, oft der 

Aufenthalt ſchlechter Menſchen, ja ſogar der Räuber war, ſeit 
einem halben Jahrhundert aber ſo vollkommen ausgehauen iſt, daß 
an deſſen Stelle weit herum kornreiche Felder das entzückte Aus 
ge ergötzen. Dieſe Anhöhe iſt der ſchönſte Punkt, von welchem 
aus man die majeſtätiſche Kaiſerſtadt in all' ihrer Pracht und 
Herrlichkeit überfchauen kann. 

Dieſe Säule iſt aus purem Geſtein aufgeführt, enthält am 
Grund: Poſtamente drei Stufen und einen Sockel, viereckig in 
Form eines Kreuzes, der in Fatſchen und darin ſtehende Felder 
eingetheilt iſt, mit einer ganz einfachen gothiſchen Verzierung in 
kleinen Bögen. Blos vom Sockel aus mit einer hervorſtehenden 
Platte verſehen, erhebt ſich aus der Mitte der Stammtheil, in 
frei hervorſtehenden gothiſchen Leſenen, an deren Endtheilen, un⸗ 
ter den verzierten Knöpfen (man könnte ſie beinahe Capitäler 
nennen) thierähnliche Geſtalten (gleich wie Hunde) wegſtehen, da⸗ 

N 9 * 


132 


bei an jeder Seite ganz ſymmetriſch mit zwei derlei Leſenen ver: 
ziert, die durch Bögen und Eiſenſpangen Verbindung und Feſtig⸗ 
keit haben. In der Mitte der Leſenen, fo wie im Hauptſtamme 
und am Ende desſelben, wo dieſer ausläuft, ſind ſpitze Bögen 
eingetheilt, als Basrelief an dem Hauptſtamme aber iſt die Paſ⸗ 
ſions⸗Geſchichte unſers Heilandes nebſt andern Verzierungen an⸗ 
gebracht. Das ſpitze Ende des mittleren Haupttheiles, welches 
mehrere Schuh über die Leſenen hinaus reicht, iſt mit einem Kreu⸗ 
ze geziert, gleichwie zwei uͤber quer gelegte Stäbe, die an ih⸗ 
ren Endpunkten vergoldete Knöpfe haben. Die ganze Saͤule hat 
eine Höhe von ſechs Klaftern drei und einen halben Schuh; fie iſt 
reinen gothiſchen Styls und nebſt allen Verzierungen ganz von 
Steinen aufgeführt. Man ſagt auch, daß ihre Spitze mit der Spitze 
des Stephansthurmes gleiche Höhe haben ſoll, welches wir aber 
durchaus bezweifeln. 

In fo weit wir Kenntniſſe im Fache der Baukunſt beſitzen, 
ſo glauben wir, die Gründung dieſes alten Denkmales zu Ende 
des XIII. oder Anfang des XIV. Jahrhunderts ſetzen zu dürfen, 
weil es ganz rein und deutlich die Bauart dieſer Zeitperiode an 
ſich trägt. Würde fie in das XV. Jahrhundert gehören, fo waͤre 
die gothiſche Verzierung an Knospen und Laubwerken von anderer. 
Geſtalt und viel reicher; denn die ſchöne Säule, welche vor dem 
Wienerthor bei Wiener-Neuſtadt ſteht, und welche dem Herzog 
Rudolph als Erbauer zugeſchrieben wird, alſo in der zweiten 
Hälfte des XIV. Jahrhunderts, iſt beinahe noch einmal fo hoch 
als dieſe, und ungemein reicher verziert; deßgleichen haben wir 
einen deutlichen Ueberblick der Zeitperiode über die Arten der go⸗ 
thiſchen Baukunſt an unſerm herrlichen Stephansdome in Wien, 
die dem Kenner und Eingeweihten keinen Zweifet übrig laſſen. 

Nach dieſer unſerer Beurtheilung fallen viele der falſchen 
Sagen hinweg, nach welchen nämlich im Jahre 1541 von einem 
Criſpin Pollitzer, Bürger in Wien, dieſe Saule anſtatt 
einer hölzernen erbaut worden ſeyn ſollte, daher die Criſpins⸗ 
Säule, und nach der Hand durch Weglaſſung der erſten Sylbe 
das Spinnerkre 1 z genannt. An die Verunſtaltungen der ur⸗ 


133 


ſpruͤnglichen Benennungen glauben wir recht gern, weil wohl 
ſchwerlich Jemand mehr als wir davon Ueberzeugung haben kann, 
welches wir beinahe bei jedem Orte in Oeſterreich im Laufe unſe⸗ 
rer Nachforſchung leider als nur allzu wahr erfahren müffen, 

Auch heißt es, daß ein fleißiges Weib durch Spinnen ſich ſo 
viel erworben habe, daß ſie dieſe Saͤule ſetzen laſſen konnte. — 
Eine andere wartete fo lange auf ihren geliebten Ritter und ſpann 
hier an dieſem Orte, bis er aus dem heiligen Lande zurück kam; 
dann habe wieder ein Schuſter in Wien, welcher Spinner 
hieß und unſchuldig zum Tode verurtheilt wurde, als er frei 
ward, dieſes Denkmal errichten laſſen; endlich ſoll auch der Bau: 
meiſter (beſſer geſagt waͤre es: der Steinmetz) Spinner ge⸗ 
heißen haben, der den Bau der Säule führte u. ſ. w. 

Alle Mühe, alles Nachforſchen, ſowohl durch die früheren 
Schriftſteller als ſelbſt durch uns, urkundliche Nachrichten über 
das myſtiſche Denkmal, welches wir die Spin nerin am 
Kreuze nennen, war und iſt bisher fruchtlos geblieben. Wir 
können daher nur ſolche Vermuthungen aufſtellen, die einen 
Grund zur Glaubwürdigkeit geben. a 

Die erſte unſerer Vermuthungen iſt, daß dieſe Saͤule von ei⸗ 
nem Unglücklichen, der vom Tode befreit wurde, errichtet wurde. 

Hierzu geben wir folgende Grunde. Schon im XIII. Jahr⸗ 
hundert fanden Hinrichtungen außerhalb der Stadt und der Vor⸗ 
ſtädte ſtatt, und zwar außer Bernhardsthal und Mätzleins dorf, 
gegen die Höhen, wo die Spinnerin am Kreuze ſteht, 
an der auch jetzt noch gewöhnlichen Richtſtätte. Die anderen häu⸗ 
figen Hinrichtungen durchs Feuer geſchahen außerhalb Erdberg, 
nahe der Donau. Nach einiger Zeit wurden ſolch' blutige Schau: 
ſpiele in der Stadt, am Lobkowitzplatz, am Hof und am Hohen: 
markt vorgenommen; doch im Jahre 1488 erging der Befehl, 
alle Hinrichtungen an den vorigen Plätzen außer der Stadt vor— 
zunehmen; zugleich ward in dieſem Jahre die Ausbeſſerung des 
Rabenſteines und Galgens verfügt, wobei man ſich darauf berief, 
daß ſelbe ſeit dem Jahre 1311 unterblieben ſei, was das hohe 
Alter dieſer Richtſtätte bezeichnet. Wenn auch dieſer Platz zur 


134 


Herrſchaft Inzersdorf am Wienerberge gehörte wie jetzt noch, fo 
übte der Wiener Magiſtrat ſowohl damals gleichwie bis zum 
heutigen Tage doch die Rechte eines Landgerichtes aus, und das 
Uebereinkommen und reſpective Recht beſteht ſeit Jahrhun⸗ 
derten. a 

Nach diefer Hypotheſe geben wir eine Sage, welche bei der 
Herrſchaft Inzersdorf, obſchon keine urkundlichen Beweife aufge⸗ 
funden werden konnten, in Hinſicht der Spin nerin am Kreu⸗ 
ze beſteht. 

Es ſoll nämlich eine reiche Goldſpinnerin (es gab ſehr ver⸗ 
mögliche im XII., XIII. und XIV. Jahrhundert) in einem der 
Herrſchaft unbekannten Jahre ein ſolch' ſchweres Verbrechen be⸗ 
gangen haben, daß ſie in peinliche Unterſuchung kam, und zum 
Tode verurtheilt wurde, wonach ihr Körper aufs Rad gelegt wer: 
den ſollte. Durch unbekannte Urſachen, vielleicht durch Erkau⸗ 
fung ihres Lebens mit großen Geldſummen oder ſonſt, ſei ſie in 
Freiheit geſetzt worden, und dieſe habe zum immerwährenden 
Andenken dieſes Denkmal errichten laſſen, und da ihr Körper 
auf das Rad oder nach dem damaligen Ausdrucke auf das Kreuz 
gelegt werden ſollte, fo wurde dieſe Säule »die Spinnerin 
am Kreuz ec benannt. Die Anmerkung im herrſchaftlichen Ars 
chive zu Inzersdorf lautet ausdrücklich, daß die Proceßakten dar⸗ 
über ſich beim Wiener Magiſtrate befinden, die aber nicht mehr 
vorhanden ſind. 

Dieſe Sage ſcheint uns noch die glaubwuͤrdigſte von allen 
übrigen, beſonders da ſie bei der Herrſchaft Inzersdorf, auf de⸗ 
ren Grund und Boden das merkwuͤrdige Denkmal ſteht, durch 
Jahrhunderte aufbewahrt, und in Schriften angemerkt blieb. 


Spitz ho f. 
Unter dieſer Benennung beſteht im Markte Hof unter der 
k. k. Avictical⸗Herrſchaft Scharfenegg ein alter Frei⸗ 
hof. | . 


135 


Spratz eck. 

Ein kleines Dorf, welches nur 12 Häufer enthält, unfern 

Hollenthon im Gebirge gegen die ungriſche Grenze zu gelegen. 
Wiener ⸗Neuſtadt iſt die nächte Poftftation , jedoch beinahe 
7 Stunden davon entfernt, 

Dieß Heine Oertchen gehört zur Pfarre und Schule nach Hol⸗ 
lenthon. Der Werbkreis von hier iſt zum Lin. Inf. Regiment 
Nr. 49 einbezogen. | 
| Das Landgericht, die Grund⸗, Orts⸗ und Conſcriptions⸗ 
obrigkeit iſt die Herrſchaft Stickelberg. | 

Der Seelenſtand von hier zählt 27 Familien, 59 männli⸗ 
che, 65 weibliche Perſonen ſammt 45 Schulkindern. Sie beſitzen 
2 Pferde, 24 Zugochſen, 28 Kühe 35 Schafe und zwoͤlf Zucht⸗ 
ſchweine. 

Obſchon der Ort im Gebirge gelegen, ſo ſind ſeine Einwoh⸗ 
ner doch mehr zu Land⸗ als zu Waldbauern zu zählen, weil ſie 
ſich blos mit Ackerbau und Viehzucht beſchäftigen, der ihnen aber 
nur meiſt Hafer abwirft. Hanf wird viel gebaut, Weingärten ha⸗ 


ben ſie gar keine und ſelbſt Obſt nur ganz wenig. Sie beſitzen 


eine hinlängliche Beſtiftung an Gründen, dieſe ſind aber ſchlecht 
und wenig eintraͤglich. — Handwerker find hier keine anſäßig. 

Der hieſige Ortsbezirk beſteht aus kleinen Hügeln , auf wel: 
chen die Häuſer von Spraßzeck zerſtreut liegen. Sie find von 
Holz gebaut und mit Stroh gedeckt. Das Dörfchen grenzt an das 
Pfarrdorf Hollenthon und beffeh Gründe reihen ſich an Ungerns 
Grenze. 

Hier fließt der ſogenannte Spra tz bach vorüber, von wel⸗ 
chem der Ort den Namen erhalten hat. Er entſpringt an mehreren 
Orten im Gebirge, durchfließt die ſogenannte Spratzau und 
mündet ſich in den ſogenannten Plamauerbach, der eine kurze 
Strecke gegen Landfee zu zwiſchen Oeſterreich und Ungern die Gren⸗ 
ze bildet. Er iſt ein unbedeutender Gebirgsbach, an dem ſich wohl 
einige Mühlen befinden, die aber bei dem oftmaligen Austreten 
des Waſſers wenig Betrieb haben. 


ia Nie Im e hr ed mr einige Jeche Saſdungen, 
ut e Sagt zur derar- ich itt und zur einige Haſen, 
. eee t. Die Lieb zucht it mtelmäpig. Das hie⸗ 
„e Ram e. r das Ber gm. 

Tes, eu Dr X ein febr behes Alter, und hieß Ep i⸗ 
.... T .eu Dach (S rizazabach) iſt anch darum merk⸗ 
. Kere 820 en Kaiſer End wig dem ten 
. Accus Ndusg zwiſchen den ſalzburgiſchen und paſſani⸗ 
„ Tees tu amt wurde. 


Stadlhũtte. 

„ans, Nett Kenennung beſteht eine Gemeinde von 12 Hön⸗ 

... en Net Straße von Purkersdif nach Neulengbach gele⸗ 
„ . eee auch erſteres die nädıfte Peſtſtation iſt. 

Des Nas Nr. 2 gehört zur Pfarre und Schule nach Press 
e Ne übrigen aber nach Purkersdorf. Das Lin. Inf. Negi⸗ 
nen N. 49 beſitzt den Werbbezirk von dieſer Ortſchaft. 

vuudgericht, Grund⸗, Orts⸗ und Conſcriptionsobrigkeit iſt 

. t. Wal dauitsherrſchaft Purkersdorf. 

e Gemeindezahl beſteht in 15 Familien (darunter find 24 

cue „20 weibliche Perſonen und 5 Schulkinder begriffen), 
de einen Viehſtand von 7 Pferden, 2 Ochſen, 406 Kühen, 
„c afen und 10 Schweinen beſitzen. 

e Bewohner find als Waldbauern blos Hüttler und Holz⸗ 
„se. De beſitzen keinen Ackerſtand, dagegen haben fie von ib: 
en Wieſen Heu- und Obſt⸗, von ihrer vortrefflichen Vieh⸗ 
„ abe Milchverkauf nach Wien; nebſt dem verführen fie auch 

„ „and den k. k. Waldungen. Die mehreren guten Zweige ih: 
u dliiſſe verſchaffen ihnen auch eine hinreichende Exiſtenz. 

d pauſer der Gemeinde Stadlhüt te liegen alle zer⸗ 

wie ſchon oben erwähnt, an der Straße von Purkersdorf. 

„6, eizbach im Thale, und werden hie und da vom Wiens 

e Tuluerbach begrenzt, an welchem eine Mahl⸗ 

Jane eine Breter ſäge ſteht. 
u yigg Bezirk beſteht in bergigten Waldungen, worin 


137 


die Jagdbarkeit böchft unbedeutend iſt. Es ift eine Mauth und 
ein k. k. Holzrer iſionspoſten, t dann eine Brücke uber den 
Tulnerbach vorhanden. 

Dieſe Gemeinde hat den Namen von \ dem Haufe Nr. 1, 
die „Stadel hüt tes genannt, erhalten, welches ein Wirths⸗ 
haus und ein bekannter gleichwie beſuchter Beluſtigungsort der 
Wiener iſt. 

Die Gegend bietet viele abwechſelnde Schönheiten dar, und 
iſt mit vortrefflichem Klima und Trinkwaſſer verſehen. 


Stallhof. 


Ein Dorf mit 47 Häufern an der ſogenannten Steinwand 
gelegen, gegenüber von Emmerberg. 

Die nächſte Poſtſtation iſt Wiener⸗Neuſtadt in einer Ent⸗ 
fernung von 2 3 Stunden. 

Der Ort gehört zur Pfarrkirche und Schule nach dem nahe 
gelegenen Muthmannsdorf; der Werbbezirk zum Lin. Inf. Regi⸗ 
mente Nr. 49; und zum Landgerichte Starhemberg⸗Fiſchau am 
Steinfeld. | 

Behauſte Unterthanen von hier beſthen das Stift Neukloſter 
in Wiener : Neuftadt , und die Herrſchaften Emmerberg und Fiſch⸗ 
au, wovon letztere zugleich Orts: und Conſeriptionsobrigkeit iſt. 

Der Ort umfaßt 53 Familien, mit 441 maͤnnlichen, 153 
weiblichen Perſonen und 47 ſchulfaͤhigen Kindern; 32 Pferde, 
60 Zugochſen, 220 Kühe, 100 Schafe, 20 Ziegen und 

50 Schweine. / 

Die hieſigen Bewohner ſind gut beſtiftete Waldbauern, wel⸗ 
che Feldbau und einen Kalkhandel nach Wien treiben. Erſterer be⸗ 
ſteht in den vier Körnergattungen, wozu aber die Gruͤnde nur 
mittelmäßig und den Waſſergüſſen ausgeſetzt find. | 

Das Dorf Stallhof (gewöhnlich wird es Stollhof ges 
nannt) liegt in dem überaus ſchönen Gad ner-Thale weſtlich 
am Fuße der hohen Steinwand, umgeben von den Ortſchaften 
Mahrersdorf, Gaden und Muthmannsdorf. Im Angeſichte des⸗ 
ſelben an der öſtlichen Seite befinden ſich die Ruinen der alten 


138 


Veſte Emmerberg. Sowohl zu diefem Orte, fo wie zu den andern, 
führen die noͤthigen Communicationswege. Angelegte Straßen, 
Flüſſe, Mühlen, Fabriken oder ſonſtige Merkwürdigkeiten gibt 
es keine hier. 

Das Alter des Orts verliert ſich im grauen Alterthume, 
und er hat den Namen von einem alten Hof erhalten, welcher 
der Stallhof hieß. 


Stang. 

Ein Dorf von 38 Haͤuſern, nahe an der ungriſchen Grenze 
gelegen, gegen Plaman in Ungern, wovon Guͤns die nächſte Poſt⸗ 
ſtation iſt, denn Wiener: Neuftadt liegt von hier 40 Stunden 
entfernt. a 
Dieſer Ort iſt nach Kirchſchlag eingepfarrt und eingeſchult. 
Den Werbkreis beſitzt das Lin. Inf. Regiment Nr. 49. — Das 
Landgericht iſt der Wiener: Meuftäbter Magiſtrat; die Grund⸗, 
Orts- und Conſcriptionsobrigkeit die Herrſchaft Kirchſchlag. ö 

Der Seelenſtand beſteht in 60 Familien, 156 männlichen , 
177 weiblichen Perſonen und 42 ſchulfaͤhigen Kindern. Der Vieh⸗ 
ſtand: in 2 Pferden, 68 Zugochſen, 63 Kuͤhen, 115 Schafen, 
15 Ziegen und 47 Schweinen. 

Die hieſigen Ortsbewohner ſind Waldbauern, mit kleineren 
und größeren. Wirthſchaften verſehen; fie haben Ackerbau und 
nebſt dieſem treiben ſie einen Haferhandel nach Wiener ⸗Neuſtadt. 
Für den erfteren find die Gründe ſchlecht, indem fie allen Ele⸗ 
mentar⸗Beſchädigungen ausgeſetzt ſind; daher beſteht der Anbau 
nur in wenig Korn, meiſtens Hafer. Obſt gibt es auch ganz we⸗ 
nig und Weingarten gar keine. Nicht viel erfreulicher ſteht es 
mit der Viehzucht, die ſich nar auf den Hausbedarf des hieſigen 
Landwirthes erſtreckt. 

So liegt das Dorf Stang, zum Theil zuſammen gebaut, 
zum Theil zerſtreut, mit feinen unbedeutenden mit Stroh gedeck⸗ 
ten Häuſern auf einem Berge ziemlich flach, in deſſen Umge⸗ 
bung ſich die Ortſchaften Kirchſchlag, Lembach, Gleichenbach ze. ꝛc. 
befinden. Eine Straße führt über Stang nach Kirchſchlag; die 


159 


übrigen Wege unterhalten bloß die Cammunieotion mit den an⸗ 
dern Ortſfchaften. 

Der kleine Weiſſenbach berührt den Ort, an welchem 
einige Mühlen ſtehen. Berge und Wälder gibt es mehrere, 
darunter gehört ganz vorzüglich der herrſchaftliche Zöberwald, 
der ſich auf einem hohen Berge hinzieht. Die Jagdharkeit iſt gut 
und liefert Rehe und Hafen. — Ein gutes Klima und Gebirgs⸗ 
waſſer zeichnen die hieſige Gegend aus, die auch in ihrer übri⸗ 
gen Geſtaltung ſchön genannt werden darf. , 

Man weiß die Zeit der Entſtehung fo wie die Ableitung des 
Ortsnamens nicht, doch iſt das Dorf ſehr alt und hieß vor Zei⸗ 
ten Stan gern. 


* 


S t angalı, 
neun zerſtreute Waldhütten, im Gebirge bei Sulz gelegen, wos 
von Medling die naͤchſte Ortſchaft zur Briefſammlung, Purkers⸗ 
dorf aber die nächſte Poſtſtation iſt. 

Diefe Gemeinde iſt zur Pfarrkirche und Schule nach Sulz 
angewieſen. Den Werbkreis beſitzt das Lin. Inf. Regiment Nr. 49. 

Das Landgericht, die Grund⸗ und Conſcriptionsobrigkeit iſt 
die k. k. Waldamtsherrſchaft Purkersdorf. 

Hier leben 13 Familien, 37 männliche und 39 weibliche 
Perſonen. Viehſtand: 12 Pferde, 20 Kuͤhe, 8 Schweine. 

Die Bewohner find Waldbauern und als ſolche KHüttler und 
Holzbauer. Sie treiben eine gute Viehzucht, verkaufen Milch 
und Obſt nach Wien, und beſchäftigen ſich überdieß noch mit 
Holzfuhrwerken. 

St angau liegt mit feine zerſtreuten Waldhütten in ei⸗ 
nem recht angenehmen Thale nahe beim Pfarrdorfe Sulz zwiſchen 
Wöglerin und Gruberau. Eine Straße führt von Wien aus über 
Rodaun, dann links durch das Gebirge nach Sulz, vor demſel⸗ 
ben aber rechts ſchon nach dem Orte hin. Ein ganz unbedeuten⸗ 
der Bach fließt bei Stang au vorbei. — Uebrigens hat der 
Ort, welcher den Namen von ſeiner örtlichen Lage nach der wald⸗ 
bäuriſchen Mundart trägt, gar keine bemerkenswerthen Ge⸗ 
genftände, 


140 


Starhemberg, 
eine der größten und ſchönſten Ruinen im Erzherzogthume Oeſter⸗ 
reich unter der Ens, welche gegenwaͤrtig einen Beſtandtheil der 
Herrſchaft Fiſchau ausmacht, ein Eigenthum Sr. kaiſer⸗ 
lichen Hoheit des Durchlauchtigſten Erzherzogs Rainer, 
Vice⸗Koͤnigs des venetianiſch⸗lombardiſchen Königreiches, zu wel: 
cher Veſte aber jetzt weder Dörfer noch Gründe gehören, wie 
im Laufe der Darſtellung der Geſchichte vorkommen wird. 
N Nicht nur daß die Burg Starhemberg in den fruͤheſten 
Jahrhunderten durch ihre Größe und Feſtigkeit oftmals den 

Feinden trotzte, ſondern auch, weil ſie ein Aufenthaltsort des 
Herzogs Friedrich des Streitbaren war, und in den 
ſchwerſten Zeiten dieſem Fürften ein ſicheres Aſyl darbot, iſt fie 
ungemein merkwürdig, und auch noch in ihren Trümmern 
verdient ſie in jeder Beziehung unſere beſondere Beachtung. 

Nordweſtlich von Wiener⸗Neuſtadt, da wo die maleriſchen 
Gebirge das Steinfeld begrenzen, und ſich, ein langes, nicht 
ſehr breites Thal bildend, uͤber Wöllersdorf, Pieſting, Wo⸗ 
pfing, Wallegg ſofort in ſeltſamen Gruppen bis Gutenſtein hin⸗ 
ziehen, an der Seite des Steinfeldes aber als die Vorgebirge 
der farbigen hohen, beinahe 6 Stunden langen Steinwand be⸗ 
trachtet werden, liegen die Truͤmmer dieſer einſt ſo großen und 
mächtigen Burg Starhemberg, etwa zwei Stunden von 
Wöllersdorf im ſogenannten reizenden Pieſtingerthale auf einem 
halbrunden abgeſonderten Berge, deſſen oberer Theil kahl und 
nur mit ſchlechtem Mooſe bewachſen iſt. N 

Zu der Ruine führten zwei Wege, einer vom Markte Pie⸗ 
ſting und einer als der Hauptweg vom Dorfe Dreiſtätten aus, 
welches zwiſchen dem Vorgebirg und der Steinwand zunächſt dem 
ſchönen Gadnerthale liegt, gegenwärtig beſteht nur letzterer, 
obſchon einige, doch aber beſchwerliche Fußſteige noch ange: 
bracht ſind. | 

Der erſtbenannte ehemalige Hauptweg zur Burg iſt noch 
zu erkennen, er führt um die Rundung des Berges und tiefe 


* 


444 


Furchen der Hufe und Räder bezeichnen ihn an mehreren Stel⸗ 
len in dem felſigen Boden. Der andere Weg zog ſich durch den 
Schindergraben (alſo genannt von dem daſelbſt befindlich gewe⸗ 
ſenen Scharfrichter) hinan, Er iſt gegenwärtig gänzlich verriſſen, 
mit Dornhecken und Geſtraͤuch verwachſen, wodurch, fo wie 
durch die abgeriſſenen kahlen Felstrüͤmmer und herabgeſtuͤrzten 
Mauern, das Steigen ſehr erſchwert werden würde, Zwiſchen dies 
fen und unter dem Gerölle windet ſich muͤhſam der herabflie⸗ 
ßende kleine Bach durch. Hier iſt in dem Felſen ein Loch, durch 
welches ein unterirdiſcher Gang aus der Burg führte, 

Am Fuße des Schloßberges ſteht ein alter Meierhof 
und rechts gegen das Pieſtingthal zu mehrere neuere, ſichtbar 
aus den Ueberreſten der Burg gebaute Bauernhauſer. An einer 
Ecke des Meierhofes befindet ſich eine Inſchrift, welche enthält, 
daß er im Jahre 1565 am St. Thomastage abgebrannt, 1568 
durch Don Francisko von Caſtilla wieder erbaut wor⸗ 
den ſei. 

Von hier alſo wandert man im Angeſichte der Ruine den 
Berg hinan, der nicht gar ſteil iſt. Die Hauptfronte war gegen 
das Pieſtingthal gekehrt, an welcher Seite auch, wie die Ku⸗ 
pfer⸗ Abbildung zeigt, die Vefeſtigung durch halbrunde ſehr maſ⸗ 
ſive Vorwerke ſehr ſtark und zur Vertheidigung vortrefflich ge⸗ 
eignet war. Nach der vor uns liegenden alten Abbildung führte 
der Weg zu einem Thore, das ſich einſt unbezwinglich ſchloß, 
von dieſem gleich rechts ſtanden zwei runde niedere Warten zur 
Vertheidigung, von welchen und in Verbindung mit denſelben, 
Mauern zu den Vorwerken an der Hauptfronte ſich hinzogen, 
die am ſüdlichen Ende der Burg ſich an das hohe Gebäude un: 
mittelbar anſchloßen. — Mitten im freien Platze beim Eingange 
des erſterwaͤhnten Thores erhob ſich auf kahlem ſpitzen Felſen 
ein freiſtehender, runder und aus puren Quadern maſſiv erbau⸗ 
ter Thurm, der die Vorder⸗ und Hinterfronte der Burg be: 
ſtens ſchützen konnte. Vom Thore links aber zog ſich bis zum 
Haupttheil der hintern Burgſeite eine ſtarke Mauer, in deren 
Mitten ebenfalls wieder ein viereckiger gar nicht hoher Streit⸗ 


| 443 
mit Steinen verfehättet, nicht mehr kenntlich iſt. Das beftandene 
zweite Thor, aͤhnlich dem erſten, nach einem ſchmalen Zwinger (Gan⸗ 
ge), welches zu der letzten kleinen Pforte mit einer eiſernen Thuͤre 
geſchloſſen, und von dieſer in den großen Hof der Burg führte,. ift 
nicht mehr. Ohne Dach und eingeftürzt ſtehen die theilweiſen das 
Schloß einſt bildenden Mauern, den weiten Raum deckt nur des 
Himmels Gewölbe und krächzend flattern wilde Vögel um die trau⸗ 
ernden Ueberreſte. Da ergreift den Wanderer Schauer der Vergan⸗ 
genheit bei den nachhallenden Tritten und ſolch tiefer Stille, die 
hier herrſcht, und beengt wird ſein Gemuͤth von wehmuͤthigen 
Erinnerungen, während dem ſein Blick an den Ruinen ſolch vor⸗ 
maliger Größe haftet. | | 

Der große Prunkſaal im Haupttheile der Burg mochte ſich 
öſtlich erhoben haben, und an den Wänden ſind noch hie und da 
Verzierungen von weißen Laubwerken, welche Arbeiten aus dem 
XVI. Jahrhundert ſind. Eine doppelte Gallerie vereinigte die 
Gemächer, leider iſt auch davon nichts mehr zu ſehen, als die 
Tragſteine. Linker Hand ſteht der Brunnen mit ſteinerner Bruſt⸗ 
wehre, nun auch ſchon ganz verfchüttet und beſchädigt, ihn zier⸗ 
te einſt ein ſchön gearbeitetes eiſernes Gitter. Gleich dieſem geht 
es mit dem Burgverließ, wo man vor Jahren noch die ſtarken 
eiſernen Ringe, welche die Ungluͤcklichen gefeſſelt hielten, ſehen 
konnte, und mit den übrigen unterirdiſchen Gängen und Gewölben. 

Höchſt bedauernswerth iſt es übrigens , daß dieſer merkwür⸗ 
dige Sitz eines ſolch großen und ruhmwürdigen Kürften, wie es 
der letzte Babenberger⸗Sproſſe, Herzog Friedrich der Streit⸗ 
bare, war, als die ſchönſten Ueberreſte aus dem Mittelalter, 
nicht nur dem Alles zernagenden Zahn der Zeit, ſondern auch 
der Unwiſſenheit und gar oft dem Muthwillen Preis gegeben 
wurde; höchſt ſträflich iſt es aber, daß Manche es wagten, zur 
Zerſtörung ſelbſt Hand anzulegen, um ſich einiges Baumaterial 
zuzueignen. Wenn dem Oeſterreicher ſelbſt ſolche herrliche alte 
Denkmale ſeiner frühern Herzoge nicht heilig ſeyn ſollten, wahr⸗ 
lich der verdiente den ausgezeichneten Namen nicht; doch was 
ſprechen wir von unfen Landsleuten? — es find ja Nichtswärs 


142 


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mei, indem Kaiſer 

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eu ſelle? Seine Ma: 

„ Franz, alle Denk: 

Zune andere Alterthuͤmer 

„ Sum aus, daß die Säule 

„a vollkommene Repara⸗ 

. AN zütrat, nicht minder um 

... Jene gothiſche Säule 

e nzeſchieht es, daß gleiche 

b L eserreſte verwendet wird, 
. cc zu ſchüͤtzen. 

.- mus iſt an der Burg St a⸗ 

. Oon zu weit gediehen, und 

Zum pen das Vermögen des Be⸗ 

‚ Zrueuerung und Verbeſſerung 

ei der Zeit und Sitten, fol: 

enen, wovon wir die wahr: 
r dleiten dürfen. 

eus berbes Mißgeſchick erblinde⸗ 


u den verlaſſenen Ruinen, als 
. Lerfalles. Die herzogliche Kuͤ⸗ 


Jus ach ſtehen, gab ihm Schutz 
Jute der Grafen Heiſſenſtein uud 
ae Augenlichtes beraubt; eine 
Neuer, die dieſe Ruine beſuchten, 


„diger Sinneskraft (bei dieſem 
. „ den, der Stern feiner Augen 


N Ne Kraft feiner Seele) und Si⸗ 
nn umber, wies den Fremden die 


145 


vorzäglichften Stellen und rühmte die ehemalige Pracht und Herr⸗ 
lichkeit mit den lebhafteſten Ausdrücken. So erzaͤhlte er auch, daß 
ſeine Großväter unter denjenigen waren, die ſich in das Schloß 
Starhemberg fluͤchteten, als die Türken im Jahre 1683 die 
herum gelegenen Orte verheerten. Ueberaus ruͤhrend war feine 
Erzählung von dem Dankfeſte, welches nach der Befreiung der 
von den Tuͤrken umlagerten Veſte jahrlich gehalten wurde, wobei 
ſich oft mehr als tauſend Menſchen einfanden. Da wurde das 
ganze Schloß mit friſchen Bäumen und Geſtraͤuchen geſchmüͤckt, 
eine feierliche Meſſe geleſen, Buden, Schenken und Kegelbah⸗ 
nen errichtet, und ohne Gleichen waͤre die Fröhlichkeit und Pracht 
bei dieſem Feſte geweſen, welches von dem Landvolke hier weit 
und breit den ganzen Tag über gefeiert wurde. 

Die Lage von Starhemberg iſt überhaupt angenehm und 
heiter, zugleich genießt man eine reizende Ausſicht von den Fen⸗ 
ſtern der alten Burg, die man auf den Schutthaufen erklimmt. 
Zwiſchen höheren Bergen liegt auf einem ſanften Hügel das 
Dorf Dreiſtätten, ſeitwärts des ſelben ragt die durch Kalk und 
Marmorbruͤche farbige Wand hervor, an deren Ende die weißen 
Schichten des Schneeberges ſich anreihen; weſtlich iſt der mit 
Tannen und Fichten ſtark bewachſene hohe Mandling, und mehr 
zur Rechten der Hausberg, hinter welchem ſich eine lange Gebirgs⸗ 
kette, der Hartberg genannt, erhebt. Die Gegend rings herum 
iſt ſehr fruchtbar, emſig bebaut und ſelbſt das kleinſte Plaͤtzchen 
benutzt. — Hammerſchmieden und Mühlen, welche, wie es der 
Kupferabdruck von Starhemberg zeigt, gar römantifch an dem 
am Fuße des Schloßberges vorbeifließenden Pieſtingfluſſe fi: 
tuirt ſind und von demſelben in Betrieb geſetzt werden, geben ihr 
ein belebtes Anſehen. Die Commerzialſtraße durch das Pieſtinger⸗ 
that führe nach Gutenſtein, und wird von Holzbauern, Köhlern 
und andern Fuhrwerken häufig befahren. Der Markt Pieſting, 
ebenfalls am Fuße von Starhemberg gelegen, iſt ein anſehn⸗ 
licher Ort und wohlhabend, theils durch feine eigene Betriebſam⸗ 
keit und Oeconomie, theils durch die Naͤhe von Neuſtadt, wo⸗ 
durch für die Bewohner ein leichter Verkehr und Abſatz ihrer Pro⸗ 

| 40 


147 


erblich hinterlaſſen haben ſoll. Dieſem können wir wenig Glauben 
ſchenken und meinen vielmehr, daß die Burg von den Star— 
chenpergern ſelbſt bis zu ihrem Ausgange zu Ende des XII. 
Jahrhunderts im Beſitze gehalten, dann aber Herzog Leopold 
VI. von Oeſterreich, welcher im Jahre 1186 von ſeinem ſiechen 
und ausſätzigen Vetter, dem Herzog Ottokar VI., das Herzog⸗ 
thum Steier zum immer bleibenden Beſitzthum erhielt, zugefallen 
ſei. Sowohl Herzog Leopold VI. gleichwie ſeine herzoglichen 
Nachfolger, Friedrich I. der Katholiſche und Leopold 
VII. der Glorreiche, hielten Pfleger für die Burg Star: 
bemberg; als aber Herzog Friedrich IL, der Streit ba⸗ 
re, noch im Jahre 1230 dem Obigen ſeinem Vater in der Regie⸗ 
rung folgte, ging die Sonne über Starhemberg auf und im 
höchſten Glanze ſtrahlte fie während feiner an mannichfachen 
Begebenheiten fo reichen 16jährigen Regierungsdauer. Frie d⸗ 
rich beſtimmte dieſe Veſte zu ſeinem theilweiſen Aufenthalte; er 
ließ ſie daher ſtark befeſtigen, und nach dem damaligen Geſchmacke 
herrlich auszieren. Die Ueberreſte, welche wir noch ſchauen kön⸗ 
nen, ſind daher meiſt aus dieſer Zeitperiode und 600 Jahre alt. 

Friedrichs Vater, Leopold der Glorreiche, hatte 
durch volle 32 Jahre, während er die Zügel ſeiner höchſt weiſen 
Regierung führte, Oeſterreich zu einem wahren Paradieſe ge: 
ſchaffen; es war in der höchſten Blüthe, und Glück, Segen, 
Wohlſtand und Zufriedenheit war das glückliche Loos der ihren 
Herzog anbetenden Oeſterreicher. Als ein wahrer Vater des Va⸗ 
terlandes brachte die Trauerpoſt von ſeinem Ableben, zu St. 
Germano in Italien am 28. Juli 1230, eine unendliche Be⸗ 
trübniß in ſeinem Lande hervor; Alles beweinte den guten Für⸗ 
ſten, denn man ahnete, daß die goldenen Tage nun vorüber 
feien. — Und in der That, die unaufhaltſam fortrollenden Schick⸗ 
ſale der Welt kamen mißlich und düſter, eine betrübte Zeitepoche 
wälzte ſich einher. Noch ſtand die Sonne hoch am Horizont über 
Oeſterreich, als Herzog Friedrich, kaum 19 Jahre alt und 
der letzte Sprößling des Babenbergiſchen Hauſes die Regierung 
übernahm, Er hatte vortreffliche Eigenſchaften, doch nicht jene 

10 * 


148 


wie fein glorreicher, milder und weiſer Vater, denn er war 
ſtrenge, tapfer, ohne Furcht, und keine Hoheit achtend, hielt 
er unabänderlich auf die Rechte ſeines Hauſes. Obgleich noch 
ſehr jung, doch zum dritten Male damals ſchon verehlicht mit 
Agnes, einer Tochter des Herzogs Otto von Meran, zog er 
ſich durch manche Eigenſchaften ſeines Charakters immer Unru⸗ 
hen, den Neid und die Rache aͤußerer Feinde zu, die natürlich 
ſich ſeinen Unterthanen in der Art mittheilten, daß ſie dem Her⸗ 
zog mißtrauten, und er eben auch Mißtrauen in ſie ſetzte, wo⸗ 
durch die Herzen beider Theile ſich immer mehr von einander 
entfernten. 

Dieſe immerwaͤhrenden Unruhen und Kriege mußten den 
Herzog Friedrich beſtimmen, einen ſichern, feſten Zufluchts⸗ 
ort ſich auszuſehen, wozu wohl keine Veſte tauglicher ſeyn konnte 
als Starhemberg. Auf einem Berge, mit Thuͤrmen und 
Mauern verſehen, von der Natur und Kunft befhüßt, in der 
Nachbarſchaft von der durch ihre nie wankende Treue unuͤber⸗ 
windlichen Stadt Wiener-Neuſtadt und der nahe gelegenen Ve⸗ 
ſte Emmerberg, erhielt ſie eine vortreffliche Verbindung, und 
ſetzte den häufigen Einfällen, von Steiermark und Ungern aus, 
ſo wie den innern Unruhen einen kraftvollen Damm entgegen. 
Friedrichs Trennung von ſeiner zweiten und dritten Gemah⸗ 
lin, weil er keine Nachkommen von ihnen bekam, nämlich von 
Sophie, Tochter des griechiſchen Kaiſers Theodor Lasca⸗ 
ris, und von der obigen Agnes von Meran, überzogen ihn 
mit Kriegen, die Verweigerung des Brautſchatzes ſeiner Schwe⸗ 
fir Margareth an den roͤmiſchen König Heinrich, ihren 
Gemahl, die ſchweren Laſten, welche die Oeſterreicher und Steier⸗ 
märker nach dem unglücklichen Feldzuge 1236 gegen ihren Für⸗ 
ſten aufbrachten, indem Friedrich der täuſchenden Hoffnung, 
dieſes Königreich an ſich zu bringen, zu früh Gehör gab, ſetzten 
ihn zwar in die unglüdlichfte Lage, jedoch feinen feltenen Muth 
und die eiferne Ausdauer in fol’ großem Mißgeſchick konnten 
alle dieſe argen Fälle nicht erſchüttern. Dazu kam noch, daß auf 
Ermunterung des Kaiſers, welchen für dießmal die eigenen An⸗ 


449 


gelegenheiten in Italien befchäftigten, Böhmen, Baiern, an: 
dere Reichsfuͤrſten und Prälaten in Oeſterreich eindrangen, und 
nebſt Steiermark und Krain ſelbes beſetzten. Herzog Friedrich 
ſtand inmitten ſolcher niederſchlagenden Begebniſſe aufrecht wie 
ein Fels und hielt ſich ruhig in ſeiner ihm treu ergebenen Neu⸗ 
ſtadt und dem nahen Starhemberg ohne demüthigende Ernie⸗ 
drigung, wenn gleich es auch ſchon fo weit gekommen war, daß 
er außer Neuſtadt, Medling, Linz, Starhemberg und Em⸗ 
merberg ſonſt gar nichts mehr beſaß. Hier ſammelte er Kriegs⸗ 
völker, und in Kurzem ſchlug er ſeine Feinde auf's Haupt, wo⸗ 
durch er alsbald wieder Herr von feinen rechtmäßigen Landen ward. 
Er hatte ſchon früher gegen ein großes Heer von Cumanen 
und Tataren in Ungern geſtritten und gegen dieſe 500,000 raub⸗ 
und mordgierigen Ungeheuer Unglaubliches gethan, doch dieſe 
mongoliſche Fluth zu dämmen vermochte der Herzog nicht; nun 
geſchah ein neuer Einbruch von dieſen nach Oeſterreich im Jahre 
1242, wobei dieſelben bis Wiener⸗Neuſtadt vordrangen, und 
an dieſer Seite die Leytha uͤberſchritten, worauf fie von Stars 
hemberg aus zurückgeſchlagen wurden. Endlich verlor Star⸗ 
hemberg ſeinen größten und ruhmvollſten Herrn. Friedrich 
fiel am 15. Juny 1246 an feinem 36ften Geburtstage nach er: 
fochtenem Siege über die Mongolen im Angeſichte von feinem 
treuen Hort — der Neuſtadt. | | 
Herzog Friedrich, der mit vollem Rechte der Streit: 
bare genannt wird; hatte alle feine Schaͤtze in Starhem— 
berg aufbewahrt, und ſie noch bei ſeinem Leben dem Ortolph, 
Commenthur des deutſchen Ordens zu Traiskirchen, anvertraut 
(überhaupt ward der deutſche Orden vom Herzog ſehr geliebt, 
viele der Ordensritter befanden ſich oft in Starhemberg, fochten 
an Friedrichs Seite gleich Löwen und waren treue Anhänger die⸗ 
ſes Fürſten). — Man verſuchte Friedrichs Schaͤtze zu bekom⸗ 
men, doch der getreue Commenthur hielt ſich zwei Jahre gegen 
jede Macht und Drohung in Starhemberg, bis es endlich 
der Politik des Papſtes Innocenz gelang, durch Ankündigung 
des Bannfluches denſelben im Jahre 1248 zur Uebergabe der 


150 


Veſte mit ihren Schaͤtzen zu zwingen. Ganz klar geht aus dieſem 
die außerordentliche Feſtigkeit und Wichtigkeit der Burg Star⸗ 
hemberg hervor. 

Die nach Herzog Friedrichs Tode nun allgemein einge⸗ 
tretene Verwirrung während des Interregnums im Lande, die 
Parteiſpaltungen und die ſteten Unruhen haben einen dichten 
Schleier über die nähere Geſchichte von Starhemberg gezo⸗ 
gen. Der Streit ſo wie die Macht hatte ſich an eine andere 
Grenze, nämlich an die von Böhmen hingezogen, und ſomit kam 
es, daß Starhemberg feine bisherige Wichtigkeit und Größe 
für immer verlor, obſchon ſelbe immer landesfürſtlich und bei 
Oeſterreich blieb. Wir finden die Burg in dieſem Zeitraume von 
landesfürſtlichen Pflegern verwaltet, und als nach Rudolphs 
von Habsburg Tode deſſen Nachfolger den Regentenſtamm in 
Oeſterreich bildeten, ſetzten dieſe Burggrafen nach Star hem⸗ 
berg. Davon lernen wir unter Kaiſer Friedrich III., dem 
Schönen, Eglof von Schellemberg kennen. — In der 
Ländertheilung nach Albert II. und in dem Vormundſchafts⸗ 


ſtreite Albrechts blieb dieſe Burg bei Oeſterreich. Hier fand 


der junge Herzog Albrecht V. einen ſichern Zufluchtsort, als 


die von Neapel nach Wien gekommene Peſt verheerend wuͤthete, 


ſo daß bei vier Monate lang uͤber 80 Leichen bei St. Stephan 
täglich beerdiget wurden. Reimprecht von Walſee ergriff 
dieſe ſchickliche Gelegenheit, und führte den jungen Fürſten von 
hier nach Eggenburg, wo in der Verſammlung der Stände der 
Vormundſchaft und dem verderblichen Zwiſte ein Ende gemacht 
ward. — Im Jahre 1401 war hier Burggraf Johann von 
Neudeck. — Albrecht V. (als Kaifer der II.) verpfändete 


Starhemberg im Jahre 1439, als er zu ſeinen Kriegen ge⸗ 


gen die Türken Geld benöthigte, nebſt andern Burgen an ſeine 
Vettern, die Herzoge Friedrich und Sigmund von Oeſter⸗ 
reich. — Als Caſtellan und Landrichter der Veſte Starhem⸗ 
berg leſen wir 1445 den Bartholomäus Geymann. 


Dieſem folgte 1468 der Ritter Hanns Grundrechinger. — 


Im Jahre 1477 war in dieſer Eigenſchaft Balthaſar Gey⸗ 


\ 


151 


mann, während die Vurg bei dem zweiten Einfalle durch den 
Ungernkönig Matthias Corvinus unter Sigismund von 
Spauer, Kaiſer Friedrichs IV. Hauptmann, 1482 belagert 
und eingenommen wurde. Nach Matthias Tode mußte ſolche 
von König Maximilian wieder erobert werden und wir fin⸗ 
den dann wieder einen Pfleger in der Perſon des Sigmund von 
Lichtenſtein. — Kaiſer Ferdinand I. überließ dieſe Veſte 
pfandweiſe an die von Pöttſchach. Endlich kam Starhem⸗ 
berg an den Freiherrn Johann von Heiſſenſtein durch 
Vermählung mit Anna Maria von Welz, welche von. 
ihrer Mutter Anna von Pöttſchach einen Antheil von der 
Pfand ſumme auf Starhemberg ererbte: und den andern von 
den übrigen Pöttſchachiſchen Erben einlöſte, wornach vorgedachter 
Hanns von Heiſſenſtein und ſeine Gattin Anna von. 
Welzer in Folge Pfand- und Schuldverſchreibung den 28. July 
1561 dieſelbe gegen Wiedereinlöſung erhielt. Dieſer Beſitz 
dauerte nicht lange, denn unter Kaiſer Maximilian Il. wurde 
die Pfandſumme auf Starhemberg geſteigert, und ſelbes nach 
höchſter Entſchließung, von 17. Mai 1565, dem Don Francisco 
Lasso di Castilla, Oberſthofmeiſter der Kaiſerin Maria, 
übergeben. Gleich im erſten Jahre des Beſitzes von Lass 0 di 
Castilla brannte der im Eingange ſchon bemerkte Meierhof 
ab und wurde von ſelbem wieder aufgebaut. Im Jahre 1509 übers 
ließ derſelbe dieſe Pfahdfchaft den Brüdern Martin und Fer⸗ 
dinand Freiherrn von Taxis. Johann Freiherr von Heif: 
ſenſt ee in trat neuerdings mit denen von Taxis wegen des Be: 
ſitzes von Starhemberg in Unterhandlung, wonach er endlich 
gegen Einlofung der Pfandſumme von 14,343 Gulden 4 Schil⸗ 
linge und einer neuen Steigerungs ſumme von Kaiſer Rudolphll. 
im Jahre 1577 die Herrſchaft und Veſte Starhemberg 
ſammt dem Markte Pieſting und den Schlöffern Hörnftein und 
Scheuchenſtein u. ſ. w. mit allem Zugehör, Rechten und Nutzen, 
um 24, 500 Gulden fuͤr ſich und alle ſeine ehelichen männlichen 
Nachkommen als Lehen erbeigenthümlich erhielt. 

Seit dieſer Zeit dis zum Jahre 1800 gehörte Starhem⸗ 


152 


berg dem uralten nun graͤflichen Geſchlechte von Heiſſenſtein, 
welche ihr Stammſchloß in der Grafſchaft Katzenellbogen in Heſ⸗ 
ſen haben, und die ſowohl das Erbmarſchallamt des Churfuͤrſten⸗ 
thums und Erzſtiftes Mainz, als auch, ſeit 1571 in Heſter⸗ 
reich unter den alten Herrenſtands⸗ Geſchlechtern einverleibt, ans 
ſehnliche Würden und Aenter begleitet haben. 

Die Herrſchaft Starhemberg zerfällt in zwei Theile, 
und da waͤhrend des Beſitzſtandes der Heiſſenſteiniſchen Familie 
die Burg Starhemberg gemeinſchaftlich blieb, ſo wurde einer 
davon Starhemberg⸗-Fiſchau, und der andere Starhem⸗ 
berg Hörnſtein genanat. Die neueren Beſitzer von den nun 
getrennten beiden Herrſchaften Fiſch au und Hörnftein find 
bei den betreffenden Beſchreibungen vollkommen aufgeführt wor⸗ 
den, allwo ſie der geneigte Leſer auffinden kann. 


Steinabrückl, 


ein Kirchdorf von 32 Häuſern, unweit Salenau am Pieſting⸗ 
fluſſe gelegen. 

Die naͤchſte Poſtſtation ift Wiener : Neuftadt, 2 Stunden 
davon entfernt. 

Kirche und Schule befinden ſich im Orte, wovon erſtere nur 
als eine Localie nach Pieſting gehört. Das Patronat davon 
iſt ein Eigenthum des Landesfürſten. Die Kirche iſt zum Decanat 
Pottenſtein einbezogen. — Den Werbkreib befige das Lin. Inf. 
Regiment Nr. 49. | 

Der Ort gehört zum Theil zum Landgerichte der Herrſchaft 
Merkenſtein nach Gainfahrn und zum Theil nach Fiſchau. 

Grund herrſchaften, welche hier behauſte Unterthanen haben, 
find Hörnſtein, Enzesfeld, Fiſchau, die k. k. Staatsherrſchaft 
und das Buͤrgerfpital in Wiener⸗Neuſtadt, wovon erſtere auch 
Orts⸗ und Conſcriptionsobrigkeit iſt. 

Hier befinden ſich in 79 Familien 170 männliche und 183 
weibliche Perſonen mit 60 Schulkindern. Sie halten einen Vieh⸗ 
ſtand von 20 Pferden, 14 Zugochfen, 32 Kühen und 600 Schafen. 

Die hieſigen Einwohner mit Autzſchluß der beträchtlichen An: 


453 


zahl Fabriksarbeiter, gehören eigentlich noch zu den Landbauern 
des Steinfeldes, welche ſich mit Ackerbau und Viehzucht beſchaͤf: 
tigen, deſſen Zweige aber nur höchſt mittelmäßig genannt werden 
können. In dem an der Anhöhe gegen Hörnſtein zu gelegenen 
Schwarzfoͤhrenwalde betreiben fie das Anpechen der Bäume, um 
Terpentin zu gewinnen, mit welchem ſie gleich den andern nahen 
Ortſchaften dieſer Herrſchaft einen Handel unterhalten. 

Das Dorf Stein abrückl liegt flach gegen das Steinfeld 
zu, welches der hier durchfließende Pieſting fluß in zwei Theis 
le theilt, der auch der Kalteg ang genannt wird; das ſelbe wird 
von Wöllersdorf, Thereſienfeld, Felirdorf, Matzendorf und Salenau 
begrenzt. Ganz nahe daran führt die Gutenſteiner⸗ Straße vorbei, 
an der hier eine Mauth beſteht. 

Im Orte befindet ſich die Kirche, der Pfarrhof, die 
Schule, eine große Baumwollen-Spinnfabrik der 
Brüder Glanz, zwei Muͤhlen, der herrſchaftliche Meierhof 
und außer dem Dorfe am Steinfeld die Pul verſtampfen und 
Magazine , nebft dem fogenannten Raketendöͤrſchen (eis 
nige lange kaiſerliche Gebäude, in welchen die Congreviſchen Ra⸗ 
keten verfertigt werden). 

Die Lage iſt hier ſehr anmuthig und geſund. Die Fiſcherei, 
welche gute Forellen liefert, fo wie die bedeutende Jagdbarkeit, 
find Regalien der Herrſchaft Hörnſtein. 

In fruͤheſten Zeiten (1120) gehörte der Ort zur Pfarre Trais⸗ 
kirchen, und lag am Außerfien Ende dieſes Bezirkes; ſpaͤterhin 
kam ſolcher zur Pfarre Leobersdorf. Das erſte Beneficium für eis 
nen eigenen Prieſter in Seteinabrückl wurde 4779 errichtet, 
dieſes aber im Jahre 1783 zur Localie erhoben. 

Die Kirche, welche 1773 erbaut wurde, iſt von ganz ein⸗ 
fachem Bauſtyl und zu Ehren der unbefleckten Empfang niß 
Mariä geweiht. Sie iſt ohne Merkwuͤrdigkeiten, jedoch einem 
Gotteshauſe gemäß ausgeſchmüͤckt. 

Der Ort iſt ſehr alt und beſtand ſchen im XI. Jahrhundert, 
damals trug er den Namen Steinintiſche (Steinenertiſch), 
im Jahre 1371 verlor er ſolchen, und da hier eine fleinerne Brüs 


154 


cke über die Pieſting führte, fo wurde er Steininbruck 
. (von den Landleuten Steinabrückl) genannt. Auch der erſte Name 
in der ganz alten noch celtiſchen Ausſprache, ſcheint uns von der 
Brücke abgeleitet worden zu ſeyn. Hier ſtand auch vor Zeiten ein 
kleines Landhaͤuschen, welches dem Chriſto ph Carl Grafen von 
Heiſſenſtein zugehörte. 

Von den erlittenen Schickſalen dieſes Dorfes iſt uns aus 
der Geſchichte nichts bekannt geworden. N 


Stein a brunn. 
Ein vormaliges Dorf im V. U. W. W., welches zwiſchen 


Hundsheim und Deutſchaltenburg lag, im Jahre 1529 aber von 


den Türken dermaßen zerſtört wurde, daß nur der alte Kirchthurm 
übrig blieb, welcher durch die Zeit her nun auch verſchwunden iſt. 


Steinapieſting, | 
eine Rotte von 52 Käufern , im Gebirge bei Gutenſtein gelegen, 
wovon Wiener ⸗Neuſtadt in einer Entfernung von 6 Stunden 
die nächſte Poſtſtation iſt. 
Die Rotte gehört zur Pfarre und Schule nach Rohr; der 
Werbbezirk dem Lin. Inf. Regimente Nr. 49 und mit dem Land⸗ 


gericht nach Gutenſtein, welches auch die Grund⸗, Orts⸗ und 


Conſcriptionsherrſchaft iſt. 

Der Seelenſtand von hier enthält 107 Familien, 245 maͤnn⸗ 
liche, 261 weibliche Perſonen mit 57 Schulkindern. Dieſe beſi⸗ 
Ben 17 Pferde, 86 Zugochſen, 150 Kühe, 70 Schafe, 43 Zies 
gen und 60 Schweine. 

Die Bewohner find Waldbauern, worunter die Hälfte als 
Kleinhäusler beſtehen. Ihre Hauptbeſchäftigung iſt eine beträcht⸗ 
liche und gute Viehzucht, wenn gleich das Vieh nur von mit: 
telmaͤßigem Schlage iſt, Holz: und Kohlenhandel, welch' letztere 
„fie ſelbſt brennen, nach Wien. Auch beſitzen fie Ackerbau, der 
aber, da ihre Gründe alle an Anhöhen liegen, mithin von ſchlech⸗ 


ter Qualität find, und bei dem kalten Klima die Fechſung erft - 


ſbaͤt geſchehen kann, äußerſt gering iſt und nur in etwas Korn, 


- 455 
Hafer, mitunter auch in Gerſte beſteht. Wein⸗ und OSfigärten 
gibt es keine. 

Dieſe aus Holz gezimmerten und mit Gretern gedeckten Häu⸗ 
for der Rotte Steinapieſting liegen zerſtreut, theils im Tha⸗ 
le, theils auf Bergen, wozu nur beſchwerliche Wege führen. 

a Dieſe Gemeinde hat den Namen von der hier durchfließenden 
Steinapieſting erhalten, die ſich im Markte Gutenſtein in 
die Längerpieſting mündet. Dieſer Bach fließt nahe bei Guten⸗ 


ſtein durch eine ſchauerliche Felſenkluft, die an einigen Stellen 


ſo enge iſt, daß kaum zwei Menſchen nebeneinander gehen kön⸗ 
nen, und zwar auf einer Brücke, die durch die ganze Strecke der 
Kluft, der Länge nach über dem fließenden Waſſer, dem Wande⸗ 
rer keinen andern Raum läßt und auf welcher der Blick auf die 
uͤberhängenden Ruinen des uralten Bergſchloſſes Gutenſtein bes 
ſonders ſchauerlich ſchön iſt. 

Bemerkenswerthe Gegenſtaͤnde ſind hier keine vorhanden. 


Steinbach. 

Ein Dorf welches 13 Häuſer zählt, im Gebirge bei Mauer⸗ 
bach, wovon Purkersdorf die naͤchſte Poſtſtation iſt. 3 

Der Ort iſt zur Pfarre und Schule nach Mauerbach einbe⸗ 
zogen. Der Werbbezirk von hier gehört zum Lin. Inf. Regimen⸗ 
te Nr. 49. 

Landgericht iſt die k. k. Waldamtsherrſchaft Purkersdorf. — 
Grundherrſchaften, welche behauſte Unterthanen in Steinbach 
beſitzen, ſind die Dominien Königſtätten im V. O. W. W., Pur⸗ 
kersdorf und die k. k. Staatsherrſchaft Mauerbach, wovon die 
letztere auch die Orts⸗ und Conſcviptionsobrigkeit bildet. 

Hier leben 17 Familien (darunter befinden ſich 41 männliche, 
45 weibliche Perſonen und 12 ſchulfähige Kinder). Dieſe beſitzen 
10 Pferde, 52 Kuͤhe und 13 Zuchtſchweine. | 

Als Waldbauern werden die Einwohner Hüttler genannt, 
wovon ein jeder mit 5 bis 10 Joch Wiefengründen, meiſt mit 
Obſtbͤͤumen beſetzt, beſtiftet iſt. Ackerland beſitzen fie nicht, ſon⸗ 
dern fie halten blos Nußzvieh, welches fie recht gut pflegen, wo⸗ 


156 ’ 
bei von ihnen Butter, Milch und Obſt nach Wien zum Verkau⸗ 
fe gebracht werden. Die Wiefencultur verdient alles Lob; nicht 
geringer iſt ihre Obſtpflege, welche ſie mit allem Fleiße betreiben. 

Der Ort Steinbach liegt zerſtreut in einer Entfernung 
von einer Stunde von Mauerbach in einem ſchöͤnen Thale, wel: 
ches von dem Stein bach durchfloſſen wird, und wovon dieſe 
Gemeinde den Namen erhalten hat. An der von Mariabrunn über 
Hadersdorf nach Mauerbach fuͤhrenden Straße, leitet ein Weg 
rechts nach Steinbach. — Die Haͤuſer liegen meiſt mitten im 
Bezirk ihrer Wiefengründe, an denen, wie ſchon oben gefagt, 
Partien von Obſtbäumen ſtehen, und dem Ort ein recht laͤndliches 
Anſehen geben. 

Die ganze hieſige Gegend iſt uͤberhaupt ſehr ſchöͤn, beſon⸗ 
ders das Thal hier, welches von Bergen und Waͤldern umſchloſ⸗ 
ſen iſt. Es herrſcht ein gutes Klima ſo wie auch vortreffliches 
Waſſer vorhanden iſt. 

Die dem kaiſerlichen Hofe zugehörige Jagdbarkeit iſt zwar 
nicht von großem Belange, doch könnte ſie Hirſche, Rehe und 
Haſen lieſern. 

Das Dorf Steinbach beſteht ſeit 200 Jahren und iſt 
aus Holzhacker⸗ Hütten, die fruher hier waren, entſtanden. 


Steinbruch. 

Eine kleine Rotte von 7 Haͤuſern im Gebirge bei Schwarzau 
gegen den Schneeberg. Die naͤchſte Paſtſtation iſt Wiener⸗Neu⸗ 
ſtadt, über 8 Stunden entfernt. 

Die Häuſer von Steinbruch gehören zur Kirche und 
Schule nach Schwarzau. Den Werbbezirk beſitzt das Lin. Inf. 
Regiment Nr. 49. Landgericht, Grund⸗ und Conſcriptionsobrig⸗ 
keit iſt die Grafſchaft Outenftein. Die Ortsherrlichkeit beſißt das 
Amt Schwarzau. 

In 17 Familien leben bier 38 männliche und 48 weibliche 
Perſonen mit 5 Schulkindern. Ihr Viehſtand beſteht in 10 Zug: 
ochſen, 44 Kühen und 10 Schweinen. j 

Die Einwohner find Waldbauern, welche ſich mit der Vieh: 


457 


zucht und Verfertigung der Schleifſteine beſchaͤftigen. Erftere 
iſt ziemlich gut, denn ſie treiben das Vieh den Sommer über 
auf die Alpen, von wo es im Herbſte erſt zurückkommt. 

Bei dem rauhen Klima und den vielen Wäldern iſt der 
Ackerſtand ſehr gering und die Gründe find ſchlecht; fie bauen das 
her auch nur ſehr wenig Gerſte und Hafer. Sie haben keine 
Weingarten und kein Obſt. 

Die Rotte Steinbruch liegt ganz zerſtreut in der Gegend 
von Schwarzau im Gebirge an der öſtlichen Seite des Schnee⸗ 
berges; jedes Haus hat eine andere Lage, dazu beſtehen blos 
beſchwerliche Verbindungswege, weil keine Straße angelegt iſt. 

In den hieſigen Waͤldern, die zur Grafſchaft Gutenſtein ge⸗ 
hören, gibt es viel Reh⸗, Hirſch⸗ und Federwild. . 

Den Namen hat die Rotte von dem hier vorhandenen 
Steinbruch erhalten, aus welchem ſchon in uralten Zeiten 
Schleifſteine gewonnen wurden. 


Das Steinfeld. 

Eine der größten Strecken und Ebenen des Landes unter 
der Ens. Sie vereinigt ſich mit andern Flaͤchen, welche alle zu⸗ 
ſammen von den Vorhuͤgeln des Kahlengebirges an der Donau 
bis gegen Süden an die Hügel hinter Neunkirchen und oſtwärts 
bis an das Leythagebirg ſich hinziehen. | 

Dieſe große Ebene hat verſchiedene Benennungen, und mit 
Recht, denn die productiven Kraͤfte des Erdbodens ſind hier au⸗ 
ßerordentlich verſchieden. So wird die von der Hauptſtadt ſich 
gegen Oſten bis an die Leytha hinziehende Flache vd ie W dener 
F lä ch es, jener als der daranſtoßende gegen Weſten zulaufende 
Theil, »die Mündendorfer Haider, dann die zungenar⸗ 
tige große Flache zwiſchen dem Kaltengang und der Leytha »das 
Steinfelde bis Neunkirchen und endlich jener Strich, welcher 
zwiſchen der Poſtſtraße, von Salenau an bis an die Gebirge 
über Möllersdorf gegen Fiſchau und Reuſtabt gelegen iſt, die 
Neuſtädter⸗Haide genannt. 

Wenn man den Boden dieſer Fläche genau unterſucht, ſo 


158 


muß man billig in Staunen verſetzt werden ob dem ſcharf ges 
zeichneten ſtarken und höchſt ſonderbaren Unterſchiede der Boden⸗ 
age. Es iſt dieß wahrhaft eine ſeltſame Naturerſcheinung! — 

Die Wiener Fläche beſteht beinahe durchaus in frucht⸗ 
baren Feldren und Wieſen, vorzüglich auch geeignet zum Wachs⸗ 
thume für Knollengewaͤchſe, an den tiefern Stellen zur Erzeu⸗ 
gung von Heu und an den etwas erhabenen ſogar fuͤr den Wein⸗ 
bau trefflich. 

Bei weitem nicht mit ſolchen Naturvorzügen ausgeſtattet, 
zeigt ſich uns die ſogenannte Münkendorfer⸗Haidez es 
wechſelt hier ſchon unfruchtbarer Boden mit mehr lehmigem Grund, 
der Landmann hat größere Sorge bei Bearbeitung der Gründe an⸗ 
zuwenden, und doch iſt der Lohn feines Schweißes nicht bedeu⸗ 
tend genug; der Forſcher ahnet daher auch ſchon, daß die Vege⸗ 
tation ſich veringert, als er bei Salenau mit einem Male ſich 
von aller Fruchtbarkeit abgeſchnitten, und auf eine Haide ver⸗ 
ſetzt ſieht, deren fo karge, man darf ſagen todte, Natur er bes 
klagen muß. Nicht allein ſteinig iſt der Boden, ſondern abge⸗ 
ſtorben, die wenigen Halme krümmen ſich ohne Saft und Kraft 
am Boden hin, nicht einmal geeignet, von den Schafen aufgele⸗ 
ſen zu werden. Zwiſchen dieſer Haide und dem nördlich gelegenen 
Theil des Stein feldes befindet ſich das Dorf Therefiens 
feld, welches wie ein Zauberbild aus dieſer Wüſte freundlich 
auftauchet, und durch die Gärten, welche bei den Häufern ange⸗ 
legt ſind, eine ſchöne labende Anſicht gewinnt. (Wir werden von 
dieſem Orte bei der betreffenden Rubrik eine umſtändliche Be⸗ 
ſchreibung liefern.) 

Der vorerwähnte nördliche Theil vom Stein feld iſt 
ziemlich unfruchtbar, und ſein Name beurkundet ſich im Boden, 
der von größern Kieſelſteinen voll iſt; doch vermögen Fleiß und 
guter Dünger ihm manches abzugewinnen, ſo daß hie und da 
mittelmäßige Korn⸗, Hafer: und Tuͤrkiſchkorn⸗Felder beſtehen. 
Letztere Frucht beſonders, und ſogar Weingärten, welche der 
verdienſtvolle Bürgermeifter Herr Mieſel in Wiener⸗Neuſtadt 


459 


unweit Neuſtadt von Jahr zu Jahr immer mehr anlegen läßt, 
gedeihen erfreulich. 

Dagegen iſt der ſüdlichere Theil des Steinfeldes, be⸗ 
grenzt durch den Fiſchaufluß bis zu den fi keſſelförmig erheben⸗ 
den Gebirgen gegen Neunkirchen ꝛc. c. am meiſten unfruchtbar, 
denn die Erdlage gleicht ganz einem Steinboden, vollgefäet mit 
kleinen Kieſeln. Da hat der Landmann eine ſchwere Arbeit auf 
ſeinen dürftigen Feldern, die weiter nichts als Heidekorn liefern. 

Dieſe ganze Fläche von Wiener⸗Neuſtadt bis Neunkirchen, 
alſo eine ganze Poſtſtation, hat gar keine Abwechſelung, als zur 
Linken der Straße den fogenannten großen Föhrenwald, wel⸗ 
cher aber ebenfalls von dürftigem Wachs thum iſt, und zur Rech⸗ 
ten einen jungen Anflug von Föhren. 

So wie dieſe Strecke ſchon in der Bodenlage an und für 
ſich ſtark verſchieden iſt, um ſo mehr iſt ſie ſonderbar geſtaltet 
durch die tauſend kleinen Waſſerquellen, die ſich hie und da bei⸗ 
nahe an der Oberfläche der Erde hinziehen. 

Nach allen dieſen ift es nicht zu läugnen, daß die obere Bo⸗ 
denlage des Steinfeldes, das kieſelige Erdreich, von dem 
durch eine Erdrevolution verurſachten Durchbruche der Urgebirge 
herrührt, welcher, wie wir uns deutlich überzeugen können, bei 
Emmerberg geſchehen ſeyn müſſe. Er hat mit dieſer todten Erde 
das Steinfeld gebildet und die Leithagebirge aufgeſchwemmt / 
welches aus den Erdſchichten dieſer Gebirge entnommen wer⸗ 
den kann. 

Obſchon keine menſchliche Seele es weiß, vor wie viel Jabr⸗ 
tauſenden dieſer furchtbare Kampf in der Natur Statt gefunden 
hat, ſo iſt es doch ausgemacht, daß durch dieſe Revolution der 
See, welcher die ganze Gegend dieſer heutigen großen Ebene 
einnahm, bei dem Durchbruche ſich in andere Waffer ergoſſen, 
ohne Zweifel den Neuſiedlerſee der Natur nach zurück gelaſſen, 
nach ſeiner Abfluthung aber uns den großen Theil des Thales 
vom V. U. W. W. gebildet habe, welches jetzt in deffen ein⸗ 
ſtigem Bezirke mehr denn 300 Dörfer mit einem großen Natur⸗ 
reichthume enthält. Wie höchſt wunderbar find nicht die Füͤgun⸗ 


150 


Veſte mit ihren Schaͤtzen zu zwingen. Ganz klar geht aus die ſem 
die außerordentliche Feſtigkeit und Wichtigkeit der Burg Star⸗ 
hemberg hervor. 

Die nach Herzog Friedrichs Tode nun allgemein einge⸗ 
tretene Verwirrung während des Interregnums im Lande, die 
Parteiſpaltungen und die ſteten Unruhen haben einen dichten 
Schleier über die nähere Geſchichte von Starhemberg gezo⸗ 
gen. Der Streit ſo wie die Macht hatte ſich an eine andere 
Grenze, nämlich an die von Böhmen hingezogen, und ſomit kam 
es, daß Starhemberg feine bisherige Wichtigkeit und Größe 
für immer verlor, obſchon ſelbe immer landes fürſtlich und bei 
Oeſterreich blieb. Wir finden die Burg in dieſem Zeitraume von 
landesfürſtlichen Pflegern verwaltet, und als nach Rudolphs 
von Habsburg Tode deſſen Nachfolger den Regentenſtamm in 
Oeſterreich bildeten, ſetzten dieſe Burggrafen nach Starhem⸗ 
berg. Davon lernen wir unter Kaiſer Friedrich III., dem 
Schönen, Eglof von Schellemberg kennen. — In der 
Ländertheilung nach Albert II. und in dem Vormundſchafts⸗ 
ſtreite Albrechts blieb dieſe Burg bei Oeſterreich. Hier fand 
der junge Herzog Albrecht V. einen ſichern Zufluchtsort, als 
die von Neapel nach Wien gekommene Peſt verheerend wüthete, 
fo daß bei vier Monate lang über 80 Leichen bei St. Stephan 
täglich beerdiget wurden. Reimprecht von Walſee ergriff 
dieſe ſchickliche Gelegenheit, und führte den jungen Fürſten von 
hier nach Eggenburg, wo in der Verſammlung der Stände der 
Vormundſchaft und' dem verderblichen Zwiſte ein Ende gemacht 
ward. — Im Jahre 1401 war hier Burggraf Johann von 
Neudeck. — Albrecht V. (als Kaifer der II.) verpfändete 
Starhemberg im Jahre 1439, als er zu ſeinen Kriegen ge⸗ 
gen die Türken Geld benöthigte, nebſt andern Burgen an feine 
Vettern, die Herzoge Friedrich und Sigmund von Oeſter⸗ 
reich. — Als Caſtellan und Landrichter der Veſte Starhem⸗ 
berg leſen wir 1445 den Bartholomäus Geymann. 
Dieſem folgte 1468 der Ritter Hanns Grundrechinger. — 
Im Jahre 1477 war in dieſer Eigenſchaft Balthaſar Gey⸗ 


161 


vorüberfließen. Der eine ſchlaͤngelt ſich durch den Hottmannsgra⸗ 
ben, der andere kommt von einer Gebirgshöhe, Vögelhöfen 
genannt. 

Die hieſige Gegend iſt ſehr ſchön, wenn auch das Klima 
der vielen Berge wegen rauh iſt, und das Trinkwaſſer gehört zu 


dem beſten dieſer Umgegend. Es beſteht auch eine ziemlich gute 


Jagdbarkeit, die Rehe, Haſen, bisweilen Rebhühner und Füchſe 
liefert, und wovon das Recht der Herrſchaft zuſteht. 

Dien Namen Steinhöfen hat der Ort von den erſten von 
Steinmaterial erbauten Bauernhöfen, Hottmannsgraben 
aber von der ſeit undenklichen Zeiten beſtehenden örtlichen tiefen 
Lage erhalten. | 


Steinhof. 
Eine kleine Ortſchaft von 4 Häufern, bei Grillenberg gele⸗ 


gen. Ginſelsdorf iſt davon die nächſte Poſtſtation. 
Dieſe 4 Häuſer gehören zur Kirche und Schule nach Gril⸗ 


— 


lenberg, mit dem Werbbezirk zum Lin. Inf. Regiment Nr. 49, 


und zum Landgerichte der Herrſchaft Merkenſtein zu Gainfahrn. 

Als Grundherrſchaften werden Hörnſtein und die Pfarre 
Grillenberg bezeichnet, wovon letztere auch die Orts⸗ und Con⸗ 
ſcriptionsobrigkeit iſt. 


Dieß Dörfchen wird von 4 Familien (dazu gehören 11 maͤnm⸗ 


liche, 12 weibliche Perſonen und 2 Schulkinder) bewohnt, die 


einen Viehſtand von 2 Pferden, 2 Zugochſen, 11 Kühen, 2 Zie⸗ 
gen und 12 Schweinen beſitzen. 

Drei der hieſigen Familienvater find Kleinhaͤusler und Wald: 
bauern, der vierte aber iſt Beſitzer von dem in der Mitte des 
vorigen Jahrhunderts dom Grafen Heiſſenſtein geſchmack⸗ 
voll und regelmaͤßig erbauten Ruſticalhof als ein Ganzlehen. 

Die Beſchäftigung der hieſigen Bewohner beſteht blos im 
Feldbau der gewöhnlichen vier Körnergattungen, dann der zu ih⸗ 
rem Bedarfe nöthigen Viehzucht. 

Von Ginſelsdorf aus führt die ſogenannte Hirten ber⸗ 
gerſtraß e über Pottenſtein, allwo ſich links davon eine Seitens 

11 


162 


ſtraße in das reizende Grillenberger⸗ Thal abwendet. Alldort, 
gleichwie Grillenberg, nur eine Viertelſtunde davon entfernt, 
und noch näher bei Veitsau, liegt der kleine Ort Steinhof 
in einem Thalkeſſel am Fuße des Steinberges, aͤußerſt romantiſch 
und ſchön. Geſunde Luft und vortreffliches Gebirgswaſſer geho: 
ren zu den Vorzuͤgen dieſer herrlichen Gegend. 

Dem obbenannten Ruſticalhofe gegenuͤber, ragt ein mittel: 
mäßig hoher, aber ſteiler Berg mit Föhren bewachſen empor, 
der ſich in verſchiedenen fantaſtiſch gruppirten Felſenmaſſen en⸗ 
digt, von welchen vorzüglich drei Gruppen auffallen. Die größ⸗ 
ten und höchſten Felſen haben ſehr viele Aehnlichkeit mit einer 
Ruine, und enthalten eine geräumige , von der Natur kegelför⸗ 
mig gewölbte unterirdiſche Höhle, die gegen den Steinhof 
zwei große Oeffnungen oder Ausgänge haben. Nach der beſtehen⸗ 
den Volksſage ſoll das heimliche Gericht (die ſogenannte heilige 
Vehme) hier einſt feine Sitzungen gehalten haben. — Die übris 
gen zwei Felsſtücke geſtalten ſich höchſt ſonderbar gleich menſchli⸗ 
chen Figuren oder Büſten. 

Dieſe 4 Häuſer, unter der Benennung Steinhof, welche 
ſie von der örtlichen Lage erhalten haben, ſind ſehr alt, denn 
im Manuſcripte Mausoleum S. Crucis kömmt vor, daß im 
Jahre 1276 Otto von Arnſtein dem Stifte Heiligenkreuz 
eine Mühle beim Steinhof mit einem Pfunde Pfennige jährlicher 
Einkünfte für ſeinen Jahrtag geſchenkt habe, welches allgemein 
als Steinhof bei Grillenberg angenommen wird. 


Steinhof (Neu⸗), 

eine Beſitzung mit einer eigenen ſtändiſchen Gülten-Einlage, blos 
aus einem Fabriks⸗Gebäu de beſtehend, zunächſt Inzersdorf 
am Wienerberg gelegen, in einer Entfernung von einer Stunde 
von Wien. 

Dasſelbe gehört zur Kirche und Schule nach Inzersdorf, 
mit dem Werbbezirk zum Lin. Inf. Regiment Nr. 49 und zum 
Magiſtrate nach Wien in Beziehung auf die Rechtsausübung ei: 


| 1063 
nes Landgerichtes. — Die Grund-, Orts⸗ und Conſcriptions⸗ 
obrigkeit iſt die Herrſchaft Steinhof. 

Dieſe Beſitzung enthält 48 Familien, 105 männliche, 
97 weibliche Perſonen; an Viehſtand blos 2 Pferde und an 
Gründen 123 Joch Wieſen, dann 32 Joch Ackerland. 

Ehedem gehörte der Steinhof den Jeſuiten, worin ſie 
auch eine eigene Capelle hatten, welche mit einem Thürmchen ge⸗ 
ſchmuͤckt war, vor etwa zwanzig Jahren aber durch Feuersbrunſt 
zu Grunde ging. Seit der Zeit hatte dieſes kleine Gütchen meh: 
rere Beſitzer. Davon kennen wir im Jahre 1811 Johann 
Caſpar Dietecker, der ſolches durch Kauf an ſich brachte. 
Im Jahre 1818 verkaufte er die Hälfte an Franz Joſeph 
Preuß, welcher im folgenden Jahre auch die andere Hälfte 
uͤberkam. Im Jahre 1830 war Ferdinand Martin Lieb⸗ 
mann, in demſelben Jahre noch Alois Miesbach, und 1832 
Theodor Guͤlcher davon Beſitzer (aus dem n. 5. ſtändiſchen 

Gültenbuche). 

Dieſes große Gebaͤude, welches nur eine ſtarke Viertelſtun⸗ 
de vom Orte Inzersdorf entfernt, zwiſchen dieſem und Altmanns⸗ 
dorf ganz flach gelegen iſt, zunächſt welchem die Haupt⸗Poſt⸗ 
ſtraße nach Steiermark und Italien vorbeiführt, iſt ſeit mehre⸗ 
ven Jahren zu einer Baumwollengarn-Geſpinnſt-Fa⸗ 
brik eingerichtet, die dermalen nur Außerft mittelmäßig betrieben 
wird. Dasſelbe beſteht aus vier Abtheilungen. Davon ſind die 
zwei mittlern zwei Stockwerke hoch, und wurden im Jahre 1808 
ganz neu erbaut und mit mehreren großen Spinnſälen verſehen; 
auch befindet ſich darin eine Dampfmaſchine, die für jetzt außer 
Gebrauch geſetzt iſt. Der Lieſingbach, welcher das untere Ge⸗ 
bäude durchfließt, treibt die Maſchinen. . 

Landwirthſchaftliche Zweige werden keine cultivirt, denn 
die wenigen Gründe die zu Neu⸗ Steinhof gehören, ſind zu 


unbedeutend. 
Stein maßl. 
Siehe Hafung, Dobel und Steinmaßl im II. Bande 
dieſes Werkes, Seite 131, ein vereinigtes Dorf von 17 Häuſern. 
11 * ö 


164 n. 


Steinwandgraben, 


zwölf einzelne Häuſer im Gebirge in der Gegend von Furth, wo⸗ 
von Ginſelsdorf die nächſte Poſtſtation iſt; jedoch in einer Entfer⸗ 
nung von 6 Stunden. 

Dieſe Ortſchaft gehört zur Pfarre und Schule nach dem 
ziemlich entfernten Markt Pernitz; mit dem Werbbezirke zum Lin. 
Inf. Regiment Nr. 49. 

Das Landgericht, die Grund⸗, Conſcriptions⸗ und Ort⸗ 
obrigkeit iſt die Herrſchaft Merkenſtein zu Gainfahrn. 

Hier leben in 17 Familien 45 männliche und 45 weibliche 
Perſonen, welche 28 Zugochſen, 15 Kühe und 2 Schafe beſitzen. 

Die Bewohner ſind Waldbauern, und wenn ſie gleich alle 
Gattungen Feldfrüchte, jedoch aber nur in ganz unbedeutender 
Menge bauen, ſo iſt doch ihr meiſter Verdienſt durch den Handel 
mit Holz, Kalk und Kohlen, größtentheils in die Reſidenzſtadt 
Wien, geſichert. Uebrigens haben ſi fi e weder Wein⸗ noch Obſt⸗ 
garten. 

Der Ort Steinwandgraben, von feiner natürlichen 
Lage fo benannt, beſteht in zerſtreuten Häufern, welche theils im 
Thale, theils auf Bergen mitten zwiſchen Felſen und Gebirgen 
liegen. Die naͤchſten Ortſchaften davon ſind Maierhof und Furth. 
Eine Straße von Furth, dann eine andere von Pernitz, von der 
Gutenſteiner⸗Straße rechts ablenkend, führt hieher ins Gebirge. 

Die hieſige Gegend iſt ſchöͤn, geſund und gutes Waſſer vor⸗ 
handen. Merkwürdige Gegenſtände gibt es gar keine. 


Steyersberg. 


Ein Schloß und zugleich eine Herrſchaft, wovon erſte⸗ 
res zur Gemeinde Hasbach numerirt iſt. — Auch die anderen 
Rubriken find dieſelben wie beim Dorfe Hasbach im 2. Bande 
gegenwärtigen Werkes. 

Bevor wir die Herrſchaft Stey er sberg beſchreiben, 
wollen wir das Schloß, ſammt der Umgegend, unſern verehrten 


465 


Leſern darſtellen, und bemerken hierbei blos, daß basfelbe noch 
von Niemand aufgenommen worden iſt. Die Grundurſuche mag 
ſeyn, weil Steyersberg ganz abgeſondert im Gebirge liegt, 
alſo kein Ort iſt, wohin gewöhnlich Ausflüge gemacht werden, 
wenn gleich dieſe Burg ſehr alt iſt, und die Umgebung als höͤchſt 
pittoresk eine genaue Schilderung verdient. 

Dieſes Schloß iſt ganz einſam und abgeſondert von Neun⸗ 
kirchen öſtlich auf einem ziemlich hohen und ſteilen Felſen gelegen, 
zwiſchen Bergen und Wäldern, wozu nur äußerft beſchwerliche 
Wege führen. Der beſte davon als Fahrſtraße iſt jener vom 
Markte Neunkirchen aus links, welcher bei 3 Stunden dauert. 
Bis zum Dorfe Gramatel iſt fſolcher ziemlich eben, dann aber 
beginnt er beſchwerlich zu werden und führe durch Wälder bis zur 


Hofmuͤhle, die am Hasbache und am Fuße des Schloßberges 


ſteht. Ein anderer Weg leitet von der Aſpanger⸗Straße unfern 
Scheiblingkirchen rechts über Kirchau und Has bach hierher, wel⸗ 
cher ſich bei der obgenannten Hofmuͤhle mit jenem von Hasbach 


vereinigt. Außer dieſen beiden Straßen haben wir von Feiſtritz 


aus den Weg nach Steyersberg eingeſchlagen, der zwei 
Stunden währt, jedoch ohne einen ſichern Führer durchaus nicht 
zu unternehmen rathſam iſt, weil man ſich, indem nur unkenn⸗ 
bare Fußſteige beſtehen, in den dichten Wäldern und Bergen 
gar leicht verſteigen kann. 

Das Schloß Steyers berg wird dem Wanderer nicht 
eher ſichtbar, als bis er aus dem Walde tritt, und nach einer 
Viertelſtunde zur Hofmühle gelangt. Von hier windet ſich ein 
Fahrweg um den an der Nordſeite und zum Theil mit Tannen 
bewachſenen Felſen zum Schloſſe; ein anderer Fußſteig beſteht 
von Hasbach aus zwiſchen Bergen. 

Durch ein großes Thor, über welchem das Wappen des 
Freiherrn Johann von Wurmbrand und deſſen Gemahlin 
Dorothea, gebornen von Zwickel, angebracht iſt, gelangt 
man in einen kleinen Hof, in welchem eine mit Holzſtufen ver⸗ 
ſehene Stiege] zur Wohnung eines Dieners der Herrſchaft führt; 
ein zweites Thor, an der innern Seite mit dem Wappen des 


* 


166 


Freiherrn Johann Euſt ach don Wurmbrand und feiner 
Gattin Maria Iſabella, Herrin von Speidel, mit 
der Jahreszahl: MDCXCIIX., welche nach der weitern Webers 
ſchrift dieſe Wappenſchilder zum Andenken ihrer Aeltern ſetzen lie⸗ 


ßen, eröffnet einen größern Hof. Rechts iſt eine breite hölzerne 


Treppe zu einem Gitterthore von Holz angelegt, welches den 
Eingang zum ältern Theil, oder vielmehr zur wirklichen Burg 
Steyersberg bildet. Das Gebäude iſt im Viereck gebaut, 
mit zwei Stockwerken verſehen und mit einer Mauer umgeben, 
in welcher Schießſcharten angebracht ſind. Gegen den Burgplatz 
beſtehen Gänge, deren flache Gewölbe auf Säulen von Sandſtein 
ruhen. An dieſer Seite ſtehen zwei viereckige ſehr maſſive Thuͤr⸗ 
me, deren Hauptmauern 17 Klafter dick find, der eihe gegen 
Oſten, der andere gegen Norden, wovon der groͤßere als Ruͤſt⸗ 
kammer, der zweite hingegen als Wohnung der Thurmwaͤchters 
gegenwärtig dient. Die Ruͤſtkammer enthält alte Rüſtungen, als 
Sturmhauben, Harniſche ıc. ꝛc., Doppelhacken und alterthuͤm⸗ 
liche Feuergewehre, in dieſem Thurme ſoll auch die alte Burg⸗ 
capelle befindlich geweſen ſeyn. An der Oſtſeite iſt auch der kurze 
Burgzwinger angebracht. Im Schloßhofe fließt eine lebendige 
Bergguelle durch eine hölzerne Rohre in ein ſteinernes Baſſin, 
und von hier in den äußern Hof. Ober dem Eingange in dieſes 
Schloß iſt ebenfalls das Wappen des Freiherrn Johann von 
Wurmbrand und feiner Gemahlin, gebornen Freiin von Al: 


than, vom Jahre 1627 angebracht. Vom großen Vorhofe linker 


Hand gelangt man in ein unterirdiſches großes Gewölbe, in Felſen 
gehauen, welches derzeit zu einem Keller verwendet wird. 

Im neuern Schloſſe, welches an das alte angebaut, durch 
Höfe verbunden iſt, und nur eine Fronte von einem Stockwerke 
enthält, übrigens von einer Mauer mit Schießſcharten umfangen 
iſt, woran zwei kleine Thurmchen ſtehen, befindet ſich an der öſt⸗ 
lichen Seite gegen Hasbach zu die neue Capelle mit einem klei⸗ 
nen, mit weißem Blech belegten Thurme und einem harmoni⸗ 
ſchen Geläute von drei Glocken. Dieſe wurde im Jahre 1734 

von Caſimir Heinrich Grafen von Wurmbrand und 


a 


167 


feiner Gemahlin Carolina Joſepha, gebornen Bräfin von 
Sanfree erbaut, und enthält im Innern der Kuppel ein ſchö⸗ 
nes Fresco⸗ Gemälde. Der Altar iſt mit dem Bildniß des Erlö⸗ 
ſers am Kreuze und mit zwei lebensgroßen Heiligen-Statuen 
von Gips geziert. Früher wurde in derſelben Meſſe geleſen und 
es war ein eigener Beneficiat angeſtellt, ſeit mehreren Jahren 
aber wird kein Gottesdienſt mehr abgehalten. 

Die Gemächer des alten Schloſſes find unbewobut, und ver⸗ 
treten die Stelle eines Kornſpeichers, das neuere Schloßgebäu— 
de iſt von dem gegenwärtigen Herrſchafts-Pächter bewohnt, und 
auch die Kanzlei befindet ſich daſelbſt. Die alte Burg mag etwa 
15 bis 20 und und das neuere Schloß 13 Zimmer enthalten, 
die ohne alle Merkwürdigkeit ſind, und wovon jene der alten 
Burg gar kein Meublement haben. 

Wenn wir dieſes Schloß mit ſeiner Lage und Umgebung 
in Betracht ziehen, ſo ergibt ſich die Ueberzeugung, daß es nie 
ein feſter Punkt zur Vertheidigung war; auch iſt beſonders die 
alte Burg ganz klein, traͤgt nichts Merkwürdiges an ſich, und 
muß in Hinſicht der Bauart und Lage gar vielen andern Beſten 
nachſtehen. Inzwiſchen iſt aber die Ausſicht von Steyers berg 
überraſchend ſchön, da ſich über das friedlich gelegene Hasbach 
eine weite Fernſicht zu den ungriſchen Grenzen eröffnet, und ſich 
weſtlich der Schneeberg, in einer Entfernung von 5 Stunden, mit 
dem maleriſchen Vordergrunde, der farbigen Steinwand, erhebt. 
Zweimal des Tags kann dieſes großartige Naturſchauſpiel betrach⸗ 
tet werden. Am Morgen, wenn die Sonne ihre erſten Strahlen 
uns ſendet, prangt dieſes majeſtätiſche Gebirge im dunklen Co⸗ 
lorite und ernſt und impoſant iſt ſein Bild, erſchreckend furchtbar 
aber, ſobald ſchwarze Donnerwolken ſein ſchneeiges Haupt umla⸗ 
gern, und der feuerfarbige Blitz an dieſer blaſſen Staffade vor⸗ 
überfährt, und als ſei dann die Natur in Schreck gehüllt ob 
des ergrimmten Elementes, ſo fahl ſchimmern die Schneeſpitzen 
hervor. Neigt ſich aber die Sonne an einem ſchönen Sommer: 
tage hinab an den blauen Himmelsbogen, da vergoldet ſie mit 
ihren Strahlen wunderbar ſchön die Silberkuppen dieſes mächti⸗ 


168 


gen Miefenberges, und mit jeder Minute mehr, als fie bei ihrem 
ſanften Untertauchen den Schleier über die Fluren und Felder ſen⸗ 
tet, teigert ſich dort die roſige Gluth in magiſcher Beleuchtung. 
Tiefen Zauber muß man aus den Fenſtern der Burg Steyers⸗ 
ders ſelba ſehen, denn beſchreiben läßt ſich eine ſolche Stene 
darchant nicht. 

So herrlich die Ausſicht alſo von zwei Seiten iſt, eben ſo 
ſtatk begrenzt iſt ſolche gegen Süden und Norden durch die nahen 
Gedirge und dichten Wälder. 

Dunkel und daher wild romantiſch iſt die nahe Umgebung, 
dech ſind auch reizende Partien vorhanden, die derſelben eine ma⸗ 
leriſche Abwechslung geben. 

Im Angeſichte des Bergſchloſſes und noch etwas höher auf 
dieſem Bergrücken befindet ſich ein herrſchaftlicher gut beſtellter 
Meierhof, in welchem der gegenwärtige Herrſchafts⸗ Pächter 
vortreffliche Kühe hält, die von ausgezeichneter Race ſind. 

Ueber die Zeit der Erbauung der Veſte Steyersberg 
und ihre erſten Beſitzer herrſcht eine gänzliche Dunkelheit, die 
wir noch gar bei keiner andern Burg ſo getroffen haben. 5 

Man fagt, dieſelbe habe den Namen Stepersberg vom 
Derge erhalten, welcher in alten Zeiten die Grenze vom Ge⸗ 
biete der ſteieriſchen Markgrafen bildete und daher der Ste y⸗ 
ersberg genannt wurde. 

Dieſes mag allerdings wahr ſeyn, doch die Beſitzer dieſer 
Burg in der erſten Zeitperiode find nicht zu erforſchen; dadurch 
kemmt es auch, daß nicht ausgemittelt werden kann, in welchem 
Jahrhundert und durch wen die Veſte erbaut worden ſei. Daß 
fie den Namen vom Berge erhielt, feheint uns gewiß, daß aber 
ein altes anſehnliches Geſchlecht, nämlich jenes der Steyers⸗ 
derge gebluͤht haben Toll, die der Sage nach ſogar Freiherren 
wartn, dieß bezweifeln wir auf das höchſte, weil ſich gar nirgends 
eint Spur, weder unter den ſteieriſchen noch öſterreichiſchen Ges 
fGtechtetn auffinden lat. — Diefe undurchdringliche Ungewißheit, 
Ne auch der ſichecſte Beweis iſt, daß Steyersberg ſammt ſei⸗ 
nen ersten MWefidern nicht geſchichtlich berühmt ſei, haben wir nur 


| 4109 

bei Steyersberg und dem nachfolgenden Stickelberg un: 
ter allen bisher beſchriebenen Burgen getroffen, welche, wenn wir 
gleich erfahren haben, daß dieſe Burg im XIV. und XV. Jahrhun⸗ 
dert von den Königsbergern beſeſſen worden ſeyn ſoll, ſich doch 
nicht eher als im XVI. Jahrhundert ganz aufklaͤrt. Da erſcheint 
im Jahre 1543 Hanns Freiherr von Weispriach als Beſitzer 
der vereinigten Herrſchaften und Burgen von Steyers berg 
und Stickelberg, indem zuvor im Jahre 1534 der Ritter⸗ 
ſtands-Landmann Chriſtoph Kurlobiz in Stickelberg 
als Eigenthümer geſeſſen war. Seine hinterlaſſene Witwe Ka⸗ 
tharina hat das Gut Stickelberg ihrer Tochter Martha 
und derſelben Ehegatten Ulrich von Neudeck im Jahre 1564 
abgetreten und gänzlich übergeben (k. k. n. ö. Guͤltenbereitungs⸗ 
Acten im k. k. Hofk. Archiv). 

Wie wir nachfolgend bei Stuppach ſehen werden, waren 
die Herren von Wurmbrand bis zum Jahre 1574 als Beſitzer 
von Steyersberg⸗Stickelberg (n. ö. ſtaͤndiſches Gülten⸗ 
buch). In dieſem Jahre war der erſte Ehrenreich Freiherr 
von Wurmbrand, der dieſe zwei Herrſchaften durch Kauf an 
ſich brachte. Dieſem folgte 4620 fein Sohn Johann. Hanns 
Euſtach Freiherr von Wurmbrand erhielt dieſe Herrſchaften 
im Jahre 1668 durch Erbſchaft; im Jahre 1721 Johann 
Wilhelm Graf von Wurmbrand durch brüͤderlichen Vergleich; 
im Jahre 1754 Gundacker Graf von Wurmbrand durch 
Erbſchaft, und im Jahre 1795 Se. Erlaucht Heinrich Guns 
dacker Graf von Wurmbrand, Oberſthofmelſter Ihrer 
Majeſtät der Kaiferin von Oeſterreich, welcher dieſe 
Herrſchaft noch beſitzt, gegenwartig aber verpachtet hat. 

Seitdem die Familie der Wurmbrande zum Beſitz von 
Steyersberg gelangte, haben ſie ihre Familiengruft in der 
Kirche des nahen Pfarrdorfes Hasbach, in welcher auch diejeni⸗ 
gen Glieder ruhen, welche ſich zur lutheriſchen Lehre bekannten. 
Man findet dort kupferne und andere ſchöne Särge. 

Was die ganze Herrſchaft Steyersberg aubetrift, 
fo beſteht ſolche in 102 Häuſern, 236 Familien, 527 maͤnnli⸗ 


’ 


10 


den, 537 weiblichen Perſonen, mit 9 Pferden, 280 Zugoch⸗ 
fen, 366 Kuͤhen, 547 Schafen, 23 Ziegen, 201 Schweinen, 
420 Joch herrſchaftlichen, 504 Joch Unterthans⸗ Waldungen, 
80 Joch Wieſengruͤnden, 1010 Joch Ackerland und in den Dör⸗ 
fern: Has bach, Kirchau, Kulm, Thann, Ober-Tha⸗ 
negg und St. Valentin, dann in dem Schloſſe Stey⸗ 
ers berg. 

Dieſe. Herrſchaft liegt oͤſtlich von Neunkirchen, theils auf Ber⸗ 
gen, theils im Thale; die zwei Bergrücken, auf denen die Dör⸗ 
fer ſituirt ſind, bilden zwei Aſtungen des Semeringgebirges ge⸗ ö 
gen Oſten bis zur fuͤrſtlich Palffyſchen Straße, die von Wiener: 
Neuſtadt aus nach Guͤns führt. 

Das Klima iſt ſehr geſund, wenn gleich im Gebirge etwas 
rauh, auch gutes Waſſer vorhanden. 

Die Einwohner ſind meiſt Waldbauern mit Feldbau, wovon 
fie Rocken und Hafer, aber ſehr wenig Weizen und Gerſte erhal: 
ten. Obſt gibt es auch nicht ſehr viel; Weingärten exiſtiren gar 
keine. — Außer dieſem Körnerbau treiben fie eine mittelmäßige 
Viehzucht, fällen Holz in ihren Wäldern und verfertigen Schin⸗ 
deln und Weinſtecken, die nach Wiener⸗Neuſtadt zu Markte 
gebracht werden. — Angelegte Straßen gibt es keine im dießherr⸗ 
ſchaftlichen Bezirke, denn es beſtehen blos Communicationswege, 
wovon einer von Neunkirchen nach Steyersberg und ein zwei⸗ 
ter durch Hasbach und Kirchau in die ſogenannte Wart führt, ge⸗ 
gen die Aſpanger⸗Straße. — Der Has bach durchfließt einen Theil 
der Herrſchaft; an dieſem liegen mehrere Muͤhlwerke, nämlich: 
die Hof⸗, Aus, Koth⸗, Kren⸗, Meidl⸗ und Bäder: 
mühle. Wälder und Berge gibt es im hieſigen Bezirke ſehr 
viele, doch nur wenige mit beſonderen Namen. Davon ſind blos 
der Steyersberg, der Kulmwald und Kulmberg, dann 
der Dobl bei Thann bemerkenswerth. Die Jagdbarkeit iſt nur 
bochſt mittelmäßig. — Beſondere Privilegien oder ſonſtige Frei: 
beiten zur Abhaltung von Märkten beſtehen keine. 


‚474 


Stibeck. 


Eine Gemeinde von 44 zerſtreut legenden Puuſem, wenn 
Schottwien die nächſte Poſtſtation iſt. 
Dieſe Häuſer ſind theils zur Pfarre und Schule nach Zöbern 


theils nach Gſchaidt angewieſen. Den Werbbezirk beſitzt das 


Lin. Inf. Regiment. Nr. 49. — Landgericht if die Herrſchaft 
Krumbach. 

Grundherrſchaften gibt es mehrere, die behauſte Untertha⸗ 
nen davon beſitzen, nämlich Bärnegg in Steiermark, dann die 
öfterr. Herrſchaften Krumbach, Aſpang, Kirchberg am Wechſel 
und Ziegersberg, wovon die letztere zugleich auch Orts und Con⸗ 
ſcriptionsobrigkeit iſt. 


Die Gemeinde Stibeck beſteht aus 66 Familien, 164 mäun⸗ | 
lichen, 166 weiblichen Perſonen, mit 47 ſchulfaͤhigen Kindern. 


Der Viehſtand zählt 6 Pferde, 67 Zugochſen, 114 Kühe, 68 
Schafe, 13 Ziegen und 39 Schweine. 


Die Einwohner ſind Waldbauern mit ziemlich bedeutenden 


Wirthſchaften beſtiftet und haben an Gewerbsleuten blos zwei 
Müller, einen Wirth, einen Weber und einen Hufſchmied unter ſich. 
Sie haben Ackerbau und Viehzucht, dagegen aber nur ſehr wenig 
Obſt und gar keine Weingaͤrten. Die Gründe find ſehr mittelmaͤ⸗ 
ßig und ihrer Abdachungen wegen der Erdabſchwemmung, auch 
nicht ſelten dem Hagelſchlag ausgeſetzt. Das hieſige Klima, wenn 
gleich ſehr geſund, iſt zu rauh um Weizen und Korn bauen zu 
können, daher wird größtentheils Hafer, zum Theil auch Flachs 
erzeugt. 

Die Häufer, welche meiſt von Holz erbaut und mit Schin⸗ 
deldachungen verſehen ſind, liegen größtentheils auf Berganhöhen 


zerſtreut noch allen Richtungen an den Verbindungswegen hin 


zwiſchen den Ortſchaften Zöbern, Schlag, Maierhöfen und an 
der ſteieriſchen Grenze. — Der Hochneukirchnerbach treibt 
zwei kleine Mühl werte und enthält auch einige Forellen. 


— 


1 | 

Der ganze Bezirk hier beſteht aus Bergen, wovon der Sti⸗ 
beck und Ziegersberg die beträchtlichſten find; doch gibt es 
nur unbedeutende Waldungen, daher denn auch die Jagdbarkeit 
gering iſt und in wenigem Rehwild und Hafen beſteht. 

Außer dem im Bereiche von Sti beck befindlichen herrſchaft⸗ 
lichen Bergſchloſſe Ziegers berg, dermalen ſchon halb Ruine, 
dann dem herrſchaflichen Meierhof, gibt es gar keine bemer⸗ 
kenswerthen Gegenſtaͤnde. | | 

Die Gegend ift übrigens hier ſchön, auch gutes Gebirge: 
waſſer vorhanden. Die Gemeinde hat die Benennung Sti beck 
von dem nahen Berge gleiches Namens erhalten. 


Stickelberg, 
ein Dorf von 35 Häufern, mit einer Ruine gleiches Namens, und 
zugleich eine Herrſchaft, zwiſchen Hollenthon und Wismath 
gegen die ungriſche Grenze zu gelegen. 

Die nächfte Poſtſtation iſt Wiener⸗Neuſtadt, jedoch 6 Stun⸗ 
den davon entfernt. 

Der Ort gehört zum Theil zur Kirche und Schule nach Hol⸗ 
lenthon, zum Theil nah! Wismath und Bromberg. Den Werb⸗ 
bezirk befigt das Lin. Inf. Regiment Nr. 49. 

Das Landgericht, die Grunde, Orts: und Conſeriptions⸗ 
obrigkeit iſt die Herrſchaft Stickelberg. | 

Der hieſige Seelenſtand umfaßt 56 Familien, worin 114 
männliche, 135 weibliche Perſonen mit 19 ſchulfähigen Kindern 
gezählt werden. Dieſe halten 1 Pferd, 46 Zugochſen, 60 Kühe, 
82 Schafe und 35 Zuchtſchweine. 

Die Einwohner nähern ſich in Gebrauch und Sitten den 
Waldbauern, doch beſchaͤftigen fie ſich ausſchließend mit Ackerbau 
und Viehzucht. Es wird meiſt Hafer gebaut, von den übrigen 
Körnergattungen aber nur ſo viel als zur Hausnothdurft nöthig 
iſt. Wenn auch der hieſige Landmann mit Gründen hinlänglich 
beſtiftet iſt, fo find dieſe doch meiſt ſchlecht und wenig erträglich. 
Der Ort Stickelberg beſteht gröſſtentheils aus zerſtreuten 


473 


Häuſern, wovon einige an der Höhe des Stickelberges und 
einige im Thal und auf Hügeln liegen; die naͤchſten Ortſchaften 
davon ſind, wie wir ſchon oben erwähnt haben, der Markt Wis⸗ 
math an der ungriſchen Grenze und das Pfarrdorf Hollenthon. 

Die ganze Gegend hier iſt meiſtens gebirgig; es herrſcht ein 
ein etwas rauheres, aber doch ſehr geſundes Klima, und es iſt 
auch gutes Gebirgswaſſer vorhanden. 

An einem ziemlich hohen Berge, welcher Bezirk zur . Seren 
ſchaft Krumbach gehörte, liegt die Ruine Stickelberg, von 
einem verfallenen Graben umgeben. Der Verg gab dem Schloſſe 
und dem Dorfe den Namen. 

Höchſt ſonderbar iſt es, daß man von dieſer Burg gar nichts 
weiß. Sie ſcheint ein hohes Alter zu haben, und nach der Anga> 
be des Topographen Weiskern war ſie das Stammhaus der Sti⸗ 
ckelberge, eines edlen, vorlängſt ausgeſtorbenen Geſchlechtes. 
Dieß iſt auch Alles was man ungewiß weiß. Stickelberg, nicht. 

groß in feinen Trümmern, iſt bisher die einzige Burg, die uns 
ö vorgekommen iſt, von der die Entſtehungsperiode, die anfängli⸗ 
chen Beſitzer und ihre übrigen Schickſale ganz und gar unbekannt 
ſind. Wir haben alle uns bekannten Schriftſteller durchgeſehen, 
aber auch nicht einmal den Namen Stickelberg gefunden. Wie 
bei Steyersberg vorne ſchon bemerkt wurde, fo werden. die 
vereinten Beſitzer von Stickelberg und Steyersberg erſt 
im XVI. Jahrhundert bekannt, und beide Schloſſer haben von 
der Zeit an gleiche Beſitzer gehabt. | 

Wir haben eine alte Abbildung des Schloſſes vor uns liegen, 
welche bei 200 Jahre alt ſeyn wird; nach dieſer war es ein ganz 
kleines einfaches Gebaͤude mit zwei Stockwerken und einem über 
das Dach hinausreichenden viereckigen Thurme, in Geſtalt einer 
Warte. Eine Mauer mit runden niedern Thürmchen umſchloß die 
Veſte, und nach dieſer Abbildung ſcheint ſolche damals in ganz 
vollkommen gutem Bauſtande geweſen zu ſeyn. Uebrigens erſieht 
man ganz klar, daß dieß Schloß nie von Bedeutung war. An 
feinem hohen Alter, vielleicht von 600 — 700 Jahren, und einem 


174 


Geſchlechte gleiches Namens zweifeln wir ganz und gar, denn 
waͤre ein ſolches vorhanden geweſen, ſo würden gewiß, wenn 
auch fpärlich , doch einige urkundliche Nachrichten davon aufzufins 
den ſeyn. 

Lange Zeit muß das Schloß ſchon unbewohnt ſeyn, weil ſein 
Verfall zur gaͤnzlichen Ruine ſeither ſchon ſo weit gediehen iſt. 
Nichts zeigt ſich dem forſchenden Auge, was eine Merkwuͤrdigkeit 
wäre , und ſelbſt die Herrſchaft weiß fo wenig als der Forſchen⸗ 
de. Unfern davon ſteht das neu aufgeführte Gebäude des Jägers, 

Stickelberg ift zugleich der Sitz der Herrſchaft mit 
der Amts kanzlei, und dem Rechte als Landgericht. 

Dieſe umfaßt 120 Käufer, 237 Familien, 493 maͤnuliche, 
546 weibliche Perſonen, 14 Pferde, 236 Zugochſen, 206 Kuͤ⸗ 
be, 275 Schafe, 136 Zuchtſchweine, 465 Joch 493 Klafter 
herrſchaftliche, 836 Joch 1096 Klafter Unterthans⸗ Waldungen, 
244 Joch 1517 Klafter Wiefengründe und 1791 Joch 330 Klaf⸗ 
ter Ackerland. 

Die Lage der Herrſchaft bildet e einen ſchmalen Strich Landes, 
der ſich von Norden gegen Suͤden, alſo vom Thernberger⸗Diſtrict 
gegen Krumbach hinzieht, größtentheild niedergebirgig (Berghüs 
gel) und grenzt zum Theil mit Ungern, dann mit den Herrſchaf⸗ 
ten Kirchſchlag, Krumbach und Thernberg. 

Gutes Waſſer und geſundes Klima find Vorzüge der Herr⸗ 
ſchaft. Die Ereigniſſe befchränfen ſich meiſt auf den Haferbau, der 
gut gedeiht, die übrigen Körnergattungen find nicht in Betracht 
zu ziehen. Die Viehzucht, blos in gemeinem Landſchlag beſtehend, 
iſt höchſt mittelmaͤßig. — Obſt gibt es wenig und Weingarten gar 
keine. 

Die Einwohner treiben die Dreifelderwirthſchaft, wozu aber 
Grund und Boden mehr ſchlecht als gut iſt. — In dieſer Herr: 
ſchaft beſtehen weder Straßen, Fabriken, noch Mauthen. Es gibt 
auch nur unbedeutende Bäche, als der Spra z⸗,Michel⸗, Zö⸗ 
bern: und Schlattenbach, an denen kleine Mühlen beſtehen. — 
Fiſcherei exiſtirt keine, und auch die Jagdbarkeit iſt ſehr gering. — 
Handel wird von den Einwohnern nicht betrieben; eben ſo wenig 


* 


173 


beſitzen die Dorfſchaften beſondere Freiheiten oder Maͤrkte, da ſie 


größtentheils aus zerſtreuten Häuſern beſtehen. Die Beſtandthei⸗ 
le der Herrſchaft Stickelberg ſind das herrſchaftliche Schloß 


am ziemlich hohen Stickelberge, nun ganz Ruine, und die 


Orte Stickelberg, Hollent hon mit Pfarre, Spratzek 
und Gleichenbach. | 

Der gegenwärtige Herr Beſitzer, gleichwie bei Steyers⸗ 
berg, iſt Se. Erlaucht Graf Heinrich von Wurmbrand, 
Oberſthofmeiſter Ihrer Majeſtaͤt der Kaif erin von. Oeſter⸗ 
reich. 

Im Stickel berge ſoll auch vom Herrn Steiger, der 
k. k. Oeconom bei dem kaiſ. Cadetencorps in Wiener⸗Neuſtadt 
war, der Lazulit entdeckt worden ſeyn. Es iſt der Laſurſtein, 
der gewöhnlich zu dem Kieſelgeſchlechte gerechnet wird. Sein Na⸗ 
me iſt perſiſchen Urſprungs (lat. Lepis lazuli) und bedeutet blau. 


Gewöhnlich bricht dieſer Stein im ſüdlichen Sibirien, am mitta⸗ 


gigen Ende des Vaikal, in der Bucharei, China, Tibet, Pers 
ſien und Natolien. 
Mineralogen und Mineralienhändler reiſten nach Stickel⸗ 


berg und fanden ihn nicht, und man glaubte, daß dem Finder 


der Ort des Bruches allein bekannt ſeyn möge, andere aber wie⸗ 
der vermuthen, daß Steiger aus Furcht die Fruͤchte ſeiner 
Entdeckung zu verlieren, einen falſchen Ort angegeben haben duͤrf⸗ 


te. Es mag ſeyn wie es wolle, fo iſt indeſſen ſeit 30 Jahren we⸗ 


nig oder gar nichts entdeckt worden, wodurch man haͤtte zur wirk⸗ 


Jichen Ueberzeugung von einem Bruce des LTazulit in Stickel⸗ 


berg gelangen können, welches für die mineralogiſche Welt von 
großer Wichtigkeit waͤre. 

Nach der Beſchreibung des Herrn Abbe Efiner findet ſich 
dieſes merkwürdige Foſſil (Berggut). von einer Mittelfarbe zwi⸗ 
ſchen hochlazur⸗ und hechindigoblau „derb angeflogen, grob, klein 


und ganz klein eingeſprengt, und zuweilen in kleinen, ganz und. 


ſehr kleinen vierſeitigen Säulen kryſtalliſirt. Er bricht in einem 
graulich weißen, ins Milchweiße fallenden dickſchieferigen derben, 
ins unvollkommen Kleinmuſchlige übergehenden glänzenden Quarze, 


‘ 


176 


anf welchem zuweilen hie und wieder angeflogener derber Eiſen⸗ 
glanz, und aͤußerſt ſparſam auf⸗ und eingeſtreuter ſilberweißer 
ganz kleinköͤrniger Glimmer erſcheint. Die Kryſtalle dieſes Las 
zulits ſind meiſtens in dieſem Quarze verſteckt eingewachſen, 
und erfcheinen dann erſt wenn der Stein zertrümmert wird. 


Stirneuſiedl, 
ein Dorf, ſiehe Neuſiedl (Stir:). 


Stollhof, 
ein Dorf der Herrſchaft Fiſchau, ſiehe Stallhof. 


Stolzenwörth. \ 

Dreißig einzelne Häuſer, in einer großen Ausdehnung zer: 
freut in Thälern uud auf Bergen um Puchberg liegend, dazu ift 
Neunkirchen die nächſte Poſtſtation. 

Mehrere von dieſen Häuſern ſind zur Pfarre und Schule 
nach Puchberg am Schneeberg, die übrigen nach Grünbach und 
Scheuchenſtein angewieſen. — Der Werbkreis von dieſem Bezir⸗ 
ke gehört dem Lin. Inf. Regimente Nr. 49. — Als Landgericht 
iſt die Herrſchaft Fiſchau aufgeſtellt. 

Grundherrſchaften, welche hier behauſte Unterthanen beſitzen, 
find Gutenſtein, Seebenſtein und Stuͤchſenſtein, welche letztere 
zugleich auch die Orts⸗ und Conyſcriptionsobrigkeit iſt. 

Der Seelenſtand umfaßt 55 Familien, 138 männliche, 136 
weibliche Perſonen und 38 Schulkinder. An Viehſtand werden 
9 Pferde, 93 Zugochſen, 63 Kühe, 157 Schafe, 31 Ziegen 
und 28 Schweine gezaͤhlt. ö 

Die hieſigen Einwohner ſind Woldbauern, ſie beſchaͤftigen 
fi) mit ihrem geringen Ackerſtand, weit mehr aber mit Kohlen⸗ 
Breter⸗ und Holzhandel, welcher nach Wiener⸗Neuſtadt und Wien 
getrieben wird. Ihre Gründe find von ſchlechter Beſchaffenheit, 
weßhalb fie auch nur Rocken und Hafer bauen. Obftgärten gibt es 
wenig, welche blos Pflaumen und ſchlechte Sorten von Aepfeln 
liefern. N 


177 


Die die Rotte Stolzenwörth bildenden 30 Häufer lie: 
gen zerſtreut in Thälern, auf Hügeln und Anhöhen zwiſchen den 
Bergen Haltberg, Aſcha, Hutberg, Kaltenberg, Hochberg und 
Ratzenberg, ſehr ausgedehnt bei den Ortſchaften Scheuchenſtein, 
Mieſenbach, Grünbach, Pfenningbach und Puchberg. — Straßen 
und Brücken ſind keine vorhanden, ſondern nur ſchlechte und ſtei⸗ 
nige Verbindungswege. Blos ein kleines am Aſcha entſpringen⸗ 
des Bächlein ohne Namen, welches zwei Breter ſaͤgen treibt, 
durchfließt einen Theil der Rotte. 

Das hieſige Klima iſt ſehr geſund, auch gutes Gebirgswaſ⸗ 
ſer vorhanden; nur die Luft iſt etwas mehr rauh, als in der Um⸗ 
gebung, die Urſache dazu ſind die vielen Gebirge in dieſem Bezir⸗ 
ke, wovon die bedeutendſten Berge „mit ſtarken Wäldern bewach⸗ 
fen, der Haltberg, Aſcha, Hutberg, Klent, Hoc: 
berg, Ratzenberg und Kaltenberg ſind. Die Jagdbarkeit 
iſt beträchtlich und liefert Hirſche, Rehe, Hafen, Füchſe, 

Auer: und Hafelhühner. 
| Hier iſt auch am Ratzenberge und auf den Anhöhen von 
Lanzing, erſt vor einigen Jahren ein treffliches Stein Fob: 
lenberg werk entdeckt und in Betrieb geſetzt worden, welches 
den Eigenthuͤmern der Zucker-Raffinerie in Wiener Neuſtadt 
Reyer und Slick angehört und eine ergiebige Ausbeute liefert. 

Das Alter dieſer Rotte anbelangend, ſo iſt die Entſtehungs⸗ 
periode nicht bekannt, doch aber reicht ſolche in die grauen Vor⸗ 
zeiten. Es ſcheint, daß zuerſt ein Schloß hier geſtanden habe, wel⸗ 
ches den Namen Stolzenwörth ſ trug. Die Beuennung Werd 
oder Wörth bedeutet im N. D. eine Haus- oder Hofſtelle, wel⸗ 
ches im alten Sprachgebrauche oft auch bei Schlöffern angewen⸗ 
det wurde. Von dieſem dürften dann die fpäter ſich umher erhobe⸗ 
nen zerſtreuten Häufer den Namen erhalten haben, die als eine 
Gemeinde dem hochgraͤflich Hoyos'ſchen Hauſe durch Kauf 
zukamen. Davon heißt es: Jo hann Baptiſt II. Freiherr von 
Hoyos erkaufte im Jahre 1578 von Erasmus und Ulrich 
Herren von Schürffenberg (Schärfenberg), die Gü⸗ 
ter und Schlöſſer Rothenburg, Schrottenſtein, Stol⸗ 

ö 12 | 


178 


zen wer t ꝛc. ꝛc. als Brandenburgiſche Lehenſchaft, welcher die: 
fe feiner neuen Baronie Stuͤchſenſtein einverleibte, und zu 
welcher (gegenwärtig gleichwie Gutenſtein als eine Grafſchaft) 
noch jetzt die Rotte Stolzenwörth gehört. 

Von den frühern Eigenthümern und Schickſalen des muth⸗ 
maßlichen Schloßes Stol zenwert, konnten wir trotz aller an⸗ 
gewandten Mühe und Nachforſchungen gar nichts erfahren. 


Straß, 


ein kleines Dörfchen von 9 Haͤuſern, im Gebirge bei Krumbach 
gelegen, mit der nächſten Poſtſtation Wiener ⸗Neuſtadt in einer 
Entfernung von 7 Stunden. 

Der Ort gehört zur Kirche nach Kirchſchlag, mit der Schule 
aber nach Aigen. Der hieſige Werbkreis iſt dem Lin. Inf. Regi⸗ 
ment Nr. 49 zugewieſen. Als Landgericht iſt der Magiſtrat in 
Wiener⸗-Neuſtadt aufgeſtellt. 

Grund-, Orts- und Conſcriptionsobrigkeit iſt die Herrſchaft 
Kirch ſchlag. 

Dieß Oertchen enthält 16 Familien, 40 männliche, 38 weib⸗ 
liche Perſonen, 11 Schulkinder, 18 Zugochſen, 18 Kühe, 25 
Schafe, 3 Ziegen und 13 Schweine. 

Die hieſigen Einwohner ſind Waldbauern und haben kleine 
Wirthſchaften. Ihr Feldſtand, in ſehr ſchlechten Gründen beſte⸗ 
hend, umfaßt nur allein den Haferbau, welchen ſie nach Wiener⸗ 
Neuſtadt verkaufen und ſowohl dorthin wie auch nach Güns mit 
Holz einen kleinen Handel treiben; ihre Exiſtenz iſt daher ärmlich 
zu nennen. 

Straß liegt mit feinen zuſammen gebauten 9 Häͤuſern, die 
mit Stroh gedeckt ſind, ganz flach auf einem hohen Berge, um 
welchen als die nächſten Ortſchaften ſich Lichtenegg, Wiesfleck 
und Krumbach befinden. 

Beſondere Gegenſtände gibt es hier gar keine. Das Alter 
vom Dorfe kennt man nicht, es hat aber ſeinen Namen von der 
örtlichen Lage, die auf dieſem Berge unter der Benennung: auf 
der Straß, beſteht, erhalten. Klima und Waſſer ſind gut. 


179 


Beſchwerliche Bergwege exiſtiren nur zur Verbindung mit den 
umliegenden Dörfern. 


Straßhof. 

Ein Dorf, welches aus 20 Häuſern beſteht, 3/4 Stunden 
von Neunkirchen entfert, welches die nächſte Poſtſtation iſt. 
ZBaur Kirche und Schule gebört der Ort nach Neunkirchen, 
mit dem Werbbezirk zum Lin. Inf. Regiment Nr. 49, und zum 
Landgerichte nach Wiener⸗Neuſtadt, worüber der dortige Magi⸗ 
ſtrat die Rechte ausübt. 

ö Grund⸗, Conſcriptions⸗ und Ortsobrigkeit iſt das Stift 
Neukloſter in Wiener ⸗Neuſtadt. 

| Es werden hier 25 Familien gezählt, worunter 59 männs 
liche, 63 weibliche Perſonen und 28 ſchulfähige Kinder begriffen 
find. Der Viehſtand beträgt 34 Zugochſen, 32 Kühe, 45 Scha⸗ 
fe, 8 Ziegen und 40 Schweine. | | 

Als Landbauern befchäftigen ſich die Einwohner blos mit dem 
Feldbau der gewöhnlichen vier Körnergattungen, wozu ſie mittel⸗ 
mäßige Gründe beſitzen. Weinbau wird hier keiner getrieben und 
Obſt erhalten fie nur wenig von ihren Häusgärten. Die Viehzucht 
wird nur in ſo weit behandelt, um den Hausbedarf zu ſichern. 

Der Ort Straßhof, von einem in den fruͤheſten Zeiten 
hier beſtandenen Hofe, der dieſen Namen hatte, alſo benannt, 
liegt als ein zuſammen gebautes Dorf, deſſen Häufer von Stein: 
material aufgeführt und mit Schindeln gedeckt ſind, auf einer 
Anhöhe rückwärts Neunkirchen zwiſchen Wartmannftätten und 
Weidnitz, außer welchen auch noch Thannegg, Gramatel und Kulm 
nahe liegen. 

Es führen blos Communicationswege zu allen dieſen Ortſchaf⸗ 
ten. Die hieſige Gegend enthält viele mit Waldungen beſetzte Hüs 
gel, darin die Jagdbarkeit aber höchſt unbedeutend iſt. 

Außer einer alten, gothiſch erbauten Capelle am Gebirge iſt 
ſonſt kein merkwürdiger Gegenſtand vorhanden. 


7 


12 * 


170 


chen, 537 weiblichen Perſonen, mit 9 Pferden, 280 Zugoch⸗ 
fen, 366 Kuͤhen, 547 Schafen, 23 Ziegen, 201 Schweinen, 
420 Joch herrſchaftlichen, 504 Joch Unterthans⸗ Waldungen, 
80 Joch Wieſengruͤnden, 1010 Joch Ackerland und in den Dör⸗ 
fern: Hasbach, Kirchau, Kulm, Thann, Ober-Tha⸗ 
negg und St. Valentin, dann in dem Schloſſe Step: 
ersberg. 

Dieſe. Herrſchaft liegt öſtlich von Neunkirchen, theils auf Ber⸗ 
gen, theils im Thale; die zwei Bergruͤcken, auf denen die Dör⸗ 
fer ſituirt ſind, bilden zwei Aſtungen des Semeringgebirges ge⸗ 
gen Oſten bis zur fürftlich Palffyſchen Straße, die von Wiener⸗ 
Neuſtadt aus nach Guͤns führt. 

Das Klima iſt ſehr geſund, wenn gleich im Gebirge etwas 
rauh, auch gutes Waſſer vorhanden. 

Die Einwohner ſind meiſt Waldbauern mit Feldbau, wovon 
fie Rocken und Hafer, aber ſehr wenig Weizen und Gerſte erhal: 
ten. Obſt gibt es auch nicht ſehr viel; Weingärten exiſtiren gar 
keine. — Außer dieſem Körnerbau treiben fie eine mittelmäßige 
Viehzucht, fällen Holz in ihren Wäldern und verfertigen Schin⸗ 
deln und Weinſtecken, die nach Wiener⸗Neuſtadt zu Markte 
gebracht werden. — Angelegte Straßen gibt es keine im dießherr⸗ 
ſchaftlichen Bezirke, denn es beſtehen blos Communicationswege, 
wovon einer von Neunkirchen nach Steyersberg und ein zwei⸗ 
ter durch Hasbach und Kirchau in die ſogenannte Wart führt, ge⸗ 
gen die Aſpanger⸗Straße. — Der Has bach durchfließt einen Theil 
der Herrſchaft; an dieſem liegen mehrere Muͤhlwerke, nämlich: 
die Hof⸗, Aus, Koth⸗, Kren⸗, Meidl⸗ und Bäder: 
mühle. Waͤlder und Berge gibt es im hieſigen Bezirke ſehr 
viele, doch nur wenige mit beſonderen Namen. Davon ſind blos 
der Steyersberg, der Kulmwald und Kulmberg, dann 
der Dobl bei Thann bemerkenswerth. Die Jagdbarkeit iſt nur 
höchſt mittelmäßig. — Beſondere Privilegien oder ſonſtige Frei⸗ 
heiten zur Abhaltung von Markten beſtehen keine. 


‚474 


Stibeck. 


Eine Gemeinde von 44 zerſtreut legenden Haͤuſern, wegn 
Schottwien die nächſte Poſtſtation iſt. 

Dieſe Häufer find theils zur Pfarre und Schule nach Zoͤbern, 
theils nach Gſchaidt angewieſen. Den Werbbezirk beſitzt das 
Lin. Inf. Regiment. Nr. 49. — Landgericht it die Herrſchaft 
Krumbach. 

Grundherrſchaften gibt es mehrere, die behauſte Untertha⸗ 
nen davon beſitzen, nämlich Baͤrnegg in Steiermark, dann die 
öfterr. Herrſchaften Krumbach, Aſpang, Kirchberg am Wechſel 
und Ziegersberg, wovon die letere zugleich auch Orts. und Con⸗ 
ſcriptionsobrigkeit iſt. 

Die Gemeinde Stibeck beſteht aus 66 Familien, 464 männ⸗ 
lichen, 166 weiblichen Perſonen, mit 47 fhulfähigen Kindern. 
Der Viehſtand zählt 6 Pferde, 67 Zugochſen, 114 Kühe, 68 
Schafe, 13 Ziegen und 39 Schweine. 

Die Einwohner ſind Waldbauern mit ziemlich bedeutenden 
Wirthſchaften beftiftet und haben an Gewerbsleuten blos zwei 
Muͤller, einen Wirth, einen Weber und einen Hufſchmied unter ſich. 
Sie haben Ackerbau und Viehzucht, dagegen aber nur ſehr wenig 
Obſt und gar keine Weingarten. Die Gründe find ſehr mittelmä⸗ 
ßig und ihrer Abdachungen wegen der Erdabſchwemmung, auch 
nicht ſelten dem Hagelſchlag ausgeſetzt. Das hieſige Klima, wenn 
gleich ſehr geſund, iſt zu rauh um Weizen und Korn bauen zu 
können, daher wird größtentheils Hafer, zum Theil auch Flachs 
erzeugt. 

Die Häuſer, welche meiſt von Holz erbaut und mit Schin⸗ 
deldachungen verſehen ſind, liegen größtentheils auf Berganhöhen 
zerſtreut noch allen Richtungen an den Verbindungswegen hin 
zwiſchen den Ortſchaften Zöbern, Schlag, Maierhöfen und an 
der ſteieriſchen Grenze. — Der Hochneukirchnerbach treibt 
zwei kleine Mühl werte und enthält auch einige Forellen. 


182 


Die Häuſer von Stroh zo gel liegen alle zerſtreut, theils 
am Berge, theils im Thale nächſt Tulnerbach unfern von Pur⸗ 
kersdorf in einer recht angenehmen Gegend, die gleichſam über: 
ſäet von bergigen Waldungen iſt. Darunter befindet ſich ein beſon⸗ 
ders hoher Berg, »der Trattber ge genannt, der eine bes 
ſonders herrliche Ausſicht bis an die ſteiermaͤrkiſchen Gebirge 
und in das ganze Tulnerfeld gewährt. 


Stüchſenſtein, 
ein altes Schloß mit noch 9 Gebaͤuden, welches eine Graf⸗ 
ſchaft iſt, unter der Benennung: »Herrſchaft Stühfens 
flein«, zwei Stunden von Neunkirchen entfernt. 

Schloß ſammt Nebengebäuden gehören zur Pfarre und 
Schule St. Johann am Steinfeld, der Werbkreis zum Lin. Juf. 
Regiment Nr. 49. 

Als Landgericht iſt der Magiſtrat in Wiener⸗Neuſtadt auf: 
geſtellt. Grund⸗, Orts- und Conſcriptionsobrigkeit iſt die Graf: 
(haft Stühfenftein ſelbſt. 

Die hier lebenden 14 Familien enthalten 37 männliche, 
34 weibliche Perſonen nebſt 12 Schulkindern. Der Viehſtand 
beläuft ſich auf 6 Pferde, 12 Ochſen, 20 Kuͤhe, 10 Schafe, 
2 Ziegen und 7 Schweine. 

Die hieſigen Einwohner ſtehen ſämmtlich in Dienſten der 
Herrſchaft, als Beamte, Meierleute, Jäger und Dre: 
ſcher, und zwei Pächter der herrſchaftlichen Realitäten, nämlich 
ein Hammerſchmied und ein Müller, befinden ſich darunter. 

Felder und Weingärten ſind keine im Bezirke, dagegen meh⸗ 
rere herrſchaftliche Obſtgärten. 

Das Schloß Stüchfenſtein iſt auf einem Berge gelegen, 
die übrigen 9gherrſchaftlichen Wohngebäude befinden 
ſich unfern des Schloſſes in einem engen Thale zwiſchen den Ber⸗ 
gen Göſing und Aſand. Der zunächſt angrenzende Ort iſt 
Sieding im nämlichen Thale. 

Auf der Poſtſtraße nach Steiermark und Italien, gleich 
außer dem Markte Neunkirchen, der vierten Poſtſtation von 


185 
Wien aus, führt ein Weg rechts über die Brücke der Schwarzau 
nach dem romantiſch auf einer Anhöhe gelegenen Kirchdorfe St. 
Johann, bei welchem die große Fläche, welche von Wien bis 
hierher dauert, ſich nun verliert, indem ſich der Wanderer den 
vielen Gebirgen, die eine ganz andere Landſchaft mit dunkeln en⸗ 
gen Thalwegen, herrlichen Thälern und ſchroffen Wolken an ſtreben⸗ 
den Felſenwänden darſtellen, nähert. Hier ſtrömt der Sirning⸗ 
bach raſchen Laufes in vielen Krümungen hervor, und alsbald 


wird das Thal enger durch die zu beiden Seiten ſich aufthürmen⸗ 


den Berge, unter denen der hohe Göſing beſonders durch ſei⸗ 
nen kahlen Rücken ſich auszeichnet, auf welchem noch die Ruinen 
der alten zerfallenen Kirche, einſt St. Pancraz genannt, fie: 
hen. Zwiſchen Wäldern, Gärten, Wieſen am Bache und auf 
Anhöhen ſtehen einzelne Gehöfte und Bauernhäuſer, die der hie⸗ 
ſigen ohnedieß äußerſt pittoresken Landſchaft einen eigenen Reiz 
verſchaffen. Bald iſt der Ort Sieding erreicht, wo ſich das 
Thal ſchließt und wonach man nach einer kurzen Strecke mitten 
im Gebirge auf einem 27 Klafter hohen Vorſprung des Aſand⸗ 
berges, gleichwie in- einer romantiſchen Zauberwelt, die Burg 
Stuüchſenſtein erblickt, fo die Kupferabbildung hier zeiget. 

Eine Sägemühle mit zerſtreut herumliegenden Stämmen 
bildet die erſte Staffade. Der Sirningbach, gleich einem Sil⸗ 
berſtreifen, durchzieht die Wieſenfluren und ganz dunkel reihen 
ſich die Berge mit dichten Wäldern, unter denen der Göſing 
im blauen Hintergrunde ſteht. Wenn gleich, wie wir ſo eben 
beſchrieben haben, der ganze Raum hier von Bergen umſchloſſen, 
daher keine Ausſicht vorhanden iſt, ſo iſt die Ueberraſchung doch 
nicht gering, bei der Anſicht der Ruine Stüchſenſteins und 
bei fo vielen intereſſanten Abwechſelungen. Mit vielem Vergnü⸗ 
gen ſchweift der Blick an den Felſenpartien und den verſchiedenen 
Gruppirungen umher. 

Wohl vor 30 Jahren noch war dieſe Burg bewohnt und mit 
Einrichtungen aus dem Mittelalter geziert. Es war hier auch der 
Sitz der Amtskanzlei der Grafſchaft, und in jedem Herbſte, wenn 


184 


* 
die Herrſchaft hierher kam, gab es mehrere Gaͤſte, um ſich mit 
der Jagd, die vorzüglich genannt werden darf, zu erluſtigen. 

Eine furchtbare Feuersbrunſt zerftörte die Burg, wobei alle 
Geräthe, Schriften und manche ſchätzbare Documente ein Raub 
der Flammen wurden, da bei der Staͤrke des Brandes an keine 
Rettung zu denken war, und nicht gering iſt außerdem der Ver⸗ 
luſt des innern Werthes. 

Wir muͤſſen es geſtehen, nicht bald von einer Ruine früber: 
raſcht worden zu ſeyn wie von der von Stüchſenſtein, weil 
ſie mit dem Eharakter der ganzen Umgebung im paſſendſten Ein⸗ 
klange ſteht und viele herrliche Umriſſe zum Ganzen enthält. Durch 
einen gemauerten Bogen, wo die Wohnung des Förſters iſt, ge: 
langt man zu dem Wege nach der Ruine. Eine Vormauer am 
Abhange des Felſens ſchließt die linke Seite des Vorhofes ein. 
Der Felſen iſt hier gleich ausgehauen und eine zweite Mauer mit 
Pfeilern vereint ſich mit der erſten. Ein ſchmaler Fahrweg fuͤhrt 
in das Innere des Schloſſes, deſſen reinlich erhaltene Mauern 
von Außen mehr verſprechen als man findet. Drei Stockwerke 
enthielt diefe Burg und deutlich noch erkennt man die Abtheilungen 
der Gemächer; vorzüglich merkwürdig iſt das noch ſtehende Glo⸗ 
ckenthürmchen der Capelle, fo wie lange noch der Thurm der 
Veſte unzerſtörbar ſein Haupt emporheben wird. 

Vieles iſt indeſſen durch diefen Brand ſchon verſchuͤttet wor⸗ 
den, wodurch auch die unterirdiſchen Gewölbe unzugänglich wer⸗ 
den. Wir haben uns Mühe gegeben, irgend wo an den Mauern 
eine Inſchrift oder ein Zeichen zu entdecken, allein wir fanden 
gar nichts. 

Schon die Natur hat der Veſte einen haltbaren Punkt an⸗ 
gewieſen, wozu noch kam, wie es die vorhandenen Spuren zei⸗ 
gen, daß man die Sirning mit Fallthüren und Schleußen 
ſperren konnte, wodurch der untere Theil des Thales unter Waf⸗ 
fer geſetzt und fo der Zugang unmöglich gemacht wurde, dage⸗ 
gen auf der andern Seite der Thurm und die Felſen eine ſtarke 
Wehre bildeten. | 


9 


185 
Nach dieſem Geſagten geht hervor, daß Stühfenftein 

ein ſehr bedeutender und feſter Ort war. 
Ueber die Erbauungszeit der Veſte iſt nichts beſtimmtes 
bekannt, nur fo viel darf man als gewiß annehmen, daß die 
Stüͤch ſe, welche ſich nachher Stüchſe von Trautmanns⸗ 


dorf ſchrieben, auch Trautmannsdorf beſeſſen hatten, 


dieſe Burg erbauten, und derſelben den Namen Stüchſen⸗ 
ſtein (fälſchlich Stirenftein) beilegten. Dieß mag im XI. Jahr⸗ 
hundert geſchehen ſeyn, und ſomit erſcheint Stuͤchſen ſt ei in als 
ihr aͤlteſter Sitz. Davon find uns mehrere Mitglieder bekannt, die 
hier geſeſſen ſeyn dürften. Ulric von Stauzeerſcheint 1182 in 
einem Document des Stifts Kloſterneuburg. Hugo und Dies 
rich Stüchſſe werden ebenfalls in einer ſolchen Urkunde bekannt, 
und zwei mit denſelben Taufnamen, die aber nicht die Vorigen 
ſeyn koͤnnen, nämlich Hugo und Dietrich Stochſen, werden 
im Jahre 1269 in einem Briefe desſelben Stiftes geleſen (Bern. 
Petz). Albert Stüchs von Trautmannsdorff lebte 
noch 1292. 

Dieſe Burg haben dann die Brüder Had mar und Mars 
tin Stüchſe von Trautmannsdorff . (vielleicht im Jahre 
1347) erneuert, und nach einigen Jahren (1350) an den Herzog 
Albrecht II. abgetreten. Aus der Zeit, als Stüchſenſtein 
landes fürſtlich war, find mehrere Documente vorhanden, und 
Stephan von Neudegg war im Jahre 1429 Purggraf dies 
fer Veſte. So blieb fie bis 1503, in welchem Jahre Kaiſer Mas 
rimilian J. Stüchſenſtein dem Wilhelm Wolfenreith 
pfandweiſe übergab. Auf dieſelbe Weiſe erhielt fie 1523 Maris: 
milian Trautſauerwein vom Kaiſer Carl V. und im 
Jahre 1531 Gotthard Strein von Schwarzenau vom. 
König Ferdinand J. Im Jahre 1537 beſaß Hanns Grue⸗ 
ber die Veſte Stüchſenſtein nebſt andern Herrſchaften als 


Lehen, fo ihm im beſagten Jahre den 24. September von König: 
Ferdinand verliehen wurden (k. k. Hofkammer Archiv). Da. 


* 


dieſer ohne männliche Descendenz verſtarb, fo erhielt dieſe Burg 


im Jahre 1539 Raimund von Dornberg pfandweiſe; im 


186 


Jahre 1542 Erasmus von Schärfenberg und im Jahre 
1547 Johann Baptiſt Freiherr von Ho yos, als einen Pfand⸗ 
ſchilling gegen Hintanfertigung ſeiner Schweſter Katharina, 
Witwe des Longinus von Puchheim, in Anſehung ihrer 
auf Stüchſenſtein haftenden Forderung pr. 1554 Gulden 

auf lebenslang, welche nachhin ſeinen Söhnen noch auf 8 Jahre 
eingeräumt bleiben ſolle. Dieſe wurde ihm und ſeiner Gemahlin 
Judith am 5. October 1549 von Kaiſer Ferdinand l. förm⸗ 
lich verkauft, dieſer Kauf im Jahre 1555 beſtätigt, dieſe Herr⸗ 
ſchaft zu einer Baronie erhoben, und er ſelbſt mit dem Titel: 
Freiherr zu Stüchſenſtein beehret. Dieſem folgte im Jahre 
1579 fein Sohn Ludwig Gomez Freiherr von Hoyos, 
nach welchem zum Majorate ſein einziger Sohn Johann Bal⸗ 
thaſar I. Freiherr von Hoyos im Jahre 4609 gelangte. Der: 
ſelbe wurde 1628 in den Reichsgrafenſtand erhoben, und er errich⸗ 
tete in demſelben Jahre das große Majorat der Herrſchaften G u⸗ 
tenſtein, Hohenberg, Stüchſenſtein, Rothengrueb 
und anderer Appertinentien (Zubehörungen). Nach deſſen Tode 
kamen folgende Glieder des hochgräflich Hoyos' ſchen 
Hauſes zum Beſitze von Stuchſenſtein in unmittelbarer 
Verbindung mit den übrigen großen Herrſchaften: Im Jahre 
4632 Ludwig Johann Graf von Hoyos; im Jahre 1658 
Johann Balthaſar, durch Erbſchaft von ſeinem Bruder, 
dem Vorigen; im Jahre 1681 Franz Carl, von ſeinem Vater 
Johann Balthaſar; im Jahre 1706 Johann Ernſt Lud— 
wig, durch Erbſchaft von ſeinem Bruder Franz Carl; im 
Jahre 1718 Philipp Joſeph Innocenz; im Jahre 1762 
Johann Ernſt Ludwig, von ſeinem Vater dem Vorigen; 
im Jahre 1784 deſſen Sohn Johann Philipp Joſeph; 
und im Jahre 1807 deſſen Sohn Johann Ernſt Graf von 
Hoyos⸗Sprinzenſtein, k. k. wirklicher geh. Rath und Käm⸗ 
merer, Oberſthofmeiſter Se. Majeſtät des jüngern Königs von 
Ungern und Kronprinzen der übrigen k. k. öſterreichiſchen Staa⸗ 
ten, Oberſthof⸗ und Landjägermeifter, Generalfeldwachtmeiſter und 


487 


Commandeur des kaiſ. öſterr. Leopold⸗ Ordens ꝛc. ꝛc., der dieſe Herr: 
ſchaft ſammt Stüchſenſtein noch beſitzt. 

Die Herrſchaft Stüchſenſtein, über welche eine eigene 
Herrſchaftskanzlei und das Amtsperſonale in Stüchſenſts in 
beſteht, iſt ſehr betraͤchtlich und wir wollen fee mit allen Du: 
briken hier nachſtehend darſtellen. 5 

Stuͤchſenſtein als eine Herrſchaft enthält 483 Gin 
fer, 816 Familien, 4946 maͤnnliche., 2028 weibliche Perſonen 
138 Pferde, 877 Zugochſen, 767 Kühe , 2560 Schafe, 482 
Ziegen, 512 Zuchtſchweine; 6350 Joch herrſchaftliche, 42,138 
Joch Privat- Waldungen, 3400 Joch Wieſengruͤnde, 3800 Joch 
Ackerland, 10 Joch Teiche und 180 Joch Weingarten. 

Dieſe Herrſchaft liegt 9 Meilen von Wien entfernt, an der 
Weſtfeite der italieniſchen Hauptſtraße, und dehnt ſich bis auf den 
böchſten Rücken des Schneeberges aus; fie umfaßt daher alle 
Thäler, welche von dieſem Berge öſtlich auslaufen „ und wird von 
den Herrſchaften Reichenau, Gutenſtein, mehreren an⸗ 
dern Herrſchaften des Steinfeldes, dem Markte 
Neunkirchen und den Herrſchaften Stuppach und Poets 
ſchach begrenzt. 

Das Klima iſt ungeachtet der hohen gage nicht rauh und 
das Waſſer vortrefflich. 

Die landwirthſchaftlichen Erzeugniſſe beſtehen in Weizen, 
Rocken, Gerſte, Hafer, Wicken und Buchweizen. Weinbau 
wird nur in den Gemeinden Rothengrub, Flatz, St. Jo⸗ 
hann und Sieding, Obſtpflege dagegen in mehreren Gemein 
deu getrieben. Hauptſächliche Zweige aber ſind die Erzeugungen 
von Kohlen und Bretern, Lohrinde und Theer. 

Die Feldgruͤnde find im Durchſchnitte von mittelmäßiger 
Beſchaffenheit, und es wird größtentheils die Dreifelderwirth⸗ 
ſchaft getrieben. — Mit Ausnahme der Herrſchaft, ſteht die 
Viehzucht nur auf einer mittelmäßigen Stufe, ganz vorzüglich 
aber werden dagegen die Forſte cultivirt. — Angelegte Straßen 
und Mauthen befinden ſich im Bezirke keine, die nach Italien 
führende Haupt = Poftftraße durchſchneidet blos einen kleinen 


180 


Der Streiterhof. 

Ein alter Freihof im Dorfe Leesdorf; ihn erkaufte der 
Abt von Melk, Caſpar Hoffmann, den 16. December 1017 
von Wilhelm Reichhardt, Handelsmann in Wien, und er 
iſt jetzt zur Wohnung des herrſchaftlichen Oberamtmannes und 
des Jägers eingerichtet. 

Von feinen frühern Schickſalen iſt nichts bekannt, doch mag 
dieſer Freihof ſehr alt ſeyn. 


Strelzhof, 
ein Schloß mit Mühle nebſt 6 Käufern, welches eine eigene 
Herrſchaft bildet, am Fuße des Kienberges gegen das Stein: 
feld zu gelegen. Neunkirchen, nur eine Stunde davon entfernt, 
iſt die nächſte Poſtſtation. 

Der Ort iſt nach dem nahen Kirchbühl eingepfarrt, und 
nach Willendorf zur Schule gewieſen. Den hieſigen Werbbezirk 
beſitzt das Lin. Inf. Regiment Nr. 49. 

Landgericht iſt der Wiener⸗-Neuſtädter Magiſtrat; — Grund-, 
Orts- und Conſcriptionsobrigkeit aber das Stift Neukloſter. 

Der Seelenſtand beträgt 16 Familien, 30 männliche, 41 
weibliche Perſonen mit 10 Schulkindern. An Viehſtand beſitzen 
ſie 4 Pferde, 4 Zugochſen, 20 Kühe, 14 Schweine. 

Die Bewohner als Kleinhäusler befchäftigen ſich mit Kör— 
nerbau, andere arbeiten in der hieſigen Nadelfabrik. 

Das Dörfchen liegt am Fuße des Kienberges, zwiſchen 
Rothengrub, Willendorf, Dörfles, Netting und Dachenſtein 
im Angeſichte des Steinfeldes, etwa eine Stunde rechts vom 
Steinfelde hinweg, in einer nicht nur geſunden, ſondern auch 
überaus ſchönen Gegend, wobei im Hintergrunde die maleriſchen 
Gebirge und die vielen in bunten Formen umherliegenden Dorf: 
ſchaften zur Anmuth dieſer Landſchaft ſehr viel beitragen. 

Strelzho fbeſteht aus einem Schloſſe mit vielen Grund: 
ſtücken, einer Nadelfabrik, die 12 bis 15 Perſonen beſchäf⸗ 


181 


tiget, mit mehreren Kleinhäuſern und einer Mühle von zwei 
Mahlgängen und einer Breter ſäge. 

Das Stift Neukloſter als Herrſchaft betreibt die Stallfütte⸗ 
rung und hat Körner = wie auch guten Weinbau. 

Die Gegend hier herum hieß in den älteſten Zeiten in der 
Strelz, und als daher ein Hof hingebaut wurde, der Strelz⸗ 
hof. Schon im Jahre 1140 erſcheint Adalram von Waldegg 
in einer Urkunde, zwei Strelz (ganz wahrſcheinlich am» be: 
treffend (Fröhlich dipl. ). 

Unter der Benennung Strelzh of bildete fih eine eigene 
Herrſchaft, wozu das Dorf Willendorf, Dörfles und 
Strelzhof gehörten, und welch letzteres Gut gedachter Ad al⸗ 
ram von Wald egg ungefähr im Jahre 1142 dem Stifte Seg⸗ 
gau geſchenkt haben fol. Im Jahre 1662 verkaufte Seggau 
den Strelzhof an das Stift Neukloſter in Wiener⸗Neuſtadt, 
bei welchem ſich die Orte noch befinden und welche wir unter der 
Rubrik: »Herrſchaft Stift Neuklo ſter« bereits be⸗ 
ſchrieben haben. Mit dieſer Herrſchaft iſt zugleich das Patro⸗ 
nat uͤber die Kirche und Pfarre Muthmannsdorf verbunden. 


Strohzogel. 

Einzelne 12 Häuſer nächſt Tulnerbach mit der nächſten Poſt⸗ 
ſtation Purkersdorf. 

Dieſe Dorfſchaft iſt zur Kirche nach Purkersdorf, zur 
Schule aber nach Tulnerbach angewieſen; den Werbkreis beſitzt 
das Lin. Inf. Regiment Nr. 49. 

Das Landgericht, die Grund-, Orts- und Conſcriptions⸗ 
obrigkeit iſt die k. k. Waldamtsherrſchaft Purkersdorf. 

Eilf Familien (darunter gibt es 24 männliche, 28 weibliche 
Perſonen und 10 Schulkinder) bewohnen den Ort und halten 
einen Viehſtand von 1 Pferd, 4 Zugochſen, 54 Kühen, 8 Scha— 
fen und 4 Schweinen. Dieſe ſind Hüttler und Holzhauer, wel⸗ 
che am meiſten ſich mit Heu-, Milch und Obſtverkauf nach Wien, 
und Verführung der waldämtlichen Hölzer beſchäftigen, beſonders 
da fie außer Hutweiden ſonſt gar keinen Grundſtand beſitzen. 


1% 

Der Ort iſt zur Kirche und Schule nach Gloggnitz angewie⸗ 
ſen. Der Werbkreis von hier gehört dem Lin. Inf. Regiment 
Nr. 49. Die Rechte eines Landgerichtes werden von dem Wie⸗ 
ner⸗Neuſtädter Magiſtrate ausgeübt. 

Behauſte Unterthanen beſitzen die Herrſchaften Stuppach 
und Klamm, Grundholden aber: Kirchberg am Wechſel, Kra⸗ 
nichberg, Stüchſenſtein, Feiſtritz u. a. m. — Orts⸗ und Conſcrip⸗ 
tionsobrigkeit iſt die Herrſchaft Stuppach mit dem Amtsſitze 
zu Schottwien. | 

Im Orte leben 31 Familien, 65 männliche, 76 weibliche 
Perſonen mit 19 ſchulfähigen Kindern. Dieſe beſitzen einen Vieh⸗ 
ſtand von 7 Pferden, 20 Ochſen, 39 Kühen, 49 Schafen, 
10 Ziegen und 25 Schweinen. 

Die hieſigen Bauersleute find ſchlecht beſtiftet, ſelbſt die un⸗ 
ter ihnen lebenden Handwerksleute, als: Schneider, Schuhma⸗ 
cher, Schmiede ꝛc. ꝛc., find Bauern und leben mehr vom Feldbau 
als von ihrer Profeſſion. Sie bauen auf ihren nur meiſt mittel: 
mäßigen Gründen Weizen, Korn, Gerſte, Miſchling, Haide⸗ 
korn und Hüͤlſenfruͤchte; auch haben fie Obſt⸗ und Weingarten, 
doch, nur in geringer Menge. 

Von der Poſtſtraße, von Neunkirchen aus rechts, über dem 
Schwarzaufluße beim Dörfchen Wörth, gelangt man zum Orte 
Stuppach. Sobald die Brücke über den Fluß paſſirt ift, be: 
ginnt eine ſchöne Roßkaſtanien⸗Allee, der zunächft zur Rechten 
und Linken ſchöne Gartenanlagen in der Geſtalt eines Parks 
mit Thiers und Faſang arten, angenehmen Gaͤngen, Blu: 
menbeeten und einem Teiche, von der Schwarzau gebildet, lie⸗ 
gen. Linker Hand etwas weiter vorwärts ſteht ein niedliches Ge⸗ 
bäude, eine Mühle, und nahe an dieſer, auf einem freien ſich 
fanft erhebenden Platze, das herrſchaftliche ein Stockwerk 
hohe Schloß, ganz neuen ſoliden Bauſtyls, in einer Fronte 
beſtehend und mit einer Altane verſehen. Hinter dieſem rechter 
Hand in einer Erhöhung erhebt ſich das Dörfchen mit ſeinen 
Häufern. 

Die ganze Anlage iſt überaus ſchön und anmuthig, derglei⸗ 


191 
chen nur wenige Dorfſchaften haben, und Niemaud würde glau⸗ 
ben, daß Stuppach mehr denn 600 Jahre alt iſt. Ja die 
vordere reizende Partie beim Schloſſe iſt weit ſchöner als alle die 
hͤbſchen Landhaͤuſer der Dörfer in der nächften Umgebung von 
Wien. 

Ganz anders war das alte Schloß, welches noch vor 100 
Jahren ſtand und feine Umgebung; es beftanden die herrlichen 
Anlagen und die Allee noch gar nicht, das Schloß hatte einen lee⸗ 
ren großen Hofraum, der ſich bis an das Ufer der Schwarzau hin⸗ 
zog, das Gebäude war in Quadratform erbaut und hatte zwei 
Stockwerke, an der hintern Fronte rechts ſtand ein runder feſter 
Thurm, der wohl noch vom allererſten Schloſſe abſtammen mochte, 
und links befand ſich ein kleines Kirchlein mit einem Thuͤrmchen. 
Wir glauben, daß dieſe ſchöne neue Anlage der letzt verſtorbene 
Beſitzer Franz Joſeph Anton Graf von Walſegg ge⸗ 
ſchaffen habe. | 

(Stuppach iſt auch eine Herrſchaft, die in frühern 
Zeiten mit dem nahen Pottſchach verbunden war, gegenwärtig 
aber allein beſteht, und von der Verwaltung der Herrſchaft Schott: 
wien, welche gleichwie dieſe hier dem ſouverainen Furſten J os 
hann von und zu Lichtenſtein gehört, verwaltet wird. 

Sie enthält 32 Häuſer und 49 Wohnparteien, 81 Fami⸗ 
lien, 99 männliche, 115 weibliche Perſonen, 7 Pferde, 36 Zug⸗ 
ochſen, 77 Kühe, 84 Schafe, 20 Ziegen, 60 Sohweine; un: 
gefähr 100 Joch herrſchaftliche, 58 Joch Privat-Waldungen, 
94 Joch Wieſen, 211 Joch Ackergrund und 102 Joch Wein⸗ 
gärten. 

Dieſe kleine Herrſchaft liegt von Neunkirchen aus weſtlich 
eine Stunde entfernt und iſt gegen Norden etwas gebirgig. Die 
Lage iſt angenehm, mit geſundem Klima und gutem Waſſer verſe⸗ 
hen. Die Einwohner treiben mehr den Feld- als Weinbau und ha: 
ben ziemlich viel Obſt. Die Viehzucht iſt wie allgemein hier nur als 
mittelmäßig zu betrachten. Ihre Grundſtücke gehören nicht zu 
den beſſern, alſo iſt auch die Fechſung der Getreidearten ganz 
gering, die in etwas Weizen, Korn, Gerſte, Miſchling und 


1 


Heldekern beſteht. Ueberhaupt iſt in dieſer Herrſchaft kein Wirth: 
ſchafts zweig mit beſonderer Cultur belegt. 

Straßen und Mauthen gibt es keine, blos eine Bruͤcke führt 
von Stuppach über den Schwarzaufluß zur Poſtſtraße. 

Die Jagdbarkeit (niedere Wildbahn) und die Fiſcherei, in gu⸗ 
ten Forellen und Aſchen beſtehend, find Rechte der Herrſchaft Stu p⸗ 
pa ch. Die hieſigen Gebirge können nur Anhöhen genannt wer: 
den, blos beim Orte Berglach erhebt ſich der hohe Weißjackl. 

Fabriken oder ſonſtige Gebäude außer dem Schloſſe in 
Stuppach find im Hieſigen Bezirke keine, eben fo beſtehen 
keine Freiheiten oder Privilegien für die Ortſchaften. 

Zur Herrſchaft gehören die Dörfer St uppach, Berg⸗ 
lach und Salloder. So wie in dem nahen Gloggnitz wird 
auch hier gemein geſtalteter Malachit mit Spuren von Bunt: 
kupfererz gefunden. Auch gibt es ganze Felſen eines beſonderen 
Steines, der eigentlich zu dem Sienitgeſchlechte gehört, 
den man aber von ſeinen ſchwarzen Flecken und rothen Punkten, 
gleichwie Granaten, den Forellenſtein nennt. Der Stein 
läßt ſich artig poliren, und würde, verſchieden verarbeitet, gewiß 
Beifall erhalten. 

Wir haben ſchon vorne erwaͤhnt, daß der Ort Stuppach 
ſehr alt iſt, und wenn man gleich die genaue Zeit der Entſtehung 
nicht kennt, ſo iſt es doch gewiß, daß ſolcher gegen Ende des 
XI. Jahrhusderts vorhanden war, und daß ein Schloß hier ge⸗ 
ſtanden habe. | 

Schwer ift es, den Ort8-Namen zu entziffern, doch glau⸗ 
ben wir die Vermuthung ausſprechen zu dürfen, daß die Erbauer 
des hieſigen Schloſſes etwa die Herren von Stub, deren Öe- 
nealogie fo wenig bekannt iſt, geweſen ſeyn durften, die ganz 
natürlich auch Herren vom Orte waren. Der geneigte Leſer wird 
ſich eines Herrn von Stub erinnern beim Orte Schwarzau 
zunächſt Neunkirchen, deſſen Denkſtein noch in der neuen Kirche 
daſelbſt eingemauert iſt, und welcher als der Erbauer der alten 
Pfarrkirche im XIII. oder XIV. Jahr hundert (hujus fundator) 
erkannt wird. Dieſe Herren von Stub alſo könnten wohl 


193 


auch Stuppach im XI. oder XII. Jahrhundert gegründet und 
dem Orte ihren Namen, mit Beziehung in der zweiten Sylbe 
auf den Bach oder Schwarzaufluß, wovon ſie, fo weit ihr 
Grundbezirk reichte, Eigenthümer des Waſſers waren, gegeben 
haben; die ordentliche Schreibart müßte dann Stubbach ſeyn. 

Dieſe haben im XIII. Jahrhundert aller Wahrſcheinlichkeit 
nach, ihren Stammort den Herren von Wurmbrand abge⸗ 
treten, und ſich in dem nahen Schwarzau ſeßhaft gemacht, allwo 
ſie ohnedieß Beſitzungen gehabt haben mochten. Es iſt nicht zu 
zweifeln, daß der Stifter der Kirche in Schwarzau vielleicht der 
letzte Sproſſe derer von Stub war. 

Nach dem Stammſitze ſcheint Stup pach der W urmbran⸗ 
de älteftes Beſitzthum geweſen zu ſeyn, denn wie wir vorne geſehen 
haben, iſt dieſe Familie erſt im XVI. Jahrhundert zum Beſitze der 
vereinten Herrſchaften Steyersberg und Stickelberg gelangt, waͤh⸗ 
rend Heinrich Wurmbrand ſchon 4264 Stu pp ach beſaß. 
| Dieſe alte und berühmte Familie, reich an Nachkommen und 
Beſitzungen in Oeſterreich, fol ihren Namen durch die Tödtung 
eines Lind wurms )) erhalten haben. Dieſes Ungeheuer hielt 
ſich, der Sage nach, in einem tiefen Graben beim Schneeberge 
auf, der noch heutiges Tags der »Lindwurmgraben heißt, und 
als einſtmals der Stammherr dieſer Familie, noch als Landmann, 
ſeine Grundſtücke mit neuen Zäumen zu verſehen ging und im 
Begriffe war einen Pfahl anzubrennen, damit er vor der fehnel: 


*) Det Lindwurm Draco & cnc, ſoviel. als Schlange oder 
Drache) iſt weich, glatt und ſchmiegſam, dergeſtalt, daß er mehr 
unter das Schlangen⸗ und Eidechſengeſchlecht, als zu dem Wurm⸗ 
geſchlecht gezählt werden kann. Ungethüme dieſer Art mögen im 
Kreiſe der urweltlichen Thiere geweſen ſeyn, die wir aber nicht ken⸗ 
nen; in engerer und gewöhnlicherer Bedeutung iſt es ein erdichtetes 
wurmförmiges Ungeheuer, welches als ein Drache oder eine große 
vierfüßige geflügelte Schlange vorgeſtellt wird und ehemals, beſon⸗ 
ders in den Rittergeſchichten, eine Hauptrolle ſpielte. Die Legende 
enthält die Erzählung von dem Kampfe des heiligen Georgs mit 
dem Lindwurm. N N 

13 


194 | 

len Fäulniß in der Erde bewahrt wurde, ſoll ſich dieſer giftige 
Wurm auf denſelben hingeſtuͤrzt, dieſer aber in höchſter Verzweif⸗ 
lung und Angſt, doch ſich ſchnell faſſend, dem Ungethuͤme, wel: 
ches ſchon den Rachen aufſperrte, um ſein Opfer zu verſchlingen, 
den langen und ſehr ſtark brennenden Pfahl in denſelben hinein⸗ 
gerannt haben, wodurch es getödet wurde. Dieſe Eühne That 
(wahrſcheinlich im XI. Jahrhundert) wird dadurch zur Glaub⸗ 
würdigkeit gebracht, da die Familie im Herzſchilde ihres Wap⸗ 
pens noch gegenwärtig einen Lindwurm führt, deſſen Rachen von 
einem brennenden Pfahl durchſtochen iſt, daher auch der ſin n⸗ 
reiche Name » Wurmbranda. 

Nach obigem Heinrich Wurmbrand folgte im Jahre, 
1301 Stephan Wurmbrand im Beſitze vom Stuppach; 
nach dieſem kam im Jahre 1347 Rudolph; 1388L orenz; 1410 
Wolfgang von Wurmbrand, der die Herrſchaft von ſeinem 
Vater Lorenz erhielt; 1427 Friedrich; 1461 Leonhard; 
4472 Anton; 1542 Melchior und im Jahre 1574 Hiero⸗ 
nimus und Matthias von Wurmbrand. Johanna Eu⸗ 
ſtachia Freiin von Wurmbrand, geborne von Altmann, 
brachte dieſe Herrſchaft durch Vergleich von der Frau Magd a— 
lena Näringer, gebornen Freiin von Heiſſenſtein, und 
Eliſabet ha von Rottal, gebornen von Wurmbrand, an 
ſich; dieſe übergab ſolche durch Ceſſion im Jahre 4646 ihrem Gemahl 
Hanns Ehrenreich Freiherrn von Wurmbrand, erſten 
Beſitzer aus d ieſer Familie von Steyersberg und Stickelberg, 
welcher 1659 Stuppach an Matthias Wägerle von Wal: 
feg g verkaufte. Georg Leopold von Walſegg überkam die 
Herrſchaft im Jahre 1666 von feinem Vater, dem Vorigen, der 
es 1708 feinem Vetter Franz Anton Grafen von Walſegg 
als ein Geſchenk hinterließ. Dieſem folgte 1746 ſein einziger 
Sohn Franz Joſeph Anton Graf von Walſegg, nach 
deſſen Tode Stuppach im Jahre 1832 der Caroline Gräfin 
von Sternberg, gebornen Graͤfin von Walſegg, zufiel, die 
ſolches kaͤuflich dem regierenden Fürſten Johann von und zu 
Lichtenſtein kürzlich übergab. 


195 


Das Wurmbrandiſche Haus hat in Gloggnitz, wohin 
Stuppach ſeit mehreren Jahrhunderten eingepfarrt iſt, in der 
dortigen Stifts⸗ und Pfarrkirche eine Familiengruft errichten 
laſſen, in welcher die Glieder der Beſitzer von Stuppach ru⸗ 
hen, die alle zur katholiſchen Religion ſich bekannten. Von Ehren⸗ 
reich Freiherrn von Wurmbrand aber angefangen, wo ſie auch 
Beſitzer von Steyersberg waren, S uppach verkauften, und all⸗ 
dort in der Steyersberger-Veſte ſaßen, befinden fi) die meiſten 
Familienglieder in jener zu Has bach zunächſt Steyersberg geſtif⸗ 
teten Gruft, worunter ſich mehrere zur proteſtantiſchen Lehre bekann⸗ 
ten, und eifrige Anhänger derſelben blieben. Seit vielen Jahren be⸗ 
kennen ſich die Nachkömmlinge wieder zur römiſch⸗katholiſchen Kirche. 


Stuppachgraben. 

Eine zerſtreute Ortſchaft, in 21 Häuſern beſtehend, rückwärts 
Stuppach, wovon Neunkirchen die naͤchſte Poſtſtation iſt. 

Dieſe Gemeinde gehört zur Pfarre und Schule nach Prigg⸗ 
litz, mit dem Werbbezirke zum Lin. Inf. Regimente Nr. 49, 
und mit dem Landgerichte zum Wiener⸗Neuſtädter Magiſtrate. 

Hier gibt es mehrere Herrſchaften, die behauſte Unterthanen 
beſitzen, nämlich: Seebenſtein, Stuppach, Pottſchach, Stüch⸗ 
fenftein, Klamm, Wartenſtein und Pfarre Priggliz. — Erſtere 
iſt auch Orts: und Conſcriptionsobrigkeit. 

Dieß Dörfchen zählt 30 Familien, 65 männliche, 51 weib⸗ 
liche Perſonen, 7 Schulkinder, 24 Zugoch en, 19 Kühe, 60 
Schafe, 10 Ziegen und 17 Zuchtſchweine. . 

Die hieſigen Bewohner ſind Waldbauern, die ſich zum Theil 
mit Ackerbau und Viehzucht und mit Holzkohlenbrennen beſchäf⸗ 
tigen, mit welch letzterem Erzeugniß ſie einen Handel nach Wie⸗ 
ner: Neuſtadt treiben. 

Korn⸗ und Haferbau iſt bei dem vorherrſchenden kalten Klima 
und den ſchlechten Gründen äußerſt unbedeutend, eben ſo der 
Weinbau, und die Viehzucht erſtreckt ſich nicht über den Hausbe⸗ 
darf; dagegen beſitzen ſie mehrere Obſtgärten. 

Stuppachgraben hat den Namen von Stuppach er⸗ 


15 * 


196 

halter, ift daher nicht fo alt als letzteres, hinter welchem es 
unfern in einem in der Laͤnge von Süden nach Welten ſich hin⸗ 
ziehenden Graben (Hohlweg) zerſtreut liegt. 

Die naͤchſten Ortſchaften herum ſind nebſt Stuppach: Ga⸗ 
ſteil, Prigglitz, als der Pfarrort, und Gloggnitz; zu welchen allen 
Communicationswege fuͤhren. — Die Häuſer ſind durchgängig 
von Holz erbaut und mit Schindeldachungen verſehen. Die Ge⸗ 
gend iſt angenehm, geſund, aber kalte rauhe Luft vorhanden, die 
der Vegetation hinderlich iſt. Der kleine Prigglitzbach fließt 
durch das ſchmale Thal, treibt im Orte eine Mahl- und eine 
Saͤgemühle, und enthält Forellen. 

Wälder und Berge gibt es im hieſigen Bezirke mehrere, 
welche aber nur die Benennungen ihrer ortlichen Lage führen, 
auch gar nicht beträchtlich find. 


Sul z, 
ein Pfarrdorf von 43 Häuſern, bei Sittendorf im Gebirge gefe: 
gen. Neudorf iſt die nächſte Poſtſtation und Medling der Brief⸗ 
aufgabsort. . 

Kirche und Schule befinden ſich im Dorfe, wovon das Pa⸗ 
tronat dem Stifte Heiligenkreuz, die Local: Pfarre aber in das 
Decanat Baden gehört. Den hierortigen Werbkreis beſitzt das 
Lin. Inf. Regiment Nr. 49. 

Landgericht iſt die k. k. Waldamtsherrſchaft Purkersdorf. — 
Grundherrſchaften, welche hier behauſte Unterthanen beſitzen, gibt 
es zwei, nämlich die Veſte Lichtenſtein zu Brunn und die Stifs⸗ 
herrſchaft Heiligenkreuz, welche auch zugleich die Orts⸗ und Con⸗ 
ſeriptionsobrigkeit iſt. 

Die Bevölkerung von Sulz zahlt 48 Familien, 132 maͤnn⸗ 
liche und 149 weibliche Perſonen nebſt 84 Schulkindern. Der 
Viehſtand umfaßt 9 Pferde, 28 Zugochſen, 72 Kühe, 8 Scha⸗ 
fe, 3 Ziegen und 31 Schweine. 

Die Einwohnerclaſſe beſteht aus lauter Waldbauern, die als 
Hüttler und Kleinhäusler beſtiftet find. Ihre Beſchäftigung iſt 
geringer Ackerbau, eine ziemlich gute Viehzucht, Holz und Kalk⸗ 


197 
handel, wie auch Verkauf von Milch und Butter nach der Reſi⸗ 
denzſtadt Wien. 

Der Ort liegt an einer nicht unbedeutenden Anhöhe weſtlich 
von Heiligenkreuz, von den nächſten Dorfſchaften Sittendorf, 
Dornbach, Kaltenleutgeben und Stangau umgeben. Zu allen 
dieſen beſtehen Verbindungswege und eine angelegte Straße führt 
von Wien aus über Lieſing, Rodaun, Kaltenleutgeben nach Sulz. 

Merkwuͤrdigkeiten beſitzt der Ort Sulz gar keine, nur die 
hier mitten im Dorfe befindliche Kirche iſt zu erwähnen. Solche 
beſteht ſeit dem Jahre 1783 als eine Local-⸗Caplanei; fruͤ⸗ 
her war das Dorf nach Heiligenkreuz eingepfarrt. Die Kirche iſt 
der heiligen Maria geweiht, ſehr klein, aber niedlich, mit 
einem hübſchen den Eingang bildenden Thurme und vier zuſam⸗ 
men geſtimmten Glocken. Am Hochaltar iſt ein Gnadenbild 
Marichilf angebracht. Solcher iſt mit jonifchen Säulen ziem⸗ 
lich reich und geſchmackvoll verziert und vor demſelben ſtehen zwei 
große Kirchenleuchter von guter Arbeit. Nebſt dem Hochaltar ſind 
noch zwei Seitenaltäre zum heil. Franciscus Sale⸗ 
ſius und der heil. Thereſia aufgerichtet“, mit Altarblättern 
verſehen, die ohne Kunſtwerth find. — Zur biefigen Kirche ge⸗ 
hören Sulz, Lindenhof, Stang au, Wöglerin, ſammt 
einigen Waldhüͤtten in einer Entfernung von einer halben 
und einer ganzen Stunde. — Der Leichenhof iſt außerhalb 
dem Dorfe angelegt. 

Die Geſchichte dieſes Dorfes iſt ohne Merkwuͤrdigkeit, da 
ſich hier keine befondern Ereigniſſe ergaben, welche verdient hät⸗ 
ten, in der Landesgeſchichte verzeichnet zu werden; zudem liegt 
der Ort Sulz auch ganz abgeſchieden im Gebirge. 

Das Dorf entſtand durch Holzhacker, die in den damals 
großen Wäldern hie und da Hütten hatten, ſich aber bald der⸗ 
geſtalt vermehrten, daß ſie eine eigene Gemeinde bildeten. 

Von welchem Gegenſtande der Ort den Namen Sulz be⸗ 
kam, iſt gänzlich unbekannt, doch glauben wir, daß vor mehr 
denn 600 Jahren ein Jagdhof der Babenberger⸗Herzoge hier in 

der Nähe geftanden haben dürfte, wobei man eine Sulze auf: 


198 | 
geſtellt hatte, das ift nämlich eine vermiſchte Maſſe, die als 
Salzlecke fuͤr das Wild dient. Im Alterthume ſtellten die Waid⸗ 
leute an mehreren Orten in den Wäldern ſolche Sulzen auf, um 
es anzulocken, dann zu fangen oder zu ſchießen, daher auch die 
alte Benennung: das Wild ſulzen. ö 

Daß übrigens der Ort ſehr alt iſt, beweiſt eine Schenkungs⸗ 
urkunde von Herzog Leopold VI., welcher die hieſige Waldſtrecke 
im Jahre 1188 dem Stifte Heiligenkreuz vergabte. Im Jahre 
1232 wurde auch die ganze Oberherrſchaft uͤber Sulz (villa, 
ein Gut, genannt) von Herzog Heinrich von Medling dem 
Stifte geſchenkt, welche Schenkung Herzog Friedrich der 
Streitbare im Jahre 1236 beſtaͤtigte, und zwar wie der ns 
halt der Urkunde lautet, wegen der Verdienſte und Dienſtleiſtung 
des Abtes Egilolf. Von dieſer Zeit an gehört der Ort Sulz 
zur Stiftsherrſchaft Heiligenkreuz. 

Die Umgebung von Sulz iſt uͤberaus reizend und ſchön, 
und feſſelt den Naturfreund im hohen Grade, ſie wird daher 
auch als der ſchönſte Punkt im Wienerwalde angenommen. Kaum 
vermag man ſich genugſam zu ſaͤttigen an den Schönheiten die⸗ 
ſes wunderlieblichen Thales, welches reich an üppiger Vegeta⸗ 
tion iſt; nicht nur daß die Bäume in ſchönerem Blüuͤtheſtand als 
anderswo ſtehen, ſondern auch das dunkle Gruͤn der begrenzenden 
Waldberge und Wieſen iſt reicher an Schmelz des Colorits und 
ſaftiger. Wenn gleich das Hiſtoriſche dieſes anmuthigen Ortes 
gering iſt, um ſo viel mehr erhielt er von der allguͤtigen Natur 
eine überaus reiche Fülle der bezauberndſten Naturvorzüge, die fo 
anlockend ſind, daß es im Sommer ſtets hier viele Beſucher gibt, 
die ſich daran auf das innigſte vergnügen. So iſt denn die ganze 
Gegend der Beſchauung ſehr werth, da es mehrere Punkte gibt, 
die eine freundliche Ausſicht gewähren. Zu einem dieſer Plaͤtze 
gelangt man auf der bei der Kirche ſich ſehr ſteil an dem Gipfel 
des Berges (der Todtenkopf genannt) hinanziehenden Straße, wo 
man bei der Capelle die Ueberſicht in das herrliche Thal, und ſuͤd⸗ 
lich auf die vielen Bergreihen gewinnt; welche ſich in den mans 
nichfachſten Gruppen und Farbenſpiele bis gegen den Schnee⸗ 


199 
berg hinziehen, welcher im Hintergrunde ganz ſchwach erſcheint, 
aber alle übrigen gleich einer luftigen Wolkengeſtalt überragt. 

Von hier führt die gut gebahnte Straße wieder abwärts, 
wo man eine Fernſicht nach Oſten hin erhalt, die nicht nur durch die 
Schluchten der Berge und über die Wälder hinausreicht, ſon⸗ 
dern uns auch Ungerns Grenze und die Fläche von Wien mit der 
majeſtätiſchen Kaiſerſtadt ſchauen laͤßt. - 


Sulzbach. 
Einzelne 8 Häufer, bei Altenmarkt gelegen, wovon Ginſels⸗ 
dorf die nächſte Poſtſtation iſt. 

Von dieſer kleinen Gemeinde gehören 7 Häuſer zur Pfarre 
und Schule nach Altenmarkt und ein Haus nach dem Hafnerberg“ 
Der Werbkreis iſt dem Lin. Inf. Regiment Nr. 49. zugewie⸗ 
ſen. Das Landgericht iſt die Herrſchaft Merkenſtein zu Gainfahrn. 
— Die Staatsherrſchaft Fahrafeld beſitzt hier 2 behauſte Un⸗ 
terthanen und die übrigen gehören zur Herrſchaft Klein = Ma= 
riazell, welche zugleich auch die Orte ⸗ und Conſcriptionsobrig⸗ 
keit iſt. 

Sulzbach enthält 46 Familien, 36 männliche, 41 weib⸗ 
liche Perſonen, 10 Schulkinder, 1 Pferd, 22 Zugochſen, 22 
Kühe, 26 Schafe und 10 Schweine. | 

Die Einwohner find Waldbauern mit einer guten Beſtiftung 
und leben theils von Ackerbau und theils von Holzhandel, welchen 
ſie nach Pottenſtein und in die nahe Umgebung treiben. Sie fech⸗ 
ſen alle vier Körnergattungen, jedoch nur in geringem Maße, 
und haben auch ziemliches Obſt. Hier findet man beſonders ſchö⸗ 
nes Rindvieh, welches die Weide genießt, aber von dem Land⸗ 
mann vorzuͤgliche Pflege erhält. 

Die Häuſer von Sulzbach liegen zerſtreut im Gebirge am 
Fuße der Sulzbach leiten, die ſich mit dem hohen Berg, vd as 
Hochecke genannt, verbindet, zwiſchen Schatzen und Alten⸗ 
markt zunächſt der Hirtenberger⸗ Straße. Der Trieſtingbach 
durchfließt den Bezirk und liefert gute Forellen. 

Die Gegend iſt ſehr anmuthig, geſund, und vortreffliches 


* 


200 


Waſſer vorhanden. Das Thal, worin Sulzbach liegt, iſt durch 
ziemlich hohe Berge begrenzt. — Unmittelbar an der Hirtenber⸗ 
ger: Straße liegt die Ba um woll⸗Geſpinnuſt⸗Fabrik 
(der Thashof genannt) dem Herrn Duͤport gehörig. 
Merkwürdigkeiten find keine vorhanden, und das Alter 
dürfte nicht weit zurück reichen. Uebrigens iſt die Zeit der Ent⸗ 
ſtehung nicht genau bekannt. Der Name dieſes kleinen Oertchens 
mag ungefaͤhr mit Zuziehung eines daſelbſt befindlichen kleinen 
Baches eben ſo abgeleitet worden ſeyn, wie die Benennung 
Sulz. ö 


Sumpersbach, 
ſiehe Offen. 


Syrn und Sonnleiten, 
ſiehe Sonnleiten und Syrn. 


Tachenberg und Syhrn. 


Unter dieſer Benennung find 17 Häufer bei Kranichberg ges 
legen, wovon Neunkirchen die naͤchſte Poſtſtation iſt, in einer 
Entfernung von 2 Stunden. 

Dieſe Gemeinden gehören zum Theil nach Raach, zum 
Theil nach Kranichberg zur Pfarre und Schule. Der hieſige 
Werbkreis iſt dem Lin. Inf. Regiment Nr. 49 zugewieſen. — 
Als Landgericht iſt der Magiſtrat in Wiener⸗Neuſtadt aufgeſtellt. 
Grundherrſchaften ſind Schwarzau und Kranichberg, wovon die letz⸗ 
tere auch die Orts- und Conſcriptionsobrigkeit iſt. 

Der Seelenſtand enthält 29 Familien, 65 männliche, 61 
weibliche Perſonen und 20 Schulkinder. Dieſe beſitzen 40 Zug⸗ 
ochſen, 88 Kühe, 90 Schafe, 20 Ziegen, 51 Schweine. 

Die Bewohner, welche Waldbauern find, werden als F, 
4, 1, und; Lehner eingetheilt. Einige find auch als Klein: 
häusler beſtiftet und haben einige Handwerker unter ſich. 

Geringer Ackerbau, dagegen aber vortreffliche Viehzucht 
ſind die Wirthſchaftszweige, welche der hieſige Landmann betreibt. 
Von erſterem erhalten fle die vier Koͤrnergattungen, Erbſen und 


| 204 
Gemiſch; nebſt ziemlich guten Obſtgaͤrten befigen fle auch im Be: 
zirke von Gloggnitz und Pottſchach Ueberländ⸗ Weingärten. 
Jene Gründe von Sy hru ſind ſchlecht, weil fie ſteil abged acht 
liegen, die von Tachenberg aber vorzüglich gut, da ſie einen 
tiefen ſchwarzen Boden haben. — Die Wie ſen werden trefflich 
cultivirt, wovon das Vieh ein ausgeſucht gutes Futter erhält 
nebſt einer ſorglichen Pflege; man treibt hier auch einen Handel 
damit. 

Von den beiden vereinigten Gemeinden liegen die zerſtreu⸗ 
ten mit Stroh gedeckten Häuſer von Syhrn im Thal ſüdweſt⸗ 
lich der Bergſtraße, die von Gloggnitz aus nach Kranichberg 
führe, und jene von Tachenberg am andern Bergruͤcken nord⸗ 
weſtlich hoch am Berge, von den nahen Ortſchaften Kranichberg, 
Sonnleiten, Enzenreith und Thiermannsdorf umgeben. 

Wir haben es ſchon bei Kranichberg und bei andern Ort⸗ 
ſchaften erwähnt, wie außerordentlich fhon die hieſige Umgebung 
iſt, wie die vorzügliche Vegetation jeden Fremden aufs Höch⸗ 
ſte uͤberraſcht und daß geſunde, ſtaͤrkende Luft und kryſtallhelles 
Waſſer Vorzüge dieſer pittoresken Landſchaft ſind. Vorzuͤglich 
romantiſch liegen die Häuſer von Syhrn, deſſen Bezirk ein Wild⸗ 
bach rauſchend durchfließt. Einſtmals war die ganze hieſige Thal⸗ 
gegend lauter Weingärten, die in neuerer Zeit nach und nach 
zu Aeckern umgeſtaltet wurden, wozu dann ſpaͤter Haͤuſer ka; 
men, wovon die Ueberlände die Stiftung als Ruſtical⸗Lehen er⸗ 
hielten. 

Von beiden Orten nördlich liegen die ſoge nannten Karn⸗ 
wälder und die Keſſelleiten, worin die Jagd, fo wie an 
den übrigen Orten, gut beſchaffen iſt und in Neben, Füchſen, Ha⸗ 
ſen, Dachſen, Mardern ꝛc. ꝛc. beſteht. 

Die Thalgegend Syhrn hat von dem ſprudelnden Wild⸗ 
bache und Tachenberg von dem Bergrücken gleiches Namens 
die Benennung erhalten. — Uebrigens haben dieſe beiden Ge⸗ 
meinden kein hohes Alter, ſo wie keine Merkwuͤrdigkeiten oder ſonſt 
geſchichtliche Begebenheiten aufzuweiſen. 


Taferl. 

Drei einzelne Haͤuſer im Gebirge, an der Presbaumer⸗Stra⸗ 
ße, wovon Purkersdorf die naͤchſte Poſtſtation iſt. 

Dieſe drei Haͤuſer gehören zur Kirche und Schule nach dem 
nahen Pfarrdorf Presbaum. Der Werbkreis iſt dem Lin. Inf. 
Regiment Nr. 49 zuftändig. — Das Landgericht, die Grund⸗, 
Conſcriptions⸗ und Ortsobrigkeit iſt die k. k. Waldamtsherr⸗ 
ſchaft Purkersdorf. 

Der Seelenſtand beſteht in 5 Familien (darunter ſind 14 
maͤnnliche, 12 weibliche Perſonen mit 3 Schulkindern begriffen). 
Viehſtand: 8 Pferde, 12 Zugochſen, 29 Kühe, 6 Schafe und 
10 Schweine. 

Die Bewohner find Huͤttler und ein Haus davon iſt ein 
Wirths haus mit dem Schilde: vam Tafer le, daher die Be: 
nennung dieſer drei Haͤuſer. Eine vorzügliche Viehzucht, für wel⸗ 
che hierher von der Landwirthſchafts⸗ Geſellſchaft ſchon einige 
Praͤmien ertheilt wurden, — der Verkauf von Milch und Obſt 
nach Wien, und Holzfuhrwerke ſind die Zweige der Beſchaͤfti⸗ 
gung des hieſigen Waldbauers. Ackerbau beſteht hier keiner. 

Die Lage von Taferl iſt im Wienerwalde im Gebirge an 
der Presbaumerſtraße zwiſchen Lavis und Presbaum, allwo auch 
der Wienfluß vorbeifließt. 

Eine ausgezeichnet ſchöͤne Gegend mit geſundem Klima und 
gutem Waſſer wird der Naturfreund hier finden, welche in ab⸗ 
wechſelnden Gebirgen und Wäldern beſteht. 


Tallern. 

Ein Freigut in einigen Häuſern beſtehend, zunächſt Gum⸗ 
poldskirchen gelegen und eine halbe Stunde von der Poſtſtation 
Neudorf entfernt. 

Zur Kirche und Schule iſt dieß Gut nach dem ſehr nahen 
Gumpoldskirchen angewieſen. Der Werbbezirk gehört zum Lin. 
Inf. Regimente Nr. 49. N 

Das Landgericht iſt der Magiſtrat in Gumpoldskirchen. — 


203 
Grund⸗, Orts, und Conſeriptionsobeigkeit ift die Herrſchaft 
Trumau. 

Hier leben 8 Familien, 20 maͤnnliche, 17 weibliche Per⸗ 
ſonen und 6 Schalkinder. Dieſe beſitzen einen Viehſtand von 
5 Pferden, 7 Zugochſen, 18 Kuͤhen und 8 Schweinen. | 

Das Freigut Tallern beſteht blos aus dem herrſchaft⸗ 
lichen Schloſſe von ganz einfacher Bauart und ohne alle 
Merkwuͤrdigkeit, dem Wirths hauſe, und aus den wenigen. 
Wohngebäuden für die Winzer, welche die Weingarten 
bearbeiten, da hier nichts anders als Weinbau betrieben wird, der 
dem Gumpoldskirchner⸗Wein ganz gleich geſchaͤtzt iſt. Auch der 
herrſchaftliche Meier, Waldaufſeher und Revierjäger wohnen hier. 

Sehr anmuthig iſt die Lage von Tallern am ſuͤdlichen 
Abhange des hohen Anninger⸗ Berges in einem Winkel und 
im Angeſichte der ſich von hier ausbreitenden großen Fläche über 
Gundramsdorf und rechts über Gumpoldskirchen hinaus. Erſteres 
und letzteres iſt nur eine Viertelſtunde von hier entfernt. Das Gut 
iſt mit einer Mauer umfangen, und hat beim Schloſſe einen ziem⸗ 
lich ſtarken Thurm, der ſich von der Ferne gut ausnimmt. Nicht 
weit davon zieht ſich ſüdlich die Haupt- Poſtſraße nach Steier⸗ 
mark und Italien hin. 

Dieſes Freigut iſt uralt, und hat im grauen Alterthume 
noch den celtiſchen Namen Tallarn getragen, von der örtlichen 
Lage, welche einen Thalwinkel von der Natur aus bildet; ſpäter⸗ 
hin hieß es auch Dalſern, und gewöhnlich wird es Dalling 
genannt. 

Der Herzog Leopold V., der Sohn und Nachfolger des 
heiligen Markgrafen Leopold, ſchenkte dieſen Ort im Jahre 
4141 dem Stifte Heiligenkreuz, welches bis jetzt im ununterbro⸗ 
chenen Beſitze desſelben blieb. Dieſe Schenkung wurde vom 
nachfolgenden Herzog Heinrich Jaſomirgott, und den 
Päpſten Innocenz II. und Lucius III. beftätiget. 

Die hier beſtehende Capelle wurde ſchon 1516 zu Ehren 
des heil. Johann des Taͤufers erbaut, und vom Weihbiſchofe 
Bernhard von Paſſau, mit Ertheilung eines AOtägigen Ab: 


204 . 


laſſes für den fleißigen und andaͤchtigen Beſucher, eingeweiht. 
Abt Clemens von Heiligenkreuz ließ dieſelbe in der jetzigen Ge⸗ 
ſtalt im Jahre 1673 vergrößern, fie hat am Hochaltare die Sta⸗ 
tue des gekreuzigten Heilandes, mit Weinreben und 
Trauben umgeben, und der Ueberſchrift: »I ch bin der wahre 
Weinſto cka. Vormals pflegte hier jährlich zu Ende der Wein⸗ 
leſe der Stifts⸗ Abt ein feierliches Dankamt abzuhalten. 

Im Jahre 1578 ließ Abt Udalrich II. hier einen großen 
Keller mit einer ſehr großen Weinpreſſe erbauen; daher es übers 
all bekannt iſt, das Tallern die größte Weinpreſſe in Oeſterreich 
beſitzt. Im Jahre 1736 wurde unter dem Abte Robert über 
dieſe Weinpreſſe das ſogenannte Meugebäude aufgeführt, von 
welchem aus man eine ſchöne Ausſicht auf die Umgebung genießt. 
Die meiſten im hieſigen Bezirke gelegenen Weingärten gehören 
der Herrſchaft, naͤmlich dem Stifte Heiligenkreuz. 

Die erlittenen Schickſale durch ſo viele hundert Jahre theilt 
der Ort mit dem nahen Gumpoldskirchen. 


Tänneberg. 

Einzelne Haͤuſer, wovon aber Tänneberg und Dornau 
ein und derſelbe Ort iſt. Jene Haͤuſer der Gemeinde, welche wir 
unter der Rubrik: Dornau im 1. Bande unſers Werkes um⸗ 
ſtändlich beſchrieben haben, die an der Straße liegen, heißen 
Dornau, die andern aber, welche von der Straße entfernt ſind, 
gehören zu Taͤnneberg. 


Tannegg (Ober-), 
‚ein Dorf von 18 Häuſern, unfern Neunkirchen gelegen, welches 
die nächſte Poſtſtation iſt. 

Der Ort gehört zur Pfarre und Schule nach St. Valentin, 
mit dem Werbkreis zum Lin. Inf. Regiment Nr. 49 und mit 
dem Landgerichte zum Magiſtrate nach Wiener⸗Neuſtadt. 

Es beſitzen hier mehrere Grundherrſchaften behauſte Unter⸗ 
thanen, nämlich Kranichberg, Feiſtriß, Stüchſenſtein, die Pfarre 


205 
St. Egyden am Steinfeld und Steyersberg, welch letztere zu: 
gleich auch Orts: und Conſcriptionsobrigkeit iſt. 

In 18 Famikien leben hier 47 männliche, 45 weibliche Pers 
ſonen und 6 Schulkinder, welche einen Viehſtand halten von 
2 Pferden, 24 Zugochſen, 25 Kühen, 37 Schafen, 2 Ziegen, 
32 Schweinen. | 

Die Bewohner find Landbauern, die ſich mit dem Feldbau und 
einer nur zu ihrem Bedarf hinreichenden Viehzucht befchäftigen. 
Von ihren mittelmäßigen Gründen erhalten ſie Weizen, Gerſten 
gemiſchte Frucht und ſehr wenig Obſt; Weingärten befigen fie 
gar keine. 

Die Zweige der Landwirthſchaft hier können wirklich Aemlic 
genannt werden, daher auch des Landmannes dürftige Exiſtenz; 
nicht erfreulicher iſt das Dorf ſelbſt, welches in ſchlecht gebauten 
mit Stroh gedeckten Häuſern beſteht. 

Die Lage davon iſt ganz flach, der Ort zuſammen gebaut, 
und liegt zwiſchen Landſchach und Diepolz, eine Stunde vom 
Markte Neunkirchen entfernt. Die nächſten noch dabei liegenden 
Dorfſchaften ſind Wartmannſtätten, Straßhof, Weidnitz, St. 
Valentin und Penk. | 

Die hieſige Gegend hat noch nicht das Schöne und Maleriſche 
wie die weiter rückwärts liegenden Orte, doch aber ſind Klima 
und Waſſer gut. Alle bier. umher liegenden Waldungen befinden 
ſich in der Fläche, ſie haben keine große Ausdehnung, und die 
Jagd beſteht blos in Rehen und Haſen. 

Ober- und Unter⸗Tannegg ſind ſehr alt, und duͤrften 
den Namen von den hieſigen Tannenwaͤldern erhalten haben, wo 
an einer Waldecke die Ortſchaften angelegt wurden, daher eigent⸗ 
lich Tanneck (nicht Tannegg). 

Geſchichtliche Begebniſſe oder andere bemerkenswerthe Ge⸗ 
genftände, Flüuͤſſe, Bäder Mühlen oder Fabriken gibt es keine. 


Tannegg (unter⸗), 
ein Dorf, welches 19 Haͤuſer enthält und zunäͤchſt dem vorbeſchrie⸗ 
benen Ober ⸗Tannegg liegt. 


206 


Die naͤchſte Poſtſtation iſt Neunkirchen am Steinfeld. 

Dieſer Ort gehört zur Pfarre und Schule nach dem nur 
eine halbe Stunde entlegenen Markte Neunkirchen. Den Werb⸗ 
kreis beſitzt das Lin. Inf. Regiment Nr. 49.— Die Rechte eines 
Landgerichtes werden von dem Wiener ⸗Neuſtädter Magiſtrat aus: 
geübt. 

Hier beſitzen mehrere Grundherrſchaften behauſte Untertha⸗ 
nen, nämlich Seebenſtein, Gloggnitz, Stüchſenſtein, Steyers⸗ 
berg, Stift Neukloſter zu Wiener⸗Neuſtadt, die beiden Pfar⸗ 
ren St. Egyden und Pitten, dann das Minoritenkloſter zu Neun⸗ 
kirchen. 
Orts⸗ und Conſcriptionsobrigkeit iſt die Herrſchaft Seeben⸗ 
ſtein. 

Der Seelenſtand von hier umfaßt 22 Familien, 39 maͤnnli⸗ 
che und 47 weibliche Perſonen nebſt 3 Schulkindern. Dieſe beſi⸗ 
tzen 24 Zugochſen, 22 Kühe, 25 Schafe, 3 Ziegen und 16 
Schweine. 

Die hieſigen Einwohner, welche wie jene in Ober⸗Tann⸗ 
egg Landbauern find, beſitzen ebenfalls, gleichwie die andern, 
nur eine hoͤchſt mittelmäßige Grundbeſtiftung und find zum Theil 
Kleinhaͤusler, zum Theil Taglöhner. Ihre Erzeugniſſe find ganz 
die ſelben wie bei Ober⸗Tannegg. 

Der Ort liegt zwiſchen dem vorigen und Diepolz, Wart⸗ 
mannſtätten und Wimpaſſing, theilweiſe auf einer kleinen Berg⸗ 
lehne, mehrere Häufer aber im Thal an den Communicationswe⸗ 
gen zu obigen Doͤrfern, eine Viertelſtunde von der nach Steiermark 
und Italien führenden Haupt⸗ Poftftroße entfernt. 

Alle andern Zweige ſind übrigens dieſelben wie bei Ober⸗ 
Tannegg. 5 


Tannerin, 
auch Donnering; unter dieſer Benennung wird der Ort Pres⸗ 
baum im Wienerwalde rückwärts Purkersdorf verſtanden, welcher 
Name auch von den hieſigen Tannenwäldern abgeleitet worden iſt, 
und dem Orte Presbaum von den Waldbauern beigelegt wurde. 


Tashof. 
Unter dieſer Benennung beſteht eine Fabrik, welche wir 
bei der Beſchreibung des Dorfes Sulzbach bereits erwahnt ha⸗ 
ben, wohin ſie auch gehört. 


| Tattendorf. N 

Ein Pfarrdorf von 65 Häuſern, an der Trieſting gelegen, 
eine halbe Stunde von Ginſelsdorf entfernt, welches die nächſie 
Poſtſtation iſt. 

Kirche und Schule befinden ſi Si im Orte. Davon gehört das 
Patronat dem Stifte Klofterneuburg, die Kirche aber in das 
Badner Decanat; der Werbkreis hingegen dem Lin. Inf. Res 
giment Nr. 49. 

Landgericht iſt die Herrſchaf Tribuswinkel; Grund⸗ Orts⸗ 
und Conſcriptionsobrigkeit das Stift Kloſterneuburg. 

Das Dorf enthaͤlt eine Bevölkerung von 123 Familien, 304 
männlichen, 301 weiblichen Perſonen und 122 Schulkindern. 


Der Viehſtand umfaßt 59 Pferde, 80 Zugochſen, 113 Kühe 


und 63 Schafe. 

Die hieſigen Bewohner ſind Landbauern, welche blos den 
Ackerbau treiben, der ihnen Weizen, Korn, etwas Gerſte und 
Hafer abwirft. Sie beſitzen viele Obſtgaͤrten und einige. Wein⸗ 
gärten. Ihre Gründe enthalten meiſt Sandboden mit einer ſchot⸗ 
terigen Unterlage und ſind auch den Ueberſchwemmungen des Trie⸗ 
ſtingbaches ausgeſetzt. — Die Viehzucht kann gut genannt wer⸗ 
den, wozu beträchtliche Hutweiden beſtehen, und nebſt welchen 
von mehreren Einwohnern die Stallfütterung angewendet wird. 

Das Dorf Tattendorf liegt ganz flach am Trieſting⸗ 
bache zwiſchen Ober⸗Wolters dorf, Teesdorf und Ginſelsdorf, 
und hat noch in ſeiner Umgebung Trais kirchen, Vöslau und 
Gainfahrn. Es iſt größtentheils gut gebaut, hat breite Straßen, 
und mehrere der Häuſer find mit Stroh gedeckt. Außerdem daß 
rauhe Luft hier vorherrſchend iſt, gibt es gutes Klima und Waſſer. 
Im Orte ſteht die Pfarrkirche, der Pfarrhof und 


208 


die Schule, dann eine im Jahre 1828 neu erbaute Spin n⸗ 
Fabrik und am Trieſtingbache zwei große Mahlmühlen. 

Die Fiſcherei ſo wie die Jagdbarkeit ſind Rechte der Herr⸗ 
ſchaft Stift Kloſterneuburg. — Wälder und Berge gibt es keine, 
ſondern blos einige Auen ziehen ſich am Trieſtingbache hin, in 
welchen Hafen und Nebhühner zu treffen find. — Straßen fuͤh⸗ 
ren keine durch Tattendorf, ſondern es exiſtiren nur die nöthi= 
gen Verbindungswege mit den andern Dorfſchaften. 

In früheften Zeiten gehörte der Ort in pfarrlicher Hinſicht 
nach Traiskirchen, mag aber bald nach ſeinem Entſtehen eine Ca⸗ 
pelle oder Kirche erhalten haben, bei welcher ein eigener Prie⸗ 
ſter angeſtellt war, welches aus dem Grunde zu vermuthen iſt, 
weil zu Anfang des XV. Jahrhundert ſchon das Stift Melk das 
Patronat über Tattendorf beſaß, inzwiſchen blieb fie noch 
lange eine Filiale von Traiskirchen. Durch einen Vergleich er⸗ 
hielt das Stift Kloſterneuburg im Jahre 1585 von dem Melker⸗ 
Abte Balthaſar Bolzmann die Vogtei und Lehenſchaft 
über die Pfarre Tattendorf; von dieſer Zeit an gehört die 
Kirche zu Kloſterneuburg, welches den Ort ſelbſt ſchon von je⸗ 
her beſeſſen hatte. 

Die Kirche ſcheint zum Theil durch die Tuͤrken zerſtört wor⸗ 
dem zu ſeyn, denn fie enthält einen neuen Zubau, obſchon fie 
auch jetzt noch klein iſt; nur das Presbyterium mag als Ueber⸗ 
reſt der alten Capelle gelten, wofuͤr im Innern einige Spuren 
des gothiſchen Styles ſyrechen. 

Dieſe iſt, wie ſchon gefagt, ganz klein, hat vier Eingänge, 
einen mit Weißblech beſchlagenen Thurm, welcher eine Uhr und 
drei Glocken enthält. Das Patrocinium iſt Maria im Elend, 
und wird am Feſttage der allerheiligſten Dreifaltigkeit abgehal⸗ 
ten, wozu alljährig mehrere Prozeſſionen aus der Umgegend wall⸗ 
fahrten. 

Das Hochalta rbild ſtellt die allerheiligſte Dreinigkeit 
vor; uͤber dem Tabernakel iſt die vergoldete Statue der ſeligſten 
Jungfrau mit dem Jeſuk ind im Arme angebracht, und 
die beiden vorhandenen Seitenaltaͤre beſtehen zu Ehren des 


209 


beit, ſterbenden Joſephs und Johann von Nepo⸗ 
muck. An der Seite des Hochaltars ſtehen die Statuen des 
heil. Leopold, Markgrafen „und Agnes, feiner Gemahlin. 

Merkwürdigkeiten ſind keine vorhanden. — Die Kirche 
ſtößt an das Dorf, oder eigentlich an den Pfarrhof und iſt von 
dem Gottesacker umgeben, welcher mit einer Mauer einge⸗ 
friedet iſt. — Hierher zur Kirche gehört das Dorf Ta ttendorf 
nur allein. 

Auf der Brücke über die Trieſting hier, welche den Ort 
durchfließt, ſteht eine gemauerte Capelle und darin die Statue 
des heil. Johann von Nepomuck. Auch iſt außerhalb des 
Ortes, an den Pfarrhofgarten anſtoßend, das fogenannte hei⸗ 
lige Brün nel, mit kryſtallhellem aufgehenden Trinkwaſſer. 

Tattendorf iſt ſehr alt, und hieß in Urkunden Thaten⸗ 
dor f. Es kann daher ſeyn, daß ſich auf dem Platze hier ein be⸗ 
ſonderes Ereigniß oder vielmehr eine That ergeben habe, wovon 
der Ort den Namen bekam. 

Er ſcheint urſprünglich den Markgrafen angehört zu haben, 
da ſolcher in dem Bereiche liegt, deſſen Bezirk von Kaiſer 
Heinrich II. den öſterreichiſchen Markgrafen (zu Anfang des 
XI. Jahrhunderts) geſchenkt wurde; im XII. Jahrhundert aber 
kommt ſchon eine Familie vor, die ſich von Tattendorf nann⸗ 
te. Sie können den Ort vielleicht auch nur als Lehen beſeſſen, 
und ſich davon den Namen beigelegt haben. 

Von dieſer wird im Jahre 1114 Alold oder Adakold von 
Tatin dorf und im Jahre 1150 Wichard von Tattendorf 
bekannt. Doch mag letzterer das Lehen oder den Ort Tatte n⸗ 
dorf nicht mehr beſeſſen haben, da das Dorf in der Beſtäti⸗ 
gungs⸗ Urkunde des Papſtes Eugen III. im Jahre 1146 für 
das Stift Kloſterneuburg ſchon unter den Beſitzthuͤmern des ⸗be⸗ 
ſagten Stiftes vorkömmt, von welcher Zeit an das Stift Klo⸗ 
ſterneuburg bis jetzt im ungeſtörten Beſitz verblieb. | 

Beſondere geſchichtliche Ereigniſſe find keine bekannt. 


4 
14 


210 


Teesdorf. 

Ein Dorf ven 49 Häufern und zugleich eine eigene Herr: 
ſchaft, am Trieſtingbach zunächſt Ginſelsdorf gelegen, welches 
auch die Poſtſtation iſt. 

Zur Schule und Kirche iſt der Ort nach Ginſelsdorf ange: 
wieſen, und fur die Kinder in der hier beſtehenden Fabrik iſt in 
Teesdorfeine eigene Schule angelegt. Der hieſige Werbbezirk 
iſt von dem Lin. Inf. Regimente Nr. 49. einbezogen. 

Das Landgericht iſt die Herrſchaft Tribuswinkel. Grund⸗, 
Orts⸗ und Conſcriptionsobrigkeit aber die Herrſchaft Teesdorf. 

Der Seelenſtand enthält 445 männliche, 439 weibliche 
Perſonen und 93 Schulkinder. Dieſe halten einen Viehſtand von 
56 Pferden, 12 Ochſen und 90 Kühen. 

Von den hieſigen Bewohnern, die in die Claſſe der Land⸗ 
bauern gehören, find mehrere als Halblebner, welche ſich mit dem 
Feldbau beſchäftigen; die Kleinhäusler hingegen arbeiten in der 
Baumwoll-Spinnfabrik, und haben im Orte als Hand— 
werker Wagner, Schmiede, Schuhmacher, Schneider und 
einen Zimmermann unter ſich. 

Sie bauen Weizen, Gerſte und Hafer, Korn aber ganz 
wenig; die Gründe dazu enthalten Sandboden und ſind daher nur 
in naſſen Jahren tragbar, in ſolchen Jahren aber aũch meiſt den 
Ueberſchwemmungen der Trieſting ausgeſetzt. Nebſt dieſen beſi⸗ 
Ben fie Obſtgärten und einige Weingärten, die aber keinen Er: 
werbsgegenſtand ausmachen. Der nennenswerthe Wohlſtand der 
biefigen Bewohner rührt, wie geſagt, einzig und allein nur von 
der Fabrik her, worin 600 Menſchen ihren guten und ſichern 
Erwerb finden. 

Dieſe Baum woll-Spinnfabrik, ein Eigenthum der 
biefigen Herrſchaftsbeſitzer Johann und Carl Freiherrn von 
Puthon, wurde im Jahre 1802 neu und ſolid erbaut und ent⸗ 
dalt zwei Dampfmaſchinen nebft mehreren andern ſehenswerthen 
privilegirten Maſchinenwerken. 

Der Ort Teesdorf liegt ganz flach und nahe bei Ginſels⸗ 


211 


dorf und Tattendorf an der Trieſting. Der alte Theil vom 
Dorfe iſt ziemlich regelmäßig gebaut und die Häuſer mit Schin⸗ 
deln gedeckt, jener Theil aber aus der neuern Zeit ſieht beſon⸗ 
ders ſolid aus, da die Häuſer durchaus mit Ziegeldächern verſe⸗ 
hen ſi find. Zunächſt dem Orte ſteht eine Mahlmühle und über 
dem Trieſtingbache die pben erwähnte in vorzüglich gutem Be⸗ 
triebe ſtehende Baumwoll- Geſpinnſtfabrik; über den 
Bach führe eine hölzerne Brücke; auch iſt die Fabriksſtraße von 
Teesdorf mit der Haupt⸗Poſtſtraße in Verbindung geſetzt. 

Sowohl die Fiſcherei als die gut gehegte Feldjagd (Berge 
uud Wälder gibt es hier keine in der großen Flaͤche, an der das 
Steinfeld beginnt) gehören der Herrſchaft Teesdorf. — Klima 
und Waſſer find gut. a 

Die erſte Sylbe von dem Ortsnamen Teesdorf iſt rein 
celtiſch (es hat aber mehrere Bedeutungen, wovon wir das Wort 
tees nur als einen Platz kennen, wo Hirten oder Einwohner 
mit der Kälberzucht beſchäftigt ſich aufhielten). Wenn gleich im 
Alterthume ſehr klein, ſo iſt der Ort doch ſehr alt und es beſtand 
ein Schloß allda. 

Die erſten Beſitzer davon kennen wir nicht, doch im Jahre 
1375 erſcheint Bernhard von Hausbach als Lehensbeſitzer 
davon. Er verkaufte im Jahre 1385, mit ſeines Lehensherrn 
des Grafen zu Magdeburg und Hardeck Wiſſen und Handen 
(Willen), feinem Schwager Hanns von Tyer na, Huebmeiſter 
in Oeſterreich, feine Veſte Teesdorf um 500 Pfund Wr. Pfennige 
(Baron Strein Collect. Mscpt. T. III. fol. 229), bei deſſen 
Familie es viele Zeit geblieben ſeyn mag. Im Jahre 1390 erhiel⸗ 
ten dieß Gut Freiin Suſanna von Tiefenbach und Freiin 
Felicitas von Lö bel geb. Freiin von Teufel von ihrer Mut⸗ 
ter Suſann a. Im Jahre 1593 übernahm ſolches die Witwe 
Regina Khielmann von Khielmannsegg im Namen 
ihres erſtgebornen unmündigen Sohnes Hanns Friedrich von 
Khielmannsegg, der Teesdorf im Jahre 1607 allein be⸗ 
ſaß. Dieſes gräflich Hardeckiſche Lehen beſaß ferner im Jahre 
1636 Freiherr Wenzel von Hegenmüller, der es 1640 

| 14 * 


272 
dem Akte von Melk, Valentin Embalner, kaͤuflich über: . 
hen. Vis zum Jahre 1811 blieb das Stift im Beſitz desſelben, 
es mußte damals aber den Ort auf allerhöchſte Anordnung zum 
Bebufe der Staatsbedürfniſſe verkaufen, welchen Johann 
Bapftiſt Freiherr von Puthon übernahm, ſeit dem Jahre 
1817 iſt nebſt dem obigen auch deſſen Bruder Carl Freiherr von 
Puthon gemeinſchaftlicher Beſitzer von Teesdorf. 

Indem wir bemerken, daß von geſchichtlichen Begebenheiten 
über Teesdorf gar nichts bekannt iſt, führen wir zugleich an, 
daß nur dieſer einzige Ort die Herrſchaft bildet. 


Ternitz. 


Ein kleines Dörfchen von 7 Häuſern, unfern Neunkirchen 
am Steinfeld gelegen, welches die nächſte Poſtſtat ion iſt. 

Dieß Oertchen gehört zur Kirche und Schule nach St. Jo⸗ 
hann, mit dem Werbbezirk zum Lin. Inf. Regimente Nr. 49 und 
mit dem Landgerichte zum Magiſtrat in Wiener-Neuſtadt. 

Die Herrſchaften Stüchſenſtein, Pottſchach und Stupp ach 
beſitzen hier behauſte Unterthanen; Orts- und Conſcriptionsobrig⸗ 
keit aber iſt Stüchſenſtein. . 

Der Ort zählt 10 Familien, 21 maͤnnliche, 21 weibliche 
Perſonen, 6 Schulkinder; an Viehſtand 6 Pferde, 8 Zugochfen, 
10 Kühe, 15 Schafe, 3 Ziegen und 7 Schweine. 


Die Einwohner ſind größtentheils Gewerbsleute, indem der u 


kleine Ort ein Pulverwerk, eine Hammerſchmiede, zwei 
Mahlmühlen mit Breterſägen, ein Wirthshaus und 
blos zwei Kleinhäuſer zählt; der Feldbau iſt daher aäͤußerſt unbe⸗ 
deutend, es gibt aber bei den Häuſern Obſtgärten. | 

Die zerſtreuten Häuſer von Ternitz liegen flach in der Nä⸗ 
be der Einmündung des Sirningbaches in den Schwarzau⸗ 
fluß, zunächſt den Dörfern St. Johann, Rohrbach am Stein⸗ 
feld, Dunkelſtein und Pottſchach, wohin überall Feldwege führen. 

Der Sirningbach treibt die Mahl- und Sägemühlen, das 
Hammerwerk und 5 Pulverſtampfen. 


213 


Wälder und Berge ſind im Ortsbezirke keine; die Jagdbar⸗ 
keit und der Fiſchnutzen gehört der Herrſchaft Stüchſenſtein. | 

Das Alter dieſes Oertchens reicht nicht weit zurück, der Na⸗ 
me Ternitz aber iſt unbekannt, welcher wahrſcheinlich von dem 
erſten Beſitzer eines Hauſes abſtammen dürfte. 


Die Teufelsmühle. 

Unter dieſer ſchauerlichen Benennung beſteht gegenwärtig ein 
1 Stock hohes Haus, worin ſich ein Wirths haus befindet und 
welches zu dem Dorfe Siebenhirten numerirt und einbezogen iſt. 

Es liegt zunächſt dem Orte Siebenhirten an der rechten 
Seite hart an der von Wien über Neuſtadt nach Steiermark füh— 
renden Haupt-Poſtſtraße, und es fließt der vom Markte Ber— 
tholdsdorf kommende kleine Peter sbach vorbei. — Obſchon 
nicht privilegirt, wird auf der Teufels mühle wöchentlich ein 
Viehmarkt abgehalten. 

Ueber dieſe Mühle beſteht aus den Zeiten des Ritterthums 
ein bekanntes Märchen, das ſogar Stoff zu einem Theaterſtück 
gab, welches die Leufels eagle a m Wienerberg betitelt 
wird. 

Nach dieſem ſoll vor vielen Jahrhunderten hier eine Mühle 
geſtanden haben, deren Eigenthümer, der Müller Kilian, ein 
übermüthiger mordluſtiger Böſewicht war, welcher ſogar fein 
eigenes Weib aus Zeitvertreib ermordete. 

Die Mühle ſoll dann verlaſſen geſtanden und in derſelben 
Geiſterſpuck getrieben worden ſeyn, zu deſſen Ende ein Ritter 
von Rauheneck bei Baden das meiſte beitrug. | 

Noch vor wenig Jahren war dieſe fabelhafte Erzählung an 
manchen Orten gut bekannt. 

Daß vormals hier eine Mühle geſtanden habe, ſcheint ge⸗ 
wiß, doch an der übrigen Geſchichte iſt kein wahres Wort. 


j a) Thal. 
Ein Dorf, aus 27 zerſtreuten Häuſern beſtehend, bei Pot: 
tenſtein gelegen, wovon Ginſelsdorf die nächſte Poſtſtation iſt. 


218 


Die Käufer dieſer Gemeinde gehören zur Pfarre und Schule 
nach Pettenſtein. Den Werbkreis von hier beſitzt das Lin. Inf. 
Regiment Nr. 49. 

Das Landgericht, die Grund⸗, Orts- und Conſcriptions⸗ 
ebrigkeit iſt die Herrſchaft Merkenſtein zu Gainfahrn. 

Es ſind 41 Familien vorhanden, welche ſich in 109 männ: 
liche, und 87 weibliche Perſonen theilen. Der Viehſtand zaͤhlt 
1 Pferd, 32 Zugochſen, 18 Kühe, 7 Schafe. 

Die Bewohner ſind Waldbauern, welche ſich mit Kohlen⸗ 
drennen und Handel damit, dann mit Verkauf von Pech und 
Holz nach Wien ihren Erwerb verſchaffen. Sie bauen nebſtbei 
auch einige Feldfruͤchte, wozu fie gute Gründe beſitzen, und ba⸗ 
ben Obſtgärten. 

Die Häuſer von Thal, welcher Ort den Namen von ſeiner 
natürlichen Lage erhalten hat, liegen in einem Thale von Bergen 
eingeſchloſſen an der Pottenſteiner⸗Straße, zwiſchen Pottenſtein 
und St. Veit in einer nicht nur ſehr ſchönen, ſondern auch geſun⸗ 
den Gegend. Nicht weit davon berührt den hieſigen Bezirk der 
Trieſtingbach, wovon die Fiſcherei, gleichwie die Jagdbar⸗ 
keit in den hieſigen Wäldern, Rechte der Herrſchaft Merken⸗ 
ſtein ſind. 

Bemerkenswerthe Gegenftände gibt es keine, die zu beſpre⸗ 
chen waͤren. 


b) Thal, 

fünf Häufer, im Gebirge bei Lichtenegg gelegen, 7 Stunden von 
Wr. Neuſtadt entfernt, welches die nächſte Poſtſtation iſt. 

Dieſes kleine Dörfchen iſt zur Pfarre und Schule nach Lich⸗ 
tenegg eingezeichnet; der Werbkreis gehört dem Lin. Inf. Regi⸗ 
ment Nr. 49, und die Rechte eines Landgerichtes werden von 
dem Wiener⸗Neuſtädter Magiſtrate ausgeübt. — Grund-, Orts⸗ 
und Conſcriptionsobrigkeit iſt die fürſtlich Palffyſche Herrſchaft 
Kirchſchlag. 0 

Der Seelenſtand beträgt 7 Familien, 13 männliche, 18 weib⸗ 


215 


liche Perſonen ſammt 7 Schulkindern. Der Viehſtand: 8 Zug⸗ 
ochſen, 8 Kühe, 20 Schafe, 3 Ziegen und 8 Schweine. 

Die hieſigen Bauern treiben ganz geringen Ackerbau, wel: 
cher. meiſt Hafer erzeugt, und mit welchem fie nach Wiener-Neu⸗ 
ſtadt einen Handel treiben. Sie haben auch Viehzucht, die je: 
doch unbedeutend iſt und nicht über ihren Hausbedarf hinaus 
reicht. N 

Dieſe fünf Häufer legen einzeln im Graben am ſogenannten 
Thalbach, daher der Name Thal; an dieſem ſtehen mehrere 
Mühlen, die zu dem kleinen Orte gehören. Die nächſten umber: 
liegenden Dorfſchaften find Lichtenegg, als der Pfarrort, und Ai⸗ 
gen. Der ganze hieſige Bezirk beſteht meiſt in Wäldern und Ber: 
gen, daher iſt die Luft, obwohl ſehr rein, etwas rauher und den 
Erzeugniſſen nicht ſehr guͤnſtig. 


c) T h a l. 

Das Dörfchen Thal beſtand aus 12 Unterthanen, die un⸗ 
ter weil. dem Fürſt Erzbiſchof Cardinal Mig az zy im Jahre 
1765 von der gräflich Heiſſenſteiniſchen Herrſchaft Emmerberg 
angekauft und der erzbiſchöflichen Herrſchaft Neunkirchen einver⸗ 
leibt wurden. 

Dieſe Häuſer von Thal ſind an den Markt Neunkirchen 
angebaut, daher auch hiezu numerirt und nun ganz mit Neun 
kirchen vereinigt worden, mithin bei unſerer Beſchreibung dieſes 
Marktes mitbegriffen. Ä 


Thann. 

Ein kleines Dorf, welches 10 Häuſer zählt, bei Kulm ge: 
legen. Neunkirchen iſt davon die nächſte Poſtſtation in einer Ent⸗ 
fernung von 3 Stunden. 

Dasſelbe gehört ſowohl zur Kirche als auch zur Schule nach 
Kirchau; mit dem Werbbezirk zu dem Lin. Inf. Regiment Nr. 49. 

Landgericht iſt die Herrſchaft Aſpang. Grundherrſchaft die 
Pfarre Kirchau und Steyersberg, wovon letztere zugleich auc die 
Orts⸗ und Confeiptiontobrigfeis bildet, 


216 


Fuͤnfzehn Familien (darunter befinden ſich 37 männfiche, 
32 weibliche Einwohner mit 6 ſchulfähigen Kindern) bewohnen 
den kleinen Ort, welche Bauersleute ſind, die ſich mit ihrem we⸗ 
nigen Feldſtand und der zur Hausnothdurft erforderlichen Vieh⸗ 
zucht, blos in 24 Zugochſen, 24 Kühen, 36 Schafen und 15 
Schweinen beſtehend, beſchaͤftigen. Ihre Gründe find nur mittels 
maͤßig, denn ſie liegen an den Bergabhaͤngen, und ſind daher 
den Abſchwemmungen ausgeſetzt. 

Die Häuſer von Thann (gewohnlich Thon genannt), bes 
ren Daͤcher mit Stroh gedeckt find, find zuſammen gebaut auf 
einem Berge, mit Kulm und Kirchau grenzend im Gebirge, je⸗ 
doch in der Nähe der Aſpanger- Straße in der Wart gelegen. 

Geſunde Luft und fehr, gutes Gebirgswaſſer iſt hier vorhan⸗ 
den. 

In der Nähe liegt der ſogenannte Doblwald, worin die 
Jagdbarkeit in Rehen und Haſen beſteht, ein Recht, welches der 
Herrſchaft Steyersberg angehört. — Dieß Dörfchen iſt alt, und 
hat den Namen von der örtlichen Benennung erhalten. ö 


Thannaberg. 

Ein Oertchen blos von 4 Häuſern bei Hirſchwang, mit der 
nächſten Poſtſtation Schottwien, 22 Stunde davon entfernt. 

Dieſe Häuſer gehoͤren zur Pfarre nach Bayerbach, mit der 
Schule aber nach Reichenau. — Der Werbkreis von hier iſt dem 
Lin. Inf. Regimente Nr. 49 zugetheilt. 

Das Landgericht bildet der Wiener⸗Neuſtaͤdter Magiſtrat. — 
Grund herrſchaften find Kranichberg und Stüchfenftein, Orts⸗ und 
Conſcriptionsobrigkeit aber die Herrſchaft Reichenau. 

Vier Familien, nämlich 9 männliche und 12 weibliche Pers 
ſonen, machen den Seelenſtand aus. Der Viehſtand beſteht in 
6 Zugochſen, 8 Kühen und 11 Schafen. 

Die Bewohner treiben Ackerbau und eine geringe Viehzucht, 
gehören aber mehr zu den Wald- als Landbauern. Mittelmaß ige 
Gründe und kaltes Klima, der vielen hohen Gebirge wegen, ſind 
hinlängliche Urſachen eines ſchlechten Feldſtandes. 


[2 


217 


Zur Obſtpflege wäre die Lage mehr geeignet, weil die Gaͤr⸗ 
ten meiſt an der Morgenſeite gelegen und vor dem Nordwinde 
geſchuͤtzt ſind; doch aber ſind die Gärten nicht im geringſten cul⸗ 
tivirt. 

Dieſe 4 Häuſer, eine bloße Conſcriptions⸗ Abtheilung der 
Ortſchaft Hirſchwang, liegen zerſtreut auf dem öftlichen Rücken 
des Gruͤnſchacher⸗Gebirgs, gar nicht fern von der Grüͤnſchacher⸗ 
Kühalpe, ober den Ortſchaften Hirſchwang und Edlach weit am 
Gebirge, wozu blos beſchwerliche Gebirgswege führen. u 

Der Name Thannaberg iſt wahrſcheinlich von dem nahe 
gelegenen Tannenwald entnommen worden. a 

Da es hier viele Gebirge und Wälder gibt, ſo beſteht die 
Jagdbarkeit in Hoch⸗ und niederem Wild, wozu ſich nicht ſelten 
Bären, Luchſe und Wölfe geſellen. 

Beſondere Gegenſtaͤnde oder landwirthſchaftiiche Zweige 
kommen keine zu erwähnen. 


| Thereſienfeld. 

Ein Pfarrdorf von 75 Häuſern, 3 Stunde von Wiener⸗ 
Neuſtadt entfernt am Steinfeld gelegen, nun auch eine eigene 
Herrſchaft. 

Kirche und Schule befinden ſich im Orte. Das Patronat 
der Kirche gehört dem Landesfuͤrſten, und die Pfarre iſt zum De⸗ 
canat von Wiener-Neuſtadt einbezogen. Den Werbkreis beſitzt das 
Lin. Inf. Regiment Nr. 49. 

Zur Ausübung der Rechte eines Landgerichtes , iſt der Wie: 
ner⸗Neuſtädter Magiſtrat beſtellt. — Grund⸗, Orts⸗ und Con⸗ 
ſcriptionsobrigkeit iſt die Herrſchaft Thereſienfeld. 5 

Der Ort umfaßt eine Bewölkerung von 120 Familien, 240 
männlichen, 260 weiblichen Perſonen und 100 Schulkindern. An 
Viehſtand beſitzen ſie: 30 Pferde, 80 Zugochfen, 90 Kühe, 2000 
Schafe; an Gründen: 200 Joch Wieſen und 1800 Joch Ackerland. 

Die hieſigen Einwohner ſind Landbauern, wobei jedes Haus 
mit 32 Joch Grundſtücken beſtiftet iſt. Auch befinden ſich die no: 
thigen Handwerker im Orte, 


Die Gründung, der Name und bie Fortdauer vom Orte 
Iterefienfeld find Ihrer Majeſtät der Kaiſerin Maria 
Tdereſia zuzuſchreiben, die unter den vielen erhabenen Unter: 
nedmungen ibrer glorreichen Regierung auch ſogar das öde Stein⸗ 
feld nicht überſah, und ihre Blicke in der Abſicht darauf richtete, 
um auch dier dem Culturſtand einen Glanzpunkt zu geben und ſo 
dadurch ihrer kaiſerlichen Milde ein dauerndes Denkmal zu ſetzen. 

In der That, eine glücklichere Idee fuͤr die Strecke der 
dieſigen Steppenheide konnte fkein Monarch haben. 

Wir haden oben bei Beſchreibung des Steinfeldes die todte 
Dodenlage desſelben umſtändlich geſchildert, und beſonders der 
Dezirk, in welchem ſich der Or Thereſienfeld erhebt, iſt 
einer der unfruchtbarſten. 

Die hohe kaiſerliche Frau kannte die lange Reuſtödter⸗ Hei⸗ 
de, und überzeugte ſich, daß anſtatt durch Erträgniß Nutzen zu 
ſchaffen, dieſe Wüſte ein abſtechender Strich Land in dem geſeg⸗ 
neten Oeſterreich ſei, welche überdieß in den damaligen Zeiten 
noch die Sicherheit der Haupt⸗Poſtſtraße gefährdete. Da erfaßte 
ſie den Gedanken, zwiſchen Salenau und Wiener-Neuſtadt ein 
Dorf anlegen zu laſſen, wenn die Natur nur einigermaßen es ge⸗ 
ſtatten würde; das Andere ſollte die Kunſt erſetzen. 

dachdem der Vorſchlag zur Urbarmachung der Heide anges 
nommen war, wofür fie dem Neuſtädter Land⸗Phyſikus und Doc: 
tor der Medizin Andreas Fourlani von Felſenberg die 
zuerkannte Prämie von 100 Ducaten ertheilen ließ, wurde die ſe 
Gegend invellirt und durch Soldaten ein Canal ausgegraben, 
welcher von dem kalten Gange (der Pieſting) bei Wöllersdorf aus 
dem neuen Orte Waſſer zur Bewäſſerung zufuͤhrt. 

Die angeſtellten Proben mit verſchiedenen Getreidearten in 
dem neugepflügten Boden fielen zur gänzlichen Zufriedenheit der 
Kaiſerin aus, die von einigen Herrſchaften auf dieſen unfrucht⸗ 
baren Boden gemachten Anfprüche wurden durch eine eigene Hof⸗ 
commiſſion ausgeglichen; und ſo, nachdem dieſes geſchehen war, 
ließ die hohe Fürſtin im Jahre 17 mit voller Thätigkeit die 
Anlage des Orts fortſetzen und vollenden, und endlich zum Be⸗ 


219 


triebe der Wirth ſchaften mehrere Bauern aus Tirol berufen. Je⸗ 
der von ihnen erhielt aus kaiſerlicher Gnade, zur erſten Einrich⸗ 
tung ihrer Hausbeduͤrfniſſe hundert Thaler, und zur Nahrung 
für das erſte halbe Jahr monatlich 12 Gulden. In der Folge der 
Zeit ſollte jedoch ein jeder Hauswirth an Ihre Majeſtaͤt vier 
hundert Gulden zurückzahlen, um als wirklicher Beſitzer den Ge⸗ 
währſchein zu erlangen, doch auch von dieſer Pflicht wurden die 
neuen Anſiedler durch das unterm 18. Hornung 1782 erfchienes 
ne Hofdecret losgeſprochen. 

Sehr beachtenswerth iſt der ſymmetriſche Plan, nach wel⸗ 
chem der Ort angelegt wurde. Nach dieſem wurden jeder Ganz⸗ 
lehen-Beſitzung 30 Joch Ackerland und zwei Joch Wieſen zuge⸗ 
theilt, mit der vortheilhaften Eintheilung, daß das Wohn⸗ und 
Wirthſchaftsgebäͤude beinahe im Mittelpunkte des Gartens liegt 


und die Ackerfelder unmittelbar damit zuſammenhängen; es iſt 


auch dadurch die größtmöglichſte Sicherheit vor Feuersgefahr, 
und die Bequemlichkeit beobachtet worden; die Waſſerleitung der⸗ 


geſtalt anzulegen, daß ſich auch in trockenen Jahren jeder Beſi⸗ 


tzer durch erforderliche Bewäſſerung eine reichliche Ernte, von ei⸗ 
nem bedeutenden Theil ſeiner Grundſiücke ſichern kann. 

So hebt ſich nun durch die Urbarmachung in mitten eines 
öden Heidelandes eine freundliche Landſchaft empor, ſo zu ſagen 


im Mittelpunkte zwiſchen Salenau und Wr. Neuſtadt von je⸗ 


dem eine ſtarke halbe Stunde entfernt. 

Der Ort bildet zwei ſehr regelmaͤßig angelegte Häuferreihen, 
zwiſchen denen die breite gut gebaute Haupt⸗Poſtſtraße durch⸗ 
führt. Die Häuſer (nur in einem Erdgeſchoß beſtehend, nett ge⸗ 
baut und den Sommer über mit grünen Jalouſien geziert) ſind 
meiſt hundert Schritte von einander gebaut, mit kleinen Vor⸗ 
und Hausgärten umgeben und fo der Länge nach mit gleichen 
hölzernen Gittern eingefangen. Engliſche Partien, Blumendeete 
und Obſtbäume bilden abwechſelnd den kleinen Vordergrund bei 
den Häuſern, hinter welchen dann ein größerer Obſt- und Gemu⸗ 
fegarten zch bei jedem Haufe anſchließt. In der Mitte des Outs, 
von Wien aus auf der linken Seite, befindet ſich die hübſche 


r 


Pfarrkirche mit dem daranſtoßenden Pfarrhofe, auf der⸗ 
felben Seite zu Anfang des Dorfes die große ſehenswerthe 
Schäferei, vorzüglich veredelter Schafe, von Herrn Bern⸗ 
bar) Petri, und über der Mitte an der rechten Seite ſteht 
das herrſchaftliche Schloß. Gegenwärtig bildet es eine 
ſchoͤne Hauptfronte von jonifchen Leſenen getragen mit einem zier⸗ 
lichen Thürmchen und einem hervorſtehenden linken Seitenfluͤgel, 
zu welchem wohl ouch bald einer rechts zugebaut werden dürfte, 
um die Regelmäßigkeit dieſes wirklich ſchönen Gebäudes zu voll⸗ 
enden. Vor dem Gebäude iſt eine wunderſchöner Blumengarten 
angelegt, und überhaupt, zeigt das Ganze Soliditaͤt und An⸗ 
muth. Alles was man in einem laͤndlichen Orte bedarf, iſt hier 
vorhanden, aber im beſten Stande; ſo iſt auch gar eine lebendi⸗ 
ge Schwemme für das Geflügel durch das vom Steinfelde herab⸗ 
fließende Bächlein, aus dem Bewaͤſſerungs⸗Canal angelegt, die 
ſehr reinlich gehalten iſt. 

Mit großer Bewunderung betritt der Wanderer das reizende 
Dorf Thereſienfeld, er findet durch die Thätigkeit der Be⸗ 
wohner ein Paradies auf der unfruchtbaren Ebene, ſchöne Obſt⸗ 
gärten, welche das ſchmackha fteſte Obſt und eben fo vortreffliche 
Gemuͤſe liefern, welche nach Wiener: Neuſtadt und Baden vers 
kauft werden. 

Gewiß wird ſich jeder Bewohner, jeder Durchreiſende beim 
Anblicke dieſes Dorfes an die große Kaiſerin Maria There⸗ 
fia mit beſonderem Dankgefühl erinnern, die in ihrer mütterli⸗ 
chen Weisheit und Sorgfalt auch hier Perlen ihres ſegensvollen 
Waltens ausſtreute, welche gute Früchte tragen und den hochver— 
dienten Ruhm dieſer hohen Herrin glänzend verbreiten! — 

Was die productive Kraft des Bodens betrifft, ſo beſteht 
ſolcher in oberflächiger 6 bis 8 Zoll tiefer fruchtbarer Erde. Die: 
fer kann daher als Ackerland nicht für mehrere Arten öconomiſcher 
Pflanzen geeignet ſeyn, denn die kalkige Erde des hieſigen Schot⸗ 
terbodens ſaugt das Waſſer ſogleich ein, ohne es verdünſten oder 
verſinken zu laſſen, daher gibt fie in trockenen Jahren ohne tüch⸗ 
tige Beihülfe der Bewäſſerung gar kein Erträgniß. Hiernach 


221 


eignen fi) am beſten zum Anbau: türkiſcher Weizen (auch Mais 
genannt und Kukuruz), Rocken, Heidekorn, Bohnen, Erdäpfel 
und Hafer, am meiſten aber gedeiht der türkifche Weizen, und 
macht einen großen Zweig des Wohlſtandes der hieſigen Bewoh⸗ 
ner aus, weil dieſe Körnerfrucht auch zugleich ein gutes Futter 
für die Hausthiere gibt. — Vor zwanzig Jahren etwa waren 
noch bei mehreren Häuſern bedeutende Weingärten, allein die ge⸗ 
ringe Viehzucht, und daher der Mangel an Dünger nöthigte den 
Landmann, die Reben auszuhauen und dafür den türfifhen Wei: 
zen zu bauen. Jene Beſitzer aber, welche die Burgunder⸗Rebe 
noch ausgeſetzt halten, erzeugen einen Wein, der nach dem Ur⸗ 
theile der Sachkenner an Feinheit des Geruchs und Geſchmacks 
dem ächten Burgunder⸗Weine ganz gleich kömmt. 

Der ganze hieſige Burgfrieden bildet ein Viereck von 2000 
Quadrat-Joch. — Wegen der Naͤhe der Gebirge und wegen der 
offenen Lage gegen Nordoſten iſt das Klima durch die immer vor⸗ 
herrſchenden Winde im Winter ſtrenge, im Sommer gemaͤßigt, 
aber in Hinſicht auf Geſundheit ganz vortrefflich. Auch gibt es 
bei jedem Hauſe in den Brunnen gutes Waſſer. . 

Durch die beſondere Begünftigung der Befreiung der The⸗ 
reſienfelder von Zehent und Robot auf ewige Zeiten wur⸗ 
den anfänglich mehrere Perfonen aus höheren Ständen, vorzüg⸗ 
lich penſionirte Offiziere veranlaßt, fi) hier anzukaufen und ſchö⸗ 
ne Gebaͤude und Gärten anzulegen, die man auch jetzt noch 
deutlich wahrnimmt. 

Nebſt der Sorgfalt fuͤr das Emporblähen des Orts, vergaß 
auch die huldvolle Kaiſerin die Kirche für Thereſienfeld 
nicht. Es wurde dazu der Grundſtein am 4. October 4767 ge: 
legt, worauf ſie auch ſchon im folgenden Jahre vollendet war, 
wie die Aufſchrift über der Kirchenthüre beweifet. 

Sie iſt in Form eines Kreuzes im neueren italieniſchen 
Style erbaut, einfach aber freundlich, und hat auf dem Ho ch⸗ 
altare das Bild des am Kreuze ſterbenden Heilaudes, in Bild: 
hauerarbeit, meiſterhaft dargeſtellt. — Außer dieſem beſtehen 
noch zwei Seitenaltäre, zur Ehre der heiligen Thereſia, 


222 


und zur Mutter Gottes. — An ſonſtigen Merkwuͤrdigkeiten 
findet ſich nichts vor. — Die Paramente find ſchöͤn und reich für 
eine Landkirche. — Das Patrocinium wird am Sonntage nach 
dem Kreuz⸗Erhöhungsfeſte gefeiert. Das Patronatsrecht haben“ 
Seine Majeſtaͤt der Kaiſer Leopold II. Sich und Ihren Nach⸗ 
folgern auf ewige Zeiten vorbehalten. 

Der Leichenhof befindet ſich gegenwärtig außerhalb des Dor⸗ 
fes verlegt. Nebſt Thereſienfeld gehort auch noch der neu 
erbaute Ort Felixdorf mit 25 Nummern, eine halbe Stunde ent⸗ 
fernt, hieher zur Pfarre. 

Ein Pfarrer und ein Cooperator verſehen den Gottes dienſt 
und die Seelſorge, welche von der bekannten Zungen bergi⸗ 
ſchen Stiftung erhalten werden, wovon der Pfarrer 600 
Gulden und der Cooperator jährlich 300 Gulden C. M. Gehalt 
beziehen. ö 

Der Ort Thereſienfeld hat den Namen von feiner 
Gründerin der Kaiſerin Maria Thereſia erhalten. Bis zum 
Jahre 1797 blieb der Ort ein Eigenthum des Monarchen, wur⸗ 
de aber in demſelben Jahre an Peter Baron von Braun 
verkauft. Dieſer übergab ſolchen 1808 feinem Sohne Carl Ba⸗ 
ron von Braun, welcher Thereſienfeld im Jahre 1817 
käuflich an Joſeph Graf von Pergen und dieſer im Jahre 
1821 an Joſeph Keppelhofer, Fabriks⸗Inhaber in Wiener⸗ 
Neuſtadt abtrat, welcher den Ort noch als eine ſel b ſt ſtändi ge 
Herrſchaft beſitzt, zu der ſonſt keine Ortſchaft gehört. 


a) Thernberg, 
ein Markt mit einem alten Schloße und zugleich eine Herrſchaft, 
im Gebirge unfern Bromberg gelegen, 4 3 Stunde von Wiener⸗ 
teuftadt entfernt, und 3 I Stunde von Neunkirchen „welches 
die nächſte Poſtſtation iſt. 

Im Markte befinden ſich die Pfarrkirche und Schule. Die 
erftere gehört in das Decanat Kirchberg am Wechſel, und das 
Patronat davon dem Stifte Reichersberg im Innviertel. Den 
Werbbezirk beſitzt das Lin. Inf. Regiment Nr. 49. 


223 


Das Landgericht wird von dem Wiener -Neuftädter Magi⸗ 
ſtrate verſehen. Grund⸗, Orts⸗ und Conſcriptionsobrigkeit iſt 
die Herrſchaft Thernberg. 

Der Markt zählt 31 Häufer, 46 Familien, 94 männliche, 
104 weibliche Perſonen, 39 Schulkinder, 6 Pferde, 10 Zugoch⸗ 
ſen, 46 Kühe, 36 Schafe, 7 Ziegen und 25 Schweine. 

Die hieſigen Einwohner ſind durchaus Handwerksleute, wel⸗ 


ce ſich des geringen Verdienſtes wegen auch noch durch Taglohn 


zu ernähren ſuchen müſſen. Blos einige beſitzen Grundſtücke, wor⸗ 
auf ſie Gerſte bauen. Von Profeſſioniſten ſind hier anſaͤßig: 

1 Tiſchler, 1 Zimmermeiſter, 3 Schuhmacher, 2 Müller, 
1 Weißgärber, 3 Schneider, 1 Schmied, 1 Bäcker, 1 Wirth, 
1 Fleiſchhauer, 1 Strumpfwirker, 1 Leinweber und 1 Wagner. 

Die Herrſchaft Thernberg ſelbſt beſitzt eine ſehr bedeu⸗ 
tende Wirthſchaft und ſchöne Wieſen, fie baut auch allein Win⸗ 
ter Weizen, und als Sommerfrucht Gerſte und Miſchling. 

Wenn man auf der Aſpangerſtraße, die über Krumbach und 
Kirchſchlag nach Güns führt, von Wiener-Neuſtadt aus, über 
Schwarzau und Seebenſtein bis Scheiblingkirchen gelangt iſt, 
ſo öffnet ſich ein Weg hier links nach dem nahen Thernberg. 
Der Markt davon liegt in einem Thale, welches von dem Schlat⸗ 
tenbache durchfloſſen wird, deſſen nahe Umgebungen die Ort⸗ 
ſchaften Bromberg, Grub, Thernberg (zerſtreute Häuſer-Ge⸗ 
meinde) und Weingarten bilden. Auf einem ſehr ſchlechten, zum 
Theil durch den Schlattenbach führenden Wege gelangt man hie⸗ 
her, jener von hier nach Bromberg iſt gut, doch die übrigen Com⸗ 
munications wege find ebenfalls ſehr ſchlecht. 7 

Der Markt, ſammt dem Berge und dem Schloſſe, durfte 
den Namen von einem kleinen, gleich rückwaͤrts dem Orte in der 
ſogenannten Hofau entſpringenden Bache, die »Thern« ge: 
nannt, erhalten haben. 

Der Markt Thernberg, ohne mit einer Mauer umgeben 
zu ſeyn, iſt zuſammenhängend erbaut und die Häuſer ſind durch⸗ 
aus mit Schindeldachungen verſehen. Es exiſtirt hier gutes Kli⸗ 
ma und Trinkwaſſer. Angelegte Straßen befinden ſich nicht da⸗ 


224 


ſelbſt, fondern bloß die nöthigen Verbindungswege mit den an⸗ 
dern Dörfern. 

Bemerkenswerthe Gegenſtaͤnde find die Pfarrkirche im 
Markte, das auf einem Berge, welcher den Ort beherrſcht, be⸗ 
ſindliche alte Schloß (zum Theil Ruine), ein an dasfelbe er⸗ 
bautes neues Schloß mit geſchmackvoll und prächtig eingerich⸗ 
teten Zimmern, dann der in der Ho fau ſtehende erſt vor eini⸗ 
gen Jahren ganz im gothiſchen Style erbaute herrſchaftliche 
Meierhof. 

Der Schlattenbach durchfließt, wie ſchon geſagt, das Thal 
und den Markt, und treibt eine Mah lmüͤhle mit einer Bre⸗ 
terfäge, auch der kleine Thern bach, der ſich in den vori⸗ 
gen mündet, treibt eine Mühle mit einem Gange. 

Es gibt hier viele Walder, doch iſt der Schloß wald der 
bedeutendſte. Die andern Berge werden nach den Rieden, in wel⸗ 
chen ſie liegen, benannt. Darin iſt die Jagd nicht unbedeutend 
und liefert eine anſehnliche Zahl Rehe und Haſen. In einem um 
das Bergſchloß angelegten herrſchaftlichen Thier garten wird 
Tannenwild gehegt. — Die hieſigen Einwohner halten ſehr we⸗ 
nig Vieh, deſto mehr und beſſer wird die Viehzucht von der 
Herrſchaft betrieben, welche, da ſie gleichwie die Unterthanen 
an Hutungen Mangel leidet, eine vortheilhafte Stallfuͤtterung 
eingeführt hat. 

Bevor wir zur Darſtellung des Schloſſes Thernberg, 
der übrigen Theile, der Geſchichte und zu den Beſitzern der Herr⸗ 
ſchaft übergehen, wollen wir, um alle Umriſſe fo viel als mög: 
lich klar zu geben, vorerſt die Pfarrkirche beſchreiben. 

Daß der Ort Thernberg ſammt der Peſte uralt iſt, läßt 
ſich gar nicht bezweifeln, wie wir bald ſehen werden, aber gleich 
dieſem iſt auch das Kirchlein hier von hohem Alter. 

Dieſe liegt öſtlich und zwar in der Mitte des Marktes und 
iſt der heiligen Maria Empfängniß geweiht. Die urſprüng⸗ 
liche alte Kirche iſt in neuerer Zeit um mehr als das Deppen er⸗ 
weitert worden. 

In einer bei der Pfarre noch vorhandenen Urkunde vom Jah⸗ 


225 
re 1227 wird dieſe Kirche als eine Capelle angegeben, die einen 
eigenen Geiſtlichen gehabt, der aber dem Pfarrer zu Bromberg 
untergeordnet war; berfelbe hat ſowohl im Schloſſe Ther n⸗ 
berg, als auch im Markte hier alle pfarrlichen Functionen ver⸗ 
richtet, welches der bis zum Jahre 1798 noch vorhandene Tauf⸗ 
ſtein, in welchem die Jahreszahl 1012 eingegraben war, außer 
allen Zweifel ſetzt. Ueberaus zu bedauern iſt, daß dieſer 800jaͤh⸗ 
rige Taufſtein wegkam. 

Das Innere des Gotteshauſes enthält nur einen einzigen 
Altar, naͤmlich den Hochaltar, ober welchem ein vortreffliches 
Oelgemaͤlde, von Ruß, gegenwärtigem Cuſtos im k. k. Belve⸗ 
dere in Wien, gemalt, angebracht iſt, welches Gott den 
Vater im Acte der Weltſchöͤpfung darſtellt. Dieſes Gemälde 
wurde von Seiner kaiſerlichen Hoheit dem Erzherzog Johann 
von Oeſterreich der Kirche zum Geſchenk gemacht. 

An den Seitenwänden der Kirche befinden ſich zwei Gra b⸗ 
ſteine von rothem Marmor aus dem XVI. Jahrhundert, von 
denen der eine links dem im Jahre 1566 verſtorbenen Ritter A ns 
dräs von Tanradl, der andere rechts dem im Jahre 1504 | 
verſtorbenen Freiherrn Chriſtoph von Tanradl geſetzt 
worden iſt, welche beide Beſitzer der were Thernberg 
waren. 
| Die Pfarrkirche befindet ſich in gutem Bauſtande und hat 

im Jahre 1798 durch das Stift Reichersberg, als Patron der⸗ 
ſelben, eine Haupt- Reparatur erhalten. Seit dem Jahre 1783 
iſt hier ein eigener Pfarrer von dem obigen Stifte angeſtellt wor⸗ 
den. — Der Leichenhof befindet fi) ſchon ſeit 40 Jahren au⸗ 
ßerhalb dem Morkte angelegt. 

Hieher gehören folgende Ortſchaften: der Markt Thern⸗ 
berg, die Orte Stang, Weingart, Reitersberg, Neuſtift, 
Außer⸗ und Innerſchildgraben, Ofenbach, Windhag, Eichbetg, 
Grub, Urbach und Kreit. Die meiſten dieſer Ortſchaften find 3 
bis 3 Stunden, Urbach 1 Stunde und Kreut $ Stunden von Thern⸗ 
berg entlegen. 

»Nach unſerer obigen Bemerkung führt die Sehe längs dem 


226 


kleinen Thernbache, den man an mancher Stelle zu durchfah⸗ 
ren hat, bis zum Markte. So unbedeutend dieß Baͤchlein im 
trockenen Sommer erſcheint, fo hat es doch ſchon oft, wenn im 
Fruͤhjahre der Schnee in den Bergen ſchmilzt, bedeutende ſtarke 
Verheerungen angerichtet. Bald erblickt man das Bergſchloß 
und den Markt Thernberg, den man durch eine ſchattige, 
im Jahre 1811 gepflanzte Pappel ⸗ Allee betritt, und deſſen lim: 
gegend als ein von bewaldeten Bergen umgrenzter Thalkeſſel, ein 
freundliches Anſehen bietet. Der Schloßberg in Suͤdoſten be⸗ 
herrſcht das Thal, und der alterthümliche Thurm, an dem faſt ein 
Jahrtauſend mit feinen Stürmen vorüberging , ſteht mit den 
dunklen Waldbergen in ernſtem Einklang. Der Markt Thern⸗ 
berg it weder groß noch geraͤuſchvoll; das liebliche Kirchlein 
aber mit dem Pfarrhofe und dem gegenuͤber ſtehenden Her⸗ 
renhauſe liegt in ländlicher Schmuckloſigkeit ganz freundlich 
als eine maleriſche Ausſchmückung in dieſem reizenden Thale. — 
Der Rückblick in das ſeit ſo langer Zeit abgewichene Alterthum 
fuͤhrt frohe und trübe Bilder dem Menſchen vor die Seele, wenn 
er die Vergangenheit bei Anſchauung dieſer ſo alten Burg in ern⸗ 
ſte Betrachtung zieht. 

Was alſo die Geſchichte dieſes denkwuͤrdigen Schloſſes und 
hat erforfchen laſſen, deſſen Ausbeute leider karg ausfiel, werden 
wir unſern verehrten Leſern hier mittheilen. 

Das Entſtehen des Schloſſes Thernberg — vor Zeiten 
Dörnberg, Dereperg und Terperg — kann in die erſte 
Zeit der Cultur unſeres Vaterlandes geſetzt werden. 

Wahrſcheinlich gegen die verheerenden Einfälle der damaligen 
noch gar keine Cultur kennenden, raub- und kriegſüchtigen Ungern 
als eine Grenzwehre erbaut, erſcheint daſelbſt ſchon früh ein ade⸗ 
liches Geſchlecht, das ohne Zweifel von dieſer Veſte den Namen 
führte. Der Erſte dieſes mächtigen Dynaſtengeſchlechtes der Thern— 
berge, kömmt ſchon in jenen inhaltsreichen Tagen vor, in wel⸗ 
chen des großen Carls Macht in der Oſtmark die bis dahin 
furchtbar gekannten Avaren zähmte, und welchen im Jahre 848 
Anonymus Frisigensis in ſeinem Manuſcripte, welches in 


227 


der k. k. Hofbibliothek verwahrt wird, erwähnt. Durch vierhundert 
Jahre ſcheint dieſes Geſchlecht gebluͤht zu haben, aber die Ge⸗ 
ſchichtsſchreiber bewahren uns leider gar nichts von den Thaten 
der Glieder desſelben; ihr Leben wie ihr Wirken iſt ſpurlos im 
Wechſel der Zeiten verklungen, nur einzelne Urkunden nennen 
uns ihre Namen, niemand kennt genau die Statten, wo fie ru: 
hen, und kaum daß die halbverſunkenen Trummer uns noch die 
Stelle weiſen, wo ſie lebten und wirkten. 

Unter dem Schutze dieſer angeſehenen Beſitzer mochte ſich 
wohl bald am Fuße des Bergſchloſſes eine Gemeinde geſammelt 
haben, die zum erſten Male Grund und Boden der hieſigen Ge⸗ 
gend bebaute, den heutigen Markt hewölkerte und die nahen Ur: 
wälder lichtete. Wie früh ſchon dieſe hier beſtanden habe, und 
wie alt die Veſte Thernberg ſeyn mag, beweiſt, daß im Jah⸗ 
re 1012 hier ſchon ein Kirchlein ſtand, welches z der gegenwär⸗ 
tigen Pfarrkirche vergrößert wurde. 

Schwer iſt es übrigens, die Glieder der Thernberge, die 
hierher gehören, von denjenigen auszuſcheiden, die in Steiermark 
aus einer andern Familie entſproßen. So werden in dem Werke 
monumenta Boica haufig Herren von Dornperch oder 
Dornberg genannt, die aber auf unſere Thernberge keinen 
Bezug haben koͤnnen, ſondern vielmehr zum Schloſſe Doͤrn⸗ 
berg, bei Mühldorf in Steiermark gelegen, gehören dürften. 

„Die näheren Bezug auf das Thernberg hier haben und 
ſonder Zweifel Beſitzer davon waren, ſind die nachfolgenden Glie⸗ 
der, die in zerſtreuten Urkunden meiſt als Zeugen geleſen werden: 
Emerich von Terenberch iſt in der Stiftungs = Urkunde des 
Kloſters Garſten durch den ſteieriſchen Markgrafen Otto k ar im 
Jahre 1108 als Zeuge unterfertigt (Prevenhuber in Castro 
stirensi pag. 364). Dur ich oder Durwich von Thernberg 
— vielleicht Emerichs Sohn — iſt ebenfalls in einem Stifts⸗ 
briefe des Kloſters Garſten 1150 aufgeführt. Eberhard von 
Thernberg wird aus zwei Documenten des Kloſters Admont 
(bei Bernhard Petz) in den Jahren 1176 und 1190 bekannt. 
Sein Sohn war Düringus Eques de Ternber ch. Von 


45 * - 


228 5 
dieſem erwähnt Hanthaler in recens. genealog. T. II. p. 279. 
einer von ihm begangenen raſchen That, die ihn wohl manche 
Stunde ſeines Lebens gequaͤlt haben mochte. Naͤmlich zur Zeit 
des Abtes Had mar von Garſten (im Jahre 1206) ſoll er mit 
ſeinen Widerſachern einſt in ſo heftigen Streit gekommen ſeyn, 
daß er in aufwallender Hitze im Friedhofe der Kirche zu Garſten 
Einige ſeiner Gegner tödete. Das qualvolle Andenken an dieſe 
übereilte Blutthat ſchien ihm durch einige Jahre die Ruhe ſeiner 
Seele zu verkümmern. Zu fühnen dieſe Mordthat und die verletzte 
Heiligkeit des Kirchenaſyls, ging er zuerſt pilgernd nach Rom, 
und ſpaͤter (1217) nahm er mit Herzog Leopold VII., dem 
Glorreichen, das Kreuz und zog nach Palaͤſtina. Weiter ers 
ſcheinen in einer Urkunde vom Jahre 1300 Gundacker J., 
Ulrich und Niclas von Terenberch als Zeugen (Aust. ex 
Arch. Mellic. illustr.), aller Wahrſcheinlichkeit nach drei 
Brüder, Dem Niclas — »Nycl von Teren ber che — wurde 
von den Herzogen Heinrich und Otto im Jahre 1324 auf: 
getragen, die Neuſtädter gegen fremde Gewalt und Irrungen we⸗ 
gen des Cherbachs (Kehrbach), der durch die Stadt fließt, zu ſchuͤ⸗ 
Ben (Böheims Chronik von Wiener-Neuſtadt I. 86). Es iſt 
unbekannt wann obiger verſtarb, doch ſpricht alle Vermuthung 
dafür, daß er aus feiner Familie der letzte Beſitzer Thernbergs 
war, worauf das Schloß an den öſterreichiſchen Landesfürſten 
kam. Indeſſen war mit ihm das Geſchlecht der Herren von. 
Thernberg noch keineswegs ausgeſtorben, denn er hatte einen 
Sohn, den Gundacker II. von Thernberg, welcher Pfarrer 
in Kirchberg war, und noch 1349 lebte. Die Schweſtern Adel: 
heid und Kunigunde, die im Jahre 1300 ſtarben und im 
Stifte Heiligenkreuz begraben wurden (ſiehe Com. de Wurm- 
brand Collect. gen. hist. p. 13.), ſcheinen die letzten weibli⸗ 
chen Sproſſen dieſes alten Geſchlechtes geweſen zu ſeyn. Der 
obengenannte Gundacker, die klöſterliche Ruhe dem Geräufche 
der Waffen ſeiner ſturmbewegten Zeit vorziehend, machte dem 
Kloſter Lilienfeld einige Schenkungen. Im Jahre 1348 am St. 
Pankraztage verſchrieb er dahin einen Weingarten (Hegenlo ge⸗ 


229 
nannt) zu Phaphstetten (Pfaffſtetten bei Baden) mit dem Vor⸗ 
behalte, daß an ſeinem Grabe jährlich ein Eimer Wein den Ar⸗ 
men gegeben werde. Nach dem Tode ſeines Vaters Niclas — der 
alfo um das Jahr 1348 geſtorben ſeyn dürfte — ſicherte er den 
Lilienfeldern ein jährliches Einkommen von zehn Pfunden. Sein 
Leichnam wurde zu Lilienfeld beerdiget, allwo auch ſein Grab⸗ 


ſtein, jedoch ohne beſtimmte Angabe ſeines Sterbjahres, vor⸗ 


handen iſt. 

Nach dieſem iſt das Geſchlecht der Thernberge um das 
Jahr 1350 gaͤnzlich erloſchen. 

Schon im Jahre 1254 war der Strich Landes, in welchem 
das Schloß Thernberg lag, nebſt vielen andern Schlöſſern und 
Burgen durch die Ländertheilung zwiſchen dem Ungernkönig Bes 
la IV. und Ottokar II. von Böhmen, an Oeſterreich gekommen. 

Wir werden nun die weitern Beſitzer von Thernberg in 
chronologiſcher Ordnung aufführen, fo wie fie im n. ö. ſtaͤndi⸗ 
ſchen Gültenbuche angeſchrieben ſtehen. 

Als ein Eigenthum der öͤſterreichiſchen Regenten, ward 
Thernberg dem Reinprecht von Walſee lehenweiſe ein: 
geräumt, worauf dann nach deſſen Abſterben im Jahre 1422 
Herzog Albrecht dem Sohne des Vorigen, Reimprecht IV. 
von Walſee, dieſe Herrſchaft zu Lehen gab. Von dieſem kam 
ſolche 1478 an Johann von der Dürr oder Dürre (La- 


cius de Migrat. gentium libr. VI.), welcher dieſelbe ſeinem 


Sohne dem Ritter Jacob von der Dürr hinterließ (unge⸗ 
fähr in dem Jahre 1532). 

Nach dem oben angeführten ſtändiſchen Gültenbuche erkaufte 
Andreas Tanradl im Jahre 1542 die Beſitzung Ther n⸗ 
berg, welcher als ein eifriger Verfechter des Lutheranismus, 
eigentlich aber auch nur als ein Häuptling der aufrühreriſchen 
Secte in Oeſterreich, dem wohl wie ſeinen Genoſſen die prote⸗ 
ſtantiſche Lehre am wenigſten am Herzen gelegen zu ſeyn ſcheint, 
bekannt iſt, aus welcher Familie nach 80 Jahren unter denſelben 
Tauf⸗ und Zunamen ein feinem Ahn wuͤrdiger Sprößling ſich an 
der Perſon Kaiſer Ferdinands II. wegen der proteſtantiſchen 


) 


250 


Religionsfache freventlich verging. Chriſtoph Balthaſar 
Tanradl erbte im Jahre 1599 die Güter von feinem Vater, 
dem Vorigen, Andreas. Von dieſen beiden ſind die Leichen⸗ 
ſteine in der Pfarrkirche zu Thernberg noch vorhanden. Zwi⸗ 
ſchen Andreas und Chriſtoph Tanradl fol auch ein 
Wolfgang Tanradl Beſitzer von Thernberg geweſen 
ſeyn, dieß beſagt eine Inſchrift beim Eingangspförtlein des 
Schloſſes vom Jahre 1570; im ſtändiſchen Guͤltenbuche kömmt 
dieſer Name nach dem Andreas aber nicht vor, und ſomit 
war er geſetzlich Tandftändifch nicht eingetragen. Die Güter, wor⸗ 
unter auch Thernberg war, ſollen dem Chriſtoph Bal⸗ 
thaſar Tanradl confiscirt worden ſeyn, doch weiſen einige 
in der Amtskanzlei zu Thernberg aufbewahrte Reſtitutionsac⸗ 
ten darauf hin, daß einige Jahre fpäter Tanradls Witwe 
Sidoni'a Eliſabetha in den Beſitz von Thernberg wies 
der eingeſetzt worden iſt. 

Die Witwe mag das Schloß und die Herrſchaft Thern⸗ 
berg noch lange beſeſſen haben, denn erſt im Jahre 1679 ver⸗ 
kaufte ſie ſolche an Paul von Pleyern. — Aus dieſer Zeit 
haben wir eine Abbildung des Schloſſes von dem bekannten To⸗ 
pographen Matthäus Fiſcher vor uns, die deutlich zeigt, 
daß das ſelbe in vollkommen gutem Zuſtande ſich befunden habe. 
Sein hohes Alter geht aus dem Vauſtyle deutlich hervor. Auf 
ſchroffen Felſen von einer Seite hatte es einige unanſehnliche nur 
mit einem Stockwerk verſehene Gebaͤude, hinter welchen, eine 
andere Seitenfronte bildend, ein nicht gar hoher ſehr maſſiver. 
und zunächſt demſelben ein ungeheuer hoher und ſtarker Thurm, 
zu welchem ein Schutzaufgang, der mit einem andern kleinen 
viereckigen Thurm wieder in Verbindung ſtand, fuͤhrte. Von dem 
Mittelgebäude bis zu dem letzt beſagten Thurme zog ſich eine 
Mauer hin. Dieſe ſo wie die Thürme alle, waren zur guten 
Vertheidigung, beſonders die zwei größeren eingerichtet, welche 
die Stelle einer Warte vertraten, daher waren ſie ohne Dach, 
hatten ſtarke ſteinerne Bruſtwehren und Schießſcharten, gleich⸗ 
wie ſelbſt der Schutzaufgang und die äußere Mauer. 


231 


Nicht bald ift uns ein Bergſchloß dieſer Art vorgekommen, 
welches eine ſo reine uralte Bauart wie dieſes enthalten hätte, 
an der noch gar keine Neuerung ſichtbar wurde, und welche den 
Bauſtyl des X. oder XI. Jahrhunderts an ſich traͤgt; auch an 
den Trümmern und dem Karken Thurme zeigen ſich dieſe Kenn⸗ 
zeichen dem, der die alte Baukunſt kennt, deutlich. 

Von dem obigen Paul von Pleuern uͤberkam feine 
Gattin Maria Saloma die Herrſchaft im Jahre 1699, 
welche ſie 1707 durch Kauf an Wilhelm Grafen von Wurm⸗ 
brand überließ; dieſem folgte im Jahre 1712 Franz Wild⸗ 
reich pon Menßhengen; im Jahre 1724 deſſen Sohn 
Franz Chriſtoph' Maria Edler von Menßhengen; 
im Jahre 1779 deſſen Sohn Ignaz, welcher Thernberg im 
Jahre 1791 an Joſeph Graf von Pergen käuflich übertrug. 
»Unter Franz von Menßhengen, welcher der großen Kai⸗ 
ſerin Maria Thereſia ausgezeichneter Staatsrath war, er⸗ 
hielt Thernberg den neuen Zubau im Schloſſe, der noch 
heut zu Tag den bewohnbaren Theil desſelben ausmacht. Men ß⸗ 
hengen hatte das alte Schloß nicht mehr bewohnen können, 
denn es lag in Truͤmmern, daher bewohnte er im Markte das 
noch jetzt vorhandene Herrſchaftshaus, welches bis auf unſere 
Zeiten den Namen »Hofhause führt. Die Kaiſerin Maria 
Thereſia ließ demſelben den neueren Theil des Schloſſes wie⸗ 
der aufbauen, und wie die Sage geht, ohne daß Menßhengen 
etwas davon wußte. Graf von Pergen übergab es auf dieſelbe 
Weiſe 1793 an Joſeph Cajetan Schröck, dieſer im 
Jahre 1798 an Joſeph Vogel, der die Herrſchaft an den 
Griechen Johann Conſtantin Wlaſto in demſelben Jahre 
abtrat. 

Der ſchnelle Wechſel der verſchiedenen Beſi itzer ſcheint uns 
mehr ſpeculative Abſicht bei dem damals immer ſteigenden Wer⸗ 
the der Realitäten, als Rückſicht für Alterthum und Schönheit 
geweſen zu ſeyn. 

Seine kaiſerliche Hoheit der Erzherzog Jo ba ann erkauften 
am 15. Februar 1807 die Herrſchaft und Veſte Ther n⸗ 


232 


berg. Nun ging der Stern für diefe Gegend auf. Thern⸗ 
berg wurde in jeder Beziehung neu geſchaffen. Das Schloß 
wurde wieder völlig hergeſtellt. Kunſtwerke aller Art zierten die 
Gemächer; im Fache der Hiſtorien⸗ und Landſchaftsmalerei 
ſchmuͤckten fie treffliche Orginale aus der Alpenwelt Tirols, 
Salzburgs und den Gebirgsgegenden von Steiermark, Oeſter⸗ 
reich und Illirien, von den Künftlern Jo ſeph Knipp, Gau⸗ 
ermann (d. alt.), Reuch, Schlotterbeck, Peter und 
Carl Ruß. Eine gewählte Bücherſammlung, ein chemiſches 
Laboratorium, Herbarien ꝛc. ꝛc. befanden fi ebenda. Der alte 
rieſenhafte Thurm wurde mit einer Stiege verſehen, und durch 
eiu Dach vor der Zerftörung durch Elementar⸗ Einwirkungen ges 
ſchuͤtzt. Ein neuer Fahrweg ward in fanften Windungen um den 
Berg gebahnt. In einem reizenden Thale wurde die ſogenannte 
»Hofau« in einen herrlichen Park umgeſchaffen; die Straße 
von Scheiblingkirchen erhielt eine Verbeſſerung und die Bepflan⸗ 
zung mit einer ſchönen Pappelallee, auf dem Stang ward eine 
große Schäferei errichtet und auf einer Wieſe die Schießſtätte 
gebaut — kurz Alles athmete den hohen Sinn ſeines Schöpfers, 
uud die ganze Gegend beſeelte reges Leben und Treiben. Umgeben 
von den Freunden ſeiner Wahl, wandelnd in gleicher Tracht mit 
feinen ihn verehrenden Untherthanen, feierte der hohe Gönner 
der Kunſt und des Wiſſens hier im ruhigen Schooße der Natur 
manch’ ländliches Feſt. Häufige Freiſchießen wurden gegeben und 
krachend durchknallten die Buͤchſen das Thal und weckten das 
Echo der Berge. Mandy’ ausgeſetzte reiche Prämie erfreute den 
Wackerſten der Schützen! — Im Jahre 1811 begluͤckte Thernberg 
die höchſte Anweſeuheit JJ. MM. des Kaiſers und der 
höchſtſeligen Ka iſerin Maria Ludovica nebſt der kai⸗ 
ſerlichen Familie. | 

Seit 1818, wo Seine kaiſerliche Hoheit ben herr⸗ 
lichen Brandhof am Seeberge in Steiermark erkauften, war 
Thernberg in der Gunſt geſunken; zudem verwuͤſteten die 
wild ausgetretenen Fluthen der Bäche die liebliche Hofau, und 
uͤberſchwemmten den ganzen Markt; 1821 äfcherte eine furchtbare 


233 


Feuersbrunſt einen großen Theil des Marktes ein; 4895 waren 
Seine kaiſerliche Hoheit das letzte Mal in Thern⸗ 
berg. — Da brachte endlich (in Folge Kaufbriefs vom 5. Juli 
1828) der regierende Fürſt Jo hann von und zu Lichtenſtein 
die Herrſchaft käuflich an ſich und vereinte dieſe Beſizung mit 
ſeinem benachbarten Seebenſtein. — Die herrlichen kunſtvollen 
Gemälde verſchwanden; das Dach des Thurmes wurde abgebro⸗ 
chen; eine Seite des im Vierecke gebauten Schloſſes, mit 

8 ſchadloſen Zimmern niedergeriſſen, um beim Eintritte ins Schloß 
die Ausſicht auf einen Felſen zu haben — 

Dagegen wurde die Hofau wieder zu einem lieblichen Park 
berrgeftellt und mit einem Teiche belebt; die ehemalige Eſſigſie⸗ 
derei des verſtorbenen Doctor Jaßnügger in eine Meierei vers 
wandelt und fo manches zur Verſchoͤnerung dieſer reizenden Ges 
gend gethan. Verbindungs pfade, nach der Lieblingsidee des Für⸗ 
ſten, wie im Brühl, führen von Seebenſtein nach Thernberg 
durch wechſelnde Waldpartien. Aber ſchon im Beginne dieſer 
Neuerungen begegneten die Elemente dem Schaffen der Mens 
ſchenhaͤnde feindſelig. Im Jahre 1831 zerriſſen die angeſchwell⸗ 
ten Gewäſſer die koſtſpielige Verdaͤmmung des Teiches in der 
Hofau und zernichteten ſo die eben werdenden Anlagen, deren 
Vollendung einer hoffnungsvollen Zukunft entgegen ſieht. 

Dieß wären denn die Schickſale Thernbergs, fo ferne 
ſie aus guten Quellen geſchoͤpft werden konnten; aber der Ruͤck⸗ 
blick iſt es nicht allein, der an dieſen Ort ſo reiches Intereſſe 
knüpft; ſeine ungemein freundliche Lage in einem Kranze der 
ſchönſten Gegenden, deren Glanzpunkte das; ſehenswerthe Fei⸗ 
ſtritz, Seebenſtein, Thomasberg, Stickelberg, 
Hochwolkersdorf, Steyersberg, Krumbach, Kirch⸗ 
ſchlag, Bromberg, Schwarzenbach, die Roſalien⸗ 
Capelle und von da nach Forchtenſtein u. ſ. w. machen 
Thernberg zum Mittelpunkte genußreicher Wanderungen, die 
leicht mit größeren Ausflügen, wie in das ſchweizeriſche Prei⸗ 
nert hal und auf die Raralpe, in den romantiſchen Adli z⸗ 
graben, der mit aller Schönheit der Alpennatur in ſchmuckem 


234 


Wechſel prangt: in das pittoreske Höllenthal, den Naß⸗ 
wald, Schneeberg ꝛc. ꝛc, in Verbindung geſetzt werden 
können, deren Reiz nicht leicht durch etwas noch großartigeres in 
der ländlichen Natur überboten werden dürfte. N 

Bevor wir zur kurzen Beſchreibung der ganzen Herrſchaft 
ſchreiten, wollen wir dem Markte und vorzuͤglich dem Schloſſe 
einige Blicke ſchenken. 

In Markte Thernberg iſt vor Allem das einfache 8 irch⸗ 
lein der Beſichtigung wohl werth. Der Kirche gerade gegen⸗ 
über liegt das herrſchaftliche Amthaus, das ſogenannte 
Hofhaus, mit der Amtskanzlei und der Wohnung des Ver⸗ 
walters. Das lebensgroße Oelgemaͤlde, den berüchtigten Ans 
dreas Tanradl vorſtellend, wird jedem gebildeten Reiſenden 
gern gezeigt. An dieſes Hofhaus ſchließt ſich der weitläuftige 
Garten an, ebenfalls eine Schöpfung des vorletzten erhabenen 
Beſitzers. Seine größte Zierde, die botaniſche Anlage mit einer 
großen Anzahl öſterreichiſcher und ſteieriſcher Pflanzen, größten⸗ 
theils von Seiner kaiſerlichen Hoheit ſelbſt geſammelt, 
wo manche Subalpine blühte, verſchwand mit dem letzten Beſi⸗ 
Beswechfel ; die pomologiſche Schule ward in öffentlichen Blät⸗ 
tern ruͤhmend beſprochen. Die ſchönen Glas haͤuſer, ein Raub der 
Flammen (im Jahre 1822, wobei jedoch glücklicher Weiſe das 
Herrenhans verſchont blieb), wurden nicht wieder aufgebaut. 

Im Südoft vom Markte erhebt ſich der Schloßberg. Zwei 
bequeme Wege führen hinan. Der alte Weg, nur für Fußgeher, 
führt in gerader Richtung aufwärts und leitet an einer ſteileren 
Stelle über eine alte Steinſtiege. Auf dieſem Wege erreicht man 
das Schloß durch ein kleines Pfoͤrtchen mit der bereits ſchon 
vorne erwähnten Aufſchrift von Wolfgang Tanradl. — 
Der neue Fahrweg wurde erſt durch Seine kaiſerliche Hoheit den 
Erzherzog Johann angelegt; er führt in mehreren Krümmun⸗ 
gen bequem hinan zu einem größeren Einfahrtsthore, durch wel⸗ 
ches man in den Vorraum des Schloſſes gelangt. Die Ausſicht 
von dieſem freien Raume iſt wirklich überraſchend ſchöͤn. Vor dem 
Schloſſe iſt ein kleiner Obſtgarten auf einem Vorhange des Ber⸗ 


| 235 
ges, der im Vierecke künſtlich angelegt wurde. Das Wohnge⸗ 
bäude, (durch Maria Thereſia gebaut) hat ein Stockwerk 
über dem Erdgeſchoſſe; es war regelmäßig und geräumig gebaut, 
und ſchloß · in Quadratform mit dem großen Saale 22 regelmäßige , 
hohe Gemaͤcher in ſich, bevor in neueſter Zeit eine ganze Seite 
des Gebäudes zur Verſchönerung — ! — abgebrochen wurde, wo⸗ 
durch 8 Zimmer verſchwanden. Auf einer ſchönen Stiege betritt 
man die Stockwerke. So gelangt man in den großen Saal, dem 
eine ſeltene Zierde von Oelgemälden aus dem Leben der großen 
kaiſerlichen Ahnen: Rudolphs von Habsburg, Kaiſer 
Maximilian J. u. ſ. w., von Ruß und Peter gemalt; 
vorbehalten war. An den Saal reihet ſich zu beiden Seiten eine 
gefällige lichte Zimmerreihe; fie find gegenwärtig einfach meublirt 
und mit einigen guten Bildern geziert, unter denen jenes, den 
ſträflichen Augenblick darſtellend, wie der freche Tanradl den hart 
bedrängten Kaiſer Ferdinand II. bei den Knöpfen des Wam⸗ 
ſes anfaſſend, ſeinem kaiſerlichen Herrn eine Schrift zum Unter⸗ 
ſchreiben aufdringt, hier an paſſender Stelle iſt. — Die einfar 
che ſchöͤne Hauscapelle, 1813 von Ruß gemalt, iſt dem heil. 
Johann Baptiſt geweiht. Die Decorirung davon iſt wirklich 
herrlich und im ſtrengſten Sinne erhaben; auch ſind darin ſchöne 
Oratorien angebracht. 

Wir haben uns aufs höchſte von der ausgebreiteten, wahr⸗ 
haft großartigen Ausſicht aus den Fenſtern des Schloſſes über: 
raſcht gefunden. Da breitet ſich in laͤndlicher Stille zu den Füßen 
des Schloßberges der friedliche Markt aus, und Hügel und Ver: 
ge ſteigen hinan im Wechſel von ſanftem Grün bis zum waldigen 
dunklen Ernſte. Der eiſige Schneeberg uͤberragt als Fuͤrſt ein 
Meer von Berggipfeln in ſonderbaren Geſtalten. Es war am 
Abend eines heitern Sommertages, wo wir, ungeachtet der Er⸗ 
müdung durch Forſchen und Bereiſen über hohe Berge, Stein⸗ 
klippen und Thäler von fruͤheſten Morgen an, dennoch eifrigft 
bemüht, Alles zu beſchauen und zu unter ſuchen, was zur gruͤnd⸗ 
lichen Darſtellung Thernbergs erforderlich war, unſere Bli⸗ 
cke nach jenen romautiſchen Berggegenden. richteten; ſchon ſank 


230 


die Strahlengluth der untertauchenden Sonne und nar hie und 
da, an den höchſten Spitzen der Berge haftete noch der glühende 
Goldſchimmer, dazwiſchen die ernſten Häupter niederer Gebirge, 
ein dunkles Naturgebilde ſchaffend; da ertönte das Abendglöcklein 
vom nahen Thurme zum Gebete, und der Landmann, vom Felde 
in fein ſtilles Häuschen heimkehrend, zog demuths voll feinen Hut, 
um mit freiem Haupte noch einmal einen ehrfurchtsvollen danken⸗ 
den Blick dem Himmel zuzuſenden, hinter welchem die Heerden 
in buntem Gemiſch von den Wieſen in ihre Ställe zogen. Welch 
ein reiches Bild, mächtig , die Fantaſie aufs hoͤchſte zu reizen, 
wenn ſich in ſolchen Augenblicken die Natur in feenartigem Zau⸗ 
ber uns aufſchließt! — 

Von dem alten Schloſſe Thernberg, durch beinahe 400 
Jahre zum Theil in Trümmern, iſt gegenwärtig wenig mehr 
vorhanden, aber dieß wenige reicht hin, die ehemalige Größe 
und Tüchtigkeit zu beurkunden. Der alte weit aus ſchauende 
Thurm, an dem nun ſchon Stürme mehr denn 700 Jahre wit⸗ 
ternd vorüberzogen, trotzt noch in unerſchuͤtterlicher Kraft den 
fonft alles zerftörenden Elementen auf feinen Felſen, mit welchem 
er kühn verbunden ein Ganzes bildet. Den Thurm ſelbſt beſteigt 
man auf 79 ſichern Stufen und genießt von ſeinen Zinnen, na⸗ 
tuͤrlich in noch größerer Ausdehnung und unbeſchraͤnkterer Fülle 
als aus den Fenſtern des Schloſſes, die Ueberſicht über das gan⸗ 
ze Panorama. Auf dem Felſen zieht ſich die alte Ringmauer vom 
Rieſenthurme, an einer kleineren Warte vorüber, gegen das neue 
Einfahrtsthor abwärts. Auf der andern Seite des Thurmes find 
noch einige Mauern von dem urſprünglichen Schloſſe. Dieſe 
Mauern, ſo wie der Thurm, ſtanden früher durch hölzerne Stie⸗ 
gen und Gallerien in Verbindung. Seit ungefähr einem Jahr⸗ 
zehend waren fie ohne Gefahr nicht mehr zu betreten, gegenwärs 
tig aber ſind ſie durchaus unzugängig. Die bekannte Vorliebe zur 
Verbeſſerung alter Burgen, läßt jedoch von dem gegenwärtigen 
edlen Beſitzer erwarten, daß er auch dieſe intereſſanten Punkte 
wieder auf eine bequeme Art zugaͤngig mache. . 

Noch findet der Botaniker außerhalb der Mauer des er⸗ 


237 


waͤhnten Obſtgartens vor dem Schloſſe eine Merkwürbigfeit 
an einer Tuja orientalis, die hier im Freien waͤchſt, und zu ei⸗ 
'ner Höhe von 50 Fuß und einer Dicke von 18 Zoll heranwuchs, 
während die bekannten Stämme von hundertjaͤhrigem Alter in 
Zreibhäufern kaum eine Dicke von 4 Zoll erreichen, und dieſer 
Baum nur in Syrien allein heimiſch iſt. Man vermuthet, daß 
dieſe Bäume zu Zeiten der Kreuzzüge von einem aus dem Orien⸗ 
te Heimgekehrten zum Gedaͤchtniſſe hieher gepflanzt wurden, und 
wenn man ſich erinnert, daß im Jahre 1217 ein Thernberg 
wirklich ins gelobte Land zog, ſo ſcheint die Hypotheſe kaum zu 
gewagt, daß jener Düring, wenn auch nicht eben die vorhan⸗ 
denen Bäume, doch wenigſtens die Urſproſſen mitgebracht und 
hier gepflanzt habe. Es waren zwei dieſer Baͤume, ein Haupt⸗ 
ſtamm davon aber verdorrte vor einigen Jahren, von deſſen aus⸗ 
geſuchtem Holze ſich Seine kaiſerliche Hoheit ſchöns 
Meubels verfertigen ließen. 

Auch wäre zu Thernberg ein Steinkohlenlager 
vorhanden. Der buͤrgerliche Seidenzeug⸗ und Sammetfabrikant 
zu Wiener⸗Neuſtadt Chriſtoph And rä ſuchte im Jahre 1800 
um die Erlanbniß an, zu Thernberg auf Steinkohlen bauen 
zu dürfen, da aber Thernberg im Privilegialbezirke der Wie⸗ 
ner Canal⸗Baugeſellſchaft lag, welche das ausſchließende Recht be: 
ſitzt, von Wien bis Schottwien, längs der Poſtſtraße auf vier 
Meilen, Steinkohlen ſchuͤrfen zu dürfen, fo wurde fein Geſuch 
abgewieſen. 

Die ganze 5 errſchaft Spernberg aubelangend, ſo 
enthält ſolche 156 Haͤuſer, 200 Familien, 591 männliche, 646 
weibliche Perſonen; 13 Pferde, 278 Zugochſen, 2609 Kühe, 
871 Schafe, 49 Ziegen, 180 Schweine; 1060 Joch herrſchaft⸗ 
liche, 2079 Joch Privat⸗Wälder, 790 Joch Wieſengründe, 2211 
Joch Ackerland und 1 Joch Teiche. 

Die Lage der ganzen Herrſchaft iſt oſtſuͤdlich, zwiſchen und 
auf Bergen theilweiſe mit Felſen, und grenzt an das Gebiet 
Seebenſtein, Hochwolkersdorf und Stickelberg. | 


N 


Das Klima iſt etwas rauh wegen der vielen dieſelbe umge: 
benden Berge, aber ſo wie das Waſſer gut. 

Es werden von den Einwohnern Korn, Hafer und Flachs 
auf mittelmäßig guten Gründen gebaut, auch Obſt gewonnen; 
groͤßtentheils beſchäftigen fie ſich aber mit Erzeugung von Schin⸗ 
deln und Weinſtecken, und treiben einen Handel mit Bau⸗ und 
Dreunbolz. Sie haben Viehzucht, die jedoch keinen vorzuͤglich 
cultivirten Wirth ſchafts zweig ausmacht, blos die, welche von der 
Herrſchaft ſelbſt getrieben wird, verdient eine Ausnahme, und 
genießt die Stallfuͤtterung. 

Außer den nöthigen Verbindungswegen führen durch den 
dieß herrſchaftlichen Bezirk keine angelegten Straßen; eben ſo be⸗ 
ſtehen keine Mauthen. 

Sowohl durch die zerſtreut liegende Gemeinde Thernberg, 
als auch durch den Markt Thernberg, fließt der Schlatten⸗ 
bach, welcher im herrſchaftlichen Bezirke an zwei Mühlen 5 
Mahl⸗ und 2 Saäͤgegaͤnge treibt. Die Fiſcherei, in Forellenfang 
beſtehend, iſt ganz unbedeutend und wie die Jagdbarkeit herr⸗ 
ſchaftlich, es wird ziemlich viel Reh, ſeltner aber Hochwild ein⸗ 
gebracht. Berge und Wälder gibt es viele, doch ohne eigene 
Benennung. 

Fabriken beſtehen keine, auch wird kein bemerkenswerther 
Handel getrieben, und es ſind keine Privilegien zur Abhaltung 
von Markten ꝛc. ꝛc. vorhanden. 

Die vorzuͤglichen Beſtandtheile der Herſchaft haben wir be⸗ 
reits beim Markte Thernberg berührt, und bemerken nur noch, 
daß die ganze Herrſchaft aus dem Markte Thernberg, aus 
der zerſtreuten Gemeinde Thernberg, und den Dörfern 
Stang, Weingart, Außer: und Innerſchildgra⸗ 
ben, Offenbachgraben, Eichberg, Kreit, Urbach, 
Natſchberg, Schlag und Kling furth beſteht. 


b) Thernberg. | 
Eine zerftreute Gemeinde von 53 Käufern, unfern dem obi⸗ 
gen Markte gelegen, mit der nächften Poſtſtation Neunkirchen. 


| 239 

Dieſer Ort gehört zum Theil zur Kirche und Schule nach 
Bromberg und zum Theil nach Thernberg. Der Werbkreis iſt 
dem Lin. Inf. Regiment Nr. 49 zugewieſen. Die Stelle eines 
Landgerichts vertritt der Wiener-Neuſtädter Magiſtrat. 

Es gibt pie mehrere Grundherrſchaften, welche behauſte 
Unterthanen beſitzen, davon ſind verzeichnet: die Herrſchaft 
Thernberg, Seebenſtein, Hochwolkersdorf, Kranichberg, 
Frohsdorf, Krumbach, Steyersberg, Feiſtritz, Kirchſchlag, 
Bernegg in Steiermerk und die Pfarre Bromberg. — Orts⸗ 
und Conſcriptionsobrigkeit iſt die Herrſchaft Thernberg allein. 

Der Ort umfaßt 88 Familien, 207 männliche, 205 weib⸗ 
liche Perſonen, 20 ſchulfähige Kinder; 2 Pferde, 126 Zugoch⸗ 
ſen, 105 Kühe, 254 Schafe, 13 Ziegen und 75 Schweine. 

Die hierortigen Einwohner gehören ſchon zu den Waldbauern 
hieſiger Gegend, und ſind mit Ganzen, Halben, Viertel⸗ und 
Achtel⸗ Höfen beſtiftet. Unter denfelben find. blos 4 Wirth, ; 

2 Weber, 2 Müller und ein Schneider befindlich. 

Die Gemeinde Thernberg, welche den Namen vom Mark⸗ 
te erhalten hat, iſt dergeſtalt ſituirt, daß man mehrere Stunden 
braucht, um alle Notten, aus denen der Ort beſteht, und von 
welchen 2 bis 3 Häuſer wieder eine eigene Benennung nach ihrer 
örtlichen Lage haben, zu begehen. Die Häuſer davon, wohl 
größtentheils mit Schindeln und nur einige mit Stroh gedeckt, 
liegen um den Markt Thernberg in größerer oder geringerer 
Entfernung in Thälern und auf Anhöhen, wozu nur beſchwerii ö 
che Feldwege beſtehen. 

Die Wirthſchaftszweige der bieſigen Bewohner beſtehen in 
den vier Gattungen des gewöhnlichen Kornerbaues, einer mit⸗ 
telmäßigen, auch nicht viel über den Hausbedarf hinausreichenden 
Viehzucht und einer ziemlich beträchtlichen Obſtpflege. Es wer⸗ 
den hier meiſt Weinſtecken verfertigt, die nach Wr. Neuſtadt zu 
Markte gebracht werden. * 

Der Bezirk der hieſigen Gemeinde wird von dem Schlat⸗ 
tenbache durchfloſſen, welcher auch 2 Mahlmühlen, 1 Loh⸗ 
ſt ampfe und 1 Saͤge mühle treibt. 


240 


Der größte Theil der hieflgen Wälder ift herrſchaftlich; unter 
den bedeutenderen Bergen können der Habacht, Windhaag 
und Gſoll genannt werden. Die Jagd ſteht in mittelmäßigem 
Ertrage. \ 

Die Gegend enthält keine beſonderen Partien, fie iſt aber 
Thon und hat gutes Klima und gutes Waſſer. 


Thiermannsdorf. 

Ein Dörfchen von 8 Haͤuſern, im Gebirge unfern Bloggnitz 
gelegen. | 

Neunkirchen iſt die nächſte Poſtſlation. 

Zur Pfarre und Schule gehört der Ort nach St. Valentin; 
mit dem Landgerichte nach Wiener⸗Neuſtadt zum Magiſtrate, und 
mit dem Werbbezirk zum Lin. Inf. Regiment Nr. 49. 

Grundherrſchaften von hier ſind die Herrſchaften Steyers⸗ 
berg, Pottſchach, Gloggnitz und die Minoriten⸗Pfarre zu Neun⸗ 
kirchen. ö 

Orts⸗ und Conſcriptions obrigkeit iſt die Herrſchaft Kra⸗ 
nichberg. 

Hier leben in 10 Familien 27 maͤnnliche, 22 weibliche 
Perſonen und 8 Schulkinder. Dieſe halten einen Viehſtand von 
20 Zugochſen, 11 Kühen, 50 Schafen, 8 Ziegen und 20 
Schweinen. | 

Die Einwohner find Bauern, welche ſich den Waldbanern 
nähern, mit 1, 1 und 1 Lehen beſtiftet. Sie treiben Ackerbau 
und gute Viehzucht, eben ſo handeln ſie mit Vieh in die Um⸗ 
gebung. 

Nebſt den vier Körnergattungen erhalten ſie noch Gemiſch, 
Linſen, Bohnen, Erbſen, haben Weingärten im Bezirke der 
Herrſchaft Pottſchach und auch etwas Obſt. 

Der Ort Thiermannsdorf liegt im Gebirge auf der 
Höhe links von der italieniſchen Haupt: Poſtſtraße in nordöſtli⸗ 
cher Richtung zwiſchen Hilzmannsdorf,, Wörth, Köttlach, Ta⸗ 
chenberg, Schönſtadl und Altendorf an dem Fahrwege von Schön: 


241 


ſtadl nach Wörth. Die wenigen Häufer find, in zwei gleiche Reis 
hen getheilt, neben der Straße ſituirt. 

Die Bewohner dieſer kleinen Ortſchaft beſitzen Wälder im 
Thiermannsdorfgraben, eben ſo auch in Fuchsgra⸗ 
ben, jedoch beſondere und hohe Berge gibt es nicht. Die Jagd 
iſt mittelmäßig und liefert Rehe, Füchſe Haſen, Dachſe und , 
Marder. 

Beſondere Gegenſtände find keine vorhanden. 

Nach der bei der Herrſchaftr Kranichberg vorhandenen Pan⸗ 
theidung iſt erheblich, daß dieß Oertchen bei 500 Jahre beſtehen 
duͤrfte. N 

Den Namen kann Thier mannsdorf von feinem erſten 
Beſitzer erhalten haben. 


Thomasberg. 

Ein Dorf, in 32 zerſtreuten Häufern beſtehend, mit einer 
Ruine und zugleich eine Herrſchaft. 

Der Ort gehört zur Pfarre und Schule nach dem nahen 
Edlitz; der Werbkreis iſt zum Lin. Inf. Regimente Nr. 49 einge⸗ 
zeichnet, und das Canbgericht wird durch die Herrſchaft Aſpang 
ausgeübt. 

Es gibt mehrere Grundherrſchaften hier, welche behauſte 
Unterthanen beſitzen, davon ſind Thomasberg, Krumbach, 
Grimmenſtein und Pfarre Edlitz im Beſitze derſelben, erſtere hin⸗ 
gegen Orts- und Conſcriptionsobrigkeit allein. 

Der Seelenſtand beläuft ſich auf 54 Familien, 232 maͤnn⸗ 
liche, 227 weibliche Perſonen. Der Viehſtand: auf 1 Pferd, 
114 Ochſen, 107 Kühe und 154 Schafe. 

Die Einwohner find Waldbauern und theilen ſich in Ganz⸗ 
Halb⸗, Viertel⸗ und Achtellehner. Sie bauen Korn, Gerſte und 
Hafer auf ziemlich guten Gründen; auch haben ſie Obſt, jedoch 
keine Weingärten. Nebſt dieſen treiben fie vorzüglich eine gute: 
Viehzucht und einen Handel mit Flachs und Holz, welch ledte⸗ 
res bis nach Wiener⸗Neuſtadt verführt wird. | 

Die Häufer von Thomasberg liegen zerſtreut im Gebir⸗ 

40 


242 


ge, nur vier davon befinden ſich geſchloſſen am Fuße des ſogenann⸗ 
ten Thomasberges, auf welchem die Ruinen des Schloſſes 
ſtehen. Die Aſpangerſtraße führt von Wiener⸗Neuſtadt bis Edlitz 
und ſo weiter über Aſpang nach Steiermark, bei Edlitz beginnt 
links die fürſtlich Palffyſche Straße, die ſich über Krumbach nach 
Güns hinzieht; an dieſer Straße, die in langer Strecke. von 
beiden Seiten mit verſchiedenen Berggruppen beſetzt iſt, und eine 
impoſante maleriſche Abwechſelung gewäbren; liegen die Trüm: 
mer des vorbeſagten alten Schloſſes. Der ſoge nannte Edlitzer⸗ 
bach durchſtrömt das Thal, an welchem mehrere künſtliche Weh⸗ 
re angebracht find, wodurch das Waſſer zum Betrieb der Mahl⸗ 
und Sägemübhlen gefammelt wird. 

Der ganze Bezirk, in welchem die zerſtreuten Häuſer vog 
Thomasberg liegen, iſt mit Wald umgeben und von Bergen 
eingeſchloſſen. Die Jagd iſt ziemlich erträglich und liefert Fuͤchſe, 
Haſen und Rehe. — Vorzüglich ſchön iſt die lange Thalgegend 
hier, wie wir ſchon oben erwaͤhnt haben, und es herrſcht auch, 
wenn gleich etwas rauh, ein ſehr gutes Klima, mit gutem Trink⸗ 
waſſer verſehen. | 

Nach der Ruine zu urtheilen, war Thomasberg eine 
der ſchönſten, wenn auch nicht größten Burgen im V. U. W. W., 
auf einem ſteilen Berge hart an der fürſtlich Palffyſchen Straße 
gelegen, von einer Seite durch einen tiefen Graben, von der an= 
dern durch einen ſteilen Abhang geſchuͤtzt. Noch ſtehen die Reſte 
von den vier Eckthuͤrmen, der viereckige Thorthurm mit einer 
Zugbrüde, mehrere hohe Mauern mit Balconen, einige Zwin⸗ 
ger und Sturmgänge, die Capelle, jedoch ohne Einrichtung, Ge⸗ 
wölbe, Vorwerke und Stallgebäude, welches alles zuſammen 
ein deutliches Bild ihrer geſunkenen Größe gibt. 

Unter dem gegenwärtigen Beſitzer wurden mehrere herr⸗ 
ſchaftliche Zimmer und eine Jägerswohnung neu erbaut. 

Die Burg hat übrigens ſehr maleriſche Anſichten, theils 
aus dem tiefen Waldthale, welches ſich gegen Edlitz hinzieht und 
theils von dem freien Platze aus vor der Veſte ſelbſt. 

Ihre einſame Lage in den weiten Forſten mag ſie oft da⸗ 


2435 


für geſchützt haben, durch Feinde belagert oder zerſtört worden zu 
ſeyn. — Doch weiß die Geſchichte wenig von der Entſtehungs⸗ 
zeit dieſer Burg und ihren erſten Beſitzern, welche der unter den 
hieſigen Landleuten noch fortbeſtehenden Sage zufolge, die Her⸗ 
ren von Thoma geweſen ſeyn ſollen, wovon die Burg den Na: 
men bekam. Wir haben von dieſer Familie, welche nach des To⸗ 
pographen Weiskern Angabe, in einem alten edlen Geſchlechte 
beſtanden haben ſoll, das längſt ausgeſtorben iſt, gar nichts auf⸗ 

finden können, daher ſolches, wenn jemals eines exiſtirt hat, 
zeitlich ausgeblüht feyn muß. 

Da in dem XI., XII. und XIII. Jahrhundert don Tho⸗ 
masberg gar nichts vorkommt, dieſe Veſte aber, wie aus dem 
Bauſtyle der Ueberreſte noch deutlich zu erkennen iſt, im XIII. 
Jahrhundert geſtanden haben durfte, ſo vermuthen wir, daß 
nach dem Ausſterben der Herren von Thomas dieſelbe an den 
Landesfürſten gekommen ſeyn mag. Doch auch hier tritt wieder 
der höchſt ſonderbare Fall ein, keinen einzigen von den Pflegern 
oder Lehenträgern zu erforſchen. 

Die Königsberge beſaßen die Veſte Thomasberg zu 
Anfang des XVI. Jahrhunderts urkundlich, wie wir bald erſe⸗ 
hen werden, es müßte denn hier der mögliche Fall ſeyn, daß die⸗ 
fer Familie ſchon früher, namlich in XIII. Jahrhundert, zur 
Zeit noch, als die Königsberge in Steyermark anfäßig wa⸗ 
ten, dieſe Burg eigenthümlich zugehört habe. 

Johann J. Khunigſperger eder von Kunigsberg, 
war der erſte, welcher (1322) in der öſterreichiſchen Gegend wohn⸗ 
te, und Steyersberg beſaß, jedoch wird weder bei ihm, noch 
bei den nächſten Nachfolgern won Thomasberg eine Erwäh: 
nung gethan, erſt bei Ehrenreich von Königsberg, wel⸗ 
cher 1503 geboren wurde, erſcheint unter ſeinen Beſitzungen auch 
Thomasberg. Er verſtarb im Jahre 1500, und es folgte ihm 
im Beſitze ſeiner Güter ſein Sohn Johann VII. Da auch die⸗ 
fer 1566 ohne männliche Erben verſtarb, fo fielen ſämmtliche 
Herrſchaften ſeinem Bruder Chriſt o ph zu, und nach deſſen 
kinderloſen Ableben an den lüngern Bruder Ulrich, der unvers 

10 * 


244 


heirathet verſtarb. Es war von ihnen nur noch ein Bruder, näm= 
lich Erasmus Herr von Königsberg, vorhanden, welcher 
verehelicht war, und mehrere Kinder hatte. Davon beſaß Lu d⸗ 
wig im Jahre 1569, wie es das n. ö. ſtändiſche Gültenbuch be⸗ 
weiſet, die Herrſchaft Thomasberg; im Jahre 1617 fein 
Vetter Wolfgang Matthäus von Königsberg, von wel⸗ 
chem fie im Jahre 1628 an Ehrenreich Chriſtoph Freiherrn 
von Königsberg gelangte. 

Nach der weitern Aufführung in obengedachten Gültenbuche 
erhielten inzwiſchen Regina, geborne von Althan, dann Jo: 
hann Quintin von Jörger die Herrſchaft Thomasberg, 
von welchem letzterem es 1644 Ad am Graf von Bathiany 
durch Vergleich erhielt. 

Dieſer verkaufte die Beſitzung im Jatzre 1653 an Carl 
Pergen, welcher ſolche 1679 ſeinem Sohne Carl Freiherrn 
von Pergen erbeigenthuͤmlich zurückließ. Dem folgte 1701 fein 
Sohn Quintin Heinrich Graf von Pergen; im Jahre 
1722 deſſen Sohn Anton Joſeph und im Jahre 1772 deſſen 
Tochter Joſep ha, verehelichte Freiin von Mitrowsky. Durch 
Erbſchaft gelangte ihr Gatte Alo is Graf von Mitrowsky im 
Jahre 1197 zur Herrſchaft Thomasberg, der fie 1802 an 
Wenzl Joſeph Jähnl, und dieſer 1815 an JoſephFrei⸗ 
herrn von Dietrich käuflich abtrat, welch' letzterer noch gegen? 
wärtig Beſitzer davon iſt. 

Im XVII. und XVIII. Jahrhundert wenig bewohnt, und 
von Seite der Herrſchaftsbeſitzer nur in geringer Obſorge ge— 
halten, geſchah es, daß der Zahn der Zeit auch auf die ſtarken 
Mauern dieſer Burg mächtig einwirkte, und ſie ſolcher Geſtalt zer⸗ 
nagte, daß ihr Dahinſinken ſie immer mehr zur Ruine bildete. 
Der gegenwärtige Herrfchaftsbefiger hat übrigens viel gethan, 
um der gaͤnzlichen Zerſtörung vorzugreifen, da er ein warmer 
Freund für Alterthümer und ſolcher ſchönen Burgen iſt, wie 
Thomasberg war, die es in jeder Beziehung verdient, daß 
man ihre Uleberreſte noch zu erhalten ſucht, fo weit fie noch vor 
den Einwirkungen der Zeit gerettet werden können. 


245 


Wenn auch von manchen Veſten nichts als Trümmer übrig 
find, der Vaterlandsfreund forſcht dennoch nach ihrer Geſchichte⸗ 
und ſo bleibt ſie reichhaltig und ein mächtiger Sporn zur Nach⸗ 
eiferung für die öſterreichiſche Jugend, an den ſchönen Thaten 
ihrer Vorältern ein Beiſpiel zu nehmen, die ſich für Fürſt und 
Paterland ausgezeichnet, vielfach geopfert und auch mächtig und 
reich geblüht haben. Wenige ganz bewohnbare Burgen beſitzen 
wir von dem alten zahlreichen ö ſterreichiſchen Adel, daher alfo 
ſollten auch noch die Ueberreſte ſeiner vormaligen Sitze verſchwin⸗ 
den, dann würde die Theilnahme an der Landesgeſchichte, die 
blos auf Bücher befchränft dem Forſchungsgeiſte nicht fo wie ſpre⸗ 
chende Denkmale die Gelegenheit zum Erwecken darbietet, ſehr 
erkalten. — Denn Kenntniß der Landesgeſchichte und warme reine 
Vaterlandsliebe ſind köſtliche Peilen in der Bruſt eines jeden 
Unterthans! — 

Wichtig iſt daher die Erhaltung der Ritter Burgen und auch 
der Ruinen, denn fie find factiſche Beweiſe des alten und mäch⸗ 
tigen Glanzes öſterreichiſcher Familien und beurkunden die Urkraft 
des Landes. | 

In Bezug auf die ganze Herrſchaft Thomas berg 
bemerken wir Folgendes: Dieſe enthält im Ganzen 495 Haͤuſer, 
332 Familien, 810 weibliche, 755 maͤnnliche Einwohner, 11 
Pferde, 400 Zugochſen, 394 Kühe, 528 Schafe, 180 78858 
Joch herrſchaftliche, 1816 Peco Joch Privat : Waldungen, 155 
edo Joch Wieſengründe und 2719 4888 Joch Ackerland. 

Dieſe Herrſchaft liegt öſtlich an der fuͤrſtlich Palffyſchen 
nach Güns führenden Straße vier Stunden von Wiener-Neu⸗ 
ſtadt und grenzt an die Herrſchaften Aſpang, Feiſtritz und Krum⸗ 
bach. — Das Klima iſt mehr rauh als gemäßigt, doch aber ſehr 
geſund und gutes Waſſer vorhanden. 

Die Erzeugniſſe im Allgemeinen ſind der gewöhnliche, nur 
mittelmäßige Körnerbau in dieſen Gebirgsgegenden, vorzüglich 
aber Hafer: und Flachsbau, mit gewöhnlicher geringer Obſtpflege; 
dagegen beſitzen ſie einen ſtarken Schlag von Vieh, und die Zucht 
davon wird gut betrieben, wobei die Herrſchaft ganz beſonders 


246 


mit gutem Beiſpiele vorangeht. — Meiſtens ift die Dreifelder⸗ 
wirthſchaft eingeführt, wozu die Gründe der verſchiedenen Lage 
nach, auch verſchieden an Güte find. 

An Straßen führt blos die obenerwähnte nach Guͤns durch 
den dießobrigkeitlichen Bezirk; in Edlitz iſt eine fuͤrſtlich Palffy⸗ 
ſche Straßenmauth. 

Die Reifmühle und die Eisgrubmühle gehören zu 
dem Markte Edlitz und find am dortigen Bache gelegen. — Auch 
die, Jagdbarkeit kann gut genannt werden. Handel treiben die 
Einwohner mit Flachs, Vieh und Holz. 

Nebſt dem alten Schloſſe gehören zur Herrſchaft 
Thomasberg die Orte: Thomasberg, Kulma, Klet⸗ 
ten, Königsberg, Ober- und Unter⸗Dörfel, Kien⸗ 
eck, Steineck, Wiesfleck, Tiefenbach, Ponholz, 
Wart, Sonnberg, Hütten, Petersbaumgarten und 
Tauchen. 

Die herrſchaftliche Amtskanzlei von Thomasberg und 
Feiſtritz befindet ſich in Feiſtritz. 


Thomasdorf, | 
blos in 3 Häuſern beſtehend, bei Kirchſchlag gelegen, wovon die 
naͤchſten Poftftationen Wiener⸗Neuſtadt in Oeſterreich,7 Stun⸗ 
den entfernt, und Guns in Ungern, 4 Stunden entfernt, ſind. 

Dieſe 3 Häufer find nach Kirchſchlag eingepfarrt, zur Schu: 
le aber nach Aigen gewieſen. Den Werbbezirk beſitzt das Lin. 
Inf. Regiment Nr. 49. 

Der Wiener⸗Neuſtädter Magiſtrat Abt über dieſe kleine Ge⸗ 
meinde das Recht als Landgericht aus. — Grund⸗, Orts⸗ und 
Conſcriptionsobrigkeit iſt die Herrſchaft Kirchſchlag. 

Hier leben 4 Familien, 12 männliche, 12 weibliche Perſo⸗ 
nen mit 5 Schulkindern, welche einen Viehſtand von 6 Zugoch⸗ 
fen, 6 Kühen, 13 Schafen und 7 Schweinen halten. 

Die Bewohner ſind Waldbauern, welche von ihrem gerin⸗ 
gen Ackerbau in wenig Korn, meiſt in Hafer beſtehend, welchen 


247 


ſie nach Wiener: Nenſtadt verkaufen, und von der Viehluct leben, 
die hier die Stallfütterung genießt. Ä 

Die drei Häufer von Thomas do f liegen flach auf einem 
Berge in der nahen Umgebung der Ortſchaften Straß, Kirch⸗ 
ſchlag und Stang nahe an der ungriſchen Grenze. Dieſe ſind zu⸗ 
ſammen gebaut und mit Stroh gedeckt. Straßen führen hier kei⸗ 
ne durch, blos beſchwerliche Verbindungswege beſtehen. 

Man ſagt, daß dieſe Häuſer mehrere hundert Jahre ſtehen 
ſollen, wenn dieſe Angabe wahr iſt, ſo könnte es leicht ſeyn, daß 
der Name davon von der kaum zwei Stunden entfernten Burg 
Thomasberg abgenommen worden fei,. oder daß fie ur ſprüng⸗ 
lich den dortigen Beſitzern angehört haben dürften. | — 


Th o nn, 
auch insgemein Tann genannt, ein kleines Dorf von 9 Häuſern, 
im Gebirge zunächſt Sieding gelegen, wovon Neunkirchen die 
naͤchſte Poſtſtation iſt. 
Der Ort iſt zur Schule und Pfarre nach Pottſchach ange⸗ 
wieſen; der hieſige Werbbezirk gehört zum Lin. Inf. Regimente 
Nr. 49; das Landgericht iſt der Wiener-Neuſtädter Magiſtrat. 

Behauſte Unterthanen von hier beſitzen als Grundherrſchaf— 
ten Schwarzau am Steinfeld, das Minoritenklofter zu Neun: 
kirchen und Stüchſenſtein, welch' letzteres auch die Orts und 
Conſcriptionsobrigkeit bildet. 

Dieß Dörfchen iſt mit 18 Familien bevölkert „darunter 
31. männliche, 38 weibliche Einwohner und 10 Schulkinder ſich 
befinden. Der Viehſtand zählt 20 Zugochſen, 11 Kühe, 22 Scha⸗ 
fe, 10 Ziegen und 9 Schweine. 

Als Waldbauern beſitzen die hieſigen Einwohner nur weni⸗ 
gen Feldſtand, der ihnen kärglich Rocken, Hafer und etwas 
Gerſte abwirft. Auch find Obſt⸗ und Weingärten im Bezirke, 
wovon letztere ein kaum nennbares Ertraͤgniß geben; mehr als 
dieſe Zweige iſt hier Holzkohlen⸗ und Brennholzverkauf, welche 
Gegenſtände fie nach Neunkirchen und Wiener-Neuſtadt verfüh: 
ren; auch die Viehzucht überfteigt nicht den Hausbedarf. 


248 


Der Heine Ort Thonn liegt von dem Thalweg, der von 
Neunkirchen aus über Sieding nach Stüͤchſenſtein führt, bevor 
man gegen Sieding kommt, an der linken Seite, alſo am oftlis 
chen Abhange des Gansberges in einem engen Thale zwiſchen dem 
Berge Leebach und dem obern Aichberg. Von dieſem Orte führt 
blos ein Feldweg nach Sieding und ein ſchlechter Gebirgsweg auf 
den Gansberg. Nebſt Sieding liegt die Rotte Bürg unſerm Or⸗ 
te zunächſt. 

Bäche oder Mühlen find keine vorhanden. — Die hieſige 
Gegend iſt, wie wir ſchon dei Stüchfenftein bemerkten, ungemein 
ſchön, geſund und gutes Waſſer in Fülle vorhanden. Es gibt 
viele Berge hier, unter welchen blos der hohe Gansberg eine 
beſondere Erwähnung verdient, der mit ausgebreiteten Waldun⸗ 
gen bedeckt iſt. Der Wildſtand iſt darin vorzüglich betrachtlich an 
Hirſchen, minder aber an Rehen und Haſen. ö 

Den Nam en hat der Ort von ſeiner örtlichen Lage erhalten, 
welche die Benennung einer Gegend in der waldbaͤueriſchen Spa: 
che iſt; das Alter desſelben iſt nicht' genau bekannt. 


a) Thurmhof, 
vormals ein Edelſitz, als ein Freihof zu Brunn am Ge: 
bir ge beſtehend, welcher ehedem dem Herrn Baron von Waf⸗ 
fenberg gehörte und deßhalb der Waffenbergiſche Frei⸗ 
hof genannt wurde, 

b) Thurmhof, 


zu Gumpoldskirchen, mit einem Grundbuche verſehen. 


c) Thurmhof, 
in Simmering, alt ein Herrnhof bekannt, und vormals 
ein Eigenthum des Nonnenkloſters zur Himmelpforte in Wien. 
d) Thurmhof. 
In Mannswerd, ſiehe das Gut Freienthurm. 


249 


e) Thurm of, 
im Markte Hof am Leithagebirge, als ein 8 seihof bestehend. 


f) 2 b urmho f. N 
Im Jahre 1424 ein Edelſig der Wurmbrande von 
St upp ach, bei Kranichberg gelegen. 


| 8) Thurmhof. — * 
Als ein adelicher eandfit d ses wücnrtt Bien: 
Neuſtadt bekannt. — 


. SEburngaſſe. 

Unter dieſer Benenming beſteht ein Dorf von 18 Häuſern 
dei Baden, und zwar weſtlich neben den Gartenanlagen des be⸗ 
kannten Sauerhofes (ſiehe den V. Band unſers Werkes, Sei 
te 467) zieht ſich dasſelbe in Geſtalt einer Gaſſe hin. 

Sieben Häufer davon mit 45 Bewohnern bilden. eine Reihe, 
die übrigen enthalten 34 Familien, 90 männliche, 88 weibliche 
Perſonen und 22 ſchulfähige Kinder. Im Ganzen befi itzen die 
Einwohner blos 7 Kühe; denn ihren meiſten Erwerb finden fe 
durch Taglohn und Weinbau. 

Dieſer Ort iſt zur Pfarre und Schule nach Baden einge⸗ 
zeichnet, gehört zum Werbkreis Nr. 49, und zum Landgerichte 
nach Rauhenſtein. — Orts⸗ und Conſeriptionsobrigkeit iſt die 
Herrſchaft Weikersdorf. 

Das Alter davon iſt unbekannt, den Namen hat der Ort 
aber von dem alten Thurme, mit welchem das Sauerhofbad 
einſt verſehen war, erhalten. 


Thurmmühle. 
Ein Mühlbof mit einem Gaſthaus zwiſchen Ebersdorf und 
Schwechat, zu letzterem gehörig, in welchem ſich Tpäterhin die 
bekannte Zeilenthaliſche große Kattunſabrik befand. 


250 
Thürnelhof, 


auch Dirndelbof oder Schlögelhof genannt, gegenwaͤr⸗ 
tig ein abgeſondertes Beſitzthum in Ebersdorf an der Donau, wel: 
chen Kaiſer Napoleon während der Schlachten bei Aſpern 
und Eslingen den 21. und 22. Mai 1809 bewohnte. 
Traiskirchen. 

Ein Markt von 138 Häufern und zugleich eine Herrſchaft, 
an der nach Steiermark und Italien führenden Haupt Poſtſtraße 
gelegen, nur eine Stunde von der Poſtſtation Ginſelodorf 
entfernt. 

Kirche und Schule befinden ſich im Markte. Das Patronat 
davon gehört dem Stifte Melk und. die. Pfarre in das Decanat 
Baden. Den Werbbezirk beſitzt das Lin, Inf. Regiment Nr. 49.— 
Die Landgerichtsrechte werden durch den Wiener Magistrat 
ausgeübt. 

Grundherrſchaften gibt es mehrere, welche hier behauſte 
Unterthanen und Grundholden beſitzen, als: Herrſchaft Leesdorf, 
St. Veit an der Wien, Tribuswinkel, Stift Kloſterneuburg und 
Heiligenkreuz „ Staatsherrſchaft Wiener⸗Neuſtadt, Pfarre Trais⸗ 
kirchen; die Pfarre Lachſenburg ſo wie die Stadt Baden beſitzen 
bierorts Dienſthäuſer und die Perſonal⸗Jurisdiction des ganzen 
Marktes ſteht der Herrſchaft Traiskirchen zu, welche zugleich 
auch Orts- und Conſcriptionsherrſchaft iſt. 

Der Seelenſtand umfaßt 257 Familien, 535 männliche, 
579 weibliche Perfonen mit 120 Schulkindern. Dieſe halten ei⸗ 
nen Viehſtand von 85 Pferden, 55 Zugochſen, 185 Kühen und 
2 bis 300 Schweinen. Die Gruͤnde beſtehen in 500 Joch Wie⸗ 
ſen, 964 Joch Ackerland und 125 Joch Weingärten. 

Die Marktbewohner treiben Gewerbe aller Art, deren Er: 
zeugniſſe zum Theil im Markte ſelbſt zum Theil in die nahe 
Umgebung abgeſetzt werden. Sie haben Ackerbau, ganz vorzüglich 
aber Weinbau, der ausgezeichnet iſt. Mehrere der Einwohner 
ernähren ſich von Taglohn. 


251 


Der Markt Traiskirchen liegt ganz flach, beinahe 
im Mittelpunkte der Strecke zwiſchen den beiden Poſtſtationen 
Neudorf und Gin ſelsdorf, eine Stunde öſtlich von Baden. Die 
nächſten umliegenden Ortſchaften find: Möllers dorf, Tribuswin⸗ 
kel und Wienersdorf. Der ausgebreitet ſituirte Ort iſt nicht var 
gulär gebaut, meiſt nur aus unauſehnlichen Häuſern mit Erdge⸗ 
ſchoſſen und Schindeldachungen beſtehend, und enthält beſon⸗ 
ders zu Anfang auf der Seite von Wien aus gar keine angeneh⸗ 
me Lage. Viel ſchöner iſt ſolcher an der Seite gegen Ginſelsdorf 
zu, wo ſich in den malerifchen hart an dem Markte und dem 
Schwechatbache hinziehenden Auen die Schleßſtätte befindet ‚ 
und eine ſchattige Allee gepflanzt iſt. | 

Im erſten, nämlich dem nördlichen Theile des Marktes 
an der linken Seite, befindet ſich auf einem etwas erhabenen 
Platze die Pfarrkirche mit dem Pfarrhofe und der 
Schule, von einem Waſſergraben umgeben, der aber größten, 
theils ausgetrocknet iſt. Eine ſteinerne Brücke führt dahin 
zum Eingangsthore des die Kirche umgebenden Friedhofes, 
welches gleich einem Ueberbleibſel eines alten Schloßthores aus 
ſieht. Die Haupt⸗Poſtſtraße führt hier vorbei durch den ganzen 
Markts dieſe iſt im Sommer mit auß erordentlichem Staub belegt, 
im Fruͤhjahre und Herbſt aber ſehr moraſtig. — Mehrere und 
auch große Ga ſthaͤuſer befinden ſich hier, die ſtark beſucht wers 
den, da die Paſſage aͤußerſt lebhaft iſt. Weiter auf der ſüdlichen 
Seite im Markte ſteht auf einem unregelmäßigen Platze eint 
ſchöͤne Dreifaltigkeits⸗Säule, die das Andenken det 
Peſt vom Jahre 1713 der Nachwelt erholt, und nicht fern ven 
dieſer die kleine recht alterthümlich aus ſehende, und gewiß auch 
mehrere hundert Jahre alte Benefiei at en⸗Kirche zum hei⸗ 
ligen Nicolaus, über deren Entſtehen und Schick ſale nichts be⸗ 
kannt iſt. Auch iſt ein Armenhaus zur Verſorgung der Hülfs; 
bedürftigen des Marktes vorhanden, welches ohne Stiftung von 
der Gemeinde erhalten wird, dann ein Brauhaus, ein Zie⸗ 
gelofen und vier Mühlen. Eine Straß enmauth beſteht 
ebenfalls hier. — Das Klima, mit Winden vorherrſchend belaſtet, 


252 


ift trocken und geſund, aber das Gasser, obſchon weich. nicht 
gehörig friſch, und daher nur mittelmaͤßig. 

Der Au: oder Schwechatbach, an welchem die Mühlen 
ſtehen, berührt öſtlich den Markt im Rücken. Die Fiſcherei das 
von ſteht der Herrſchaft zu, die Jagdbarkeit aber, auf Federwild 
und Hafen beſchränkt, iſt landes fuͤrſtlich. 

Fabriken beſtehen hier keine, auch wird kein Handel getrie⸗ 
ben. Die Markt⸗Gemeinde beſitzt ein Wochenmarkts- Privile⸗ 
gium, welches aber aus Mangel an Concurrenz nicht ausgeübt 
wird. 

Die hieſige Pfarrkirche zu Ehren der heiligen Mar⸗ 
garetha geweiht, iſt im Jahre 1754 in neuerm Style erbaut 
worden, hat 6 große viereckige Pfeiler im Innern und eine 
ſchöne Facade mit einem übey den Eingang zierlich erbauten 


Thurme, deſſen Kuppel mit Kupfer gedeckt iſt. Außer dem Hoch 


altar, von röthlich aufgelegtem Marmor, find noch 4 Seiten⸗ 
altäre vorhanden, einer der fel. Jungfrau Mar ia, einer 
dem heil. Sebaſtian, einer dem heil. Johann dem Evan⸗ 
geliſten und einer der heil. Anna geweiht. Die vorhande⸗ 
nen Altarblätter find wohl erhalten, aber est ift gar nichts 
ausgezeichnetes daran; auch iſt der freiſtehende Hochaltar klein. 
Die Kanzel iſt von Holz, gelb marmorirt, und eine kleine Orgel 
ziert den Chor. Es ſcheint uns auch, daß dieſe Kirche für den 
ſtark bevölkerten bedeutenden Markt viel zu beſchraͤnkt ſeyn muͤſ⸗ 
fe. — In der Kirche befindet ſich nebſt einigen andern Grabmä⸗ 
lern der Grabſtein des 1809 zur Zeit der feindlichen Invaſion 
in Leesdorf verſtorbenen Abtes Jfidor Payrhuber, einſtma⸗ 
ligen Pfarrers in Traiskirchen, und in dem um die Kirche 
herumgelegenen Friedhof, nebſt mehreren jedoch nicht merkwuͤrdi⸗ 
gen, das Grabmal des 1756 verſtorbenen berühmten J o⸗ 
hann Melchior von Störk, der kaiſerlicher Hofrath, Doc⸗ 
tor der Medicin und Profeſſor publicus war. 

Zur hieſigen Kirche find Möllersdorf und Wieners⸗ 
dorf, dann der zu Traiskirchen gehörige, neben der Bad⸗ 
ner Straße liegende Ziegelofen, und das Canalhaus ein⸗ 


E 


253 


gepfarrt. Die Seelſorge wird von einem Pfarrer und einem 
Cooperator, beide aus dem Stifte Melk, verſehen. 

Ob die jetzige Pfarrkirche auf dem Platze ſteht, wo die ur⸗ 
alte ſtand, weiß Niemand, und kaum glauben wir eine zu gewagte 
Aeuß erung zu machen, wenn wir anfuͤhren, daß die kleine Ca⸗ 
pelle am Platze vielleicht die urſprünglich erſte Kirche war. Auch 
dieſe hat, obſchon keine Erweiterung, einige Umänderung in Fol⸗ 
ge der Zeit erlitten, doch trägt ſie noch Spuren an ſich, die ihr 
hohes Alter offenbaren. Sonderbar iſt es, daß Niemand von ih⸗ 
rer Entſtehung etwas anzugeben vermag, und ſelbſt Urkunden 
ſchweigen davon. Es heißt allgemein, daß vor Zeiten um dieſelbe 
ein Friedhof angelegt war, alſo ein Beweis mehr zu unſerer 
Vermuthung, wozu noch gehört, daß der um die Pfarrkirche an⸗ 


gelegte Gottesacker gar keine alten Denkmale enthält, welches 


- 


zu bewundern ift, indem doch Traiskirchen edle Geſchlechter 
aufzuweiſen hat, die entweder allhier ſelbſt ſaßen oder begütert 
waren. Außer allem dieſem ſcheint uns der Platz der heutigen 
Pfarrkirche eher der Platz einer Burg oder eines Schloſſes gewe⸗ 
ſen zu ſeyn als einer Kirche, und deutlich kann man dieß aus den 
kurzen Mauerftücken beim Eingange noch wahrnehmen. Bald 
werden wir ſehen, daß die Herren von Traiskirchen bis zu 
Ende des XIII. Jahrhunderts geblüht haben, alſo wo ſollten 
ſie ihr Schloß gehabt haben, als an dieſem Orte, welcher wie 
eigens dazu gewählt ſcheint? Freilich wohl ſind viele Jahrhun⸗ 
derte ſeitdem abgewichen, und aus dem grauen Alterthume beſitzen 
wir nicht von jedem Orte genug ſame Urkunden, die uns alles be⸗ 
ſtätigen könnten. 

Wie uralt die hieſige Kirche iſt, beweiſet unn Hansitz 
in feinem Germania Sacra T. I. p. 267. el 294, indem er an⸗ 
führt, daß die Kirche in Tras kirchen noch vor dem Jahre 1080 


von dem Biſchof Sigilbert, welcher Weihbiſchof von Paſſau 


geweſen zu ſeyn ſcheint, conſecrirt worden ſei. Schon im 
Jahre 1113 ſchenkte der heilige Markgraf Leopold IV. 
dieſe Pfarre mit zwei Dritteln der Zehnten dem Stifte Melk 
(Hueber, S. 308). In der zweiten Dedications⸗ Urkunde 


254 


dieſer Kirche vom Jahre 1120 wird von ihrer, ſchon vor mehr 
als 40 Jahren von dem genannten Biſchofe erhaltenen Einwei⸗ 
hung Meldung gethan. Wenn wir die obige Schenkung des Mark⸗ 
grafen in Betracht ziehen, fo tritt die gründliche Vermuthung 
ein, daß ſchon damals Kirche und Ort ein Eigenthum des Lanz 
desfürſten geweſen ſeyn müſſen, oder wohl gar eine Stiftung der 
erſten öſterreichiſchen Markgrafen aus dem Hauſe B as 
benberg. 

Bevor noch der Ort entſtand, war hier ſchon eine Kirche als 
eine Pfarre, und trug die Benennung Treschirchen (tires oder 
drei) alſo Dreikirchen, wahrſcheinlich von daher, weil einige 
andere Kirchen zu derſelben als Filialen gehoͤrten. Daß aber Drei⸗ 
ßig oder dreizehn Kirchen ſchon zu Anfang des XI. Jahrhunderts 
in der Umgebung von Traiskirchen geſtanden haben ſollen, 
wie die meiſten behaupten, iſt lächerlich, denn wenn wir auf den 
Erweis dieſer Behauptung dringen möchten, fo würden ſehr we: 
nig Kirchen herauskommen zwiſchen den Jahren 1020 bis 1080. 
Erſt ſpaͤter, nämlich im XII. und XIII. Jahrhundert wurden 
viele Kirchen erbaut, und die Pfarre Traiskirchen erhielt 
einen ausgedehnten Bezirk, nämlich nach den vorhandenen Ur⸗ 
kunden und Beſtaͤtigungen, von Steinintiſche (Steinabruͤckl) 
bis Piſinicke (Pieſting); von da abwärts nach Hadwartisdorf 
(ein bei Tattendorf gelegenes, ſeit Jahrhunderten verödetes Dorf) 
und Scranwat (Schranewand), Brunnen (Kottingbrunn), Ge⸗ 
hen⸗Nuiſiedelen (Gramat-⸗Neuſiedl bei Moosbrunn) und Vel⸗ 
wen (Velm ebenfalls bei Moosbrunn). — Uebrigens aber iſt et 
ganz richtig, daß Traiskirchen von jeher eine ausgezeichnete 
Pfarre war, wobei um die Stelle eines Pfarrers daſelbſt ſich in 
früheren Zeiten immer vorzuͤgliche Prieſter bewarben. In neuerer 
Zeit und endlich bei der neuen Pfarr⸗Eintheilung hat fie als Mut⸗ 
terpfarre alle ihre Filialen verloren, doch merkwürdig ihres hohen 
Alters wegen bleibt ſie vor gar vielen andern. 

Der Ort wurde vor Alters verſchieden genannt und geſchrie⸗ 
ben. Wir finden ihn in Urkunden als Treskirchen, Drechs⸗ 
chirchen, Traheskirchen, Draiß⸗- und Dreiskirchen 


255 
aufgeführt, und die gegenwärtige Benennung Traiskirchen ift 
gar nicht beſſer als die vorſtehenden verdrehten Namen. Der Markt 
ſollte vielmehr nach der urſprünglichen aus dem Lateiniſchen ge⸗ 
nommenen Benennung entweder Tres: oder Dreikir chen heißen. 

Im XII. Jahrhundert gab es hier auch eine adeliche Fami⸗ 
lie, die ſich den Ortsnamen beilegte; wir wiſſen aber nicht be⸗ 
ſtimmt, ob der Ort ihr eigenthuͤmlich angehört oder ob fie ſolchen 
etwa als ein Lehen von den öſterreichiſchen Landesfuͤrſten, oder 
auch nur ein Schloß daſelbſt beſeſſen habe. Im Jahre 1105 er: 
ſcheint im Saalbuche des baieriſchen Kloſters Vormbach ein O u⸗ 
delrich von Traheschirchen, der dieſem Stifte einen Wein⸗ 
garten im Orte Wienervourte (heutiges Wieners dorf) 
übergab, wobei Ulrich, ſein Sohn, und Wernhard, der 
Bruder des obigen Oudelrich (auch Ulrich), mit Rout⸗ | 
bert von Radune (Radaun) und Heinrich von Mobelas 
nes dorf (Möllersdorf) als Zeugen unterfertigt find. Im Jahre 
1217 erſcheinen Chunrad und Berchtold von Dreßkir⸗ 
chen in einem Kaufbriefe und als Söhne des Heinrich von 
Purchartsdorf. Man will daraus die Herren von Dres 
kirchen von der Familie der Purchartsdorfer abgeſtammt 
wiſſen, welches aber ſchon aus dem Grunde nicht ſeyn kann, weil 
viel fruher als dieſe zwei obigen, Glieder der Familie Tres⸗ 
kirchen oder Traheskichen vorkommen. Dieſe werden in un⸗ 
ſerm Orte hier blos einzelne Beſitzungen gehabt haben, und da da- 
mals die Zunamen noch nicht im Gebrauche waren, ſo legten ſich 
viele auch den Namen derjenigen Orte bei, in denen fie anfäßig 
waren. Nach Hueber war im Jahre 1220 ein Wipoto von 
Dreskirchen Zeuge in einer Urkunde Herzog Heinrichs von 
Medling an das Stift Melk. Ortolph von Dreschir⸗ 
chen erſcheint in mehreren Urkunden, und war ein beſonders 
treuer Anhänger des Herzogs Friedrich des Streitbaren. 
Er iſt der berühmte Vertheidiger der Veſte Starhemberg mit 
Friedrichs Schätzen, und war 1265 zum zweiten Mal Comthur 
des deutſchen Ordens und des deutſchen Hauſes in Wien. 

Noch ſind mehrere Glieder dieſer Familie bekannt, vämich: 


256 


im Jahre 4265 Heinrich, im Jahre 4268 Urleug und Kim: 
bert, und im Jahre 1294 Weruhard von Draischirchen 
(Mon. boic. Vol. IV. p. 156. Link Annal. Aust. Clarv. T. 
I. p. 385. et 497.). Liburins von Draiskirchen lebte im 
Jahre 1280 und im Jahre 1298 verglich ſich Bernhard von 
Dreskirchen mit den Brüdern Conrad uud Marchard von 
Hintperch, wegen eines ſtreitigen Gehölzes an dem Schwe⸗ 
chatfluſſe. 

Nach dieſem ſcheint die Familie ausgeſtorben zu ſeyn. 

Viele andere adeliche Familien hatten hier einzelne Beſitzun⸗ 
gen, die in verſchiedenen Kauf⸗ und Tauſchurkunden bekannt 
werden. 

Wir finden den Ort Traiskirchen nach dem Ausblühen 
des obigen Stammes wieder in den Händen des Landesfuͤrſten, 
und im Jahre 1319 ſchon als einen Markt, der damals nebſt 
ſtarker Bevölkerung, in einem ziemlichen Wohlſtand geweſen ſeyn 
mag. Durch volle 400 Jahre blieb er ein Eigenthum der Re⸗ 
genten und unter der ganzen langen Zeit wird der einzige J o⸗ 
hann Chriſtoph Graf von Puechheim bekannt, welcher 
Traiskirchen im Jahre 1657 pfandweiſe beſaß. Nachher 
ward der Markt verkauft, auf welche Art denſelben 1748 Ni⸗ 
clas Graf von Stella eigenthümlich uͤberkam, der ſolchen 1753 
auf dieſelbe Weiſe an das Stift Melk überließ. Dasſelbe befigt 
den Markt Traiskirchen, welcher zugleich eine eigene 
Herrſchaft bildet und von der Stiftsherrſchaft Leesdorf ver⸗ 
waltet wird, auch noch gegenwärtig (n. 5. ft. Gültenbuch). 

Oefters wurde der Markt Traiskirchen während ſeines 
mehr als 800 jährigen Beſtehens durch traurige Ereigniffe hart 
mitgenommen. Während der unrubigen Regierung Friedrichs IV. 
und ganz vorzuͤglich während des unſeligen Bruderzwiſtes, hat 
dieſer an der Hauptſtraße zwiſchen Wien und Wiener⸗Neuſtadt gele⸗ 
gene Markt, wie es ſich leicht denken laͤßt, nicht wenig gelitten. 
Im Jahre 1461 wurde er von Johann von Rohrbach zwar 
dem Kaiſer unterworfen, aber ſchon im folgenden Jahre von 
Albrechts unbeſoldeten, ſich jeder Aus ſchweifung überlaffenden 


257 


Söldnern ausgeplündert. Die Türken richteten im Jahre 1529 
hier großen Schaden an, 1624 ward der Ort von den in Oeſter⸗ 
reich eingedrungenen Mord und Raub ausübenden Ungern und 
dann 1683 zum zweiten Male von den Türken geplündert und ver: 
wüſtet. Die ſchreckliche Peſtſeuche wüthete im Jahre 1713 auch 
hier, indem ſie aus achtzig Häuſern ſechs und vierzig Menſchen 
hinwegraffte. Nicht geringern Schaden erlitt Traiskirchen 
während der zwei franzöſiſchen Kriege 1805 und 1809, und 
endlich dadurch, daß im Jahre 1819 das k. k. Kreisamt des V. 
u. W. W., welches ſeit Kaiſer Joſephs II. Zeit hier war, 
wieder nach Wien verſetzt wurde, hat der Ort ſehr viel an Leb⸗ 
haftigkeit verloren. 


Traſenbach. 
Unter dieſem Namen entſpringt der Pittenfluß an der 
ſteiermaͤrkiſchen Grenze, den er bei Scheiblingkirchen oberhalb 
Seebenſtein behalt, dann aber, ſobald er das ſchöne Thal be: 
rührt, welches das Pittnerthal genannt wird, den Namen 
N Pirtenfluß erhält. Außer Linsberg mündet ſich derſelbe in. 
die von Neunkirchen daherſtroͤmende Schwarzau. | 


Trattenbach. 


Ein Pfarrdorf, welches 81 Hänfer zählt, und mit Otter: 
thal in Hinſicht der Situation der Häuſer vereinigt iſt, gegen 
die ſteieriſche Grenze zu gelegen. Die nächſte Poſtſtation iſt Schott: 
wien, etwa 1 und eine halbe Stunde entfernt. 

Die Kirche und Schule befinden ſich in der Mitte der um: . 
liegenden Gemeinde. Davon gehört das Patronat der Herrſchaft 
Kirchberg am Wechſel und die Pfarre in das ſelbe Decanat glei⸗ 
ches Namens. Der hieſige Bezirk iſt zum Werbkreiſe des Lin. 
Inf. Regiments Nr. 49 einbezogen. 

Das Landgericht iſt die Herrſchaft Aſpang. Grundherrſchaf⸗ 
ten, welche in Trattenbach behauſte Unterthanen beſitzen, 
find die Dominien Steyersberg, Kirchberg am Wechſel, Kra⸗ 
nichberg, Werteulttkn, Pottſchach, Schottwien, Thomasberg, 

. 17 - 


258 


Stüdffenftein und Feiſtritz. — Orts: und Conſcriptionsobrigkeit 
iſt die Herrſchaft Kranichberg. 

Die Pfarrgemeinde Trattenbach für fih enthält 440 
Familien, darunter gehören 320 maͤnnliche, 380 weibliche Per: 
ſonen und 106 Schulkinder. Der Viehſtand zahlt 16 Pferde, 
320 Zugochſen, 150 Kühe, 600 Schafe, 320 Ziegen, dann 
190 Schweine. 

Die Bewohner ſind Waldbauern, wie wir ſie ſchon in un⸗ 
ſerer Beſchreibung bei Otterthal-Trattenbach in IV. Band 
dieſes Werkes, Seite 222, geſchildert haben. Sie treiben Acker⸗ 
bau, mehr aber die Cultur der Wieſen und eine vortreffliche 
Viehzucht, mit welch letzterer ſie einen Handel treiben. Wein⸗ 
und Obſtbau haben ſie nicht, dagegen aber guten Flachs. Die 
übrigen Gründe find der ſteilen Lage wegen ſchlecht, weil fie vie⸗ 
len Elementarbeſchaͤdigungen ausgeſetzt ſind. 

Die Häuſer, durchaus mit Stroh gedeckt, welche eigentlich 
den Pfarrort Trattenbach bilden, liegen alle zerſtreut theils im 
Thale, theils im Mittel: und im Hochgebirge, und werden von dem 
Communicationswege, welcher von Kirchberg nach Ratten in 
Steiermark ſich hinzieht, durchſchnitten; dabei iſt die ganze Aus⸗ 
dehnung der Ortſchaft im Durchmeſſer auf zwei Stunden anzuneh⸗ 
men. Otterthal, wie ſchon erwähnt, gleichſam mit Trattens 
bach vereinigt, iſt die nächſt angrenzende Ortſchaft, derſelben 
zunächſt liegen noch die Orte Lehen, Moltzeck und Göſtritz. 

Um die Pfarrkirche, den Pfarrhof und das Schul⸗ 
haus liegen nur einige Häuſer, alle übrigen aber entfernt. — 
Es iſt überhaupt der ganze hieſige Bezirk mit Wäldern unter: 
theilt, und unter den vielen Bergen ſind der Pfaff, der hohe 
Sattel, Rabenkroßf, Saurücken, Siebengraben, 
Otter, Altkogel, Schwarzenberg, Kaltenegg, 
Weinweg, Siebenlacken und Albel die hoͤchſten und im 
Umfange die beträchtlichſten. In dieſen exiſtirt der Bergbau 
am Hinter⸗Otter und es gibt auch mehrere Zeug: und 
Großhämmer. Noch beſtehen ſogar mehrere Urwälder. — 
Darin iſt jedoch die Jagd ſchlecht wegen der vielen Raubthiere, 


* 


259 


zu welchen Wölfe, Bären und Fuͤchſe gezählt werden. Das an⸗ 
dere Wild beſteht in Rehen, Hafen, Dachſen, Auer: , Schild⸗, 
Haſel⸗ und Schneehuͤhnern. 

Ueber den Sattel fuͤhrt eine Kunſtſtraße nach Steiermark. 

In einer fo überaus reichen Gebirgs⸗ Formation fehlen auch 
Wild bäche nicht; davon find uns der Trattenbach, der 
Otter⸗, Nepers⸗, Pfaffen⸗, Hinter-, Otter⸗, Sie: 
bengraben: und Kaltenegg⸗- Bach bekannt, welche bis AO 
Haus: und ſogenannte Mauth muͤhlen treiben. Dieſe Wäſ⸗ 


ſer alle enthalten Forellen⸗Fiſcherei, wovon das Recht der Herr⸗ 


ſchaft Kranichberg gehört, gleichwie die Jagdbarkeit. 


Bei großen Regengüſſen ſchwellen alle dieſe Wildbäche hoch 


an und verwandeln dieſe ſonſt ſo reizende Gebirgsgegend, man 
darf ſagen in furchtbar grauſe, Waſſerſtröme, die mit uͤberſchaͤu⸗ 
menden Wellen ſich geraͤuſchvoll daher ſtuͤrzen, Alles mit ſich rei⸗ 
ßend und vernichtend, was dieſem Elemente im Wege liegt. Da 
werden bei ſolchen Gelegenheiten alle Brücken zerſtört, ja oft 
ganze Waldſtrecken, Steinmaſſen und hohe Baumſtämme mit 
donnerndem Gebrülle durch das ſtark ablaufende Thal mit fort ge⸗ 
riſſen, wodurch nicht ſelten die Communication geſperrt wird. — 

Was noch die hieſige Pfarrkirche anbetrifft, ſo wollen wir 
berichten, daß ſolche erſt in den Jahren 1786 und 1787 ganz 
neu, aber einfach erbaut worden iſt. Sie hat kein Gewölbe und iſt 
daher flach, aber ſehr freundlich von Innen, licht und groß ge⸗ 
nug, um die Zahl der Pfarrgemeinde zu faſſen. Dieſelbe liegt im 
Thalwege, der ſich von Kirchberg über den Sattel nach Steiermark 
hinzieht und, wie ſchon oben geſagt, mitten in der Gemeinde. In 
der ſelben find nur zwei Altäre, ein Hoch: und ein Seitenaltar 
vorhanden; der Hoch altar hat das Bildniß der heiligſten Dre is 
faltigkeit, an welchem Tage auch das Kirchweihfeſt gehalten 
wird, und dee Seitenaltar ein Mar ienbil d. — Merk: 


würdigkeiten find keine vorhanden, auch die Paramente find nicht 


reich, aber in gutem Zuſtande. 
Außer den Ortſchaften Trattenbach und Dttertbat 
gehören ſonſt keine Dörfer zur hieſi igen Pfarre. Der Leiche n⸗ 
115 


* 


260 


hof iſt um die Kirche angelegt. — Den Gottestienft verſieht 
bles ein Pfarrer mit dem jahrlichen Geh alte von 600 fl. C. M. 

Der Ort hat den Namen vom Trat ten bache erhalten, 
und das Alter ſeines Veſtehens reicht nicht in das Alterthum zurück. 


Trauch, 


eine kleine Rotte, nur aus 5 zerſtreuten Haͤuſern beſtehend, im 
Gebirge bei Schwarzau, wevon Mariazell in Steiermark, wohl 
6 Stunden entfernt, die nächſte Poſtſtation iſt. N 

Die Häuſer dieſer Rotte gehören zur Kirche und Schule nach 
Schwarzau, mit dem Werbkreiſe zum Lin. Inf. Regimente 
Nr. 49; mit dem Landgerichte zur Grafſchaft Gutenſtein, wel⸗ 
che zugleich auch die Grund⸗, Orts: und Conſcriptionsobrigkeit iſt. 

Hier leben in 15 Familien 41 männliche, 40 weibliche 
Perſonen mit 7 ſchulfähigen Kindern. Der Viehſtand umfaßt 3 
Pferde, 14 Zugochſen, 25 Kühe, 30 Schafe, 12 Ziegen und 
6 Schweine. 

Die Bewohner ſind Waldbauern, welche ſich mit der Vieh⸗ 
zucht beſchäftigen und einen Handel mit Holzkohlen nach Wien 
treiben. Sie bebauen ihre ſchlechten Gründe blos mit Sommer s 
und Winterkorn, dann Hafer, wovon aber die Ernte ganz kaͤrg⸗ 
lich ausfällt. Sie haben weder Wein: noch Obſtgärten, weil das 
Klima, wenn es auch geſund und mit gutem Gebirgswaſſer ver⸗ 
ſehen iſt, zu rauh auf dieſe Erzeugniſſe einwirkt. 

Die Rotte Trauch hat den Namen von dem ſogenannten 
Trauchberge erhalten, der dieſe Rotte von jener unter der 
Benennung: Rotte Gegend ſcheidet. Die zerſtreuten Häuſer 
davon liegen nahe an der ſteieriſchen Grenze, in weſtlicher Rich⸗ 
tung gegen St. Aegyd, gegen Suden ſcheidet ſie der hohe Ober s⸗ 
berg von Preinthal und gegen Norden grenzen ſie an Rohr 
im Gebirge. Angelegte Straßen gibt es hier keine, ſondern blos 
beſchwerliche Gebirgswege. 

Hier entſpringt ein Arm der Schwarzau. Das Fiſchwaſ! 
ſer — dem Pfarrer von Schwarzau gehörig — wird alle Jahre 
durch die Scheiterſchwemme verwüſtet. Unter mehreren betraͤcht⸗ 


201 


lichen Bergen zeichnet ſich der hohe Obersberg ganz befonders 
aus. In den hieſigen Waldungen iſt viel Hirſch⸗, Reh⸗ und Fe⸗ 
derwild vorhanden. Auch werden hier Bärenjagden abgehalten. — 
Das Nußvieh treibt der hieſige Landmann zu Anfang des Som: 
mers auf die Alpen, ws es bis Michaelizeit verbleibt. 


Traunhof, 


ein Freihof, welcher auch ſonſt der Götz ifche of genannt 
wird, „befindet fih im Markte Gun d rams dor f. . 


Trautmannsdorf. 


Ein Markt von 80 Häuſern mit einem herrſch aft lichen 
Schloſſe und zugleich eine eigene Herrſchaft, am Leitha⸗ 
thafluſſe gelegen, 2 2 Stunden von der Poſtſtotion Siſchamend 
entfernt. 

Die Kirche und Schule befinden ſich im Markte; davon ge⸗ 
hört von erſterer das Patronat der Herrſchaft und die Pfarre in 
das Decanat Pruegg an der Leitha. Den Werbkreis beſitzt das 
Lin. Inf. Regiment Nr. 49. — Landgericht, Grund-, Orts- uud 
Conſcriptionsobrigkeit iſt die Herrſchaft Trautmannsdorf. 

Der Markt wird von 139 Familien, worunter ſich 301 männ⸗ 
liche, 312 weibliche Seelen und 110 Schulkinder befinden, be⸗ 
wohnt, welche zuſammen 116 Pferde, 4 Ochſen, 130 Kühe und 
276 Schafe beſitzen. 

Die hieſigen Einwohner ſind Landbauern, wovon der Drei⸗ 
viertellehner mit 32 Joch, der Halblehner mit 25 Joch und der 
Viertellehner mit 9 bis 10 Joch Hausgründen beſtiftet iſt. Im 
Markte befinden ſich auch die nöthigen Handwerker. 

Ihre meiſte Beſchäftigung beſteht blos in Feldbau, denn die 
Wein⸗ und Obſtpflege iſt hier ſehr unbedeutend und Handel wird 
keiner getrieben. 

Die Gründe ſind mittelmäßig beſchaffen, jedoch iſt ein Theil 
derſelben der Ueberſchwemmung des Leithafluſſes ausgeſetzt. Es 
werden hier Weitzen, Kom, Gerſte, Hafer und d Erdaͤpfel ge⸗ 


fech ſet. 


262 


Der Markt Trautmannsdorf liegt in einer Ebene am 
linken Ufer des Leithafluſſes, zwiſchen den beiden Pfarrdör⸗ 
fern Gögendorf und Sarasdorf. Von der zweiten von 
Wien an der Hauptſtraße nach Ungern beſtehenden Poſtſtation Fi⸗ 
ſchamend führt eine Straße bis Enzersdorf an der Fiſcha und von 
dort links eine Seitenſtraße über Margarethen am Moos nach 
Trautmannsdorf. Der Markt iſt regelmaͤßig gebaut, auf 
einer Seite mit einer Mauer und einem Graben, auf der andern 
von dem ſogenannten Mühlbach, welcher aus der Leitha abge⸗ 
leitet wird, umgeben. Die Käufer find zum Theil mit Schindeln, 
größtentheils aber mit Stroh gedeckt. — Im Ganzen genommen 
iſt der Markt Traut main nsdorf gar nicht anſehnlich. 

Die bemerkenswerthen Gebäude find das in Quadratform 
gebaute, mit zwei Stockwerken verſehene, prächtig meublirte und 
mit ſchönen großen engliſchen Parkanlagen umgebene Schloß 
des Herrn Fürſten von Bathiany, Beſitzers dieſer Herrſchaft, 
die ſchöne Pfarrkirche, der Pfarrhof und das Schulge⸗ 
bäude nebſt den übrigen herrſchaftlichen Wohn⸗ und 
Wirthſchaftsgebäuden. — An der Leitha ſtehen noch zwei 
hierher gehörige Mühlen. — Hier wird jährlich am Mag da⸗ 
lenentage ein Markt abgehalten, welcher aber nicht ſtark be⸗ 
ſucht iſt. 

Das fürſtliche Schloß iſt in zwar einfachem aber ſoliden 
Styl erbaut und der engliſche Park kann großartig genannt wer⸗ 
den, nur iſt die Anlage erſt 3 Jahre alt, daher bracht fie zur 
gänzlichen Vervollkommnung mindeſtens 10 Jahre, bis alle Baͤu⸗ 
me und Geſtraͤuche ziemlich ausgewachſen ſeyn werden. 

Dieſes Schloß iſt an die Stelle des alten urfpruͤnglichen 
Schloſſes, welches ganz niedergeriſſen wurde, erbaut worden. 
Wir haben das frühere, feines hohen Alters, der beſondern Fe⸗ 
ſtigkeit und geſchichtlichen Beruͤhmtheit wegen, werth gefunden, 
ſo wie es noch vor 200 Jahren ſtand, abbilden und in Kupfer 
ſtechen zu laſſen, welche Abbildung der geneigte Leſer hierbei zu 
entnehmen belieben wolle. Es beſtand in einem feſten und großen 
Hauptgebäude von zwei, zum Theil auch drei Stockwerken, aus 


| 263 


deſſen Mitte ſich ein wahrhaft rieſenmaͤßiger viereckiger Thurm, 
aus puren Quaderſteinen aufgefuͤhrt, hoch emporhob, wo an der 
flachen Dachung vier kleine Eckthüͤrme und in der Mittte ein hö⸗ 
herer Thurm hervorſtanden. Ringsum war dieſe Burg — die 
man ihrer Bauart wegen eine Feſtung nennen durfte — durch dop⸗ 
pelte Wälle, Vorwerke und Waſſergraͤben geſchützt, über deren 
letzteren eine Brücke führte. Sie war mit einem Faſangarten, 
ſchöͤner Orangerie, koſtbaren Waſſerleitungen und einer Menage⸗ 
rie umgeben, fo wie im Innern mit prachtvollen Gemächern und 
einem chineſiſchen Cabinette würdig ausgeziert. — Wir find auch 
der Meinung, daß das alte Schloß eine größere Zierde dem 
Markte gegeben habe als das gegenwärtige neue. Solcher Art 
konnte ſich das Schloß Trautmannsdorf tapfer vertheidigen, 
welches auch öfter geſchah, wie wir aus der Geſchichte erſehen 
werden. ö | 

Bevor wir zu diefer und zur Gründung von Trautmann: 
dorf übergehen, wollen wir noch die hieſige Pfarrkirche be⸗ 
ſchreiben. 

Im hieſigen Markte befand ſich ſeit undenklichen Zeiten eine 
Pfarrkirche; wer aber der erſte Erbauer und Stiſter derſelben 
geweſen, weiß man nicht, obwohl wir nicht ohne Grund vermu⸗ 
then, daß es die Stüchſe Herren von Trautmannsdorf 
geweſen ſeyn mögen, die ſelbſt den Markt gruͤndeten. So viel 
iſt aber gewiß, daß ſie im Jahre 1399 vorhanden geweſen, und 
daß nebſt einem ordentlichen Pfarrer auch ſchon mehrere Caplä⸗ 
ne bei derſelben angeſtellt waren, weil in dieſem Jahre der dama⸗ 
lige Albert Stüchs von Trautmanns dor faußer den vor: 
handenen drei Caplänen einen vierten reichlich dotirte. 

Alters wegen wurde die uralte Kirche im Jahre 17138 nieder⸗ 
geriſſen, und von dem damaligen Herrſchaftsbeſitzer Leopold 
Johann Grafen von Windiſchgrätz den 25. Auguſt 1719 
zu der gegenwärtigen der Grundſtein gelegt. Sie iſt daher nach 
neuerer Art gebaut, länglich, durchaus gewölbt, mit großen Fen⸗ 
ſtern verſehen. Beim Eingange in dieſelbe iſt noch eine Seitens 
capelle, welche von der uralten Kirche herzuſtammen ſcheint, 


264 N 


weil fie gothiſch gebaut iſt, und jährlich zum heiligen Grabe ver: 
wendet wird. — Sie liegt außerhalb des Marktes zunaͤchſt am 
hochfürſtlichen Schloßgarten gegen die Ortsweingaͤrten. 

Das Innere derſelben ſchmückt ein Hochaltar, zu Ehren 
der heiligen Märtyrin Katharina geweiht, nebſt drei Sei⸗ 
tenaltären, und zwar rechts der Kreuzaltar, links Ma⸗ 
riahilf und in der uralten Capelle der Altar zum letzten 
Abendmale. 

Beim Hauptthore rechts iſt in der Mauer ein über eine 
Klafter hoher Marmorgrabſtein, worauf ſich eine Frau, nach ur⸗ 
alter Weiſe ſculpirt, mit einem Kiſſen unter dem Kopfe darge⸗ 
ſtellt, befindet, mit einer an den vier Seiten des laͤnglichen Stei⸗ 
nes umlaufenden gothiſchen Innſchrift. Dieſer Stein, welcher 
der Gemahlin einer der Stüchſe von Trautmannsdorf 
aus dem XIV. Jahrhundert angehört, mag fruͤher am Voden 
der Gruft gelegen ſeyn. — Links befindet ſich eine rothe Marmor⸗ 
platte mit einer Inſchrift, den unter ihr ruhenden Grafen von 
Tſcherembel betreffend. In der Kirche ſelbſt ſtehen gegen ein⸗ 
ander zwei Epitaphien, von ungefähr zwei Klafter Hohe, von 
rothen und in der Mitte von weißen Marmor, das eine links fuͤr 
den Pankraz von Windiſchgratz und feine Gemahlin H y⸗ 
polytha Schickin, geb. Gräfin von Paſſau und Weißkirchen, 
vom Jahre 1598 jenes rechts enthält einen Altar von der bes 
meldeten Gräfin Hypolytha, vorſtellend das letzte Abendmal, 
Gott zur Ehre und zum Gedächtniß an ihren Gatten Pankraz. 

Beim Hochaltar im Presbyterio iſt eine Gruft, worin die 
Seelſorger des Marktes begraben wurden. Unter dem ſchönen ho⸗ 
hen Thurme, in der altgothiſchen Seiten capelle, befindet 
ſich eine zweite Gruft, worin mehrere kupferne und zinnerne 
Särge mit Leichen aus der Familie der Stuͤchſe von Traut⸗ 


mannsdorf und der Windiſchgrätze ruhen. — Die Orgel 


auf dem ſehr ſchönen geräumigen Chore iſt eine der beſten in der 
Umgegend. 

Mit Paramenten iſt die Kirche durch die Freigebigkeit der 
Fuͤrſtin Antonia von Bathiany, und die erſt ſeit dem Jahre 1824 


neu angeſchaften, dann durch die von dem gegenwärtig regieren: - 
den Fürſten Philipp von Bathianyp im Jahre 1829 ge 
ſchenkten reichlich verſehen. — In dieſem Pfarr ⸗Territorio 
beſtehen keine Filialen, und es gehört der einzige Markt Traut⸗ 
mannsdorf zur Pfarrkirche. . 

Wir bemerken hierbei auch noch, daß von jeher, wenigſtens 
ſchon im Jahre 1399, eine Schloßcapelle vorhanden geweſen iſt; 
dieſe hat aber nach dazu erhaltenem Ordinariats⸗Conſens vom 
17. Juni 1811 der gegenwärtige Herrſchafts⸗Inhaber demolirt, 
und in dem neu erbauten Schloſſe eine ſehr ſchöͤne Capelle mit 
einem Chore herſtellen laſſen, bis jetzt aber. fehlt der Hochal⸗ 
tar ꝛc. ꝛc., daher wird auch kein Gottesdienſt darin gehalten. 

Die Schickſale der Kirche ſind mit jenen der Pfarre ſelbſt in 
ein gewiſſes Dunkel gehüllt. Indeſſen iſt es gewiß, daß im 
XVI. Jahrhunderte die hieſige Marktgemeinde lutheriſch gewor⸗ 
den, daß durch längere Zeit kein katholiſcher Pfarrer vorhanden 
geweſen iſt, und daß während dieſes Zeitraumes die Pfarre ih⸗ 
rer urſprünglichen Einkünfte an Zehenten, Gütern und Gülten 

verluſtig ward. Erſt im XVII. Jahrhundert, im Jahre 1650, 
wurde der Ort wieder katholiſch und wegen Ränge der Zeit, mit⸗ 
hin wegen Mangel an unumſtößlichen Beweiſen in Betreff der 
früheren Beſitzungen und Rechte der Pfarre und der Kirche 
ſelbſt, iſt eine Transaction geſchehen, vermöge welcher dem 
Pfarrer gewiſſe Einkünfte feſtgeſetzt wurden. 

Gegenwärtig verſieht die Seelſorge der Pfarrer ganz allein 
und wechſelt mit dem Gottesdienſte mit Sarasdorf. — Der Leis 
chenhof befindet ſich außerhalb des Marktes, iſt mit einer 
Mauer umfangen und erſt im Jahre 1819 errichtet worden. 

Bei der Veſte Stühfenftein haben wir die Familie 
der Stüch ſe nachher von Traut manns dorf, fo viel aus 
Urkunden bekannt geworden iſt, abgehandelt. Es iſt unſtreitig, 
daß Stüchſenſtein (zu Anfang des XII. Jahrhunderts) ihr 
erſtes und ſomit älteſtes Beſitzthum war, und nach unſerer ver⸗ 
anſtalteten Unterſuchung ergibt ſich folgendes Reſultat. 

Albert Stuͤ zs, welcher Stüch ſenſtein beſaß und 


266 


1202 noch lebte, erſcheint als der erſte mit dem Praͤdicate von 
Trautmannsdorf. Dieß angenommen wird es glaubwürdig, 
daß derſelbe den Ort Trautmannsdorf, welcher natürlicher 
Weiſe damals ſchon geſtanden, und den Namen von ſeinem Er⸗ 
bauer oder Gründer, einem Trautmann, geführt haben muß, 
durch Kauf an ſich gebracht und ſich den Namen davon beigelegt 
habe. Es war unt hier nur obgelegen zu unter ſuchen wegen der 
Familie Trautmann, die unſer Trautmanns dorf aller 
Wahrſcheinlichkeit nach ins Daſeyn gerufen habe, allein hierin 
waren wir nicht ſo gluͤcklich etwas zu erforſchen, welches auch um 
fo ſchwerer iſt, als die Entſtehungsperiode ganz ſicherlich als die 
zweite Hälfte des XI. Jahrhunderts angenommen werden darf, 
in der, nämlich 1041, die Ungern zuruck gebrärigt, und an der 
Leitha hin neue Ortſchaften angelegt wurden. 

Bei Stuͤchſenſtein haben wir die grundhaͤltige Vermu⸗ 
thung ausgeſprochen, daß die Brüder Hadmar und Martin 
Stüchſe von Trautmannsdorf ungefähr um das Jahr 1350 
dieſe Burg an den Herzog Albrecht II. abgetreten haben. Dieß 
ſcheint uns auch um dieſe Zeit der nämliche Fall mit Traut⸗ 
manns dorf, denn wir finden den Ort landes ffuͤrſtlich, und nach 
dem Schriftſteller Valentin Prevenhuber in ſeinen 
Collectaneen war Trautmannsdorf noch bei Lebzeiten 
Albrechts II. vom Jahre 1428 bis 1443 nebſt den Herrſchaf⸗ 
ten Steyer und Weideneck der Eliſabeth, vorgedachten 
Kaiſers Gemahlin (T 1442), zur Witwen = Apanage beſtimmt. 
Wenn es alſo dem wirklich ſo iſt, was wir auch glauben, ſo ſind 
alle bisherigen Angaben von mehreren Gelehrten, worunter auch 
Baron Hor mayr begriffen iſt, in ſo weit grundlos, wenn ſie 
vermeinten, daß zwei gegen einander feindlich geſinnte Bruͤder, 
nämlich Bartholomä und Otto Stüchſe von Traut⸗ 
mannsdorf, und eigentlich erſterer, den Ort dem deutſchen 
Ritterorden St. Georg zu Mühlſtatt in Kärnthen aus 
Erbitterung gegen feinen Bruder übergeben habe. 

Von dieſer Zeit an verſchwinden die Stuͤchſe von Trau ts 


267 


manns dorf aus ihren Beſitzthümern in Oeſterreich gänzlich, 
und nur jene aus Steiermark bluͤhten maͤchtig fort. 

Dieſe an Sprößlingen ungemein zahlreiche Familie, von 
denen in der Schlacht bei Laa im Jahre 1278 zwiſchen Ott o⸗ 
kar von Böhmen und Kaiſer Rudolph von Habsburg al⸗ 
lein dreizehn ihren Tod fanden, dann in jener Schlacht zwi⸗ 
ſchen Ampfing und Mühldorf am 28. September 1322 zwiſchen 
Kaiſer Friedrich dem Schönen und feinem Vetter Ludwig 
von Baiern, ſechzehn Trautmannsdorfe gefangen und 
vier erſchlagen wurden, werden wir ſeiner Zeit um ſo gewiſſer 
am paſſenden Orte umſtaͤndlich abhandeln, als dieſe uralte und 
höchſt berühmte Familie in gar keinem Werke genealogiſch aufs 
geführt erſcheint. Es iſt wohl im erſten Bändchen im öſterrei⸗ 
chi ſchen Plutarch das Leben Maximilians Grafen von 
Traatmanns dorf oeſchrieben, allein das wichtigſte, näm⸗ 
lich die Abſtammung und Fortpflanzung der Familie, iſt von dem 
Bearbeiter weggelaſſen worden, welches ſehr leicht geſchehen kann, 
wenn man kritiſch hiſtoriſchen Ausarbeitungen ‚ wegen zu vieler 
Mühe, vorſetzlich ausweicht. 

Um den Faden, wegen des Beſi dihumes von Tvaut⸗ 
manns dorf, nicht aus den Augen zu verlieren, führen wir uns 
fern geneigten Leſern an, daß nach dem Tode der oben erwähns 
ten kaiſerlichen Witwe Eliſaberh, Trautmannsdorf dem 
Kaiſer Friedrich IV. zuflel, der ſolches im Jahre 1463 dem 
St. Georgs- Ritterorden, und zwar dem Groß mei⸗ 
ſterthume zu Mühlſtatt in Kärnthen, übergab, Bis 
zum Jahre 1576 beſaß dieſer Orden den Markt ſammt Veſte, 
in welchem Jahre aber derſelbe ſolchen an Pankraz von 
Windiſchgrätz verkaufte (n. ö. Gültenb.). Bei dieſer Fami⸗ 
lie blieb Trautmannsdorf durch 180 Jahre, und zwar. ers 
hielt dieſe Herrſchaft von dem Pankraz im Jahre 1578 
Friedrich Freiherr von Windiſchgrätz; im Jahre 4654 
Gottlieb Graf von Windiſchgrät von den Erben des 
Porigen; im Jahre 1669 deſſen Sohn Amadaͤ; im Jahre 1727 
Leopold Johann Vic torin Graf von Win dich grätz, 


208 


durch Vergleich; im Jahre 4755 die Vormundſchaft des Jos 
ſeph Grafen von Windiſchgrätz, welche 1756 die Herr⸗ 
ſchaft Trautmannsdorf an Carl Fürſt von Bathiany⸗ 
Strattmann verkaufte. Adam Wenzel Fürſt von Ba: 
thiany erhielt dieſelbe 1772 von feinem Oheim, dem Vorigen; 

im Jahre 1777 deſſen Sohn Ludwig und im Jahre 1810 deſ⸗ 
ſen Sohn Philipp, gegenwärtiger Sur Bathiany⸗ 
Strattmann. 

Schon in den früheſten Zeiten war die Veſte Traut⸗ 
manns dorf bei den Einfällen der Ungern angefochten worden, 
fie widerſtand aber den Belagerungen auf das bartnädigfte, und 
meiſtens mußten die Feinde unverrichteter Sache wieder hinweg⸗ 
ziehen. Im Jahre 1477 wurde die Burg durch den Ungernkönig 
Matthias Cor vinus ſtark belagert, ſie ſetzte demſelben aber 
eine verzweifelte Gegenwehr entgegen, und ihre Beſatzung rich⸗ 
tete unter ſeinem Volke durch bedeutende Ausfälle eine große 
Niederlage an, deſſen ungeachtet wurde ſie am Ende doch durch 
Lift erſtiegen. Das Jahr 4545 hat dieſen Ort berühmt gemacht, 
durch die Zuſammenkunft des Kaiſers Maximilian J., Ko: 
nigs Uladislaus von Ungern und Königs Sigmund 
von Pohlen, welche von hier auß ihren feierlichen Einzug nach 
Wien hielten (Fuggers Ehrenſpiegel des Hauſes Oeſterreich). Im 
September 1529, als das türkiſche Herr heran wogte, ward auch 
Trautmannsdorf eingeſchloſſen, und der Anfang zur Bela⸗ 
gerung gemacht, welcher es kräftig widerſtand, doch wurde es 
endlich durch Accord dem Sultan Suley man übergeben. Nicht 
geringer prallte die Türkenwuth im Jahre 1683, bei der zweiten 
Belagerung Wiens, von Trautmannsdorf ab. Dieſe Veſte 
wird außerdem ob ihrer Feſtigkeit und immer guten Vertheidigung 
in der Landesgeſchichte oftmals rühmlich erwähnt. . 
Trautmannsdorf bildet auch eineeigene Herrſchaft, 
wovon ſich der Amtsſitz in Margarethen am Moos befindet. 

»Die Herrſchaft zählt 485 Häufer, 753 Familien, 1652 
männliche, 1662 weibliche Seelen; 642 Pferde, 68 Zugochſen, 
875 Kühe, 1665 Schafe; 610 Joch Wälder, 178 1 Joch 


209 


Auen, 816 3 Joch Wieſen, 6346 Joch Ackerland, 434 1 Joch 
r da 86 $ Joch Gärten, 816 1 Joch Hutweiden, 

2 Joch Sumpf, 75 4 Joch Bau⸗ Area und 370 1 Joch 
und enußbaren Grund. 

Die Herrſchaft liegt 5 Stunden öſtlich von der Haupt- und 
Reſidenzſtadt Wien, am linken Ufer der Leitha, an welche die 
drei Ortſchaften: Markt Götzendorf, Markt Trautmanns⸗ 
dorf und Sarasdorf grenzen und bildet mit ihren ſechs Ort⸗ 
ſchaften ein Dreieck, das ſich mit dem Dorfe Arbesthal gegen die 
Donau endet; umgrenzt wird ſie von den Herrſchaften und Pfar⸗ 
ren Margarethen am Moos, Enzersdorf, Petronell, Wilfleins⸗ 
dorf, Rohrau, Mannersdorf, Schwadorf und Ebergaſſing. 
Das Klima iſt ganz gleich jenem der Kaiſerſtadt; die Tem⸗ 
peratur unterliegt häufigem Wechſel, und Weſtwinde ſind vor⸗ 
herrſchend, doch iſt es nicht ungeſund; das Waſſer wäre wohl | 
gut, aber mehrentheils ſehr weich. 

Die Einwohner dieſer Herrſchaft find durchaus gandbanern | 
und beſchäftigen ſich mit Feld: und Weingartenbau; unter ihnen 
befinden ſich nur fo viele Handwerker, als dem Localbedarf ange: . 
meſſen find. Es wird hier überhaupt die gewöhnliche Bauern: 
wirthſchaft getrieben, ohne daß wir ſagen könnten, ein Zweig 
davon erhielte eine vorzügliche Cultur. So werden auch nur die 
gewöhnlichen vier Körnergattungen gebaut, jedoch Weizen in 
weit geringerem Maße, nur ſo viel als des Landmanns Haus⸗ 
bedarf fordert. Der Weinbau darf ziemlich bedeutend genannt 
werden, vorzüglich in Stuͤchs-Neuſiedl, Sarasdorf und Ball: 
brunn. Die Obſtpflege iſt dagegen zu Arbesthal bemerkenswerth. 
— Im Ganzen genommen find die Gründe von guter Beſchaf—⸗ 
fenheit und es iſt die. Dreifelder⸗Wirthſchaft mit Beobachtung 
des Brachjahres allgemein eingeführt. j 

Durch das herrſchaftliche Gebiet zieht die Pruegger⸗ Com- 
merzialſtraße und durchſchneidet die Ortſchaften Gallbrunn und 
Stüchs-Neuſiedl. — Mauthen beſtehen keine. — Sowohl bei 
Trautmannsdorf als auch bei Götzendorf unterhalten Brü⸗ 


N 


270 | 
cken über bie Leitha die Verbindung mit dem jenfeitigen Gebiete 
und der Herrſchaft Mannersdorf. 

Das dieß herrſchaftliche Gebiet wird der Länge nach von dem | 
Leithafluſſe durchſtrömt, an welchem zu Götzendorf eine 
Spinn⸗ Fabrik, die aber noch nicht ganz eingerichtet iſt, und eine 
Mahlmühle, fo wie auch eine Mahlmühle zu Traut⸗ 
mannsdorf ſtehen. Die weſtliche Grenze dieſer Herrſchaft 
bildet der Fiſchabach, worauf keine Waſſerwerke ſich befinden, 
auch der kleine Reiſenbach fließt durch den Burgfrieden von 
Götzendorf. 

Berge exiſtiren hier keine, wohl aber bedeutendere Hügel, 
die jedoch gleich den kleinen Waldungen keine beſondern Namen 
führen oder ſonſt bemerkenswerth wären. ö 

Handelszweige finden ſich in der Herrſchaft keine im Betrie⸗ 
be, und blos Märkte werden in den Ortſchaften abgehalten. Das 
von beſtehen im Markte Götzendorf zwei bedeutende Jahr⸗ 
märkte, am Vitustage und am Tage St. Simon im Herbſte. 
Der Markt Trautmannsdorf hat einen minder beſuchten 
Jahrmarkt am Roſalientage. 

Die vorzüglichen Beſtandtheile an bemerkenswerthen Ges 
bauden ꝛc. ꝛc. haben wir bei Trautmannsdorf angeführt und 
bemerken hier nur noch; daß die zwei Märkte Trautmanns⸗ 
dorf und Götzendorf, dann die Dörfer: Sarasdorf, 
Stüchs⸗Neuſiedl, Gallbrunn und Arbesthal zus 
ſammen die bedeutende Herrſchaft Trautmannsdorf bil⸗ 
den, deren gegenwaͤrtiger Beſitzer Seine Durchlaucht Herr Fürft 
Philipp von Bathiany-Strattmann iſt. 

Auch iſt die hieſige Herrſchaft zugleich Grundobrigkeit im 
Dorfe Wilfleins dorf und hat beſtiftete Unterthanen 
und Grundholden zu Mannersdorf, Somarein und 
Reiſenberg. Sie beſitzt ein eigenes Landgericht, wovon der 
Amts itz gleichwie die übrige Herrſchafts⸗Verwaltung, wie ſchon 
geſagt, in Margarethen am Moos ihren Sitz hat. 

Die Herrſchaft Traut manns dorf iſt mit dem Fideicom⸗ 
miß ⸗ Bande belegt. 


271 


Tribuswinkel, 
ein Pfarrdorf von 79 Häuſern, eine Stunde von Ginſelsdorf, 
welches die nächſte Poſtſtation iſt, gelegen, unter dieſer Benen⸗ 
nung auch als eine eigene Herrſchaft beſtehend. 

Im Dorfe befinden ſich die Kirche und Schule. Die Pfarre 
gehört in das Badner Decanat, das Patronat aber beſitzt Graf 
Sigismund von Starhemberg. — Der Werbkreis iſt 
dem Lin. Inf. Regimente Nr. 49 einverleibt. 

Landgericht iftsdie Herrſchaft Tribuswinkel; Grund⸗ 
berrfchaft eben dieſelbe nebſt der Pfarre hier, Orts: und Cou⸗ 
ſcriptionsobrigkeit aber erſtere allein. N 

Hier befinden ſich 113 Familien, 202 männliche, 233 weib⸗ 
liche Perſonen ſammt 80 Schulkindern. Der Viehſtand zählt 56 
Pferde, 20 Zugochſen, 124 Kühe, 894 Schafe und 102 Schweine. 

Die hieſigen Bewohner gehören zu den Landbauern des fla⸗ 
chen Landes und ernähren ſich von ihrem Ader: und Weinbau, 
nebſt welchem fie Fuhrwerke als Nebenverdienſt verrichten. — 
Zu erſterem Zweige ſind ihre Gründe von gemiſchter Art und die 
Beſtiftung damit iſt gering. Es werden außer den gewöhnlichen 
vier Körnergattungen etwas Mais, Hülſenfruͤchte, Erdäpfel, 
Rüben und Grünfutter gebaut. Vorzüglich beträchtlich gegen die 
andern landwirthſchaftlichen Zweige iſt der Weinbau, dagegen 
die Obſtcultur von ganz geringer Bedeutung. — Ihre Viehzucht 
iſt karg auf ihren eigenen Bedarf beſchränkt, die Herrſchaft aber 
beſitzt eine ſchöne Meierei und Schäferei mit eingeführter 
Stallfütterung. 

Der Ort Tribus winkel, in alten Zeiten Tribams⸗ 
winkhele und Triebes winkhl, liegt ſuͤdlich 4 Stunden von 
Wien unfern Traiskirchen und Wienersdorf, ganz flach zwi⸗ 
ſchen Feldern, Wieſen und Weingaͤrten, vom Muhlbache, der von 
dem Schwechatbache abgeleitet iſt, durchſchnitten, eine Viertel⸗ 
ſtunde rechts von der nach Steiermark und Italien führenden 
Haupt⸗Poſtſtraße abgelegen in einer recht angenehmen Gegend, 
welche maleriſch belebt wird durch die vielen in der Naͤhe liegen⸗ 


272 


den Dorfſchaften als: Oyenhauſen, Tattendorf, Teesdorf, Gin⸗ 
ſelsdorf, Kottingbrunn, Leesdorf, Baden, Pfaffſtetten, Gum⸗ 
poldskirchen und Gundramsdorf. — Der Ort genießt gutes 
Klima und Waſſer. | 

Im Ortsbezirke befindet ſich auch der bei Traiskirchen vor⸗ 
überſtrömende Schwechat: oder Aubach und der Hoͤrm bach 
als Waſſerleitungs⸗Canal zur Vermehrung des Mühlwaſſers, 
dann der Wiener⸗Neuſtädter Schiff ahrts⸗Canal. 

Hier im Dorfe ſtehen: ein hübſches herrſchaftliches 
Schloß, ſammt einem dazu gehörigen Meierhofe und gro⸗ 
ßem Zier⸗, Frucht⸗ und Obſt garten, die Pfarrkirche 
mit dem Pfarrhofe und Schulhauſe, dann drei Mahl⸗ 
müblen am Badner Muͤhlbache. Eine Viertelſtunde ſuͤdöſtlich, 
außerhalb des Ortes gegen Oyenhauſen, liegt die große herr. 
ſchaftliche Schäferei, nebſt einigen entfernteren dießſeits 
des Wiener⸗Neuſtädter Canales gelegenen Haͤuſern, die noch 
hierher gehören. — Waldungen und Berge gibt es hier keine, 
doch einige Auen ziehen ſich an dem Ufer des Schwechatbaches 
hin. Die Fiſcherei und Jagdbarkeit, welche nur in Haſen und 
Rebhühnern beſteht, ſind Regalien der Herrſchaft Tribus⸗ 
winkel. . 

In der fruͤheſten Zeit gehörte der Ort zur Pfarre nach Trais⸗ 
kirchen, doch Wolfgang von Winden, welcher im Jahre 
1359 Tribus winkel eigenthümlich beſaß, ließ 1368 hier eine 
Kirche zu Ehren des heiligen Wolfgang erbauen und ſtif⸗ 
tete zu dieſer einen eigenen Prieſter als Pfarrer. Fruͤher aber 
ſchon als dieſe Kirche beſtand eine Capelle im Schloſſe, wobei 
ein eigener Geiſtlicher angeſtellt war. — Im Stiftsbriefe ver⸗ 
ordnete Winden auch, daß das Patronat der Pfarre beſtän⸗ 
dig bei ſeiner Familie verbleiben und im Falle des Ausſterbens 
derſelben an die durch Heirath verwandten Herren von Star⸗ 
hemberg gelangen ſolle, weßhalb auch noch heut zu Tage die 
Familie von Starhemberg das Patronat der Kirche beſitzt. 
Die urſprüngliche Kirche war gothiſchen Bauſtyls, ſehr klein 
und ſtand bei 400 Jahre. Sie litt beſonders durch die Verwuͤ s 


273 


ſtungen der Türken in den Jahren 1529 und 1683, daher fie 
auch baufaͤllig wurde. Graf Julius Joſeph Leopold von 
Walſegg, damaliger Herrſchafts⸗Beſitzer und ein Mann voll 
frommen Sinnes, ließ im Jahre 1732 die alte abtragen und da⸗ 
für eine neue Kirche erbauen. Dieſe iſt an der Stelle der vori⸗ 
gen in der Mitte des Orts auf einem erhabenen Platze, zu dem 
man über mehrere Stufen gelangt, gelegen, in neuern Baufor⸗ 
men ſolid aufgefuͤhrt, ſehr geraͤumig, hoch und ſchön, und dürfte 
ſomit erſt in vielen Jahren einer verhaͤltnißmäßig größeren Popu⸗ 
lation entſprechen. 

Den Hochaltar ziert das Bildniß des heiligen Patrons 
Wolfgang,; doch wird nebſtbei auch der heilige Sigmund 
als Patron verehrt. Nebſt dieſem befinden ſich noch zwei Sei: 
tenaltäre darin, zur Ehre der ſeligſten Jungfrau Ma: 
ria, mit dem Bilde des gekreuzigten Heilandes. 

Zur Zeit als die Reformation in Oeſterreich Platz griff, 
waren auch die hieſigen Einwohner derſelben zugethan, und die 
Kirche ward in ein Bethaus umgeſtaltet,, doch in der Folge der 
Zeit wurden jene der katholiſchen Religion zugefuͤhrt. 

Gewöhnlich wird der Gottesdienſt von einem Pfarrer verſe⸗ 
hen, gegenwärtig aber von einem Pfarrverweſer. Der Leichen 
hof iſt um die Kirche angelegt und mit einer Mauer umfangen. 
— Außer Tribus winkel gehört ſonſt keine Ortſchaft zur hie⸗ 
ſigen Kirche. 

Hier im Dorfe beſteht auch noch ein Freihof ‚der Sen⸗ 
gerhof genannt, und ſeines hohen Alters wegen bemerkenswerth. 
Vor Jahrhunderten war dieſer Hof eine fuͤr ſich beſtehende Gülte 
und mit vielen Gründen beſtiftet. Er mag aus der erſten Zeit⸗ 
periode der Gründung des Orts herruͤhren, und iſt ein altes, 
ziemlich geräumiges Gebäude, das dermalen größtentheils von 
Miethleuten gegen einen mäßigen Zins und die Verbindlichkeit,, 
ſich vorzüglich bei den herrſchaftlichen Feldarbeiten brauchen zu 
laſſen, bewohnt wird. Vormals war fogar eine Capelle zu 
Ehren des heiligen Johann des Täufers darin, die jetzt 
aber nicht mehr beſteht. Im Laufe der Zeit beſaßen ihn die Fa⸗ 

| 18 


1 


274 


milien Räuber, Brenner und Senger, von welch letzterer 
er den Namen erhalten hat. Auch das Stift Neuburg in 
Steiermark beſaß dieſen Freihof und verkaufte ſolchen wieder 
im Jahre 1678. 

Tribuswinkel iſt ſehr alt, und war einſt der Sitz einer 
angeſehenen adelichen Familie, die mit dem Orte gleichen 
Namen führte. Das Kloſterneuburger-Saalbuch in Fiſchers 
Urkunden buche enthält mehrere Glieder derſelben. Davon er: 
ſcheint um das Jahr 1130 Ulrich von Tribanswinchel nals 
Zeuge. Ebenfalls als ſolcher wird ein Jubort von Tribans⸗ 
winckel im Jahre 1136 im Stiftsbriefe von Heiligenkreuz an⸗ 
geführt. Auch im Stiftsbriefe des Schottenkloſters zu Wien kömmt 
Ulrich von Tribanswinchel vor, der uns ein anderer als 
der Vorige zu ſeyn ſcheint. Weiter wird Juburt von Tribans⸗ 
winckheln, und Ludwig mit ſeinem Bruder Meinhard 
bekannt. Meinhard (nicht der Vorige) von Tribanswinck⸗ 
hel erſcheint 1178 mit feinen zwei Brüdern Rapoto und Al⸗ 
bero. Rapoto wird in andern Urkunden mehrmals angefuͤhrt 
und erſcheint als der Gemahl der Mechtildis von Spa eb ars⸗ 
bach und Schnepfenſtein. — Ulrich von Tribans winck⸗ 
hel wird 1214 als Zeuge genannt in einer vom Paſſauer Biſchof 
Mangold ausgeſtellten ſchriftlichen Erlaubniß, einige pfarrliche 
Rechte der Capelle Altenburgs betreffend. Heinrich von Tri⸗ 
banswinkl erſcheint in den Jahren 1204, 1212, 1217 und 
1231 in verſchiedenen urkundlichen Briefen. Im Jahre 1277 
kaufte Hertnid von Lichtenſtein von einem Wichard von 
Tribans winckhl vier Lehen zu Ringleinsdorf, welche er dem 
Stifte Heiligenkreuz ſchenkte. Ludwig und Meginh ard von 
Tribanswinckhl lebten noch 1294 und beſaßen den Ort. Die⸗ 
ſe ſcheinen die letzten ihres Geſchlechtes geweſen zu ſeyn, weil 
nach ihnen keiner dieſes Namens mehr vorkömmt und Tri bus⸗ 
winkel in den Beſitz anderer gelangte. — Auch andere adeliche 
Familien hatten hier einzelne Beſitzungen, die außer dem heuti⸗ 
gen Ortsbezirk lagen, früher aber dazu gehörten, daher anzuneh⸗ 


275 
men iſt, daß Tribuswinkel viel größer als gegenwärtig ge: 
weſen ſeyn muͤſſe. 

Nach dem Ausblühen der Herren von Tribanswinkel 
erkaufte die Familie von Miſtelbach den Ort und behielt ſol⸗ 
chen bis 1359, in welchem Jahre derſelbe kaufweiſe von Ehren⸗ 
precht von Miſtelbach an Wolfgang von Winden abge⸗ 
treten wurde, bei welcher Familie das Gut bis auf Wenzl von 
Winden im Jahre 1503 verblieb. Nach derſelben Ausſterben 
uͤberkam es die Frau Baroneſſe Apollonia von Yſen, geborne 
von Winden, und wahrſcheinlich die Tochter des Vorigen, 
welche Tribus winkel den mit ihr verwandten Herren von 


Starhemberg uͤbergab. Hanns Matheber zu Sonaberg 


und ſeine Gattin Katharina erkauften dieſe Herrſchaft, wel⸗ 
che ſie dann nach kurzem Beſitzthume im Jahre 1542, wie die 
n. ö. ſtändiſche Einlage es bewährte, an Gabriel und Ulrich 
Strein, Herren zu Schwarze nau, wieder kaͤuflich hindanga⸗ 
ben. Alsbald wurde ſie von Johann Baptiſt Freiherrn von 
Hoyos kaufweiſe erſtanden, welchem 1561 ſein Sohn Johann 


— 


Baptiſt, und 1579 deſſen Sohn Ludwig Gomez Freiherr 


von Hoyos folgten. Im Jahre 1587 brachte das Gut der Frei⸗ 
herr Joſeph von Prößing an ſich, verkaufte es in demſel⸗ 
ben Jahre an Chriſtoph Hermann und Hanns Füllen⸗ 
ſtein, und dieſe im Jahre 1590 an Georg Föderle. Im 
Jahre 1599 überkamen dasſelbe ſeine Erben; dann 1617 Georg 
Föderle von ſeiner Mutter Helena; 1623 deſſen Sohn Ge⸗ 


org; im Jahre 1632 Maria Salomaͤ, geborne Bay er 
von ihrem Gatten Georg; im Jahre 1637 Jo hann Ludwig 


Hector Graf von IJsolany; im Jahre 1640 Margares 


tha Gräfin von Jsolanyz im Jahre 1648 Anna Maria 
Gräfin von Saur au, geborne Gräfin von Js ola ny, von ih: 
rer Mutter der Vorigen; im Jahre 1659 das Nonnenkloſter 
St. Jacob in Wien durch Erbſchaft von der Vorigen; im 
Jahre 1666 Franz Leonhard Wager le Freiherr von Wal: 
ſegg; im Jahre 4706 durch bruͤderlichen Vergleich Franz 
Anton Freiherr von Wal ſegg; im Jahre 1707 die Fürſtin 
18 % 


276 


Eva von Eſterhas zy durch Kauf; im Jahre 1716 Fran z 
Chriſtoph Graf von Scalvinoni; im Jahre 1733 Juli⸗ 
us Joſeph Leopold Graf von Walſeggz im Jahre 1746 
fein Sohn Franz Anton Joſeph Graf von Walſeggz im 
Jahre 1772 Anna Maria Gräfin von Shulenburg: 
Oyen hauſen; im Jahre 1684 Maria Antonia Gräfin 
von Daun, geborne Gräfin Schulenburg, durch Abtretung 
von ihrer Mutter der Vorigen; im Jahre 1799 Chriſt oph und 
Joh ann Freiherren von Bartenftein; im Jahre 1802 Chri⸗ 
ſtoph allein; im Jahre 1818 Chriſtina Gräfin von Spies 
gel, Sophie, Thereſe, Katharina und die minor. Leo: 
poldine Freiin von Bartenſtein; dann im Jahre 1832 
die Frau Thereſia Freiin von Bartenſtein, Ehren⸗ 
Stiftsdame des Brünner Damenſtiftes, welche die Herrſchaft noch 
jetzt beſitzt. 

Die Schickſale, welche der Ort während feines 800 jährigen 
Beſtehens vielfach erlitten hat, theilt derſelbe mit dem nahen 
Traiskirchen. — Die Ableitung des Namens Trib ans⸗- oder 
Tribuswinkel iſt ganzlich unbekannt, doch ſcheint er uns ſich 
in alten Zeiten auf die örtliche Lage bezogen zu haben, einen drei⸗ 
eckigen Winkel oder ſonſt eine ähnliche Bezeichnung zu bedeuten. 

Tribus winkel beſteht als eine eigene Herrſchaft 
und beſitzt nebſt allen übrigen herrſchaftlichen Rechten auch die 
Rechte eines Landgerichtes. 

Im Ganzen enthält dieſe Herrſchaft 130 Häufer, 195 Fami⸗ 
lien, 441 männliche, 422 weibliche Einwohner; 114 Pferde, 
46 Zugochſen, 182 Kühe, 934 Schafe, 197 Schweine; 300 
Joch, 61 18 Klafter Wieſen, 1030 Joch, 658 4 Klafter Acker: 
land, 98 Joch, 124 T Klafter Auen, 24 Joch, 531 Klafter 
Weingärten, 25 Joch, 579 Klafter Gärten, 15 Joch, 1362 
Klafter Bau- Area, 316 Joch, 1149 Klafter Hutweiden und 78 
Joch, 310 4 Klafter unbenützten Boden. 

Die Herrſchaft liegt 4 Stunden von Wien gegen Süden in 
einer angenehmen Fläche, unter dem Anninger⸗Waldgebirge mit 
der Wiener⸗Neuſtädter Poſtſtraße in Berührung, und von den 


277 


Herrſchaften Leeſtorf, Teesdorf, Ob er-Walters dorf, 
Trumau und Traiskirchen begrenzt, und blos 3 Stunde 
von der l. f. Stadt Baden entfernt. | | 

Das hieſige Klima iſt fehr geſund und gut, eben fo das 
Waſſer. — Es werden alle Gattungen Körnerfrüchte, Knollen⸗ 
und Hülſengewächſe und Wein gebaut. Der Wieſenboden iſt ſehr 
unbedeutend und von minderer Gattung, deßhalb bedarf es des 
künſtlichen Futterbaues. Das Ackerland hingegen iſt ziemlich frucht⸗ 
bar mit dem Betriebe der Dreifelder-Wirthſchaft. Feldbau und 
Weinbau werden am meiſten betrieben. — Die Obſtpflege iſt un⸗ 
bedeutend und eben ſo auch die Viehzucht, doch in der herrſchaft⸗ 
lichen Meierei und Schaͤferei ſteht dieſer Zweig vollkommen cul⸗ 
tivirt da, mit Einführung der Stallfütterung. | 

Der herrſchaftliche Bezirk wird an der öſtlichen Seite von 
der Haupt⸗Poſtſtraße, und im Innern desſelben von den zu an⸗ 
dern Ortſchaften fuͤhrenden Verbindungsſtraßen darchſchnitten. 
Brücken beſtehen in Wienersdorf und Tribus winkel über den 
Mühlbach, dann eine über den Hörmbach. 


Der Yu: oder Schpechatbach, der Mühlbach (ſoges 


nannte Badnerbach), der Hö rm bach und der von demſelben aus: 
gehende Waſſerleitu ngs⸗Canal zur Vermehrung des 
Mählwaſſers, endlich der Wiener-Neuſtädter Schif⸗ 
fahrts canal durchſtrömen das herrſchaftliche Gebiet. An dem 
Mühlbache befinden ſich 3 Mühlen in Tribus winkel und 
3 im Bezirke von Wienersdorf, nebſt einer Spinnfabrik in 
der freien Domi nicalbeſitzung »Grünmühles Nr. 13 
alldort. | 


Die Fiſcherei in dieſen Wäſſern ift unbedeutend, das Recht 


aber davon gehört der Herrſchaft, fo wie auch jenes der Jagdbar⸗ 
keit, blos in Haſen und Rebhühnern beſtehend, weil es hier keine 
Wälder und Berge gibt, ſondern nur einige, ſich längs des Au⸗ 
oder Schwechater-Vaches hinziehende Auen. | 
Merkwürdigkeiten gibt es keine in der Herrſchaft; Wochen: 
oder Jahrmärkte werden in keinem hierher gehörigen Orte abge⸗ 
halten, und auch fonft mit keinem Product ein Handel getrieben. 


278 


Die beſonders bemerkenswerthen Gegenſtände in dieſer Herr: 
ſchaft ſind das herrſchaftliche Schloß, der Sengerhof, 
die Pfarrkirche, der Pfarrhof nebſt den Amts- und 
Wirthſchaftsgebäuden, dann ein Wirthshaus in Tri⸗ 
buswinkel; im Dorfe Wienersdorf aber die Dominical⸗ 
guͤlte Grün mühle mit einer Mahlmühle und Geſpinnſt⸗ 
Fabrik, das Brauh aus und ein dazu gehöriges Wirths⸗ 
haus. 

Die übrigen Beſtandtheile der Herrſchaft beſtehen im Dorfe 
Tribuswinkel mit einer neuen Anſiedlung von 7 Häus 
fern, »L amers fel de genannt, nächſt Oyen hauſen an der 
Poſtſtraße, und einer entſtehenden Anſiedlung nächſt dem 
Canale und Orte Pfaffſtetten, unweit der Badner Straße, wovon 
aber erſt ein Haus hergeſtellt iſt, in der zwiſchen Tribus wi n⸗ 
kel und Oyenhauſen ganz in Freiem gelegenen herrſchaftli⸗ 
chen Schäferei und in dem Dorfe Wienersdorf. 

Die für ſich numerirte Anſiedlung Tamers dorf, im Be⸗ 
zirke von Tribus winkel, liegt zunächft der Poſtſtraße und 
ſcheint gleichſam mit Oyenhauſen vereinigt zu ſeyn. 

Sie beſteht aus 7 Haͤuſern mit Hof und Gaͤrten ohne ſon⸗ 
ſtige Gründe und iſt mit 7 Familien, nämlich 17 maͤnnlichen, 
15 weiblichen Perſonen und 9 ſchulfaͤhigen Kindern bevölkert. 
Zwei Pferde und eine Kuh machen den Viehſtand aus. Grund⸗, 
Orts⸗ und Conſcriptionsobrigkeit iſt die Herrſchaft Tribus⸗ 
winkel. 

Die neu angeſiedelten Einwohner ſind Landbauern und ernaͤh⸗ 
ren ſich blos mit Tagwerk. 


Die Trieſting, 


ein Bach, welcher in den älteſten Urkunden Chriczinicha 
und Triſtnicht genannt wurde. Kaiſer Heinrich II. fol im 
Jahre 1002 die Strecke Landes zwiſchen den Fluͤſſen Lieſing 
(Liecnicha), Trieſting und Dur ra (Durra der bekannte 
Sattelbach bei Heiligenkreuz) dem öſterreichiſchen Markgrafen 
Heinrich l. geſchenkt haben. 


279 

Der Trieſtingbach entſpringt eine halbe Stunde vor 
Kaumberg, unfern Klein-Mariazell in Oeſterreich, oſtwärts in 
einer Bergleite, und nachdem er während ſeines kurzen Laufes 
über Dornau und Altenmarkt mehrere Bäche aufgenommen hat, 
durchfließt er ſo verſtärkt das herrliche Pottenſteiner⸗Thal 
und ſtrömt bei Hirtenberg, aus den Gebirgsthälern hervortretend, 
der Ebene zu, die ſchon außerhalb Leobersdorf beginnt. 

Während ſeines im Ganzen 9 Meilen langen Laufes berührt 
er nebſt den obenerwähnten Ortſchaften, auch noch Schönau, Ginz, 
ſelsdorf, Oberwaltersdorf, Trumau, Minkendorf, wo er ſich 
dann bei Achau in den Schwechatbach muͤndet. 

Sein Waſſer iſt hellgrün, aus Bergquellen entſtehend, und 
enthält an mehreren Stellen ziemlich viel Forellen, Aſche und 
ſchmackhafte Krebſe. Der Lauf dieſes Baches iſt in vielen kleinen 
Krümmungen halbmondartig und von Weſten gegen Oſten 
gerichtet. 

Wie alle Gebirgsbaͤche, enthalt auch die Triefting bei 
anhaltenden Regengüſſen oder Schmelzung des Schnees oft ſehr 
jähen ungeheuren Waſſerzufluß, wodurch deren Ufer überfluthet 
und die demſelben zunächſt liegenden Dorfſchaften und Gründe 
mehr oder weniger uͤberſchwemmt werden. 


| Truman. | 

Ein Pfarrdorf von 100 Käufern, eine halbe Stunde von 
Traiskirchen und eine Stunde von Ginſelsdorf entfernt, welches 
letztere die nächſte Poſtſtation iſt; auch zugleich eine Herrſchaft. 

Die Kirche und Schule befinden ſich im Orte; davon gehört 
die erſtere in das Decanat Baden, und das Patronat dem Stifte 
Heiligenkreuz. Der hieſige Werbkreis iſt dem Lin. Inf. Regi⸗ 
ment Nr. 49 zugewieſen. 

Das Landgericht, die Grund⸗, Orts- und Conſcriptions⸗ 
obrigkeit iſt die Herrſchaft Trumau. 

Im Dorfe befinden ſich 143 Familien (darunter ſind 331 
männliche, 346 weibliche Perſonen mit 68 ſchulfaͤhigen Kindern 
mitbegriffen), die einen bedeutenden Viehſtand von 86 Pferden, 


280 


122 Zugochſen, 215 Kuͤhen, 900 Schafen und 120 Schwei⸗ 
nen halten. 

Die hieſigen Einwohner find Landbauern mit guter Beſtif⸗ 
tung, und mit den nothwendigen Gewerbsleuten verſehen. Sie 
beſchaͤftigen ſich ausſchließend mit Ackerbau, von welchem fie die 
vier Haupt⸗Körnergattungen fechſen und wozu die Gruͤnde gut find. 

Obſt haben fie nur wenig, Weingärten gar keine, und 
Handel treiben ſie auch keinen. Die Viehzucht kann aber gut ge⸗ 
nannt werden, obſchon keine Stallfütterung eingeführt iſt. 

Der Ort Trum au liegt ganz flach am linken Ufer des Tie⸗ 
ſtingbaches ſehr nahe zwiſchen Oberwaltersdorf, und etwas mehr 
entfernt zwiſchen Minkendorf. Die andern noch in der Nähe 
liegenden Dorfſchaften find Traiskirchen, Wienersdorf, Ebreichs⸗ 
dorf, Tattendorf, Teesdorf ꝛc. ꝛc. Er iſt, ohne mit einer Mauer 
umgeben zu ſeyn, regelmäßig gebaut, die Häuſer ſind von 
Steinmaterial aufgeführt und mit Schindeldachungen verfehen. 

Durch den Bezirk fuͤhren die Oedenburger Straße, vom 
Orte ſelbſt aus aber nur die noͤthigen Feldwege zu den umliegen⸗ 
den Dörfern. An dem Trieſtingbache ſteht eine Mahl⸗ 
mühle van 10 Gängen. | 

Es gibt hier weder Berge noch Wälder, ſondern es befteht 
blos eine Au. Der Fiſchnutzen und die Jagdbarkeit ſind Rechte 
der Herrſchaft Trumau. Letztere liefert meiſt nur Haſen und 
Rebhuͤhner, wird aber gut gehegt. | 

Die Kirche, das herrſchaftliche Schloß und die 
oben erwähnte Mühle ſind die bemerkenswertheſten Gegen⸗ 
ſtaͤnde des Ortes. ö 

Von der Entſtehung von Trumau bis in das XVI. Jahr⸗ 
hundert gehörte der Ort in pfarrlicher Beziehung nach Traiskir⸗ 
chen. Abt Johann VI. von Heiligenkreuz aber machte im Jahre 
1588, mit Bewilligung des Biſchofs Urban von Paſſau, 
Trum au zu einer eigenen von Traiskirchen unabhaͤngigen 
Pfarre und vollendete den vom Abte Udalrich II. angefan⸗ 
genen Bau der noch jetzt beſtehenden Pfarrkirche zum heiligen 
Johann dem Täufer, mit dem nahe gelegenen Pfarrhofe. 


281 


Was in der Schreckenszeit des erſten Tuͤrkenkrieges im Orte 
Trum au alles zu Grunde ging, iſt nicht genau bekannt, doch 
bei dem zweiten Einfalle der ſelben 1683 verwüſteten die Barba⸗ 
ren ſehr bedeutend den Ort, wobei der Pfarrhof ein Raub der 
Flammen, und ſeitdem nicht wieder aufgebaut wurde. Es wur⸗ 
den alsdann auch die zum Lebensunterhalte des Pfarrers von je⸗ 
her angewieſenen Grundſtücke mit der herrſchaftlichen Wirth⸗ 
ſchaftsverwaltung vereinigt, und der jedesmalige Pfarrer hat 
jetzt ſeine Wohnung im herrſchaftlichen Schloſſe, und bezieht 
nebft der Stolgebühr, als ein Stiftsgeiſtlicher von Heiligenkreuz, 
ein angemeſſenes Honorar von der Orts⸗Stiftsherrſchaft. ! 

Die Pfarrkirche liegt nordöſtlich außer dem Dorfe am Wege 
nach Minkendorf in ganz flacher Gegend. Sie ift gothiſchen Baus 
ſtyls und mit 3 Altären verſehen. Der Hochaltar enthält das 
Bild des heiligen Johannes des Täufers und die zwei 
Seitenaltäre find der heiligen Mar ia und An na geweiht. — 
Merkwürdigkeiten find keine vorhanden; der Leichenhof liegt 


um die Kirche. Der Gottesdienſt wird gegenwärtig von einem 


Pfarrer aus dem Stifte Heiligenkreuz verſehen. 

Außer diefer Kirche beſteht im herrſchaftlichen Sohloſſe 
eine Capelle zu Ehren des heiligen Bernhard, welche gleich⸗ 
zeitig mit der Pfarrkirche und dem Schloſſe entſtanden iſt, in 
derſelben wird regelmäßig an allen Sonn⸗ und Feſttagen von dem 
geiſtlichen Herrn Verwalter Meſſe geleſen. Dem herrſchaftlichen 
Gaſthauſe gegenüber ſteht eine Peſtſaͤule, zu Ehren der hei⸗ 
ligen Dreifaltigkeit, wobei ein Gloͤckchen zum Gebetleuten ange⸗ 
bracht iſt, weil die Kirche entfernt ſteht. 

Außer dem Orte Trum au gehört fonft keine Dorfſchaft 
zur hieſigen Pfarre. 

Im Jahre 1142 trug das Dorf noch die celtiſche Benennung 
»Drumarn«, welcher Name von der nahen kleinen Aue aller 
Wahrſcheinlichkeit nach abgeleitet worden iſt, und ſchon 1138 
war ſolches ein Eigenthum des Stiftes Heiligenkreuz, 
welches von Herzog Leopold V. demſelben geſchenkt wurde. 
Den Zehent daſelbſt erkaufte der Abt Heinrich I. im Jahre 


282 


1151 von Sighard, Abt zu Melk; und im Jahre 1233 ſchenkte 
Heinrich von Prunne den ihm zugehörigen dritten Theil 
des hieſigen Zehentrechtes ebenfalls dem erſtbeſagten Stifte, wel⸗ 
ches dieſe Herrſchaft jetzt noch beſitzt. | 

Trum au hat gleichwie die übrigen nahen umliegenden Orte 
viele Schickſalsſchläge erlitten, vorzüglich geſchah dieß durch die 
ſogenannten ungriſchen Brüder, welche bald dem Kaiſer 
Friedrich IV., bald der Gegenpartei dienten, und da man 
ſie nicht ſo, wie ſie verlangten, bezahlen konnte, ſo ſetzten ſie ſich 
zu Trum au feſt, und verübten von hier aus häufige Räube⸗ 
reien (Haſelbach). 

Die ganze Herrſchaft Trumau, welche die Grund⸗, 
Orts⸗ und Conſcriptionsobrigkeit enthält, nebſt dem Rechte zur 
Ausübung eines Landgerichtes, zählt 323 Häuſer, 504 Fami⸗ 
lien, 1220 männliche, 1207 weibliche Perſonen, 212 Pferde, 
252 Ochſen, 639 Kühe, 1004 Schafe, 320 Schweine, 
356 Joch der Gemeinde gehörige Wälder, 1614 Joch Wie ſen⸗ 
gründe, 3901 Joch Ackerland und 443 Joch Weingärten; fie bes 
ſteht in den Ortſchaften: Tram au, Minkendorf und 
Pfaffſtaͤtten. 

Der herrſchaftliche Bezirk von den ersterer zwei Dörfern 
zieht ſich öſtlich von Traiskirchen längſt des Tri eſt in gbaches 
bin, welcher die Gründe durch ſchneidet; Pfaffſtätten dagegen 
liegt weſtlich von Traiskirchen am Fuße des hohen Anningerber⸗ 
ges und wird füdlich von Baden und öſtlich von Traiskirchen be⸗ 
grenzt. Der Bezirkstheil dieſer Herrſchaft wird demnach von 
Traiskirchen in der Mitte durchbrochen und abgeſondert. — Die 
ganze Lage iſt flach; es herrſcht geſundes Klima und gutes Waſſer. 

In den Orten Trumau und Minkendorf wird blos 
Ackerbau der gewöhnlichen vier Haupt⸗Körnergattungen getrie⸗ 
ben, wozu der größte Theil der gut cultivirten Gründe von gu⸗ 
ter Beſchaffenheit iſt; in Pfaffſtätten aber beſteht der 
Hauptbetrieb der Einwohner in Weinbau, der vorzüglich genannt 
werden darf. — Die Viehzucht iſt nur mittelmäßig und die Obſt⸗ 
pflege gering. N 


283 


Das Gebiet von Pfaffftätten wird von der Badner und 
jenes von Minkendorf und Trumau von der Oedenburger 
Straße durchſchnitten. Zu Minkendorf befinden ſich zwei 
Baumwoll-Spinnfabriken und eine Brückenm auth, 
in Pfaffſtätten eine Wegmauth. — Ein nicht bedeutens 
der Handel wird von Minkendorf aus mit Heu nach Wien 
getrieben. 

Es beſteht in dieſer Herrſchaft nur niedere Wildbahn, die 
jedoch bedeutend iſt, und der Anningerberg enthält die Ges 
meinde⸗ Waldungen. — Beſondere Merkwuͤrdigkeiten exiſtiren kei⸗ 
ne; blos Pfaffftätten beſitzt ein Privilegium, in jedem Jahre 
am 2. Juli einen Markt abhalten zu dürfen. N 


Tulnerhach. 


Eine zerſtreute Häuſer⸗Gemeinde von 31 Nummern, eine 
Stunde von Purkersdorf gelegen, welches die nächſte Poſtſta⸗ 
tion iſt. 

Die Häuſer, welche diesſeits des Baches liegen, gehören 
nach Purkersdorf zur Pfarre, und die jenſeits des ſelben gelege⸗ 
nen nach Presbaum. Die Schule befindet ſich im Orte. — Der 
Werbkreis gehört zum Lin. Inf. Regiment Nr. 49. N 

Das Landgericht, die Grund⸗, Orts⸗ und Conſcriptions⸗ 
obrigkeit iſt die k. k. Waldamts⸗Herrſchaft Purkersdorf. 

Der Seelenſtand von dieſem Orte umfaßt 36 Familien, 

79 männliche, 70 weibliche Perſonen nebſt 25 Schulkindern. Der 
Viehſtand 8 Pferde, 15 Zugochſen, 107 Kühe, 11 Schafe, 
5 Ziegen und 12 Schweine. 
Die Bewohner find eingetheilt als Ganz⸗, Halb⸗, Viertel⸗ 
und Duckhuͤttler, dann Kleinhäusfer, Die letzten zwei Claſſen bes 
ſchäftigen ſich blos mit Holzhacken, die andern treiben Waldbau⸗ 
ern⸗Wirthſchaft, weil fie auch wirkliche Waldbauern find. Sie 
verführen die waldämtlichen Hölzer, und verkaufen Obſt und 
Milch nach Wien. Ackerſtand haben ſie keinen, aber obgleich we⸗ 
nige, doch ziemlich gute Wieſengründe. 


284 


Die Viehzucht iſt ausgeſucht gut, auch wird ſehr ſchönes 
Obſt gebaut, wozu große Gärten angelegt find. 

Der Wirth hier im Orte, Namens Jacob Moſer, wel⸗ 
cher nun geſtorben iſt, war als ein Trüffelſucher ) bekannt, 
und befaß dazu gut abgerichtete Hunde. Gegenwärtig wird dieß 
Geſchaft von feinen Kindern, aber nur unbedeutend fortgeſetzt. 

Die Gemeinde Tulnerbach beſteht in zerſtreuten Wald⸗ 
hütten, wovon jene der Duckhüttler und Kleinhäusler mit Spal⸗ 
ten, die übrigen aber mit Schindeln eingedeckt ſind. Dieſe liegen 
meiſt in einem großen ganz von Bergen und Waldungen um⸗ 
ſchloſſenen Thale am Bache gleiches Namens (welche Benennung 
davon auf den Ort übergegangen iſt), zwiſchen Purkersdorf und 
Presbaum, in einer überaus ſchönen und gefunden Gegend, mit 
vortrefflichem Waſſer verſehen. 

Bei Stadlhüͤtte befindet ſich eine Weg m auth, allwo 
ſich eine Straße bildet, die ſich aber in der hieſigen Gemeinde 
wieder endigt. Der übrige Weg iſt eine ſehr ſchlecht beſtehende, 
durch Bäche führende Waldſtraße, die bei heftigen Regenguͤſſen 
gar nicht befahren werde kann, peßhalb man in dieſer Zeit 
durch ungebahnte Waldwege, blos den Einheimiſchen bekannt, 
gehen muß. 

Unter den vielen Bergen, die alle mit dichten Wäldern bes 
wachſen ſind, verdient blos der Trattberg eine beſondere Er⸗ 


*) Die Trüffel iſt ein zu den Kugelſchwämmen gehörender eß barer 
Schwamm mit runzeliger, ſchwaͤrzlicher oder dunkelbrauner Haut, 
der ſich gewiſſen Hunden durch den Geruch verräth, daher man 
ſich auch ihrer zur Auffuhung der Trüffeln bedient, und fie da⸗ 
her Trüffelhunde nennt. Auch die Schweine werden dazu 
abgerichtet, erhalten aber einen Ring um den Rüſſel, damit fie 
ſolche nicht auffreſſen. Man nennt dieß Trüffel⸗Jagden. — In 
einigen Gegenden werden dieſe Schwämme Erd nuß, in Fran⸗ 
ken Erdmorchel, Erdmorch, Lorch, und in Oſtdeutſchland 
Grübling genannt. Sie ſind von äußerſt gutem Geſchmack, 
werden zu mehreren Speiſen, ganz vorzüglich aber zu Paſteten 
genommen, die man Trüffel ⸗Paſteten nennt. 


285 


wähnung, auf welchem ſich eine reizende Ausfihtaufden Tulner⸗ 
boden hin und gegen Steiermark eröffnet. 

Bemerkenswerthe Gegenſtände gibt es gar keine hier. Unter 
den Häuſern iſt das Schulhaus zu bemerken, und der oben erwähn⸗ 
te Tulnerbach, in welchen ſich mehrere in den Waͤldern ent⸗ 
ſpringende Quellwaſſer ergießen. Bei einer Hütte befindet ſich ein 
natürlicher Teich von ungefähr 200 bis 300 TI Klaftern. 


Uges bach, 


eine kleine Rotte von 2 Häuſern, in der Nähe von Rohr nnd 
Kloſterthal in einer Burgſchlucht gelegen, wovon Wiener: Neu: 
ſtadt in einer Entfernung von 7 Stunden die näaͤchſte Poſtſta⸗ 
tion iſt. 

Dieſe Käufer gehören zur Pfarre und Schule nach Guten: 
ſtein; mit dem Werbkreiſe zum Lin. Inf. Regimente Nr. 49 und 
zum Landgericht ebenfalls nach Gutenſtein, welches auch Grund⸗, 
Orts- und Conſcriptionsobrigkeit iſt. 

Hier leben 5 Familien, 9 männliche, 10 weiblichen Perſo. 
nen mit 3 Schulkindern. Der Viehſtand zählt 2 Pferde, 6 Zug: 
ochſen, 10 Kühe, 12 Schafe, 4 Ziegen, 2 Schweine. 

Die Einwohner ſind Waldbauern, welche ſich mit Viehzucht 
und Holzhandel, viel weniger aber mit Korn: und Haferbau be⸗ 
ſchäftigen, wozu die Gründe nur höchſt mittelmäßig ſind, und 
auch die rauhe Luft nicht gedeihlich iſt. 

Die Rotte U ges bach, welche dem Namen von Bache glei⸗ 
ches Namens erhalten hat, der kleine Forellen enthält, liegt mit 
den zwei Bauerngehöften unfern von Rohr und dem Kloſterthale 

in einer eingeengten Bergſchlucht, wozu blos ein Seiten⸗Gebirgs⸗ 
weg führt, - | 


ulrichsdorf, 
ſiehe Olleringsdorf. | 
| Die St. Ulrichskirche, 
ein kleines uraltes Kirchlein, welches zum Dorfe Linsberg 
gehört. 


286 


Diefe ſteht eine halde Stunde oftlih vom Markte Schwarz: 
au am Steinfeld ganz frei auf einem runden hervorſpringenden 
Berge, der „Lins ber ge deßhalb genannt, weil feine Geſtalt 
einer Linſe gleicht, unfern vom Orte gleiches Namens. 

Lieblich und romantiſch iſt ihre Lage, und als eine Segen 
ſpendende Zierde prangt dieß alterthümliche Kirchlein einladend 
auf dieſer von fanftem Grün bekleideten Anhöhe, von der man 
über die Schwarzau nach Wiener ⸗Neuſtadt, auf die farbige 
Steinwand, die dunkeln Gebirge hinter Neunkirchen, dann öſt⸗ 
lich auf die ganz nahe gelegenen ungriſchen Grenzberge eine freund⸗ 
liche, höchſt maleriſche Ausſicht genießt. Am Fuße des Berges 
rauſcht der Schwarz aufluß ſchnellen Laufes dahin, und iſt 
fein Waſſer groß, fo füllt er mit furchtbar reiſſender Gewalt fein 
bier ausgewühltes Bett vollkommen aus, welches über 500 Schrit⸗ 
te breit iſt. 

Urkundlich iſt von der Entſtehungszeit dieſes Gotteshauſes 
nichts beſtimmtes bekannt, doch beſteht die Sage bei den hieſigen 
Landleuten, daß es das äͤlteſte Kirchlein im hierortigen Bezirke 
ſei. Es iſt kein großes Gebäude und beſteht in zwei zuſammen 
gebauten Theilen, aus einem größeren Schiffe naͤmlich, und eis 
nem viel kleineren gegen Morgen ſtehenden Presbyterium mit 
Strebepfeilern verſehen und mit theils aus Geſtein aufgeführtem 
Gemäuer, welche ein hohes Alter, aber doch auch verſchiedene 
Reparaturen anzeigen; daneben iſt eine ganz kleine Sakriſtei an⸗ 
gebaut. Das Dach iſt neu, und der Plaͤfond ganz roh gedielt. 
In der Kirche iſt ein Chor, eine kleine hölzerne Kanzel, zwei 
Seitenaltäre an den hervorſpringenden Theilen des Schiffes 
und ein freiſtehender Hochaltar, dem heiligen VBiſchof Ulrich 
geweiht, Alles dürftigen Anſehens. Früher ſcheint das Innere 
mit gothiſchen Gurtengewölben geziert geweſen zu ſeyn, die aber 
im Verlauf der Jahrhunderte baufaͤllig geworden, hinwegkamen, 
und wofür die gedielte Decke eingelegt ward. Der Thurm iſt 
fängft abgebrochen worden. — Um das Kirchlein herum ſieht man 
noch mehrere alte Gräber, welche Verſtorbene aus Lins berg 
enthalten. ' 


287 


Gegenwärtig wird nur alle Jahre einmal, am St. Unis: 
tag, hier ein feierlicher Gottesdienſt abgehalten. 


Ungerbach. | 

Ein Dorf, aus 41. Haͤuſern beſtehend, hart an der ungrifchen . 
Grenze gelegen, wovon Guͤns die nächſte Poſtſtation iſt. 

Der Ort gehört zum Theil nach Kirchſchlag zur Kirche, zum 
Theil nach Schönau. Die Schule befindet ſich aber im Dorfe 
ſelbſt. — Der hieſige Werbkreis iſt dem Lin. Inf. Regiment 
Nr. 49. zugewieſen. 

Das Landgericht, die Grund⸗, Orts⸗ und Conſeriptions⸗ 
obrigkeit iſt die Herrſchaft Krumbach. 

Hier befinden ſich in 62 Familien 123 männliche, 490 weib⸗ 
liche Perſonen und 32 Schulkinder. Sie beſitzen einen Vieh⸗ 
ſtand von 5 Pferden, 52 Zugochſen, 63 Kühen, 91 Schafen und 
52 Schweinen. 

Die Bewohner ſind Gebirgsbauern, verſchieden beſtiftet, 
und haben mehrere Handwerker unter ſich. Ihre Beſchaͤftigung 
iſt geringer Ackerbau, ziemlich gute Viehzucht, ein Haferhandel 
nach Wiener⸗Neuſtadt und ein Holzhandel nach Guns. 

Der Ort Unge rbach hat den Namen von einem Vache er: 
halten, welcher, als der bekannte Zöbernbach, in Oeſter⸗ 
reich rückwärts Krumbach entſpringt, feinen Lauf nach Guͤns in 
Ungern nimmt, aber gleich außer der ungriſchen Grenze bei Kirch⸗ 
ſchlag einen kleinen Arm bildet, welcher füdlich ſich nach Oeſter⸗ 
reich und zwar zu unſerm Ungerbach hieher ſchlängelt, alſo 
deßhalb, weil er aus Ungern kömmt, auch der Ungerbach ges 
nannt wird. So liegt der Ort theils im Thale zuſammen gebaut 
am Ungerbache, theils zerſtreut auf den Bergen hart an der 
Grenze in der Nähe öſtlich von Kirchſchlag und weſtlich von 
Schönau. Die andern nahe umliegenden Dorfſchaften find Ha: 
bich, Schlägen und Schützenkaſten. | 

Die! Häufer find alle mit Stroh gedeckt. — Klima und \ 
Waſſer find gut. Blos eine Straße führt an die Günfer =. Com. 
merzialſtraße. Hier iſt die Stallfütterung eingefuͤhrt. — An dem 


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Ungerbache ſtehen einige zum Dorfe gehörige Mühlen; Fi⸗ 
ſcherei iſt keine vorhanden und und die Jagdbarkeit ift gut, blos 
aber in Rehen und Haſen beſtehend. 

Merkwürdigkeiten ſind gar keine vorhanden. Eine uralte 
Kirche, zum heil. Rochus und Sebaſtian, welche als „eine 
Filiale nach Schönau gehört, iſt ob ihres ſehr hohen Alters und 
des obſchon ganz einfachen, doch gothiſchen Bauſtyles ein bemer⸗ 
kenswerther Gegenſtand. Dieſe befindet ſich im Dorfe, und es 
wird in derſelben nur ſelten Gottesdienſt abgehalten. 


Unter⸗ Meierhof und Raiſenmarkt, 
ſiehe Raiſenmarkt und Unter⸗Meierhof. 0 


Unter⸗Tanneck, 
ſiehe Tannegg Ober⸗ und Unter. 


Urſchen dorf. 


Ein Dorf von 34 Häuſern unfern St. Egydi am Steinfeld, 
von Neunkirchen, als der nächften Poſtſtation, eine Stunde ent⸗ 
fernt gelegen. | 

Der Ort gehört zur Kirche und Schule nach St. Egydi; 
mit dem Werbbezirke zum Lin. Inf. Regiment Nr. 49 und zum 
Landgerichte nach Fiſchau. 

Grundherrſchaften gibt es mehrere in Urſchendorf, naͤm⸗ 
lich die Dominien Urſchendorf, Rothengrub, Staatsherr⸗ 
(haft Wiener: Neuſtadt, Kranichberg, Feiſtritz, Stift Neuklo⸗ 
ſter, Schwarzau, Emmerberg, Poktſchach, Stüchſenſtein, 
Saubers dorf, Gerasdorf, Lichtenwörth, Pfarre St. Egyden 
und die St. Veitskirche zu Saubersdorf. 

Orts⸗ und Conſcriptionsobrigkeit iſt die Herrſchaft Urs 
ſchendorf. | 

Die Bevölkerung von hier beſteht in 54 Familien, 107 männs 
lichen, 94 weiblichen Perſonen ſammt 20 Schulkindern. Der 
Viehſtand zählt 6 Pferde, 48 Zugochſen, 45 Kuͤhe, 55 Schafe 
und 28 Schweine. ' 


— 


Die Einwohner ſind Landbauern und ſchlecht beſtiftet, daher 
fie gröͤßtentheils ſich durch Ueberländgruͤnde die ausreichende Exi⸗ 
ſtenz verſchaffen müſſen. Gemwerbsleute find nur wenige im Dorfe 
vorhanden. Sie treiben den Ackerbau, wozu auch die Gründe 
ziemlich gut wären, jedoch ſind ſie an vielen Stellen, gleichwie 
mit Steinplatten, mit Felſenſtücken belegt (wir haben das höchſt 
ſeltſame Steingeſchiebe bei der Beſchreibung von St. Egyden 
ſchon bemerkt), und treiben Viehzucht, die ſich aber nicht weiter 
als fuͤr ihren Hausbedarf erſtreckt. 

Urſchendorf liegt weſtlich von Wiener⸗Neuſtadt am 
Steinfelde ziemlich nahe an den Gebirgen zwiſchen den Dörfern 
Saubersdorf und Würflach zunächſt der Kirche St. Egyden. Es 
iſt ziemlich regelmäßig zuſammen gebaut, die Häuſer ſind mit 
Schindeln gedeckt, die Gegend iſt ſehr ſchön, das Klima geſund 
und das Waſſer gut. — Straßen gibt es hier keine, ſondern 


blos die nöthigen Verbindungswege beſtehen. 


Außer einem kleinen Bächlein, welches aus einem Brunnen 


im Orte entſpringt, iſt hier kein Fluß oder Bach; eben fo gibt 
es um das Dorf herum weder Wälder noch Berge. Die Jagd⸗ 


barkeit iſt ſehr gering, und beſteht blos in Haſen. — Weiter im 
Hintergrunde zieht ſich eine lange Kette von Gebirgen hin, unter 
denen der Kettenlusberg bedeutend iſt. Die herrlichen Ab⸗ 
wechſelungen der Berge und die vielen Dorfſchaften in buntem 
Gemiſche erheben die hieſige Gegend zu einer vorzüglich pittores⸗ 
ken. Landſchaft. 

Der Ort Urſchendorf mag ſchon ſehr alt ſeyn, die Ent⸗ 
ſtehungszeit (wahrſcheinlich das XI. Jahrhundert) davon weiß 
man aber nicht. Den Namen dürfte er von feinem Gründer er: 
halten haben, alsbald aber landesfürſtlich geworden ſeyn. So blieb 
derſelbe bis in das XV. Jahrhundert, alsdann ward er im Jahre 
1432 ſammt der Veſte (Schloß) Ur ßend or f ꝛc. ꝛc. von Herzog 
Albrecht V. an Hanns von Klingen zu Lehen gegeben 
(Herzog Albrechts V. Pfand: und Lehenbuch im k. k. Hofkammer⸗ 
Archiv Fol. XII.). Kaiſer Friedrich IV. ſchenkte den Ort im 
Jahre 1481 ſammt allem Zubehör dem damals neu geſtifteten 


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290 N 

Paulinerkloſter zu Wiener⸗Neuſtadt, welches Urſchendorf 
bis zu ſeiner Aufhebung durch 300 Jahre beſaß. Im Jahre 1792 
wurde dieſe kleine Herrſchaft von Emanuel Anton Edlen 
von Doria vom Religions fonde erkauft, welcher dieſelbe 1799 wie⸗ 
der an Heinrich Friedenheim verkäuflich abtrat. Im Jah⸗ 
re 1801 übernahm ſie Anton Otto Freiherr von Serbensky; 
im Jahre 1824 erhielt ſelbe die Vormundſchaft ſeines zurückge⸗ 
laſſenen minorennen Sohnes Eduard; im Jahre 1829 deſſen 
Mutter Thereſia und Schweſter Maria, Freiinnen von 
Serbensky, nach dem Tode der Frau Baroneſſe die Toch⸗ 
ter Maria Freiin von Serbensky allein, welche die Herr⸗ 
ſchaft Urſchendorf im Jahre 1833 an Carl Junker ver⸗ 
kaufte. 

Das in Urſchendorf ſtehende herrſchaftliche Schloß 
iſt zwar nicht groß, aber ſchoͤn und bequem vom Herrn von Do⸗ 
ria 1792 erbaut worden. ! 

Zu dieſer Herrſchaft gehören die Dörfer Urſchendorf 
und St. Egyden mit der altberühmten Pfarre, dann ſieben 
Häuſer im Dorfe Würflach. Sie zählt 43 Käufer und 92 
Grundholden, 64 Familien, 122 männliche, 106 weibliche Per: 
ſonen; 10 Pferde, 56 Zugochſen, 54 Kühe, 70 Schafe, 30 
Zuchtſchweine, und an herrſchaftlichen Gründen: 9 Joch Wieſen, 
75 Joch Ackerland 4 Joch Teiche. 

Da St. Egyden und Urſchendorf nahe beiſammen 
liegen, und aus dieſen beiden Ortſchaften auch nur die ganze 
Herrſchaft beſteht, ſo werden die Wirthſchaftszweige ſowohl, 
wie auch die Lage ꝛc. ꝛc. derſelben, aus vorſtehender Beſchreibung 
ohnedieß bekannt. 


St. Valentin und Landſchach. 
Ein Kirchdorf von 32 Häuſern, außer Neunkirchen gelegen, 
welches die nächſte Poſtſtation iſt. 0 
Die Kirche und Schule befinden ſich im Orte. Davon ge⸗ 
hört die Pfarre in das Decanat Kirchberg am Wechſel und das 
Patronat dem Stifte Neukloſter in Wiener-Neuſtadt. Der bie: 


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fige Werbkreis ift dem Lin. Inf. Regiment Nr. 49 zugewieſen. 
Die Stelle eines Landgerichts vertritt der Wiener = Neuſtädter 
Magiſtrat. 

Als Grundherrſchaften werden Kranichberg, Steiersberg, 
Seebenſtein, Schwarzau, Kirchberg am Wechſel, Pottſchach, 
Stift Neukloſter, Feiſtritz und Gloggnitz bezeichnet. Die Orts⸗ 
und auch die Conſcriptionsobrigkeit iſt die Herrſchaft Kranichberg. 

Der Ort wird von 74 Familien, 100, männlichen und 
95 weiblichen Perſonen mit 48 Schulkindern bewohnt, die einen 
Viehſtand halten von 6. Pferden, 60 Zugochſen, 40 Kühen, 
50 Schafen, 20 Ziegen und 70 Schweinen. 

Die Einwohner find gewöhnliche Gebirgsbauern, als Halb-, 
Viertel⸗, Achtellehner und Kleinhaͤusler, nur mittelmäßig beſtif⸗ 
tet, unter welcher letzteren Claſſe ſich auch einige Profeſſioniſten 
befinden. 

Ihre Hauptbefchäftigung beſteht in Ackerbau und Viehzucht, 
mit welcher letztern ſie einen Handel in die Umgegend treiben. 
„Zu dem Körnerbau, als: Weizen, Korn, Gerſte, Hafer, Ges 
miſch, Erbſen, Linſen, Bohnen, Flachs und Hanf, ſind die 
Gründe ziemlich gut beſchaffen, denn ſie haben theilweiſe einen 
tiefen ſchweren Lehmboden, theilweiſe Steinſchichten, als eine 
Felſenlage, und theilweiſe einen leichten ſchwarzen Grund. Einige 
find übrigens den Ueberſchwemmungen des Schwarzaufluſſes aus⸗ 
geſetzt, nämlich die, welche gegen deſſen Ufer zu gelegen ſind. Auch 
gibt es Weingärten und ziemlich vieles Obſt. 

Das Pfarrdorf St. Valentin mit dem nur 200 Schritte 
davon entfernten Landſchach liegt ganz eben in einem kleinen 
keſſelförmigen Thale ſehr nahe an der Haupt- Poſtſtraße, die nach 
Steiermark führt, eine Stunde außerhalb Neunkirchen, zwiſchen 
Wimpaſſing, Grafenbach, Thanegg und Penk, wozu der Weg 
von der Chauſſee über eine kleine Brücke führt. Der Ort iſt un⸗ 
‚regelmäßig gebaut, die Häuſer find theils mit Schindel⸗, theils 
mit Strohdächern verſehen, das Klima iſt vortrefflich, das Waſ⸗ 
ſer jedoch ſchlecht, weil ſehr wenig Brunnen vorhanden ſind, und 
meiſt nur das von den Gebirgen herabſtrömende Wildbachwaſ⸗ 


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fer zum Kochen und Trinken benützt werden muß. Ein ſolcher 
kleiner Wildbach durchfließt die Gemeinde St. Valentin 
und Landſchach, der oft bei heftigen Regengüſſen hoch an⸗ 
ſchwillt und die Gärten der hieſigen Einwohner uͤberſchwemmt, 
und andern Schaden anrichtet. Die Fiſcherei, in Forellenfang be⸗ 
ſtehend, it ein Recht der Herrſchaft Kranichberg. — Mühlen gibt 
es keine. — Von der ſuͤdlichen und weſtlichen Seite wird der 
Ort ganz von dem fogenannten Zünß- und Faſt wald umfan⸗ 
gen, der Kühberg dient als Weideplatz für das Vieh der bie: 
ſigen Gemeinde, und erſtreckt ſich vom rothen Kreuz nächſt 
Wimpaſſing bis nach St. Valentin; fo zieht ſich ferner in 
einer gleichen Richtung längs der Hauptſtraße der Gans berg 
bin, welcher zwiſchen Grafenbach und St. Valentin liegt. * 

Die hieſige Gegend kann mit Recht vorzüglich ſchön genannt 
werden, wozu die herrliche vielfach wechſelnde Gebirgslage viel 
beiträgt. Auch die nahe Umgebung iſt eine intereſſante Gebirgs⸗ 
landſchaft voll der großartigſten Umriſſe, welche die hohe Natur 
hier reichlich geſpendet hat. 

Das Pfarrdorf St. Valentin iſt ſehr alt und es iſt hier 
noch eine Pandtheidung (Gerichtsordnung) vom Jahre 1400 vor⸗ 
handen, worin St. Valentin vorkommt. Was wir von 
dem Ort und der Kirche ꝛc. ꝛc. erforſcht haben, dieß wollen wir 
in Kürze anführen, 

Von Merkwürdigkeiten konnten wir nichts beſonderes in Er⸗ 
fahrung bringen, denn von erlittenen Schickſalen oder etwa vor: 
handenen Privilegien und Freiheiten wiſſen ſich auch die aͤlteſten 
Glieder der Gemeinde nichts zu erinnern und verzeichnet ſind keine. 
Kirchtage gibt es drei im Jahre; der erſte wird am Feſte des 
heil. Valentin, Kirchenpatrons, den 7. Jänner; der zwe i⸗ 
te am Feſte des heil. Johannes des Täufers, den 24. 
Juni; und der dritte am Feſte der heil. Barbara, den 
4. December jedes Jahres abgehalten, wobei an den zwei erſte⸗ 
ren Tanzmuſik beſtehen darf. In älteren Zeiten war es noch üb— 
lich, daß ‘ein Gemeindeglied am Kirchenplatze in eigener Kleidung 
eb nrde bemaffnet erſchien, um Ruhe und Orb: